Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730306/2/SR/MZ/WU

Linz, 02.04.2012

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, vertreten durch RA X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 25. November 2010, GZ: Sich40-27381, betreffend die Erlassung eines auf die Dauer von 5 Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes für das Bundesgebiet der Republik Österreich nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs 1a, 53 Abs. 2 Z 7, 63 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2011).

 

 Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 25. November 2010, GZ: Sich40-27381, dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung zugestellt am 6. Dezember 2010, wurde gegen den Bw ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich auf Grundlage der §§ 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 8, 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (im Folgenden: FPG) erlassen.

 

Im angefochtenen Bescheid wird von der belangten Behörde ausgeführt, der Bw sei nach den fremdenpolizeilichen Unterlagen bosnischer Staatsbürger und seit 17. April 2007 in Österreich aufhältig und polizeilich gemeldet. Er habe am 10. April 2006 erstmals über die österreichische Botschaft in Sarajevo einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "Angehöriger" gestellt. Dieser sei von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung am 5. März 2007 bewilligt und in der Folge auch mehrmals verlängert worden. Mit dem Aufenthaltstitel sei, wie auf der Karte für Niederlassungsbewilligung auch vermerkt, kein Zugang zum Arbeitsmarkt gegeben.

 

Nunmehr sei der Bw von Beamten des Finanzamtes Gmunden-Vöcklabruck mehrmals, und zwar jeweils am 22. Juli 2010, am 30. Juli 2010 sowie am 8. August 2010, als Hilfsarbeiter arbeitend angetroffen worden, obwohl er nicht über eine entsprechende Beschäftigungsbewilligung verfüge. Der Beschäftiger, der Bruder des Bw X, sei auch wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz der zuständigen Verwaltungsbehörde mit Strafantrag vom 12. August 2010, FA-GZ 053/70107/1/2010, zur Anzeige gebracht worden.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16. August 2010, Sich40-27381, sei dem Bw zur Kenntnis gebracht worden, dass beabsichtigt sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Der Bw habe in der daraufhin abgegebenen Stellungnahme im Wesentlichen geltend gemacht, die Behörde müsse bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens die Kriterien des § 66 Abs. 2 FPG berücksichtigen. Der Bw habe angegeben an, sich seit 2007 in Österreich aufzuhalten. Die Behörde hätte festzustellen, dass sich die gesamte Familie, also Vater, Mutter und Bruder in Österreich befinden würden. Der Bw hätte bei einer Ausweisung nach Bosnien keinerlei familiären Rückhalt und wäre aufgrund hoher Arbeitslosenzahlen im Heimatland nicht selbsterhaltungsfähig und daher der Armut preisgegeben. Der Bw habe weiters angegeben, in Österreich gut integriert zu sein, die Sprache zu beherrschen, einen großen Freundeskreis zu haben und durch die Eltern in Form von Naturalien und Wohnungsbereitstellung unterstützt zu werden. Es würden keine Verstöße nach dem Asyl-, Fremdenpolizei- oder Einwanderungsrecht vorliegen. Hinsichtlich des Grades der beruflichen Integration sei es vom Gesetzgeber geradezu beabsichtigt, dass er keine Erwerbstätigkeit aufnehmen dürfe und sei er somit von der Gunst der Familie abhängig. Der Bw habe weiters angegeben, sich langsam wertlos vorzukommen und deshalb, so gut er könne, den Eltern im Haushalt zu helfen und auch den Bruder zu unterstützen. Bei den von ihm verrichteten Hilfsarbeiten würde es sich nicht um beschäftigungsbewilligungspflichtige Tätigkeiten handeln, sondern um Unterstützungshandlungen, die im Rahmen einer Familie gang und gäbe seien. Es sei so, dass Herr X, ein Subunternehmer des Bruders, abgesprungen sei und der Bruder alleine die Trockenbauarbeiten durchführen hätte müssen. Deshalb sei zuerst der Sohn eingesprungen und als es diesem zuviel wurde, hätte der Bw seine Hilfe angeboten. Es hätte sich dabei nicht um bezahlte Arbeitsstunden gehandelt, sondern sei dies als Gefallen gegenüber dem Bruder und nicht als Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zu werten. Der Bw habe weiters in seiner Stellungnahme angegeben, er bestreite ausdrücklich, gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz verstoßen zu haben. Nunmehr sei ihm jedoch klar, dass er nicht einmal für ein paar Stunden seinen Bruder am Bau unterstützen dürfe, weshalb die Androhung eines Aufenthaltsverbotes ausreiche. Der Bw und sein Bruder würden in Zukunft sicherlich keine Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz begehen. Die Behörde habe es bewusst unterlassen, hinsichtlich der Integration sämtliche Feststellungen im Zusammenhang mit sozialen Kontakten oder Freunden zu treffen. Der Bw habe zudem ausgeführt, strafrechtlich unbescholten zu sein. Die beabsichtigte Erlassung des Aufenthaltsverbotes würde im Hinblick auf die Dauer der Trennung von seinen nächsten Angehörigen, den Bekannten und der mangelnden Bindung zum Heimatland einen besonders schweren Eingriff in das Privat- und Familienleben darstellen. Die Integration hätte durch die angeblichen Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz eine Beeinträchtigung erfahren. Dennoch komme seinen persönlichen Interessen nach zumindest drei Jahren Aufenthalt und den familiären Bindungen ein sehr hohes Gewicht zu. Das Gesamtverhalten könne somit ein Aufenthaltsverbot nicht rechtfertigen. Es folgen weitere Ausführungen hinsichtlich der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK vorzunehmenden Interessenabwägung.

 

Dieser Stellungnahme hält die belangte Behörde entgegen, dass der Bw mit 3 ½ Jahren erst sehr kurze Zeit in Österreich aufhältig sei. Dazu komme, dass ihm bereits bei der Erteilung des Aufenthaltstitels "Angehöriger" klar gewesen sein musste, mit diesem Titel keinen Zugang zum Arbeitsmarkt zu haben, was auch auf der Karte deutlich lesbar aufgedruckt sei. Dem Vorbringen, der Bw habe nur seinem Bruder geholfen, da diesem ein Subunternehmer ausgefallen sei und es sich dabei um keine beschäftigungsbewilligungspflichtige Tätigkeiten gehandelt hätte, könne nichts abgewonnen werden, da der Bw nicht nur einmal am 4. August 2010 von Beamten der KIAB Vöcklabruck kontrolliert und arbeitend angetroffen worden sei. Wie dem Strafantrag des Finanzamtes Gmunden-Vöcklabruck zu entnehmen ist, sei der Bw bereits am 22. Juli 2010 um 13:30 Uhr arbeitend angetroffen worden. Er habe auch versucht, sich der Kontrolle durch Verstecken im Baustellenobjekt zu entziehen. Nach seiner Entdeckung sei mit ihm ein "Personenblatt" in einer dem Bw verständlichen Sprache ausgefüllt worden. Darin habe er angegeben, eine Stunde beim Tragen von Gipskartonplatten, welche an diesem Tag auf die Baustelle geliefert worden seien, geholfen zu haben. Dieser Sachverhalt sei von der KIAB gerade noch so gewürdigt worden, dass der Bw die Tätigkeit aus freien Stücken ausgeführt habe und keine Entlohnung erhalten habe.

In Kenntnis dessen, ohne Beschäftigungsbewilligung nicht arbeiten zu dürfen, sei der Bw am 4. August 2010 neuerlich auf der Baustelle beim Tragen von Gipskartonplatten von Beamten der KIAB auf frischer Tat betreten worden. Der Bruder habe gegenüber den einschreitenden Beamten angegeben, dass der Bw dafür von ihm und seinem Vater freie Kost und Logis erhalten würde. Weiters würde von den Beiden für den Bw die Krankenversicherung in Österreich bezahlt, damit der Bw einen Aufenthaltstitel in Österreich erhalten und innehaben könne. Der Bruder sei auch in Kenntnis dessen gewesen, dass der Bw keinen Zugang zum Arbeitsmarkt habe.

 

In der Anzeige sei weiters vermerkt, dass es Faktum sei, dass der Bruder des Bw diesen am 22. Juli 2010, am 30. Juli 2010 und am 4. August 2010 als Hilfsarbeiter beschäftigt habe. Es könne auch keinesfalls von einem einmaligen Betreten auf frischer Tat ausgegangen werden, da der Bw bei der zweiten Kontrolle bereits in Kenntnis davon war, ohne entsprechende Bewilligung nicht arbeiten zu dürfen.

 

Wenn der Bw vorbringe, sich in Österreich langsam wertlos vorzukommen, da er von der Gunst seiner Familie abhängig sei, müssen ihm vorgehalten werden, dass er bereits bei der Erteilung des Aufenthaltstitels Kenntnis davon hatte, dass damit kein Zugang zum Arbeitsmarkt verbunden sei und er nur aufgrund der Unterhaltsleistung durch Vater und Bruder in Österreich bleiben könne.

 

Es folgt ein Zitat des § 66 Abs. 2 FPG. Wenn auch durch die Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw erfolge, so sei dies jedenfalls zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich. Der Bw habe sich zwar bisher rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, wobei er jedoch nachgewiesener Maßen mindestens dreimal unberechtigt einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Auch wenn der Bw in Österreich ein Privat- und Familienleben habe, so gebe er selbst zu, sich langsam wertlos in Österreich vorzukommen, da ihm der Zugang zum Arbeitsmarkt nicht offen stehe. In diesem Sinne sei auch zu berücksichtigen, dass dies auch in Zukunft nicht der Fall sei. Das bestehende Privat- und Familienleben relativiere sich erheblich dadurch, dass der Bw erst in einem Alter von ca. 32 Jahren nach Österreich gekommen sei. Er sei damit volljährig und selbstbestimmt. Der Grad der Integration sei auch daran zu messen, ob er in Zukunft selbsterhaltungsfähig sei. Dies sei jedenfalls zu verneinen, da der Bw ja, wie bereits mehrfach ausgeführt wurde, keinen Zugang zum Arbeitsmarkt habe. Der Bw habe keinerlei Schritte gesetzt, die auf eine schulische oder berufliche Ausbildung in Österreich schließen ließen. Eine Teilnahme am öffentlichen Leben in Form von Mitgliedschaft in einem Verein oder einer Organisation habe er nicht geltend gemacht. Auch das Bestehen eines großen Freundeskreises mache der Bw nur vage geltend, ohne konkrete Angaben darüber zu machen.

 

Wenn der Bw auch bereits seit ca. 3 ½ Jahren in Österreich lebe, so müsse dem gegenüber gestellt werden, dass er doch über 32 Jahre in seinem Heimatland gelebt und somit den weitaus größten Teil seines Lebens dort verbracht habe. Er habe dort seine Schulausbildung absolviert und sei daher der bosnischen Sprache mächtig. Weiters habe er im Heimatland, anders als in Österreich, die Möglichkeit, am legalen Arbeitsmarkt zu partizipieren. Der Bw sei mit der Lebenssituation im Heimatland vertraut, insbesondere wenn man darauf Bedacht nehme, dass er in einer bosnischen Familie lebe und in diesen Familien, auch wenn die Familienmitglieder österreichische Staatsbürger seien, sehr traditionell die eigene Lebenskultur gepflegt werde. Im Übrigen könne auch davon ausgegangen werden, dass der Bw nach wie vor mit seinem Heimatland in gewisser Weise verwurzelt sei, da eine Abwesenheit von 3 ½ Jahren noch keinen so langen Zeitraum darstelle, aus dem geschlossen werden könnte, dass man jeglichen Kontakt bzw. Bezug zur Heimat verloren hätte. Der Bw sei in einem Lebensalter, in dem es ihm jedenfalls zugemutet werden könne, sich neuerlich mit dem Heimatland auseinander zu setzen. Im Übrigen könne, wenn auch die Lage am dortigen Arbeitsmarkt schwierig eingeschätzt werde, davon ausgegangen werden, dass der Bw dort Fuß fassen könne bzw. auch Zugang zum dortigen Sozialsystem habe. Die Eltern und der Bruder könnten den Bw zudem auch im Heimatland unterstützen.

 

In der Gesamtschau der Integration des Bw in Österreich könne diese aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer und der Begleitumstände, vor allem wegen der Perspektive, nicht in den Arbeitsmarkt in Österreich eintreten und auf lange Sicht gesehen auch keine Altersvorsorge treffen zu können, nicht als besonders intensiv betrachtet werden. Auch wenn der Bw legal nach Österreich eingereist sei, so habe er wiederholt gegen maßgebliche Vorschriften verstoße, die den Zugang zum legalen Arbeitsmarkt in Österreich regeln. Es könne nicht geduldet werden, dass Fremde, die als "Angehörige" einen Aufenthaltstitel ohne Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, trotz dieser Einschränkung unerlaubt einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

 

Die Tatsachen würden so schwer wiegen, dass die Erlassung des Rückkehrverbotes [sic] zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie eines geregelten innerösterreichischen Arbeitsmarktes, dringend geboten sei. Durch das Verhalten des Bw in Österreich sei die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in einem hohen Maße gefährdet. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stelle die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar. Dies umso mehr in einer Zeit, in der, wie in jüngster Vergangenheit unübersehbar geworden, der Zuwanderungsdruck kontinuierlich zunehme. Um den mit diesem Phänomen verbundenen Problemstellungen in ausgewogener Weise Rechnung tragen zu können, würden die für Fremde vorgesehenen Rechtsvorschriften zunehmend an Bedeutung gewinnen. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung komme aus Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu.

 

Aufgrund des Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der persönlichen Lebenssituation des Bw werde festgestellt, dass die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Rückkehrverbotes [sic] schwerer wiegen als die Auswirkungen eines Rückkehrverbotes [sic] auf die persönliche bzw. familiäre Lebenssituation.

 

Bei der Abwägung sei die Dauer des Aufenthaltes, das Ausmaß der Integration und die Intensität der familiären und sonstigen Bindungen berücksichtigt worden.

 

Die Dauer des Aufenthaltsverbots von fünf Jahren werde als angemessen angesehen. Die Entscheidung stehe auch im Einklang mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

 

2.1. Gegen den am 6. Dezember 2010 dem Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung zugestellten Bescheid erhob dieser mit Schreiben vom 20. Dezember 2010, zur Post gegeben am gleichen Tage, rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

2.2. In der Berufungsschrift führt der Bw – zusammengefasst und sinngemäß – aus:

 

1. Die belangte Behörde habe ihren Bescheid ausschließlich darauf gestützt, dass der Bw trotz der Tatsache, dass seine Niederlassungsbewilligung den Vermerk "kein Zugang zum Arbeitsmarkt" enthalte, ohne entsprechende Bewilligung einer Beschäftigung im österreichischen Bundesgebiet nachgegangen sei. Diesbezüglich sei Anzeige gegen den Bruder des Bw erfolgt.

 

Hiezu sei festzuhalten, dass es richtig sei, dass der Bw über einen Aufenthaltstitel "Angehöriger" verfüge und auf seiner Niederlassungskarte vermerkt sei: "kein Zugang zum Arbeitsmarkt". Diesbezüglich sei auszuführen, dass dies jedoch nur bedeuten könne, dass die Karte an und für sich einen Zugang zum Arbeitsmarkt nicht darstelle. Jedenfalls könne und dürfe aufgrund dieses Vermerkes nicht daraus geschlossen werden, dass aus den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sich nicht doch eine Berechtigung zur Arbeit ergebe. In gegenständlichem Fall habe die belangte Behörde offensichtlich die Rechtslage und insbesondere die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gänzlich außer Acht gelassen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in zahlreichen Erkenntnissen, zuletzt am 1. Juli 2010, festgestellt, dass erwachsene Kinder von österreichischen Staatsangehörigen, welche vom österreichischen Staatsangehörigen – wenn auch nur teilweise – Unterhalt beziehen, vom Ausländerbeschäftigungsgesetz gemäß § 1 Abs. 2 lit m AuslBG ausgenommen seien. Hiezu hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass dann, wenn die belangte Behörde zur Interpretation des Begriffes "Kind" in § 1 Abs. 2 lit m AuslBG die Definition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG heranziehe, diese verkenne, dass diese Bestimmung der Umsetzung der Richtlinie 2003/86/EG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung von Drittstaatsangehörigen (also nicht der Zusammenführung von Unionsbürgern aus drittstaatsangehörigen Familienmitgliedern) diene, was bereits im Erkenntnis vom 12. Dezember 2007, 2007/09/0228, dargelegt worden sei.

 

Laut Verwaltungsgerichthof komme es bei der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit m AuslBG nicht auf die Minderjährigkeit des Kindes an, weil im Gegensatz zur früheren Rechtslage eine Altersbeschränkung nicht mehr vorgesehen sei. Dies ergebe sich sowohl aus der von jener des lit l leg cit abweichenden Textierung als auch dem gänzlichen Fehlen entsprechender Hinweise in den Materialien. Davon ausgehend sei unter dem Begriff "Kind" im Sinne des § 43 ABGB jeder Verwandte in absteigender Linie zu verstehen (siehe dazu Bichl/Schmid/Szymanski, Das neue Recht der Arbeitsmigration [2006] 82). Begründend habe der VwGH weiters festgestellt, dass Angehörige österreichischer Staatsangehöriger nicht schlechter behandelt werden dürfen als Angehörige von Unionsbürgern (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichthofes VfSlg 14.863/1997 und 16.214/2001). Es könne daher dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, dass er eine solche Schlechterstellung normieren wollte. Daher sei die Formulierung "Kinder österreichischer Staatsbürger" im Hinblick auf den verfassungsgesetzlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verfassungskonform so auszulegen, dass es auf die Minderjährigkeit eines drittstaatsangehörigen Kindes eines österreichischen Staatsbürgers nicht ankomme. Die durch die Novelle BGBl I 2005/101 normierte Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit m AuslBG diene nach den Erläuterungen unter anderem der Umsetzung der Unionsbürgerrichtlinie. In gegenständlichem Fall handle es sich um die Stellung des drittstaatsangehörigen Sohnes eines österreichischen Staatsbürgers. Nach der Begriffsbestimmung des Art. 2 der RL bezeichne der Ausdruck "1. Unionsbürger – jene Person, die die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedsstaates besitzt; 2. Familienangehöriger a) den Ehegatten; b) den Lebenspartner, mit dem der Unionsbürger auf der Grundlage der Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates eine eingetragene Partnerschaft eingegangen ist, sofern nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedsstaates die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichgestellt ist und die in den einschlägigen Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedsstaates vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind; c) die Verwandten in gerader absteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten und des Lebenspartners im Sinne des Buchstaben b, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird.

 

Nach Art. 23 dieser RL seien "die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, die das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt in einem Mitgliedsstaat genießen … ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit berechtigt, dort einer Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger aufzunehmen." Nach den genannten Bestimmungen der Richtlinie (nicht zuletzt auch unter dem Gesichtspunkt des Verbotes der Inländerdiskriminierung) könne kein Zweifel daran bestehen, dass der Gesetzgeber in Umsetzung der genannten Richtlinie unter "Kinder" in der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit m AuslBG Verwandte in gerade absteigender Linie verstehe, was unter anderem auch den §§ 40 und 42 ABGB entspreche. Die belangte Behörde berufe sich in ihrer Bescheidbegründung auf die Definition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG. Damit verkenne sie, dass diese Bestimmung der Umsetzung der Richtlinie 2003/86/EG betreffend das Recht auf Familienzusammenführung von Drittstaatsangehörigen diene und es dementsprechend im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben könne, was "Kernfamilie" im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG bedeute.

 

Aus den vorstehenden Erläuterungen ergebe sich eindeutig, dass der Bw, wenngleich er über eine Niederlassungsbewilligung "Angehöriger" mit dem Vermerk "kein Zugang zum Arbeitsmarkt" verfüge, aufgrund der Bestimmungen des AuslBG, insbesonders aufgrund des § 1 Abs. 2 lit m AuslBG, vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen sei. Der bekämpfte Bescheid sei daher aufgrund von Rechtswidrigkeit seines Inhaltes jedenfalls aufzuheben, als die von der Behörde angenommene bestimmte Tatsache im Sinne des § 60 Abs. 1 und 2 Z 8 FPG objektiv nicht vorliege.

 

2. Selbst wenn man der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde folgen würde, erwiese sich das gegenständliche Aufenthaltsverbot als rechtswidrig. Der Bw habe zugegebenermaßen mehr als einmal seinem Bruder unentgeltlich geholfen. Wesentlich sei, dass der Bw für seine Hilfstätigkeiten keinerlei Gegenleistung erhalten habe, sondern diese aus verwandtschaftlicher Hilfeleistung aus freien Stücken und ohne persönliche Abhängigkeit vorgenommen habe. Es handle sich maximal um Gefälligkeitshandlungen, welche nicht dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliegen würden. Bereits zahlreiche Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem Thema würden ausführen, dass Gefälligkeitsdienste nicht unter die bewilligungspflichtigen Beschäftigungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes fallen. Als Gefälligkeitsdienste seien kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzuerkennen, die vom Leistenden aufgrund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbracht werden. So habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. Juli 1990, 90/09/0062, ausgesprochen, dass der Umstand der stundenweisen Aushilfe (hier in der Landwirtschaft und im Gastbetrieb) eines Ausländers, der bei seinem Arbeitgeber freies Quartier und freie Kost hat, alleine für sich nicht die Annahme einer Beschäftigung im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtfertige; auch die Mithilfe eines Dauergastes im Haushalt könne einen Gefälligkeitsdienst darstellen. Sohin müsse gerade im Fall des Bw bei rechtlicher Beurteilung das Vorliegen einer solchen Gefälligkeitshandlung allein aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehung festgestellt werden.

 

3. Festzustellen sei weiters, dass der Bw als Sohn eines österreichischen Staatsangehörigen, von welchem er Unterhalt bezog und beziehe, davon ausgehen musste, vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen zu sein, weshalb er – entgegen der Annahme der belangten Behörde – nicht in Kenntnis davon war, ohne Beschäftigungsbewilligung nicht arbeiten zu dürfen.

 

4. Unrichtig sei auch die Feststellung der belangten Behörde, dass dem Bw der Arbeitsmarkt auch in Zukunft nicht offen stehe. Richtig ist vielmehr, dass der Bw, sollte er einen diesbezüglichen Antrag beim AMS stellen, eine Ausnahmebestätigung gemäß § 3 AuslBG erhalten werde und auch arbeiten werde können, darüber hinaus werde der Bw nach fünfjährigem Aufenthalt über eine Daueraufenthaltskarte verfügen und mit dieser jedenfalls einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Des weiteren verfüge der Vater des Bw über ausreichend Einkommen, sodass er seinen Sohn unterhalten könne.

 

5. Auszuführen sei weiters, dass es keine gesetzliche Grundlage dafür gebe, den in einem Strafverfahren des angeblichen Arbeitgebers zugrunde gelegten Tatbestand als für den Bw bindend zu werten. Es bestünde daher offenkundiger Bedarf, den Sachverhalt zur Frage der Erbringung unselbstständiger Dienstleistungen an den Bw vorgeworfenen Tagen näher abzuklären, zumal der Bw vorgebracht habe, dass er tatsächlich keiner unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Die belangte Behörde hätte sich daher nicht darauf beschränken dürfen, den Sachverhalt aus einem durchgeführten Strafverfahren des AMS heranzuziehen, sondern den Sachverhalt selbst feststellen und die daraus sich ergebenden Folgen ableiten müssen. Hätte die belangte Behörde dies getan, wäre sie zur Auffassung gelangt, dass an allen drei Tagen der Bw lediglich für eine Stunde, ohne Entgelt zu erhalten, aushilfsweise für seinen Bruder Tätigkeiten verrichtet habe. Die belangte Behörde hätte festzustellen gehabt, inwieweit die einzelnen von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Merkmale der unselbstständigen Erwerbstätigkeit tatsächlich vorgelegen haben.

 

6. Auch die Interessensabwägung sei von der belangten Behörde nicht im Lichte der Judikatur und der Gesetzgebung vorgenommen worden. Die belangte Behörde habe festgestellt, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw darstelle, das jedoch die öffentlichen Interessen derart überwiegen, da ein geordnetes Fremdenwesen für den österreichischen Staat von eminentem Interesse sei. Die belangte Behörde habe es unterlassen, konkret anzuführen, worin nun das eminente Interesse des österreichischen Staates, im Konkreten bezogen auf den Bw, bestehe. Der globale Hinweis darauf, dass einem geordneten Fremdenwesen ein eminentes Interesse zukomme, sei nicht ausreichend für die Interessensabwägung. Insbesondere hätte die belangte Behörde in Erwägung ziehen müssen, dass es bei allen drei zugrunde liegenden Vorfällen immer so war, dass der Bw lediglich aus Freundschaft bzw. verwandtschaftlichem Zugehörigkeitsgefühl und Verantwortungsgefühl Hilfsdienste, für welche er nicht bezahlt wurde, in einer Dauer von maximal je einer Stunde geleistet habe. Das sporadische Helfen in ausgesprochenen Notsituationen für kurze Zeit sei jedenfalls so zu bewerten, dass es, wenn man schon eine unselbstständige Erwerbstätigkeit annehme, doch bei der Interessensabwägung zu berücksichtigen sei, jedenfalls ein geringes Verschulden vorliege und wäre somit, anstelle der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes, mit einer Abmahnung dem öffentlichen Interesse genüge getan.

 

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen stehe fest, dass das gegenständliche Aufenthaltsverbot zu Unrecht erlassen wurde und werde daher beantragt, der Berufung Folge zu geben und den gegenständlichen Bescheid ersatzlos aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung zur ersten Instanz zurück zu verweisen.

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vorgelegt.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich wurde der gegenständliche Akt daher nunmehr dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung übermittelt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, durch Einsichtnahme in das Elektronische Kriminalpolizeiliche Informationssystem sowie durch Kontaktaufnahme mit der belangten Behörde.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs. 2 Z 1 AVG). Eine mündliche Verhandlung wurde im Übrigen vom rechtsfreundlich vertretenen Bw auch nicht beantragt.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem in den Punkten 1 und 2.2. dargestellten, für die Entscheidung im Wesentlichen unstrittigen Sachverhalt aus.

 

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass – nach Auskunft der belangten Behörde – das Strafverfahren gegen den Bruder des Bw nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nach wie vor in erster Instanz beim Magistrat Salzburg anhängig ist.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. § 1 Abs. 2 lit m des Ausländerbeschäftigungsgesetzes – AuslBG lautete im Zeitpunkt der dem Bw von der belangten Behörde vorgeworfenen erwerbs-wirtschaftlichen Tätigkeiten:

"Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf EWR-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch nehmen, deren drittstaatsangehörige Ehegatten und Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) sowie die drittstaatsangehörigen Ehegatten und Kinder österreichischer Staatsbürger, sofern der Ehegatte bzw. das Kind zur Niederlassung nach dem NAG berechtigt ist."

 

Dass der Bw aufgrund der Niederlassungsbewilligung "Angehöriger" im Bundesgebiet von Österreich zur Niederlassung berechtigt ist, steht außer Streit. Ebenso besteht kein Grund daran zu zweifeln, dass der Bw das drittstaatsangehörige Kind eines österreichischen Staatsbürgers ist. Diesbezüglich kann auf die im Akt befindliche Kopie des österreichischen Passes des Vaters des Bw, Herrn X, verwiesen werden.

 

Da der Bw somit den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 lit m AuslBG im Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Tathandlungen erfüllt hat, fand aufgrund der damaligen Rechtslage – im Gegensatz zur aktuellen Rechtslage – das Ausländerbeschäftigungsgesetz auch keine Anwendung. Es ist daher denkunmöglich, dass der Bw im Juli und im August 2010 den Bestimmungen dieses Gesetzes zuwider gehandelt hat.

 

4.2. Gemäß § 63 Abs. 1 FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.      die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.      anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen    zuwiderläuft.

 

Gemäß § 63 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.

 

4.3.1. § 53 Abs. 2 Z 7 FPG normiert als bestimmte Tatsache, wenn der Drittstaatsangehörige bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen.

 

4.3.2. Die belangte Behörde begründet das gegen den Bw erlassene Aufenthaltsverbot einzig mit den – aus ihrer Sicht vorliegenden – Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Da diese jedoch wie dargelegt gar nicht vorliegen konnten, und darüber hinaus im Verfahren auch kein anderer Grund hervorgekommen ist der darauf schließen ließe, dass der Bw durch seinen Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden bzw. dieser anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufen könnte, war der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

5. Von einer Übersetzung gemäß § 59 Abs. 1 FPG konnte aufgrund der vom Bw geltend gemachten sehr guten Deutschkenntnisse abgesehen werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

 

 

Beschlagwortung:

§ 1 Abs. 2 lit. m AuslBG, § 63 FPG

 

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