Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730362/2/SR/MB/WU

Linz, 27.03.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, StA: Türkei, vertreten durch RA X, gegen den Bescheid des Bundespolizeidirektors von Linz vom 19. Jänner 2011, AZ: 1040967/FRB, mit dem der Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung eines 10-jährigen Aufenthaltsverbotes abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

Aus Anlass der Berufung wird der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bundespolizeidirektors von Linz vom 19. Jänner 2011, AZ: 1040967/FRB, wurde der Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) vom 25. November 2010 auf Aufhebung eines gegen den Bw verhängten 10-jährigen Aufenthaltsverbotes, welches mit dem Bescheid des Sicherheitsdirektors des Landes Oberösterreich vom 25. November 2010, zu Zl. St. 334/05 verhängt wurde, abgewiesen. Der Spruch des Bescheides lautet wie folgt: "Ihr Antrag vom 25. November 2010 auf Aufhebung des mit Bescheid der BPD Linz vom 01.09.2005 unter der Zahl: Fr-47.981 (jetzt 1040967/FRB) gegen Sie erlassenen, 10-jährigen Aufenthaltsverbotes, wird gem. § 65 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG 2005, BGBl I 100/2005 idgF. abgewiesen."

 

Zum Verfahrensgang führt die belangte Behörde aus, dass mit dem im Spruch angeführten rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde gegen den Bw ein 10-jähriges Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt worden sei. Diesem Aufenthaltsverbot lägen zwei rechtskräftige Verurteilungen und zahlreiche verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen zu Grunde. Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, werde überdies an dieser Stelle ausdrücklich auf die Entscheidungsgründe des Bescheides über die Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes vom 1. September 2005 vollinhaltlich verwiesen und zum integrierenden Bestandteil dieser Bescheidbegründung erhoben.

 

Sinngemäß führt die belangte Behörde weiter aus, dass das gegenständliche Aufenthaltsverbot gem. § 125 Abs. 3 FPG als solches nach dem im Entscheidungszeitpunkt in Geltung stehenden Fremdenpolizeigesetz zu gelten habe. Es gelte festzustellen, dass auch im Entscheidungszeitpunkt die nachteiligen Folgen der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes um vieles schwerer wiegen würden, als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Bw und seiner Familie seien. Die Angaben des Bw betreffend seiner privaten Familienverhältnisse seien im Wesentlichen im September 2005 bei der Bescheiderlassung mitbedacht worden. Auch sei zu festzuhalten, dass der Bw nicht gewillt sei, sich an im Instanzenzug überprüfte höchstgerichtliche Entscheidungen zu halten und seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Die Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme im Frühjahr 2011 habe der Bw auch nicht wahrgenommen. Daher sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

 

1.2. Gegen den Bescheid der belangten Behörde, welcher am 21. Jänner 2011 der damaligen Rechtsvertretung des Bw (RA X) zugestellt wurde, bringt der Bw das Rechtsmittel der Berufung mit Schreiben vom 4. Februar 2011 rechtzeitig ein und stellt darin den Antrag, dass der bekämpfte Bescheid der Berufungsbehörde vorgelegt werden möge und durch diese der angefochtene Bescheid der Fremdenpolizeibehörde vom 19. Jänner 2011, zu AZ: 1040967/FRB aufgehoben und dem Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes stattgeben werde. In eventu stellt der Bw den Antrag, dass der angefochtene Bescheid der belangten Behörde wegen Verfahrensmängel und/oder inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben und zur Ergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen werde.

 

Inhaltlich bringt der Bw sinngemäß vor, dass der Bescheid der belangten Behörde keine Begründung enthalte und keine Prüfung durchgeführt wurde, ob sich die persönlichen Verhältnisse des Bw in irgendeiner Form geändert hätten. Dahingehend sei das Wohlverhalten des Bw seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes unberücksichtigt geblieben. Auch die Möglichkeit der Arbeit ist entgegen der belangten Behörde als positive Änderung anzusehen und wäre dahingehend zu berücksichtigen gewesen.

 

2.1. Die belangte Behörde legte zunächst den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Sicherheitsdirektor des Landes Oberösterreich vor. Nachfolgend wurde der Akt aufgrund des Zuständigkeitsüberganges nach dem FrÄG 2011 an den Unabhängigen Verwaltungssenat weiter geleitet.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt und bereits aufgrund dieser ersichtlich ist, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (vgl. § 67d Abs. 1 Z 1 AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter dem Punkt 1.1 und Punkt 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten – auch in dieser Hinsicht völlig unbestrittenen – Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidung aus § 9 Abs. 1a FPG idgF iVm. Art 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008, ABl. L 348 vom 24.12.2008, S 98 (im Folgenden: RückführungsRL) ergibt. Art 13 der RückführungsRL sieht vor, dass Drittstaatsangehörige das Recht haben, sich betreffend Entscheidungen "[...] in Bezug [...]" auf die Rückkehr nach Art 12 Abs. 1 der RückführungsRL, an eine zuständige Justiz- oder Verwaltungsbehörde oder ein zuständiges Gremium, dessen Mitglieder unparteiisch sind und deren Unabhängigkeit garantiert wird, mit einem wirksamen Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung, zu wenden und die Überprüfung einer solchen Entscheidung zu begehren.

Es ergibt sohin der Wortlaut der (hier unmittelbar anwendbaren) Richtlinie, dass eine Entscheidung über einen Antrag auf Aufhebung einer Rückkehrentscheidung bzw. eines Einreiseverbotes eine Entscheidung in Bezug auf die Rückkehr nach Art 12 Abs. 1 der RückführungsRL ist und insofern im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltwaltungssenate begründet wird. Bestätigung findet dieses Ergebnis dadurch, dass das sachnächste Organ in Zusammenschau mit Art 47 GRC die Zuständigkeit erlangt (vgl. Schlögl, Die betroffene Öffentlichkeit im UVP-Feststellungsverfahren, wbl 2011, 248 mwN). Nichts anderes gilt für ein Aufenthaltsverbot in der hier vorliegenden Form (idS auch VwGH vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097-5).

 

3.2. Es gilt jedoch zuvorderst zu erkennen, dass, wie im Spruch des bekämpften Bescheides der belangten Behörde ausdrücklich angeführt wird, das Aufenthaltsverbot, welches von der belangten Behörde selbst am 1. September 2005, zu GZ: Fr-47.981 (jetzt: 1040967/FRB) verhängt wurde, als Verfahrensgegenstand von der belangten Behörde erkannt wurde.

 

Der zu Grunde liegende Antrag des Bw enthält aber ausdrücklich die Bezeichnung des Bescheides des Sicherheitsdirektors vom 26. Juli 2006, Zl. St. 334/05, welcher in Bestätigung der erstbehördlichen Verhängung des 10-jährigen Aufenthaltsverbotes eine neue Sachentscheidung gem. § 66 Abs. 4 AVG darstellt. Aus dem Antrag kann mangels anderer Anhaltspunkte auch kein gegenteiliger Schluss gezogen werden. Selbiges gilt für die Abweisungsentscheidung der belangten Behörde zu AZ: 1040967/FRB vom 19. Jänner 2011. Weder aus dem Spruch noch aus der Begründung ist ersichtlich, dass über die Aufhebung des letztlich alleine in Geltung stehenden, vom Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung vom 4. Oktober 2006 zu Zl. 2006/18/0325-3 bestätigten, Bescheides des Sicherheitsdirektors abgesprochen wird.

 

3.3. Da sich nun hieraus ergibt, dass eine Aufhebung des vom Bescheid der Sicherheitsdirektion in seinen Rechtswirkungen voll überlagerten (s dazu VwGH vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0215) Bescheides der belangten Behörde nicht beantragt war, war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein Zahlschein liegt bei.

 

Christian Stierschneider

 

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