Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730510/6/BP/MZ/Wu

Linz, 15.03.2012

                                                                                                                                                      

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, alias X, geboren am X, Staatsangehöriger der Türkei, unbekannten Aufenthalts, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 20. März 2009, GZ Sich40-34675, betreffend die Erlassung eines auf die Dauer von drei Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes für das Bundesgebiet der Republik Österreich zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

 

"Gemäß § 52 Abs. 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 100 in der Fassung BGBl I 2011/112, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung und unter einem ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen".

 

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs 1a, 52, 53 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011).

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 20. März 2009, GZ Sich40-34675, dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) zugestellt am 24. März 2009, wurde gegen den Bw ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich auf Grundlage der §§ 60 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 Z 6 und 7, 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (im Folgenden: FPG) erlassen.

 

Im angefochtenen Bescheid wird von der belangten Behörde ausgeführt:

 

"Sie sind laut Ihren eigenen Angaben im Jahr 2002 erstmals rechtmäßig mit einer Saisonbewilligung mit dem Namen X, geb. X, in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist.

Von Seiten der BH Gmunden konnte festgestellt werden, dass Ihnen die ÖB Ankara einen Einreisetitel mit einer Gültigkeitsdauer von 09.10.2002 bis zum 10.12.2002 ausgestellt hat.

Während Ihrer Zeit als Saisonarbeiter haben Sie laut Ihren eigenen Angaben eine Staatsbürgerin von Österreich, Frau X, geb. X, kennengelernt. Da Sie gewusst haben, dass Sie Österreich nach Ablauf der Saisonbewilligung wieder verlassen müssen, brachten Sie am 17.12.2002 unter dem Namen Ihres Bruders, X, geb. X, StA. der Türkei, beim Bundesasylamt Außenstelle Linz einen Asylantrag ein um Ihren weiteren Aufenthalt in Österreich zumindest vorerst sichern zu können. Laut Ihren eigenen Angaben haben Sie bei der Asylantragstellung bewusst einen falschen Namen angegeben, da Sie der Meinung waren, dass Sie mit Ihrer richtigen Identität niemals Asyl in Österreich bekommen können.

Am X heirateten Sie schließlich Frau X mit dem Namen X, geb. X, StA. der Türkei. Das Asylverfahren wurde anschließend mit 11.01.2005 gemäß §§ 7 und 8 AsylG 1997 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

In der Folge brachten Sie am 15.02.2005 unter dem Namen X, geb. X, StA. der Türkei, einen Erstantrag auf die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung „Familiengemeinschaft mit Österreichern“ bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden ein.

Sie haben sich dabei auf die bestehende Ehe mit Frau X berufen. Diese Niederlassungsbewilligung wurde Ihnen schließlich mit 16.12.2005 erteilt. Die Gültigkeitsdauer war bis zum 27.02.2006 begrenzt, da Ihr gefälschter Reisepass, welcher auf den Namen X lautet, an diesem Tag abgelaufen ist. Dass dieser Reisepass gefälscht war, haben Sie am 04.08.2008 niederschriftlich bekannt gegeben.

Am 22.08.2006 brachten Sie einen Verlängerungsantrag auf die Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden ein.

Dieser Antrag konnte bis dato noch nicht abgeschlossen werden, da Sie die dafür erforderlichen Unterlagen (z.B. einen gültigen Reisepass, usw.) trotz mehrerer persönlicher Vorsprachen noch nicht nachreichen konnten.

Diese persönlichen Vorsprachen konnten durch Ladungen, Ladungsbescheide und einer polizeilichen Vorführung erwirkt werden. Mit Ladungsbescheid vom 19.06.2008 wurde Ihnen ein weiterer Termin für eine Vorsprache bei der Behörde mitgeteilt. Dieser Bescheid wurde am Postamt hinterlegt und von Ihnen abgeholt. Dem Ladungstermin sind Sie aber nicht nachgekommen.

In weiterer Folge wurde der Polizeiinspektion Ebensee ein Auftrag betreffend der Vorführung zur Behörde übermittelt.

Am 04.08.2008 sind Sie schließlich in Begleitung Ihrer Gattin freiwillig bei der BH Gmunden erschienen und gaben niederschriftlich freiwillig folgendes zu Protokoll:

„Ich gebe bekannt, dass mein korrekter Name X und nicht X ist. X ist der Name von meinem Bruder. Mein korrektes Geburtsdatum ist der X und nicht wie ich bei der Asylantragstellung bekannt gegeben habe der X. Das von mir wissentlich falsch angegebene Geburtsdatum ist ebenfals von meinem Bruder.

Zur Zeit der Asylantragstellung mit dem Namen X (Name des Bruders), geb. X, war ich mit einem Arbeitsvisum auf den Namen X, geb. X, in Österreich. Ich hatte in X meinen Wohnsitz. Ich habe den falschen Namen verwendet, da mein eigener meiner Meinung nach betreffend der Gewährung von Asyl nicht positiv gewesen wäre, da ich ja bereits bei der Erlangung des Arbeitsvisums mein korrekte Identität angegeben habe. Mit einer korrekten Identität ist meiner Meinung nach die Gewährung von Asyl nicht möglich bzw. wäre diese nicht möglich gewesen.

Ich habe versucht durch die Angabe einer falschen Identität meinen Aufenthalt in Österreich zu sichern. Ich habe bei der Asylantragstellung, bei der Eheschließung und bei der anschließenden Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wissentlich den Namen meines Bruders angegeben. Mir ist es somit gelungen, die Behörde zu täuschen.

Den gefälschten Reisepass hat mir mein Bruder aus der Türkei besorgt. Er hat mir weiters seine Geburtsurkunde, seinen Staatsbürgerschaftsnachweis, seinen Personalausweis und sein polizeiliches Führungszeugnis aus der Türkei gesandt.

Derzeit kann ich keine Papiere und Ausweise für meinen korrekten Namen, X, vorweisen. Ich kann diese aber umgehend beim türkischen Konsulat besorgen und diese der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vorlegen.

Ich kann in Österreich mit der falschen Identität nicht mehr weiterleben und habe deswegen nun die Wahrheit angegeben. Ich möchte gerne meinen korrekten Namen wieder, damit diesen meine Kinder ebenfalls annehmen können. Ich möchte in Österreich gerne mit meiner Gattin und den Kindern weiterleben.“

Sie teilten in einer weiteren Niederschrift am 11.08.2008 persönlich mit, dass Sie einen Staatsbürgerschaftsnachweis, eine Geburtsurkunde, ein polizeiliches Führungszeugnis aus der Türkei, einen Personalausweis und einen Reisepass in den nächsten Tagen bzw. Wochen vorlegen werden. Bis dato haben Sie kein einziges von diesen Dokumenten vorlegen können.

Sie, X, geb. X, leben nun mit einer österreichischen Staatsbürgerin, Ihrer Ehefrau, in einem gemeinsamen Haushalt in X. Der Ehe entstammen drei gemeinsame Kinder, welche ebenfalls österreichische Staatsangehörige sind. Auch die drei Kinder leben im gleichen Haushalt.

Sie, X, geb. X besitzen seit Ablauf des Einreisetitels, welchen die ÖB Ankara ausgestellt hat, also seit 10.12.2002, keinen gültigen Aufenthaltstitel bzw. Einreisetitel mehr für Österreich. Während Ihrer Zeit als Asylwerber waren Sie zwar im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigungskarte nach dem Asylgesetz, diese wurde jedoch auf den Namen Ihres Bruders, X, ausgestellt, da Sie den Asylantrag unter dessen Namen eingebracht haben. Diese Karte wurde am 19.01.2005 widerrufen.

Nach Abschluss Ihres Asylverfahrens haben Sie zwei Anträge auf die Erteilung von Aufenthaltstitel für X, geb. X, bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eingebracht. Einer dieser Anträge, der Erstantrag, wurde für den Namen X bewilligt. Der Verlängerungsantrag vom 22.08.2006, welchen Sie wieder unter einem falschen Namen, X, geb. X, StA. der Türkei, eingebracht haben, konnte bis dato nicht abgeschlossen werden.

Sie haben somit mehrmals gegenüber einer österreichischen Behörde unrichtige Angaben über Ihre Person gemacht um sich eine Einreise- oder Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen.

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden kann den noch offenen Verlängerungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, welchen Sie wie bereits erwähnt wieder bewusst unter einer falschen Identität eingebracht haben, mangels physischer Niederlassung von X, geb. X, im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht bewilligen.

Zusätzlich wird angeführt, dass Sie, X, am X von der Polizeiinspektion Ebensee wegen des Verdachts auf Erschleichung eines Einreise- bzw. Aufenthaltstitels im Asylverfahren, wegen Urkundenfälschung und wegen des Verdachts einer Aufenthaltsehe ohne Bereicherung bei der Staatsanwaltschaft Wels angezeigt wurden.

Mittlerweile wurden Sie vom Landesgericht Wels am 05.02.2009 rechtskräftig gemäß §§ 223 Abs. 1 und 2, 224 StGB (Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten, Probezeit zwei Jahre, verurteilt. Die weiteren Strafverfahren wurden von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

Ermittlungsarbeiten der Bezirkshauptmannschaft Gmunden haben ergeben, dass Sie derzeit kein Einkommen beziehen. Ihre Gattin, Frau X, bezieht Leistungen der Oö. Gebietskrankenkasse (Kinderbetreuungsgeld bzw. Wochengeld). Zusätzlich wird ihr von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden soziale Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes sowie eine Mietzinsbeihilfe gewährt. Insgesamt bezieht Ihre Gattin derzeit ein Einkommen von 1.110,90 Euro.

Dazu wird aber mitgeteilt, dass Mittel aus der Sozialhilfe gemäß einer Informationsbroschüre für die Unterhaltsberechnung, verfasst vom Bundesministerium für Inneres, nicht zur Unterhaltsberechnung herangezogen werden dürfen. Demnach würde nur ein Betrag von 784,00 Euro für diese Berechnung zulässig sein.

Dieses Einkommen ist viel zu gering um auch Ihren Lebensunterhalt in Österreich finanzieren zu können.

Dies beweist auch der Inhalt einer Niederschrift, welche am 02.02.2009 mit Ihrer Gattin, X, aufgenommen wurde. Diese gab bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden Folgendes zu Protokoll:

„Wir haben heute die Gerichtsverhandlung in Wels und mein Lebensgefährte hat noch keine Arbeitsbewilligung. Das weitere Vorgehen wird sich heute entscheiden und ich werde vom Ergebnis Bericht erstatten. Da wir somit noch immer ohne ausreichende Barmittel zur Bestreitung unseres Lebensunterhaltes sind, ersuche ich um die entsprechende Sozialhilfeleistung für Februar 2009.“

Weitere Ermittlungsarbeiten der Bezirkshauptmannschaft Gmunden haben ergeben, dass Sie derzeit über keine alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz für Österreich verfügen.

Weiters wird angeführt, dass Sie sich in mehreren Fällen unter der Identität Ihres Bruders, X, als Kindesvater in die Geburtsurkunde Ihrer Kinder eintragen haben lassen. Bei der Geburt Ihres jüngsten Kindes, zu diesem Zeitpunkt haben Sie der Behörde bereits Ihre wahre Identität bekannt gegeben, haben Sie sich neuerlich mit dem gefälschten Reisepass ausgewiesen.

Sie, X, besitzen seit Ablauf des Einreisetitels aus dem Jahr 2002 keinen gültigen Aufenthaltstitel mehr für Österreich, die vorläufige Aufenthaltsberechtigungskarte nach dem Asylgesetz wurde auf den Namen Ihres Bruders ausgestellt. Der von Ihnen unter dem Namen Ihres Bruders, X, eingebrachte Erstantrag wurde zwar bewilligt, jedoch wurde der Aufenthaltstitel nicht für Sie, sondern eben für Ihren Bruder, X, ausgestellt. Sie haben dabei bewusst unrichtige Angaben vor einer österreichischen Behörde gemacht um sich eine Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Der noch offene Verlängerungsantrag vom 22.08.2006 wurde ebenfalls unter dem Namen X eingebracht. Herr X war aber weder bei der Stellung des Erstantrages, noch der Einbringung des Verlängerungsantrages physisch in Österreich anwesend.

Wie bereits angeführt, haben Sie mehrfach vor österreichischen Behörden bewusst falsche Angaben über Ihre Identität gemacht um sich so eine Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Da es Ihnen dabei gelungen ist, die Behörde zu täuschen, konnten Sie Ihren Plan realisieren.

Zusätzlich wird von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden festgestellt, dass Sie den Besitz der Mittel zu Ihrem Unterhalt nicht nachweisen können. Weiters wird angeführt, dass Ihre Gattin auf Sozialhilfe angewiesen ist und somit die nötigen Unterhaltsmittel ebenfalls nicht vorweisen kann.

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden stellt fest, dass Sie sich zumindest seit Abschluss Ihres Asylverfahrens, somit seit 12.01.2005, völlig illegal im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalten, da Sie, X, geb. X, StA. der Türkei, seither nicht mehr im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels sind und nicht mehr den Status des Asylwerbers inne haben. Der Großteil Ihres bisherigen Aufenthaltes in Österreich konnte nur durch bewusstes Täuschen von Behörden erwirkt werden, indem Sie falsche Angaben zu Ihrer Identität gemacht haben bzw. einen Asylantrag eingebracht haben.

Aufgrund des angeführten Sachverhaltes plant die Bezirkshauptmannschaft Gmunden ein auf drei Jahre befristetes Aufenthaltsverbot, gültig für das gesamte Bundesgebiet der Republik Österreich, gegen Sie zu erlassen.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23.02.2009 wurden Sie zur Abgabe einer Stellungnahme bezüglich des geplanten auf drei Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes aufgefordert. Dieses Schreiben wurde von Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung, X, am 26.02.2009 übernommen.

Am 12.03.2009 brachten Sie über Ihre rechtsfreundliche Vertretung folgende Stellungnahme ein:

„Der Betroffene, X, geb. X, spricht sich gegen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes aus; dies aus mehreren Gründen:

Vorweg wird der von der Behörde angenommene Sachverhalt hinsichtlich der Seiten 1 und 2 und der ersten vier Absätze der Seite 3 als richtig außer Streit gestellt.

Die weitere Feststellung:

„Sie haben somit mehrmals gegenüber einer österreichischen Behörde unrichtige Angaben über Ihre Person gemacht, um sich eine Einreise- oder Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen“

ist jedoch unrichtig. Tatsächlich hätte nämlich der Betroffene auch unter eigenem Namen einen neuerlichen Asylantrag in Österreich stellen können bzw. wäre es auch möglich gewesen, unter eigenem Namen zu heiraten und einen Erstantrag zu stellen. Dieser wäre bewilligt worden, da es stets um die Person selbst und nicht um den von dieser Person geführten Namen im Rahmen des Verfahrens gegangen ist.

Hätte der Betroffene zum damaligen Zeitpunkt eine rechtliche Beratung in Anspruch genommen, hätte er wohl unter eigenem Namen nach Erlangung eines Reisepasses einen Erstantrag stellen können. Es handelt sich schon um eine irrationale und unlogische Entscheidung, wodurch jedoch rechtliche Interessen der Republik Österreich nur insofern verletzt wurden, als eine Urkundenfälschung (Reisepass) vorgenommen wurde.

Für diese Tat wurde der Betroffene – wie richtig festgestellt wurde – am 05.02.2009 rechtskräftig wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden verurteilt.

3.       Bei § 60 FPG handelt es sich um eine „Kann“-Bestimmung, weshalb die die „bestimmten Tatsachen“ gemäß Abs. 2 einer Bewertung im Einzelnen zu unterziehen sind.

Die herangezogenen Zif. 6 der Bestimmung, wonach als bestimmter Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten hat, wenn ein Fremder „ gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gemacht hat, um sich die Einreise oder die Aufenthaltsbewilligung zu verschaffen,“ verlangt jedoch einen bei weitem höheren Unrechtsgehalt des Verhaltens, als es der Betroffene an den Tag gelegt hat.

Im gegenständlichen Fall hat sich die „unrichtige Angaben“ ausschließlich in der Angabe eines falschen Namens erschöpft, die für den Ausgang der Entscheidung über die Niederlassungsbewilligung keinen Einfluss hatte, da – ebenfalls bereits festgehalten – bei Angabe des richtigen Namens ebenfalls eine Niederlassungsbewilligung erteilt worden wäre.

4.       Der Betroffenen ist seit X mit Frau X verheiratet und entstammen der ehelichen Beziehung bisher drei Kinder und zwar

          - die 4-jährige X, geb. X,

          - der 2-jährige X, geb. X, und

          - die 7 Monate alte X, geb. X

          Die Ehe verläuft harmonisch, wovon sich auch die Behörde im Rahmen mehrerer Vorsprachen der Ehegatten überzeugen konnte.

5.       Richtig ist, dass das Einkommen der Familie sich derzeit ausschließlich aus dem Kinderbetreuungsgeld, welches Frau X bezieht, zusammensetzt sowie einer Sozialhilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes samt Mietzinsbeihilfe in einem Gesamtbetrag von derzeit € 1.110,90.

          Diesbezüglich wird jedoch auf die Ausführungen im Rahmen der Stellungnahme vom 20.01.2009 verwiesen, wonach der Antragsteller unter seinem Alias „X“ fast durchgehend beschäftigt war, und sohin auch im Falle der beantragten Verlängerung der Niederlassungsbewilligung.

6.       Ergänzend wird noch vorgelegt:

          - Auskunft aus dem zentralen Melderegister vom 09.03.2009

             - Bestätigung des türkischen Generalkonsulates vom 09.03.2009 über die Antragstellung zur Ausstellung eines neuen Reisepasses

          - gekürzte Urteilsausfertigung 11 Hv 4/09s, LG Wels

          Eine frühere Antragstellung hinsichtlich der Ausstellung eines Reisepasses war nicht möglich, da erst die notwendigen urkundlichen Nachweise aus der Türkei beigeschafft werden mussten und eine behördliche Anmeldung erst nach Vorliegen der rechtskräftigen Ausfertigung des Urteils möglich war. Ein gültiger Meldezettel ist Voraussetzung für eine Antragstellung beim türkischen Generalkonsulat in Salzburg.

7.       Im konkreten Fall liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unter Berücksichtigung aller Umstände insbesondere auch der Interessen der Familie des Antragstellers nicht vor.

          Der Betroffene X hat vor mehreren Jahren eine völlig unvernünftige Handlung begangen, indem er den Namen seines Bruders als „Decknamen“ übernommen, mit diesem Namen eine Familie gegründet und gelebt und gearbeitet hat.

Der Betroffene hat von sich aus gegenüber den Behörden eine reumütiges Geständnis abgelegt und den Sachverhalt aufgedeckt, wissend, dass dadurch Probleme auf ihn und seine Familie zukommen. Sowohl aus spezialpräventiven als auch generalpräventiven Gründen ist diese „tätige Reue“ auch im Rahmen der Beurteilung über die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes heranzuziehen.

8.       Es wird in diesem Zusammenhang auch auf die Bestimmung des § 66 FPG 2005 verwiesen, wonach eine Ausweisung jedenfalls nicht erlassen werden darf, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung. Es ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthalts und das Ausmaß der Integration sowie die Intensität der familiären und sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.

Dies würde im konkreten Fall geschehen, wo eine einmalige Verfehlung drei Kleinkindern bzw. eines davon noch ein Säugling den Vater nehmen würden, der sich im Übrigen perfekt integriert hat und zu seiner Verfehlung gestanden ist."

 

Sie sind Staatsangehöriger der Türkei und halten sich nun bereits seit Oktober 2002, somit über sechs Jahre, durchgehend im Bundesgebiet der Republik Österreich auf. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat dabei festgestellt, dass Ihnen die ÖB Ankara einen Einreisetitel mit einer Gültigkeitsdauer von 09.10.2002 bis zum 10.12.2002 ausgestellt hat. Sie sind während der Gültigkeitsdauer dieses Einreisetitels rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist.

Wie dem Sachverhalt entnommen werden kann, haben Sie jedoch den Großteil dieses Aufenthalts durch die Angabe einer falschen Identität, X, geb. X, StA. der Türkei, vor österreichischen Behörden erwirken können. Sie haben dabei am 17.12.2002 unter einer gefälschten Identität eine Asylantrag eingebracht um Ihren Aufenthalt in Österreich zu sichern. Weiters haben Sie unter dieser falschen Identität am X eine österreichische Staatsbürgerin, Frau X, geehelicht und drei Kinder mit ihr gezeugt. Sie haben sich jeweils mit der falschen Identität als Kindesvater auf den Geburtsurkunden eintragen lassen. Weiters haben Sie wieder unter der gefälschten Identität am 15.02.2005 einen Erstantrag auf die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung „Familiengemeinschaft mit Österreichern“ bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eingebracht. Ihnen ist es dabei durch Ihr geschicktes Vorgehen gelungen, die Behörde zu täuschen und der Aufenthaltstitel wurde für den Namen X bewilligt. Dieser Aufenthaltstitel war nur bis zum 27.02.2006 gültig, da der von Ihnen gefälschte Reisepass nur bis zu diesem Datum gültig war. Am 22.08.2006 brachten Sie wiederum bewusst unter einer falschen Identität einen Verlängerungsantrag auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden ein. Über diesen Antrag konnte bis dato noch nicht entschieden werden, da Sie keinen vom Zeitraum her gültigen Reisepass mehr vorlegen konnten.

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden stellt dazu fest, dass Sie sich bei den oben angeführten Aktionen jeweils mit einem von Ihnen bewusst gefälschten Reisepass Ihres Bruders, X, geb. X, StA. der Türkei, ausgewiesen haben. Da Sie dabei sehr geschickt vorgegangen sind, konnten Sie die Behörden täuschen und so Ihren Aufenthalt in Österreich durch diese rechtswidrige Taktik erwirken.

Da Sie nach Ablauf des Gültigkeitsdatums des gefälschten Reisepasses nicht mehr in der Lage waren ein weiters gefälschtes Reisedokument vorzulegen, haben Sie am 04.08.2008 niederschriftlich bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden Ihre laut Ihren Angaben wahre Identität bekannt gegeben. Diese Identität konnte jedoch bis dato noch nicht festgestellt werden, da Sie noch immer keinen gültigen Reisepass vorlegen konnten. Nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat Sie die Ausweglosigkeit aus Ihrer Situation zu diesem Geständnis getrieben. Von einem „reumütigen“ Geständnis, wie Sie in Ihrer Stellungnahme angeführt haben, kann nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Gmunden nicht gesprochen werden. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden schätzt Sie als sehr berechnend und kaltschnäuzig ein. Dies beweist auch die Tatsache, dass Sie am 11.09.2008 gegenüber einem Beamten der PI Ebensee erwähnt haben, dass Sie eventuell unter Ihrem richtigen Namen einen Asylantrag einbringen werden um Ihren weiteren Aufenthalt zu sichern. Diese Information ist telefonisch bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eingegangen und wurde mittels Aktenvermerk festgehalten. Bis dato haben Sie von dieser Möglichkeit jedoch noch nicht Gebrauch gemacht.

Betreffend der Fälschung des Reisepasses wurden Sie am 05.02.2009 vom Landesgericht Wels rechtskräftig gemäß §§ 223 Abs. 1 und 2, 224 StGB (Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten, Probezeit zwei Jahre, verurteilt.

Ihre rechtsfreundliche Vertretung führte in der Stellungnahme betreffend der geplanten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Folgendes an:

…“Tatsächlich hätte nämlich der Betroffene auch unter eigenem Namen einen neuerlichen Asylantrag in Österreich stellen können bzw. wäre es auch möglich gewesen, unter eigenem Namen zu heiraten und einen Erstantrag zu stellen. Dieser wäre bewilligt worden, da es stets um die Person selbst und nicht um den von dieser Person geführten Namen im Rahmen des Verfahrens gegangen ist.“… (Seite 2, Punkt2)

Dazu stellt die Bezirkshauptmannschaft Gmunden fest, dass man sich bei der Antragstellung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels mit einem gültigen Reisedokument ausweisen muss. Weiters ist die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses aus dem Heimatland erforderlich. Mit Hilfe dieses polizeilichen Führungszeugnisses prüft die jeweilige Behörde unter anderem, ob der Aufenthalt des Fremden öffentlichen Interessen widerstreiten könnte. Bis jetzt konnte der Bezirkshauptmannschaft Gmunden weder ein gültiges Reisedokument noch ein polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt werden. Natürlich hätten Sie auch die allgemeine Erteilungsvoraussetzung erfüllen müssen. Ob Sie diese erfüllt hätten, kann im Nachhinein keinesfalls beurteilt werden. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels für X wäre ein anderes Verfahren gewesen, da dabei Dokumente auf diesen Namen lautend geprüft worden wären. Es kann daher absolut nicht davon ausgegangen werden, dass ein Erstantrag auf diesen Namen lautend auch bewilligt werden hätte können.

Aus der mit Ihnen am 04.08.2008 aufgenommenen Niederschrift, welche in der Sachverhaltsdarstellung zitiert wird, geht eindeutig hervor, dass Sie bewusst eine falsche Identität verwendet haben um Ihren Aufenthalt in Österreich zu erwirken.

Nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Gmunden ist durch Ihre Vorgehen der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Ziffer 6 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 auf jeden Fall erfüllt, da Sie mehrfach gegenüber österreichischen Behörden unrichtige Angaben über Ihre Person gemacht haben um sich eine Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen.

Ermittlungsarbeiten der Bezirkshauptmannschaft Gmunden haben ergeben, dass Sie derzeit kein Einkommen beziehen. Ihre Gattin, Frau X, bezieht Leistungen der Oö. Gebietskrankenkasse (Kinderbetreuungsgeld). Zusätzlich wird ihr von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden soziale Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes sowie eine Mietzinsbeihilfe gewährt. Insgesamt bezieht Ihre Gattin derzeit ein Einkommen von 1.110,90 Euro.

Dazu wird aber mitgeteilt, dass Mittel aus der Sozialhilfe gemäß einer Informationsbroschüre für die Unterhaltsberechnung, verfasst vom Bundesministerium für Inneres, nicht zur Unterhaltsberechnung herangezogen werden dürfen. Demnach würde nur ein Beitrag von 784,00 Euro für diese Berechnung zulässig sein.

Dieses Einkommen ist viel zu gering um auch Ihren Lebensunterhalt in Österreich finanzieren zu können.

Dies beweist auch der Inhalt einer Niederschrift, welche am 02.02.2009 mit Ihrer Gattin, X, aufgenommen wurde. Diese gab bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden folgendes zu Protokoll:

„Wir haben heute die Gerichtsverhandlung in Wels und mein Lebensgefährte hat noch keine Arbeitsbewilligung. Das weitere Vorgehen wird sich heute entscheiden und ich werde vom Ergebnis Bericht erstatten. Da wir somit noch immer ohne ausreichende Barmittel zur Bestreitung unseres Lebensunterhaltes sind, ersuche ich um die entsprechende Sozialhilfeleistung für Februar 2009."

Die Tatsache, dass Sie die Mittel zu Ihrem Unterhalt nicht nachweisen können, wurde in Ihrer Stellungnahme nicht bestritten. Sie verwiesen lediglich auf die fast durchgehende Beschäftigung unter Ihrem Aliasnamen, "X", in Österreich. Weiters verwiesen Sie darauf, dass Sie nach Erteilung einer Niederlassungsbewilligung ohnehin wieder ein Beschäftigungsverhältnis annehmen können. Dazu teilt die BH Gmunden mit, dass ein eventuelles zukünftiges Beschäftigungsverhältnis von Ihnen aufgrund des zum derzeitigen Zeitpunkt nicht Vorhandenseins desselben keinesfalls berücksichtigt werden kann. Weiters kann aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Lage nicht davon ausgegangen werden, dass Sie nach der eventuellen Erteilung eines Aufenthaltstitels auch tatsächlich einen Job finden.

Nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Gmunden ist aufgrund des Sachverhaltes der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Ziffer 7 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 auf jeden Fall erfüllt.

Weitere Ermittlungsarbeiten der Bezirkshauptmannschaft Gmunden haben ergeben, dass Sie derzeit über keinen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz für Österreich verfügen.

Auf Grund dieser Tatsache und deren Wertung ist die Annahme gerechtfertigt, dass Ihr Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet und den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Zu Ihren persönlichen Verhältnissen ist anzuführen:

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat festgestellt, dass Sie seit X mit der österreichischen Staatsbürgerin Frau X verehelicht sind. Sie leben mit dieser und den drei gemeinsamen Kindern in einem Haushalt in X. Das jüngste Kind, X, wurde erst am X in Gmunden geboren. Somit besteht derzeit ein Familienleben in Österreich. Dazu muss aber angeführt werden, dass Sie vom wirtschaftlichen Standpunkt her Ihrer Familie nur zu Lasten fallen. Sie selbst können keine finanziellen Mittel zur Finanzierung des Lebensunterhaltes beitragen, da Sie nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Vermögenswerte konnten Sie bisher auch nicht nachweisen. Ihre Gattin wäre derzeit ohne Gewährung von Sozialhilfe nicht im Stande den Lebensunterhalt für sich selbst sowie die drei gemeinsamen Kinder zu finanzieren. Aus Sicht der Behörde würde ein Aufenthalt von Ihnen, X, höchstwahrscheinlich zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen. Auch wenn Sie in Hinkunft arbeiten möchten, kann aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Situation nicht davon ausgegangen werden, dass Ihnen eine Firma ein Beschäftigungsverhältnis anbieten wird.

Bei der Berücksichtigung Ihrer Aufenthaltsdauer in Österreich, seit Oktober 2002, musste festgestellt werden, dass Sie, X, bis dato nur von 09.10.2002 bis zum 10.12.2002 rechtmäßig in Österreich aufhältig waren, da Sie für diesen Zeitraum im Besitz eines gültigen Einreisetitels waren. Den Asylantrag sowie die beiden Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels haben Sie jeweils unter der Identität Ihres Bruders, X, geb. X, StA. der Türkei, eingebracht, welcher in Österreich aber nie physisch anwesend war. Sie konnten die Behörden jedoch mit einem gefälschten Reisepass täuschen und Ihnen wurde für den Namen X ein Aufenthalt in Österreich ermöglicht. Sie konnten diesen Aufenthalt also nur unter dem Namen Ihres Bruders und somit nur unter der Angabe von unrichtigen Daten zu Ihrer Person erwirken. Der rechtmäßige Aufenthalt ist somit viel kürzer als der rechtswidrig erwirkte Aufenthalt im Bundesgebiet.

Zum Fälschen des Reisepasses wird angeführt, dass Sie mit Urteil vom 02.02.2009 des Landesgerichtes Wels bereits wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 1 und 2, 224 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt wurden. Dieses Urteil erwuchs am 05.02.2009 in Rechtskraft.

Es kann daher nicht behauptet werden, dass Sie strafgerichtlich unbescholten sind.

Betreffend der Bindung zu Ihrem Heimatland wurde festgestellt, dass Sie die meiste Zeit Ihres Lebens in der Türkei verbracht haben. Ihr Heimatland und die türkische Sprache sind Ihnen somit absolut nicht unbekannt. Da Sie nach Ansicht der Behörde mit dem Gedanken wieder in die Türkei zurückzukehren rechtmäßig, im Besitz eines Arbeitsvisums, nach Österreich eingereist sind, kann nicht von einer Flucht aus dem Heimatland ausgegangen werden. Zusätzlich  wurde noch festgestellt, dass gemäß der Niederschrift im Zuge des Asylverfahrens, Ihre Eltern und Ihr Bruder in der Türkei leben. Es gibt daher auch familiäre Anknüpfungspunkte in der Türkei. Sie wären also in Ihrem Heimatland nicht auf sich alleine gestellt.

Gemäß einem Versicherungsdatenauszug vom 04.02.2009 befinden Sie sich derzeit in keinem aufrechten Beschäftigungsverhältnis. Die von der Behörde geplante Maßnahme hat somit derzeit keine Auswirkung auf Ihr Berufsleben. Weiters wurde festgestellt, dass Sie seit ihrem Aufenthalt in Österreich schon mehrmals Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bezogen haben.

Von einer Verwurzelung im Gastland kann nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Gmunden in Ihrem speziellen Fall trotz Ihrem aufrechten Familienleben, der gesicherten Unterkunft und der sehr guten Deutschkenntnisse, über welche Sie verfügen, nicht gesprochen werden, da ihr bisheriger Aufenthalt in Österreich fast ausschließlich durch die Angabe von unrichtigen Angaben gegenüber österreichischen Behörden erwirkt werden konnte. Weiters hat die Fälschung des Reisepasses Ihres Bruders wesentlich zur Erlangung eines Aufenthaltstitels für den Namen X, welcher in Österreich nie physisch anwesend war, beigetragen. Wegen dieser besagten Fälschung eines Reisepasses wurden Sie mittlerweile vom Landesgericht Wels zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten rechtskräftig verurteilt. Das oben angeführte Privat- und Familienleben ist weiters erst zu einem Zeitpunkt entstanden, als Ihnen bereits bewusst sein musste, dass Ihr Aufenthaltsstatus aufgrund der falschen Identität sehr unsicher ist bzw. war. Daraus resultierend kann diesbezüglich nicht von einem unzulässigen Eingriff in die Achtung des Familienlebens gesprochen werden.

Aus all diesen Gründen und der daraus resultierenden Interessensabwägung stellt die Bezirkshauptmannschaft Gmunden fest, dass durch Ihren weiteren Aufenthalt in Österreich ein Eingriff in das wirtschaftliche Wohl des Landes vorgenommen werden würde und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung gefährdet wäre. Weiters geht die BH Gmunden aufgrund des gesamten Sachverhalts nicht von einem unzulässigen Eingriff in den Art. 8 EMRK aus. Wie bereits erwähnt konnten Sie Ihr derzeitiges Privat- und Familienleben nur durch die Täuschung von Behörden und die Fälschung eines Reisepasses erwirken. Weiters wurden Sie am 05.02.2009 vom Landesgericht Wels rechtskräftig gemäß §§ 223 Abs. 1 und 2, 224 StGB (Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten, Probezeit zwei Jahre, verurteilt. Sie sind daher strafgerichtlich nicht unbescholten und in Ihrem Fall geht sehr wohl eine massive Gefahr für die öffentliche Ruhe und Ordnung aus, da Sie anscheinend nicht davor zurückschrecken, gegen die österreichische Rechts- und Wertordnung zu verstoßen. Weiters wird noch angeführt, dass Sie sich über mehrere Jahre hinweg mit einer falschen Identität in Österreich ausgewiesen haben. Als Sie keinen Ausweg mehr aus Ihrer Situation gefunden haben, erschienen Sie bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden und gaben ein Geständnis ab.

Somit hat die fremdenpolizeiliche Maßnahme auch Auswirkungen auf Ihr Privat- und Familienleben. Dieses Privat- und Familienleben steht dem in diesem Bescheid angeführten Sachverhalt gegenüber.

Die Tatsachen wiegen so schwer, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Aufgrund des Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Lebenssituation zieht die Bezirkshauptmannschaft Gmunden den Schluss, dass die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wiegen als die Auswirkungen eines Aufenthaltsverbotes auf Ihre persönliche bzw. familiäre Lebenssituation. Das Aufenthaltsverbot als gesetzlich vorgesehener Eingriff dient zur Erreichung der im Artikel 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, sowie dem wirtschaftlichen Wohl des Landes. Dabei wird jedoch angeführt, dass das Aufenthaltsverbot ohnehin nur auf drei Jahre befristet ist. Nach Ablauf dieser drei Jahre haben Sie gemäß der derzeitigen rechtlichen Situation die Möglichkeit einen Erstantrag auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgrund Ihrer Ehe mit Frau X einzubringen. Außerdem besteht die Möglichkeit während der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes einen Antrag auf Aufhebung desselben einzubringen.

Ihre privaten Interessen haben gegenüber den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen in Österreich in den Hintergrund zu treten.

Bei der Abwägung wurde die Dauer Ihres Aufenthaltes, das Ausmaß der Integration und die Intensität der familiären und sonstigen Bindungen berücksichtigt.

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes war auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

"Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hätte gemäß § 63 Abs. 1 FPG 2005 die Möglichkeit ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 10 Jahren gegen Sie zu erlassen. Unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Verhältnisse gelangt die Behörde zum Schluss, dass die Dauer von drei Jahren ausreichend ist, um Sie wieder auf den richtigen Weg zu führen. Nach Ansicht der BH Gmunden ist erst nach Ablauf dieser Frist damit zu rechnen, dass Sie ein ähnliches Vorgehen in Österreich nicht mehr anwenden."

 

2.1. Gegen den am 24. März 2009 dem Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung zugestellten Bescheid erhob dieser mit Schreiben vom 7. April 2009, zur Post gegeben am gleichen Tage, das Rechtsmittel der Berufung.

 

2.2. In der Berufungsschrift führt der Bw Folgendes aus:

 

"1.  Grundsätzlich kann der von der erstinstanzlichen Behörde herangezogene Sachverhalt – unter Ausschluss der (negativ) wertenden Feststellungen – außer Streit gestellt werden bzw. gründet sich dieser in weiten Teilen ohnehin auf den Aussagen und Angaben des Betroffenen.

      Es wird daher auf die bisherigen Stellungnahmen im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens verwiesen um Wiederholungen zu vermeiden.

      Nicht nachvollziehbar ist jedoch die Begründung der BH Gmunden in Bezug auf die Sinnhaftigkeit der Verwendung einer anderen Identität. Dies wird auf Seite 8 des Bescheides damit versucht, als man hinweist, dass bei Antragstellung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht nur ein gültiges Reisedokument vorzuliegen sei, sondern auch die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses aus dem Heimatland erforderlich ist. Dies hätte der Berufungswerber durch Verwendung eines „falschen Reisepasses“ verbunden mit den Asylantrag verhindert.

      Dabei verkennt die erstinstanzliche Behörde jedoch, dass der Berufungswerber drei Monate zuvor unter richtigem Namen mit einem gültigem Aufenthaltstitel eingereist ist und zur Erlangung dieses Aufenthaltstitels (Saisonarbeitskraft) die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses erforderlich war und der Berufungswerber seither nicht mehr aus Österreich ausgereist ist.

      Es bestätigt sich daher, dass kein logischer Grund vorhanden war, den Asylantrag unter dem Namen des Bruders X zu stellen bzw. in weiterer Folge den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels.

2.   Einseitig und nicht haltbar ist auch die rechtliche Begründung der erstinstanzlichen Behörde im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 66 Abs. 1 FPG, wonach im konkreten Fall die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

      Obwohl der Berufungswerber seit Herbst 2002 mit seiner nunmehrigen Gattin, die er am X geheiratet hat, liiert ist und dieser ganz offensichtlich harmonischen Ehe drei Kinder entstammen, geht die erstinstanzliche Behörde davon aus, dass keine Verwurzelung im Gastland gegeben wäre. Es läge eine engere Verbundenheit mit dem Heimatland Türkei vor, weil dort noch die Eltern und ein Bruder leben würden.

      Diese Begründung mag durchaus als Floskel herangezogen werden, wenn eine Aufenthaltsehe vorliegt. Dies ist aber ganz offensichtlich nicht der Fall. Der Berufungswerber ist vollständig integriert und hat sehr gute Deutschkenntnisse. Er ist ein fürsorglicher Familienvater, der sich um seine Familie kümmert und auch gerne jede Art von arbeit annehmen würde. Dies ist jedoch erst wieder möglich, wenn der richtige Name des Berufungswerbers auch in den Standesurkunden berichtigt ist.

      Nach entsprechender Berichtigung der Standesurkunden ist es dem Berufungswerber auch sofort möglich, einer Beschäftigung auf dem österreichischen Arbeitsmarkt nachzugehen und hat er auch bisher keine Scheu gezeigt, jede Form von Arbeit anzunehmen, um den Unterhalt der Familie zu gewährleisten.

3.   Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass nicht die gesamte Familie „abgeschoben“ würde, sondern lediglich der Berufungswerber, da ja seine Gattin und auch die drei Kinder österreichische Staatsbürger sind. Es ist daher die Argumentation, dass die privaten Interessen des Berufungswerbers gegenüber den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen in Österreich im gegenständlichen Fall in den Hintergrund zu treten haben, rechtlich unhaltbar.

      Durch eine Ausweisung würde massiv in das Familienleben des Berufungswerbers eingegriffen und kann es nicht im Sinne der österreichischen Rechtsordnung sein, drei kleinen Kindern den Vater weg zu nehmen. Die Auswirkungen auf die Psyche und die Entwicklung der Kinder wäre nicht vorhersehbar.

      Gerade im konkreten Fall muss vor einem derartigen Eingriff in die Lebens- und Familienverhältnisse der Minderjährigen gewährleistet sein, dass dies keine negativen Auswirkungen hat.

      Hierzu hat die erstinstanzliche Behörde keine Feststellungen getroffen und keine Erhebungen vorgenommen, weshalb auch eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorliegt.

      Ohne eine familienpsychologisches Gutachten zum Nachweis, dass eine Ausweisung des Berufungswerbers ohne Folgen für seine Kinder ist, kann ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden."

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vorgelegt.

 

Der in Folge vom Sicherheitsdirektor des Bundeslandes Oberösterreich ergangene Bescheid vom 5. Mai 2011, GZ E1/9121/2009, wurde von der Bundesministerin für Inneres mit Bescheid vom 26. August 2011, BMI-1039505/0002-II/3/2011, von Amts wegen für nichtig erklärt.

 

Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich wurde der gegenständliche Akt daher nunmehr dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie durch Einsichtnahme in das Elektronische Kriminalpolizeiliche Informationssystem und das Zentrale Melderegister.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1 dargestellten, im Wesentlichen unstrittigen Sachverhalt aus.

 

Zusätzlich geht aus dem Verwaltungsakt hervor, dass der Bw seit 15. Juli 2011 nicht mehr aufrecht im Bundesgebiet gemeldet ist und vermutlich in die Türkei ausgereist sein dürfte.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 60 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011, konnte gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.       die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.       anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen           zuwiderläuft.

 

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde für die Verhängung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes daher grundsätzlich zu Recht die zitierte Bestimmung herangezogen.

 

Da – sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist – im Berufungsverfahren von der angerufenen Behörde die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt deren Entscheidung heranzuziehen ist, sind die durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, vorgenommenen Änderungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in diesem Verfahren zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 63 Abs. 1 FPG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.       die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.       anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen           zuwiderläuft.

 

Aufgrund der klaren gesetzlichen Anordnung darf nunmehr ein Aufenthaltsverbot nur mehr dann erlassen werden, wenn sich der Drittstaatsangehörige auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Im gegenständlichen Fall – der Bw war weder im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides noch ist er derzeit rechtmäßig in Österreich aufhältig – kann daher § 63 FPG nicht angewendet und ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden.

 

4.2. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen nicht rechtmäßig aufhältige Drittstaatsangehörige werden nunmehr durch § 52 f FPG geregelt. Die Bestimmungen lauten auszugsweise:

 

"Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

(2) […]

 

Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung wird ein Einreiseverbot unter Einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. […]"

 

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

4.3. Dass der Bw Drittstaatsangehöriger und im Sinne des § 52 FPG nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist (bzw. war), bedarf aufgrund der Feststellungen der belangten Behörde keiner weiteren Begründung. Es ist daher grundsätzlich eine Rückkehrentscheidung gegen ihn zu erlassen und diese mit einem Einreiseverbot zu verbinden.

 

4.3.1. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots stellt unzweifelhaft einen Eingriff in das Privatleben des Bw dar. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen gilt es daher zunächst, die Zulässigkeit dieses Eingriffs dem Grunde nach zu prüfen. Dabei ist auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.3.2. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der           bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.       der Grad der Integration;

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des           Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem           Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren           Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden           zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Im Sinne der zitierten Norme gilt es im gegenständlichen Verfahren eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

4.3.3. Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und die Verbringung einer Person außer Landes grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

4.3.4. Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass eine Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts unter die Tatbestandselemente des § 61 Abs. 2 FPG nicht zu einem unzulässigen Eingriff in das Privatleben des Bw führt.

 

4.3.4.1. Hinsichtlich der Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und der Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war, ist festzuhalten, dass dieser erstmals im Jahr 2002 in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist ist.

 

Zusätzlich geht aus dem Verwaltungsakt hervor, dass der Bw seit 15. Juli 2011 nicht mehr aufrecht im Bundesgebiet gemeldet ist und vermutlich in die Türkei ausgereist sein dürfte. Legt man die gesicherten Fakten für die Beurteilung der Dauer des Aufenthalts des Bw im Inland zugrunde, ergibt sich eine Gesamtaufenthaltsdauer von etwa neun Jahren.

 

4.3.4.2. Weiters hat das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens in die Beurteilung einzufließen.

 

Ein tatsächliches Familienleben des Bw im Bundesgebiet kann den vorliegenden Akten nicht entnommen werden. Der Bw ist von Frau X rechtskräftig geschieden und hat laut niederschriftlicher Aussage von Frau X mit ihr sowie den aus der Ehe hervorgegangenen Kindern keinen Kontakt.

 

4.3.4.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Bw alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen. Dem Höchstgericht zufolge hat der dem § 61 Abs. 2 FPG (neu) vergleichbare § 66 Abs. 2 FPG (alt) schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes privates bzw. familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte.

 

Im Sinne dieser Ausführungen geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa zehn Jahren das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl. etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).

 

Im konkreten Fall war der Bw wie gezeigt etwa neun Jahre in der Republik Österreich aufhältig. Die in die Rechtsgüterabwägung zugunsten des Bw einfließende Aufenthaltsdauer liegt daher knapp unter der höchstgerichtlich judizierten Schwelle von etwa zehn Jahren.

 

Hinzu tritt, dass vom Beschwerdeführer im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zudem neun Jahre lang ein Beruf in Österreich ausgeübt wurde und der Gerichtshof das Vorliegen weiterer Integrationsmerkmale fordert. Da vom Bw während eines Gutteils seines Aufenthalts im Inland keiner (zumindest keiner offiziellen) erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit nachgegangen wurde, wird auch dieses wesentliche Merkmal für eine alleinige positive Gesamtbeurteilung nicht erfüllt.

 

Schließlich ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im zitierten verwaltungsgerichtlichen Erkenntnis davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer – im Gegensatz zum Bw – strafrechtlich unbescholten war.

 

4.3.4.4. Aus dem Sachverhalt gehen zudem, abgesehen von Kenntnissen der deutschen Sprache, keine besonderen Merkmale sozialer Integration hervor.

 

4.3.4.5. Festzustellen ist weiters, dass jedenfalls der Bruder des Bw, X, in der Türkei aufhältig ist.

 

4.3.4.6. Bezüglich der strafrechtlichen Verurteilung des Bw wird auf Punkt 1 verwiesen.

 

4.3.4.7. Ein Verstoß des Bw gegen die öffentliche Ordnung kam, abgesehen von seinem – von der dafür zuständigen Behörde nicht weiter verfolgten – unrechtmäßigen Aufenthalt, im Verfahren nicht hervor.

 

4.3.4.8. Zur Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren, ist festzuhalten, dass sich der Bw während des gesamten Zeitraums seines unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste.

 

4.3.4.9. Letztlich ist nicht ersichtlich, dass die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet wäre.

 

4.3.4.10. Vor dem Hintergrund der in den Punkten 4.3.4.1. bis 4.3.4.9. getroffenen Feststellungen ist zusammenfassend hinsichtlich des Eingriffs in den geschützten Bereich des Privat- und Familienlebens des Bw festzuhalten, dass sich eine Eingriffsunzulässigkeit dem Grunde nach nicht ergibt.

 

Wenn dem Bw durch seine Aufenthaltsdauer von neun Jahren, den guten Kenntnissen der deutschen Sprache, der fallweisen Teilnahme am Erwerbsleben sowie den drei in Österreich geborenen und hier lebenden Kindern ein gewisses Interesse am Weiterverbleib im Bundesgebiet auch zuzubilligen sein wird, ist die vorhandene Integration schon dadurch zu relativieren, als diese während eines anhängigen Asylverfahrens und damit während unsicheren Aufenthalts erworben wurde. Auch ist eine Reintegration im Heimatland des Bw, in welchem er den Großteil seines Lebens verbracht hat und in welchem Verwandte nach wie vor leben, nicht unzumutbar. Wesentlich für eine Gesamtabwägung zulasten des Bw ist aber auch, dass er durch sein strafrechtlich abgeurteiltes Verhalten zu erkennen gegeben hat, sich an die Rechtsordnung jenes Staates, in dem er aufhältig ist, nicht gebunden zu fühlen, weshalb er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich darstellt.

 

Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot ist daher dem Grunde nach zulässig und der Bw kann sich nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

4.4. Abschließend gilt es nunmehr, die Dauer, für welche der Bw nicht in das Gebiet der Mitgliedstaaten einreisen darf, zu prüfen.

 

4.4.1. Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für die Dauer von fünf Jahren, zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Im Anschluss werden in § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 FPG nicht abschließend verschiedene Tatbestände beschrieben, bei deren Vorliegen davon auszugehen ist, dass der Fremde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet.

 

4.4.2. Der Bw unterfällt dem Anwendungsbereich des § 53 Abs. 2 FPG, da die Verurteilung wegen Urkundenfälschung nicht ausreicht, um die Eintrittsschwelle in das Regime des Abs. 3 zu überwinden. Vor diesem Hintergrund beträgt die maximale Dauer des zu erlassenden Einreiseverbots fünf Jahre. Zumindest hat das Einreiseverbot gemäß dem Einleitungssatz des § 53 Abs. 2 FPG 18 Monate zu betragen.

 

Bei der konkreten Bemessung der Dauer des über den Bw zu erlassenden Einreiseverbotes ist dessen bisheriges gesamtes Verhalten miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

4.5. Es zeugt fraglos von einer nicht unerheblichen kriminellen Energie, (insbesondere) in einem fremden Staat, von welchem man sich Aufnahme und Integration erhofft, zu versuchen, seinen Aufenthalt durch die Fälschung von Dokumenten zu erschleichen.  Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist jedoch aufgrund der mittlerweile verstrichenen Zeit, in welcher der Bw strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist, davon auszugehen, dass mit einem Einreiseverbot in der Dauer von 18 Monaten das Auslangen gefunden werden kann.

 

4.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4.7. Von einer Übersetzung gemäß § 59 Abs. 1 FPG konnte aufgrund der sehr guten Deutschkenntnisse des Bw abgesehen werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Bernhard Pree

 

 

Beschlagwortung:

Rückkehrentscheidung, Einreiseverbot, § 52 FPG

 

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