Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730486/4/BP/MZ/Wu

Linz, 02.03.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von Armenien, vertreten durch RA X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 28. Juli 2011, GZ: Sich40-33129-2005, betreffend die Verhängung eines auf die Dauer von 6 Jahren befristeten Rückkehrverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005, zu Recht erkannt:

 

Aus Anlass der Berufung wird der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 53ff des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2011/38

§ 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 28. Juli 2011, GZ: Sich40-33129-2005, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis des § 54 Abs. 1 und 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen.

 

Verkürzt führt die belangte Behörde zum Sachverhalt begründend aus, dass der Bw am 7. September 2005 illegal über unbekannt in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sei und in der Folge einen Asylantrag gestellt habe. Das Asylverfahren sei noch nicht abgeschlossen.

 

Während des Gastaufenthaltes in Österreich sei der Bw wegen vorsätzlich begangener, im angefochtenen Bescheid im Detail aufgelisteter, Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden. Darüber hinaus bestehe der Verdacht, dass der Bw weitere (näher angeführte) strafrechtlich relevante Verhaltensweisen gesetzt habe.

 

Der Bw habe dadurch in nachhaltiger Form dokumentiert, an der Einhaltung der Rechts- und Werteordnung der Republik Österreich kein Interesse zu haben und es sei die Annahme gerechtfertigt, dass der Aufenthalt des Bw eine eminente Gefahr für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle.

 

Es folgen Ausführungen zur privaten sowie zur familiären Situation des Bw.

 

1.1.2. Verkürzt führt die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus, dass der Bw durch die dargelegte Verhaltensweise die Tatbestandsmerkmale des § 54 Abs. 1 Z 1 iVm § 53 FPG jedenfalls erfüllt habe, und auch Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. § 61 FPG der Erlassung eines Rückkehrverbotes nicht entgegen stünden.

 

Der angefochtene Bescheid schließt mit Ausführungen hinsichtlich der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes.

 

1.2. Gegen diesen – am 4. August 2011 zugestellten – Bescheid erhob der Bw mit Schreiben vom 17. August 2011, zur Post gegeben am gleichen Tage, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

In der Berufung wird – stark verkürzt – sinngemäß ausgeführt, dass der Bw eine sehr hohe Integration in Österreich aufweise, was durch entsprechende Urkundenvorlage belegt werde, und vor diesem Hintergrund dessen lediglich einmalige Delinquenz eine negative Zukunftsprognose nicht rechtfertigen würde. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wäre daher rechtswidrig.

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vor.

 

Mit E-Mail vom 19. Dezember 2011 übermittelte die belangte Behörde ein den Bw betreffendes, rechtskräftiges Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 7. November 2011.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 67d Abs. 2 Z 1 AVG abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1.1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

Zusätzlich geht aus dem rechtskräftigen Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 7. November 2011 hervor, dass

I.) der Asylantrag des Bw gemäß § 7 AsylG mittlerweile abgewiesen wurde;

II.) dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Armenien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist;

III.) jedoch die Ausweisung des Bw aus dem österreichischen Bundesgebiet gemäß § 10 Abs. 5 AsylG auf Dauer unzulässig ist.

 

2.4. Der Oö. Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 54 Abs. 1 FPG ist gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall scheidet eine weitere Anwendung des § 54 Abs. 1 FPG jedoch aufgrund der Tatsache aus, dass durch die am 7. November 2011 getroffene, in Rechtskraft erwachsene, Entscheidung im Asylverfahren des Bw dessen Status als Asylwerber vernichtet wurde. Dass der Asylgerichtshof eine Ausweisung des Bw als auf Dauer unzulässig erklärte, ist im gegenständlichen Verfahren insofern von Bedeutung, als gemäß § 10 Abs 7 AsylG in der geltenden Fassung eine durchsetzbare Ausweisung als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz gelten würde. Systematisch an diese Bestimmung anknüpfend normiert § 54 Abs. 9 FPG, dass, wenn eine Ausweisung gemäß § 10 AsylG durchsetzbar wird, das Rückkehrverbot als Einreiseverbot gilt. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. In weiterer Folge würde dies bedeuten, dass die Kriterien, welche § 53 FPG für die Erlassung von Einreiseverboten statuiert, im Rechtsmittelverfahren als Prüfungsmaßstab für die Dauer des erstinstanzlich erlassenen Rückkehrverbots heranzuziehen wären.

 

Im konkreten Fall ist eine Anwendbarkeit des § 54 Abs. 9 FPG jedoch aufgrund des Ausspruches des Asylgerichtshofes, dass eine Ausweisung des Bw auf Dauer unzulässig ist, nicht gegeben. Das erstinstanzlich erlassene Rückkehrverbot gilt damit nicht als Einreiseverbot und der angefochtene Bescheid kann nicht anhand der für Einreiseverbote in § 53 FPG normierten Kriterien beurteilt werden.

3.2. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen steht dem Oö. Verwaltungssenat kein geeigneter Prüfungsmaßstab für den angefochtenen Bescheid zur Verfügung, der nicht zur Überschreitung der im Berufungsverfahren gegenständlichen Sache und damit einhergehend zur Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter führen würde.

 

3.3. Es war daher der angefochtene Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Nachdem der Bw in seiner Berufungsschrift ausgezeichnete Kenntnisse der deutschen Sprache geltend macht, konnte gemäß § 59 Abs. 1 FPG auf die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung verzichtet werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

Beschlagwortung:

Rückkehrverbot, Ausweisung auf Dauer unzulässig, § 54 FPG, § 10 AsylG

 

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