Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730303/6/SR/MB/Wu

Linz, 23.03.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, StA von Nigeria, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 24. November 2010, AZ: 1068959/FRB, betreffend die Verhängung eines auf 7 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes gegen den Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG


 

 

 

Entscheidungsgründe

 

1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 24. November 2010, AZ: 1068959/FRB, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis des § 87 iVm. §§ 86 Abs. 1, 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt.

 

Gem. § 87 iVm § 86 Abs. 3 FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, wird dem Bw von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Eintritt der Rechtskraft des Bescheides erteilt.

 

Zunächst führt die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass der Bw, ein nigerianischer Staatsbürger, Ende Dezember 2003 nach Österreich eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe. Das Asylverfahren sei sodann mit 11. Februar 2005 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden. Der Bw sei seit dem Einreisezeitpunkt durchgängig in Österreich aufhältig und überdies hochgradig integriert. Am 31. August 2004 habe der Bw die österreichische Staatsangehörige X geehelicht. Diese Ehe sei aber mit 26. September 2005 rechtskräftig geschieden worden. Daran anschließend habe der Bw am 23. Dezember 2005 Frau X geehelicht. Bereits am 15. November 2004 habe der Bw einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung aus dem Zweck des Familienangehörigen der österreichischen Staatsangehörigen X gestellt. In weiterer Folge sei dem Bw – zuletzt am 10. Februar 2010 – der Daueraufenthalt: Familienangehöriger, erteilt worden. Die erteilende Behörde habe zum Erteilungszeitpunkt keine Kenntnis von der (damals nicht in Rechtskraft erwachsenen) strafrechtlichen Verurteilung des Bw gehabt.

 

Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 12. November 2009 sei der Bw – im zweiten Rechtsgang und abweichend von der Anklage – wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichen Ausgang gem. §§ 83 Abs. 2 iVm 86 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt worden. Gegen dieses Urteil habe der Bw sodann das Rechtsmittel der Berufung erhoben, welchem vom Oberlandesgericht Innsbruck teilweise Folge gegeben wurde. In Anwendung des § 43a Abs. 3 StGB seien 16 Monate der Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen worden. 8 Monate der Freiheitsstrafe habe der Bw zu verbüßen. Diese Entscheidung sei mit 8. Juli 2010 in Rechtskraft erwachsen.

 

Zur Tat führt die belangte Behörde aus, dass der Bw am 13. Juli 2006 seine am X geborene Tochter, X, durch heftiges Schütteln am Körper misshandelt habe, wobei die Tat Teilabrisse sowie vollständige Abrisse der Brückenvenen im Hinterkopfbereich, ein Subduralhämatom in Form eines insgesamt etwa handtellergroßen Blutkuchens am Hinterkopf zwischen harter und weicher Hirnhaut, ein Subarachnoidalhämatom und eine Marklagerblutung am rechten Hinterhautlappen des Großhirns hervorgerufen habe. Insgesamt führte dies zum Tod der Tochter des Bw.

 

Seit 30. August 2010 verbüße der Bw den unbedingten Teil seiner Freiheitsstrafe.

 

In weitgehender Wiederholung der Stellungnahme des Bw im Aufenthaltsverbotsverfahren führt die belangte Behörde weiter aus, dass der Bw die Secondary-School (Gymnasium) besucht und zu seiner Heimat nur mehr lose Bindung habe. Seine Ehegattin sei Ärztin und die Verlegung ihrer Praxis ins Ausland ausgeschlossen, da sie in Österreich sowohl beruflich wie privat zu stark verwurzelt sei. Mit seiner Ehegattin habe der Bw eine (weitere) gemeinsame Tochter, X, geb. X. Die Erziehung dieser Tochter verlaufe komplikationslos und es werde ein enges Familienleben geführt, welches letztlich auch für die Familie dazu führte, dass der zuvor erwähnte Schicksalsschlag gemeistert werden konnte.

 

In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG in der zum damaligen Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung erfüllt seien. Es könne der schriftlichen Urteilsausfertigung entnommen werden, dass durch das Schütteln dem zu Tode gekommenen Kind starke Schmerzen beigefügt worden seien und der Bw dies auch ernstlich für möglich gehalten hat und sich damit abgefunden habe. Hinsichtlich der Todesfolge habe der Bw aber lediglich fahrlässig gehandelt. Nachfolgend werden von der belangten Behörde die Strafzumessungserwägungen samt den herangezogenen Milderungs- und Erschwerungsgründen angeführt.

 

Hieraus ergäbe sich nach der Sichtweise der belangten Behörde, dass auch zum Entscheidungszeitpunkt bzw. in Hinkunft eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, der Verhinderung von Straftaten sowie des Schutzes des Eigentums und der Rechte Dritter in nicht unbedeutendem Maß gegeben sei.

 

Bestärkend führt die belangte Behörde Auszüge aus dem Scheidungsurteil zur ehemaligen Frau des Bw, Frau X an, woraus ersichtlich sei, dass der Bw aggressiv und gewalttätig sei. Es seien überdies in diesem Zusammenhang ein Betretungsverbot und eine einstweilige Verfügung erlassen worden und zeichne sich so ein tendenziöses Persönlichkeitsbild ab.

 

Im Hinblick auf Art 8 EMRK folgert die belangte Behörde, dass der Bw zusätzlich zu seiner Ehe mit Frau X bis zum 31. Mai 2010 als Ordinationsgehilfe bei letzterer tätig war und aufgrund seiner sonstigen integrativen Elemente ein massiver Eingriff in das Privat- und Familienleben gegeben sei. Die aggressive und gewalttätige Veranlagung des Bw gepaart mit der gravierenden Straffälligkeit würden jedoch die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigen. Darüber hinaus könne der Kontakt mit der Ehefrau und den sonstigen Angehörigen durch Telefon und Email aufrechterhalten werden und der Bw könne auch besucht werden. Seine Sorgepflicht gegenüber seiner weiteren Tochter könne der Bw auch vom Ausland nachkommen. Überdies werde mit dem Aufenthaltsverbot kein Zielland fixiert und falle daher die bloß lose Bindung zu seinem Heimatstaat nicht ergebnisrelevant ins Gewicht, da mit dieser Entscheidung ja nicht in sein Heimatland zurückgekehrt werden müsse.

 

Zusammenfassend folgert die belangte Behörde, dass das Aufenthaltsverbot in der verhängten Ausgestaltung erforderlich sei um das hohe Schutzinteresse des Staates an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte Dritter zum Durchbruch zu verhelfen.

 

1.2. In der rechtzeitig eingebrachten Berufungsschrift vom 6. Dezember 2010 führte der Bw u.a. aus, dass er ein intaktes Familienleben führen würde und voll integriert sei. Der Bw sei Vater einer 2007 geborenen Tochter und mit Frau X glücklich verheiratet, wobei zu bemerken sei, dass diese Ehe und das gesamte Familienleben bestens funktionieren würde. Anders sei es nicht erklärbar, dass trotz des schweren Schicksalsschlages in Form des Verlustes der ersten Tochter die Familie nach wie vor zusammenstehe und der Bw alleinige Aufsichtstätigkeiten im Bezug auf das zum Berufungszeitpunkt dreijährige Kind übertragen bekomme. Die schon seit 2005 dauernde Ehe würde überdies durch die Aufenthaltsverbotsentscheidung unheilbar zerrüttet, da die häusliche Wohn- und Lebensgemeinschaft zerrissen wäre. Überdies sei darauf hinzuweisen, dass die gut ausgeprägte Vater/Tochter-Beziehung vernichtet werde. Es werde sohin mit der Aufenthaltsverbotsentscheidung eine aufrechte, funktionierende Ehe zerstört und das Verhältnis zur Tochter beschädigt.

 

Überdies weist der Bw darauf hin, dass die Gefährdungsprognose der belangten Behörde in der Vergangenheit verhaftet sei und nicht darauf Bedacht nehme, dass der Bw seit seiner Tat im Jahr 2006 sich wohl verhalten habe. Auch gilt es zu bemerken, dass dem Tatgeschehen die Bedeutung zugemessen werde, als der Bw lediglich hinsichtlich des Misshandlungserfolges mit dolus eventualis gehandelt habe, darüber hinaus aber lediglich Fahrlässigkeit gegeben gewesen sei. Weder eine besondere Gefährlichkeit, noch eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr gehen vom Bw aus. Auch könne keine negative Zukunftsprognose erstellt werden. Daher stellt der Bw den Antrag, dass der Berufung Folge gegeben werde und der bekämpfte Bescheid ersatzlos aufgehoben und von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes vollständig Abstand genommen werden.

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vor.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist, weshalb der in Rede stehende Verwaltungsakt von der Sicherheitsdirektion – nach In-Krafttreten der Novelle am 1. Juli 2011 – dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt wurde.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, sowie Abfrage des Zentralen Melderegisters und des Elektronischen Kriminalpolizeilichen Informationssystems.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. bis 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus und stellt darüber hinaus fest, dass der Bw am 9. Februar 2011 aus der Strafhaft entlassen wurde und nunmehr mit seiner Ehefrau gemeinsam unter der Meldeadresse: X mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Darüber hinaus ist festzustellen, dass der Bw entsprechend dem Versicherungsdatenauszug vom 16. März 2012 nahezu durchgängig einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist und seit dem 20. Juni 2011 wieder laufend als Angestellter bei seiner Ehefrau ausgewiesen ist. Auch ist zu erkennen, dass im EKIS keinerlei neue Verurteilungen, noch Anzeigen aufscheinen.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 65b des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 38/2011 unterliegen Familienangehörige (§ 2 Abs. 4 Z. 12) der Visumpflicht. Für sie gelten die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach den    §§ 41a, 65a Abs. 2, 66, 67 und 70 Abs. 3.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 12 FPG ist Familienangehöriger: wer Drittstaatsangehöriger und Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, die Drittstaatsangehörige sind.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist § 65b FPG einschlägig, da der Bw seit rund 7 Jahren Ehegatte einer österreichischen Staatsangehörigen ist.

 

Die Verhängung von Aufenthaltsverboten für EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ist in § 67 FPG geregelt, der durch § 65b FPG als anwendbar erklärt wird.

 

3.3. Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

Mit Ausnahme der unter § 67 Abs. 3 FPG angeführten Voraussetzungen kann gemäß § 67 Abs. 2 FPG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens 10 Jahren erlassen werden.

 

3.4. Es ist – im Hinblick auf die oa Bestimmung - zunächst zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit in der Form eines Grundinteresses der Gesellschaft tatsächlich, gegenwärtig und erheblich zu gefährden.

 

Grundsätzlich ist eine rechtskräftige Verurteilung gem. §§ 83 Abs. 2 iVm 86 Strafgesetzbuch durchaus geeignet, um eine erhebliche Gefährdung öffentlicher Interessen zu bejahen, da durch eine solche Tat massiv das Grundinteresse der Gesellschaft am Schutz der physischen Integrität und letztlich des Lebens bedroht ist. Ebenso ist auf den hohen Grad der Verwerflichkeit einer derartigen Straftat zu verweisen, die einer besonders rigorosen Ahndung bedarf. Es gilt aber auch zu bemerken, dass §§ 83 Abs. 2 iVm 86 StGB – wie das OLG Innsbruck bei seiner Strafbemessung ausgeführt hat (s dazu 7 Bs 230/10x, Seite 12 mwN) – als Auffangstrafnorm mit einem breitem Unwertspektrum anzusehen ist. In diesem Sinn ist zu erkennen, dass als Grunddelikt die "bloß" vorsätzliche Misshandlung und in diesem Sinn eine mindere Ausgangstat gegeben ist, an welches die tragische Folge des § 86 StGB geknüpft ist. Darüber hinaus kann im gegenständlichen Fall auch nicht eine Begehung des Grunddeliktes auf qualvolle Weise angenommen werden (RIS-Justiz RS0093088). Insofern ist als Ausgangspunkt der Überlegungen von einem an der unteren Grenze liegenden Erheblichkeitsgrad der Gefährdung auszugehen.

 

Nach der Rsp des Verwaltungsgerichthofes (s dazu VwGH 27. März 2007, Zl. 2007/18/0134) ist zudem § 53 FPG als Orientierungsmaßstab zur Bewertung im Rahmen des § 67 FPG heranzuziehen und findet daher die Annahme der Erheblichkeit der Gefährdung auch in der konkreten Verurteilung des Bw zu 16 Monaten bedingter und 8 Monaten unbedingter Freiheitsstrafe Bestätigung, da die Indizwirkung als bestimmte Tatsache für eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gem. § 53 Abs. 3 FPG erfüllt wird.

 

Darüber erfordert § 67 FPG – mit der belangten Behörde –, dass eine über das bloße Faktum der strafgerichtlichen Verurteilung hinausgehende Bewertung erfolgt. Es ist auf die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftat und auf das sich hieraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (s dazu VwGH 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197). Blickt man auf die Tat, so ist ersichtlich, dass als Grund für die Handlung des Bw im Urteil des Landesgerichtes Innsbruck angeführt wird, dass das Kind immer "geweint" hätte ([...] The baby always cried [...]). Daraus ergibt sich – wie das LG Innsbruck ausführt –, dass es offensichtlich zu einer Überforderung des Angeklagten kam, weshalb er seine Tochter schüttelte und er sohin kausal für den Tod war. Dass die im Ehescheidungsurteil indizierte und von der belangten Behörde ins Treffen geführte latente Gewaltbereitschaft und Aggression tatkausal war und somit ein entsprechendes Persönlichkeitsbild geformt wird, kann vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht erkannt werden. Bestätigt wird dieser Schluss auch durch das Wohlverhalten des Bw nach seiner Tat. Im Besonderen durch den Umstand, dass der Bw 2007 wiederum Vater einer Tochter wurde und sich ebenso wie bei der zu Tode gekommenen Tochter um diese eigenständig kümmert. Er hat somit offensichtlich die Bewährung in der gleichen Situation bestanden und sein dahingehendes Persönlichkeitsbild verbessert. Die Gefahr des Bw aus seinem persönlichen Verhalten – maW: in Überlastungssituationen sämtliche Wertvorstellungen, die ein maßgerechter Mensch der mit den in der österreichischen Rechtsordnung geschützten Werten verbunden ist, beachten würde, über Bord zu werfen – wurde somit durch sein weiteres Verhalten releviert.

 

3.5. Dies führt zu den nächsten Voraussetzungen, des § 67 FGP. Die originär erkannte spezifische Gefahr, welche aus dem persönlichen Verhalten des Bw abgeleitet wird, muss weiters tatsächlich und gegenwärtig gegeben sein. Nun ist aber darauf Bedacht zu nehmen, dass die in Rede stehende Tat im Juli des Jahres 2006 (also vor beinahe 6 Jahren) begangen wurde und er sich – wie bereits ausgeführt – in einer vergleichbaren Situation über einen längern Zeitraum bewährt hat (Geburt der 2. Tochter: 2007, Strafantritt: 30. August 2010; Entlassung: 29. April 2011). Weitere Verurteilungen oder schädliches In-Erscheinung-Treten des Bw ist den Akten nicht zu entnehmen. Darüber hinaus ist zu bemerken, dass der Bw weiterhin mit seiner Ehefrau zusammenlebt und das Familienleben aufrecht ist. Es kann somit bei näherem Blick auf die Tat und das weitere Verhalten des Bw erkannt werden, dass es im vorliegenden Fall bereits an der Gegenwärtigkeit des Gefährdungspotentials im Sinne des § 67 Abs. 1 FPG mangelt, weshalb der Tatbestand dieser Bestimmung nicht als gegeben anzusehen ist.

 

Eine Abwägung iSd. Art. 8 EMRK betreffend der massiven integrativen Elemente des Bw konnte somit unterbleiben.

 

3.6. Es war daher im Ergebnis der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

4. Nachdem der Bw offenkundig der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, konnte gemäß § 67 Abs. 5 iVm. § 59 Abs. 1 FPG auf die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung verzichtet werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1.   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2.   Im Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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