Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166736/4/Br/REI

Linz, 20.03.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau A J,  geb. x,  B, B L, vertreten durch die Rechtsanwältin Dr. R G, M, L, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 1. Februar 2012, Zl. VerkR96-4590-2011, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 20.3.2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I.     Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen;  das angefochtene Straferkenntnis wird im Schuld- u. Strafausspruch sowie hinsichtlich der auferlegten Gutachterkosten bestätigt.

 

II.   Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden der Berufungswerberin als Kosten für das Berufungsverfahren 160 Euro auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991   zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG u. § 19  § 24, § 51, § 51c,  §          51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz – VStG, BGBl. Nr. 52/1991,  zuletzt geändert         durch BGBl. I Nr. 111/2010

 

Zu II.: § 64 Abs.1 bis 3 VStG iVm § 5a Abs.2 StVO 1960

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem o.a. Straferkenntnis über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 800 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 192 Stunden verhängt, weil sie am 30.06.2011, 19:50 Uhr, in  Linz, L bis ONr. den Pkw mit dem Kennzeichen x, in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.

Zuzüglich zu den Verfahrenskosten in Höhe von 80 Euro wurden gemäß § 5a Abs.2 StVO 1960 die auf das Gebührenanspruchsgesetz, BGBl. 214/1992 gestützten Kosten für die klinische Untersuchung und die Blutabnahme in Höhe von 305,30 Euro sowie die Untersuchung der Blutprobe durch das gerichtsmedizinische Institut der Universität Salzburg in Höhe von 660 Euro (insgesamt 965,30 Euro) auferlegt.

 

 

 

1.1. In der Begründung führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

" Sie lenkten am 30.06.2011 um 19:50 Uhr den PKW, BMWX5, silber, Kennz. x, in Linz von der Kreuzung L / W in Richtung L stadtauswärts. Die im Funkwagen nachfahrenden Polizeibeamten konnten dabei eine auffällige Fahrweise feststellen.

Sie wurden daher im Bereich L S zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten.

Da Sie im Verdacht standen, Suchtmittel konsumiert zu haben, wurden Sie der Amtsärztin der Bundespolizeidirektion Linz zur klinischen Untersuchung vorgeführt. Die Untersuchung durch die Amtsärztin ergab bei Ihnen Fahruntauglichkeit durch Suchtgift.

Das Ihnen abgenommene Blut wurde von der Gerichtsmedizin Salzburg ausgewertet.

Die Auswertung ergab, das Sie neben Medikamentenwirkstoffen wie Lidocain und Phentermin auch die Drogen Methamphetamin und MDPV konsumiert und danach aktiv am Straßenverkehr teilgenommen haben.

Gutachtlich wurde dabei festgestellt, dass Ihre Fahrtüchtigkeit zum Unfallszeitpunkt somit nicht mehr gegeben war.

Zu Rechtfertigung aufgefordert, gaben Sie am 9.9.2011 bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung an, dass Sie sich anwaltschaftlich vertreten lassen werden. Über Ihr Ersuchen wurde Ihnen die Frist bis 13.09.2011 erstreckt.

Von der Ihnen nachweisbar eingeräumten Möglichkeit zur Rechtfertigung haben Sie aber keinen Gebrauch gemacht und musste daher das Verfahren wie angedroht ohne Ihre weitere Anhörung finalisiert werden.

 

Wer sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf gemäß § 5 Abs.1 StVO. 1960 ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Übertretungen dieser Bestimmung sind gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 mit Geldstrafen bis Euro 3.700,00 zu ahnden.

 

Auf Grund der aufgezeigten Sach- und Rechtslage ist der strafbare Tatbestand hinreichend erwiesen.

 

Da diese Übertretung unter Strafsanktion gestellt ist war mit Bestrafung vorzugehen.

Da bei Ihnen eine Suchtgiftbeeinträchtigung festgestellt wurde, habe Sie auch die angemessenen Kosten der Untersuchung im Gesamtbetrag von Euro 965,30 gemäß § 5a Abs.2 StVO 1960 zu tragen.

 

Die Strafbemessung erfolgte entsprechend den Bestimmungen des § 19 VSTG. 1991 unter Berücksichtigung Ihrer geschätzten und unwidersprochenen Einkommens-, Vermögens- und allfälligen Verhältnisse.

 

Der Unrechtsgehalt der Übertretung sowie das Ausmaß Ihres Verschuldens mussten der Strafbemessung zu Grunde gelegt.

Mildernd konnte das Nichtvorliegen von Verwaltungsstrafvormerkungen gewertet werden.

Erschwerend Umstände traten im Verfahren nicht zu Tage, weshalb die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu der Ansicht gelangte, dass auch die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe ausreichend ist, Sie in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Übertretungen im Interesse der Sicherheit im Straßenverkehr abzuhalten.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die bezogenen gesetzlichen Bestimmungen."

 

 

 

2. Die Berufungswerberin erhob dagegen durch die ausgewiesene Rechtsvertreterin fristgerecht Berufung:

"I.

 

In umseits näher bezeichneter Rechtssache gibt die Beschuldigte bekannt, dass sie Frau Dr. R G, Rechtsanwältin in L, M mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und entsprechend bevollmächtigt hat.

 

II.

 

Die Beschuldigte erhebt gegen das zu VerkR96-4590-2011 am 01.02.2012 ergangene Straferkenntnis        des Bezirkshauptmannes der

Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung binnen offener Frist nachstehende

 

Berufung

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

1. Das oben näher bezeichnete Straferkenntnis wird zur Gänze, unter anderem wegen Verfahrensmängel und unrichtiger rechtlicher Beurteilung, angefochten

 

2. Gegen die Beschuldigte wurde mit dem bekämpften Straferkenntnis von der Erstbehörde wegen Übertretung von § 99 Abs.1b iVm mit § 5 Abs.1 StVO, weil sie am 30.06.2011, 19:50 Uhr das angeführte Fahrzeug in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand in L gelenkt habe, eine Geldstrafe in Höhe von € 800,00, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 192 Stunden, verhängt.

 

3. Nach § 44a Z1 VStG muss der Spruch des Straferkenntnisses nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die als erwiesen angenommene Tat derart konkretisieren, dass die Beschuldigte einerseits in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, und sie andererseits davor geschützt wird, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Anmerkung zu § 44a VStG, Seite 1520 ff; Erkenntnis des UVS vom 22.03.2006, VwSen-240557/2).

 

Der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, hat die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung zu dieser Bestimmung darlegt, ist, um den Anforderungen dieser Gesetzesstelle zu entsprechen, im Spruch die Tat hinsichtlich der Beschuldigten und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

 

Dem § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn aufgrund der Tatumschreibung es der Beschuldigten ermöglicht wird, im Verwaltungsstrafverfahren in der Lage zu sein, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen. Diesen Erfordernissen wird das angefochtene Straferkenntnis schon insofern nicht gerecht, als es bei der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat nicht genügt, lediglich den Gesetzestext, also die verba legalia, der angegebenen Gesetzesbestimmung wiederzugeben.

 

In gegenständlicher Angelegenheit wurden von der Erstbehörde lediglich die verba legalia wiedergegeben, als sie im Spruch ausführte, die Beschuldigte habe das angeführte Fahrzeug in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt. Diese Formulierung des Spruches ist nicht ausreichend, hätte die Erstbehörde doch dezidiert - bereits im Spruch - angeben müssen, durch welches Suchtgift bzw. Suchtgifte die Beschuldigte im Tatzeitpunkt beeinträchtigt war. Da der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses die vorgeworfenen Tathandlungen des § 5 Abs.1 StVO nicht mit hinreichender Genauigkeit angeführt hat, entspricht der Spruch nicht dem Gebot des § 44a Z1 VStG.

 

Das Straferkenntnis ist schon allein aus diesem Grund aufzuheben. Da inzwischen bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, kommt auch eine Spruchkorrektur in diesem Umfang durch die Berufungsbehörde von Vornherein nicht in Betracht, weshalb das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gegen die Beschuldigte zur Gänze einzustellen ist.

 

4. Zudem ist der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses auch insofern mangelhaft, als das Zitat der verletzten Rechtsvorschrift unvollständig ist, da diese lediglich mit § 99 Abs. lb iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 zitiert wurde.

 

In gegenständlicher Angelegenheit wurde nicht einmal auf die Anwendung der betreffenden Normen in der jeweils gültigen Verfassung, geschweige denn auf die anzuwendende Norm mit Hinweis auf die bezughabende Bundesgesetzblatt­nummer verwiesen. Dies ist in dieser Angelegenheit von besonderer Bedeutung, da die StVO 1960 durch BGBl. I 2011/59, nach dem Tatzeitpunkt geändert wurde. Mit dieser Novellierung wurde unter anderem auch § 99 StVO, also jene Bestimmung auf Basis derer die Strafhöhe in dieser Angelegenheit festgesetzt wurde, novelliert Auch aus diesem Grund entspricht der Spruch des Straferkenntnisses nicht den Voraussetzungen des § 44a VStG, allein weil dadurch das rechtstaatliche Grundprinzip nulla poene sine lege nicht gewahrt ist. Für die Beschuldigte ist daher nicht erkennbar aufgrund welchen Gesetzes sie exakt bestraft wurde, weshalb das Straferkenntnis auch deshalb aufzuheben ist.

 

5. Zudem bestehen beim gegenständlichen Bescheid auch - schwere inhaltliche Mängel. Gem. § 2 Abs.1 SMG sind Suchtgifte, Stoffe und Zubereitungen, die durch die Einzige Suchtgiftkonvention (ESK) vom 30.03.1961 zu New York BGBl. Nr. 531/1978, in der Fassung des Protokolls vom 25.03.1972 zu Genf BGBl. Nr. 531/1978 bzw. in ihren Anhängen aufgezählt, dort hinsichtlich der Erzeugung (Gewinnung, und Herstellung), des Besitzes, Verkehrs, der Ein-, Aus- und Durchfuhr der Gebarung und Anwendung Beschränkungen unterworfen und mit Verordnung des Gesundheitsministers ausdrücklich als Suchtgifte bezeichnet sind. Weder die ESK noch die Suchtgiftverordnung kennt ein Suchtgift „MDPV". Die Erstbehörde hat der Beschuldigten vorgeworfen, sie habe MDPV konsumiert und unter Einfluss dieser Substanz aktiv am Straßenverkehr teilgenommen.

 

Aufgrund des Umstandes, dass es sich bei MDPV um kein Suchtgift handelt, kann ein etwaiger MDPV-Konsum der Klägerin nicht nach § 5 Abs.1 StVO zur Last gelegt werden, weshalb das erstinstanzliche Straferkenntnis auch diesbezüglich mangelhaft ist.

 

6. Bekämpft wird außerdem die Kostenentscheidung des gegenständlichen Straferkenntnisses und zwar insofern, als die Berufungswerberin für die klinische Untersuchung samt Blutabnahme sowie für die Auswertung des abgenommenen Blutes die Kosten von € 305,30 sowie von € 660,00 - sohin zusammen von € 965,30 zu tragen habe.

 

Richtig ist zwar, dass nach § 5a Abs.2 StVO für den Fall einer Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung die Kosten vom Untersuchten nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136, vorzuschreiben sind. Auch bezüglich des Spruches zur Kostenentscheidung wurde von der Erstbehörde nicht festgehalten, dass die Kosten in Höhe von € 965,30 nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes bestimmt wurden. In der Begründung selbst findet sich ein diesbezüglicher Hinweis ebenso wenig, weshalb die Festsetzung der Kosten im Sinne des § 5a Abs.2 StVO gesetzwidrig erfolgte und die Beschuldigte auch die Aufhebung der Kostenbestimmung (zumindest In diesem Umfang) begehrt.

 

Aus all diesen Gründen stellt die Beschuldigte nachstehende

Berufungsanträge:

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge der Berufung   stattgeben,   das   angefochtene   Straferkenntnis   aufheben,   das Verwaltungsstrafverfahren einsteifen und aussprechen, dass die Beschuldigte weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Erstbehörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten hat.

 

Die Beschuldigte gibt ausdrücklich bekannt auf die Durchführung einer Berufungsverhandlung zu verzichten.

 

A J."

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier trotz des ausdrücklichen Verzichtes der Berufungswerberin mit Blick auf das im Ergebnis den Tatvorwurf als rechtswidrig darstellenden Berufungsausführungen geboten  (§ 51e Abs.1 Z1). Sowohl die Berufungswerberin als auch die Behörde erster Instanz nahmen an der Berufungsverhandlung teil.

Dem Verfahrensakt angeschlossen finden sich das polizeiärztliche Gutachten über die durchgeführte klinische Untersuchung von Dr. L. K, sowie  das Gutachten über die Blutuntersuchung des gerichtsmedizinischen Institutes Salzburg-Linz (Dr. T-B, Dr. K) über den Umfang der Suchtmittelbeeinträchtigung anlässlich der verkehrsauffälligen Fahrt der Berufungswerberin am 30.6.2011 um 19:50 Uhr.

 

 

4. Sachverhalt:

Eingangs wird festgestellt, dass diesen Anlassfall betreffend bereits mit h. Erk. vom 18.8.2011, VwSen-522930/2/Br gemäß dem auch diesem Verfahren zu Grunde liegenden Gutachten, die Berufung gegen eine aufgetragene amtsärztlich Untersuchung abzuweisen gewesen ist.

Im zitierten Berufungsverfahren ging der Unabhängige Verwaltungssenat ebenfalls von einer offenkundigen Suchtgiftbeeinträchtigung der Berufungswerberin aus.

Der verfahrensgegenständlichen Fahrt lag laut Gutachtenslage ein vorheriger Konsum eines lidocainhaltigen und phenterminhaltigen Präparates (Anorektikum), sowie der Designerdroge MDPV zu Grunde. In diesem Zustand war laut Gutachter die Fahrtüchtigkeit nicht mehr gegeben, so dass ein Lenken in einem durch Drogen beeinträchtigtem Zustand als erwiesen anzunehmen war.

Der Gerichtsmediziner (Prof. Dr. rer. nat. T K, Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger) empfahl in diesem Zusammenhang die behördliche verkehrsmedizinische Überprüfung der Fahreignung der Untersuchten.

 

 

4.1. Beweisaufnahme im Berufungsverfahren:

Eingangs wird seitens der Rechtsvertreterschaft das Ergebnis der Gutachten und die diesbezüglichen Kostenvorschreibungen außer Streit gestellt. Die im Berufungsschriftsatz erhobenen Einwände mit Blick auf § 44a VStG, wonach es  im Rahmen der Verfolgungshandlung im Tatvorwurf der Bezeichnung des die Fahrtauglichkeit ausschließenden Suchtmittels bedurft hätte wurden jedoch weiterhin aufrecht erhalten.

Erstmals im Zuge der Berufungsverhandlung wird jedoch die heimliche Beimengung der nachgewiesenen Suchtmittelsubstanz in ein Getränk ins Spiel gebracht. Diesbezüglich soll eine Anzeige gegen unbekannte Täter erstattet worden sein, welche einerseits unbelegt bleibt und andererseits ohne Ergebnis verlaufen sein soll. Sie verweist auf einen zur fraglichen Zeit seitens ihres Exmannes sehr schmutzig geführten Ehestreit. Diesbezüglich wurde anlässlich der Berufungsverhandlung ein Beleg über ein gegen den Ehemann S J wegen eines Vorfalls vom 4.7.2011 u. 1.7. bis 15.8.2011 durch Diversion erledigtes Verfahren nach § 223 u. § 229 StGB v. 3.2.2012, GZ 45 BAZ 546/11v – 11,  vorgelegt (Beilage 1).

Konkret führt die Berufungswerberin nunmehr aus, sie  habe sich am 30.6.2011 den ganzen Tag über im eigenen Lokal aufgehalten und dort Büroarbeiten gemacht. Da es ihr physisch nicht gut gegangen sei habe sie am Abend mehrfach versucht ihren Ehegatten anzurufen bzw. ihn mit SMS zu erreichen, damit dieser sie nach Hause fahre. Da jedoch ein Kontakt scheiterte sei sie schließlich selbst gefahren. Offenbar habe jemand bereits im Vorfeld die Polizei verständigt, welche ihr bis zum Ort der Anhaltung um 19:50 Uhr ca. fünf Kilometer weit nachgefahren sei.

Die Beeinträchtigung durch Suchtmittel wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung letztlich außer Streit gestellt.

Die Berufungsbehörde sieht angesichts des im Rahmen der Berufungsverhandlung geschöpften Beweisergebnisses keine Veranlassung der nunmehrigen Verantwortung eines unverschuldeten Lenkens eines Pkw unter Suchtmittelbeinträchtigung zu folgen. 

Wäre die Berufungswerberin tatsächlich von der Beimischung eines Suchtmittels in ein Getränk ausgegangen, so hätte sie dies wohl noch im Zuge der Amtshandlung oder spätestens gegenüber der untersuchenden Ärztin erwähnt und nicht erst ein dreiviertel Jahr später im Zuge der Berufungsverhandlung.

Letztlich werden die beiden auf hoher fachlicher Ebene generierten Gutachten (die klinische Untersuchung des Amtsarztes kurz nach der Anhaltung der Berufungswerberin als KFZ-Lenkerin, sowie aus der Blutuntersuchung gezogenen fachlichen Schlussfolgerungen durch Prof. Dr. K), selbst von der  Berufungswerberin nicht mehr in Frage gestellt.

Für die Berufungsbehörde besteht sohin kein Zweifel daran, dass die Berufungswerberin die ihr zur Last gelegte Übertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 sowohl objektiv als auch subjektiv zu verantworten hat.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Der § 5 Abs.1 StVO 1960 idF BGBl. I Nr. 59/2011 lautet: "Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt."

Nach § 99 Abs.1b StVO 1960 idF BGBl I Nr. 59/2011  begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 800 Euro bis 3.633 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

 

 

5.1. Als unzutreffend erweist sich der Verfahrens- u. Verjährungseinwand ob der   fehlenden Bezeichnung des Suchtmittels im Tatvorwurf. Diesbezüglich ist ebenfalls auf die Judikatur zum Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu verweisen, wo weder das Ausmaß der Alkoholisierung noch die nicht benannte Art des genossenen Alkohols ein wesentiches Tatbestandselement darstellt und die Aufnahme in den Spruch daher nicht geboten ist; VwGH 16.12.2005, 2005/02/0236 mit Hinweis auf VwGH 2.9.1992, 92/02/0169). Nicht anders sieht es der Unabhängige Verwaltungssenat im Falle einer Beeinträchtigung durch Suchtmittel. Die Fassung der anzuwendenden Rechtsvorschrift ist selbst außerhalb der Verjährungsfrist noch korrigierbar.

Es entspricht ferner der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass, wie  auch zur Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes, einem derartigen Umstand (nur) dann Bedeutung beizumessen ist, wenn auf diesen von Betroffenen bei erster sich bietender Gelegenheit  von sich aus hingewiesen wird (vgl. unter vielen VwGH 7.8.2003, 2000/02/0035 und VwGH 17.12.1999, 97/02/0545).

Wie oben bereits dargelegt war der erstmals im Zuge der Berufungsverhandlung  vorgetragenen Verantwortung über die heimliche Beigabe eines Suchtmittels in das Getränk nicht zu folgen.

 

 

6. Zum Strafausspruch: 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

 

6.1. Hier fand die Behörde erster Instanz mit der Mindeststrafe von 800 Euro und mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 192 Stunden (entspricht acht Tagen)  - und demnach einem die Mindestersatzfreiheitsstrafe um 24 Stunden übersteigenden Ausmaß - das Auslangen.  

Abschließend sei festgestellt, dass hier die Anwendung des a.o. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) lediglich bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe zulässig wäre. Mangels beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe kommt auch die Anwendung dieses Rechtsinstitutes nicht in Betracht. Ebenso wenig ist angesichts des Wissen von einer möglichen Suchtmittelbeeinträchtigung zum Zeitpunkt des Fahrtantrittes von keinem geringem Verschuldensgrad sowie angesichts der kilometerweiten Fahrt auch von keinen bloß unbedeutenden Tatfolgen auszugehen gewesen.

Sowohl die Auslagen für die Gutachten als auch die Verfahrenskosten waren iSd  Punkt II.  als gesetzlich begründet festzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von € 220,-- zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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