Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253037/6/Py/Hu

Linz, 15.03.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12. Dezember 2011, GZ: SV96-186-2010, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12. Dezember 2011, GZ: SV96-186-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1 Z1 lit.b iVm § 18 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) idgF vier Geldstrafen in Höhe von je 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 150 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 800 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten, dass die x, entgegen den Bestimmungen des § 18 Ausländerbeschäftigungsgesetzes vom 14. bis 19. Juni 2010 die Arbeitsleistungen der angeführten slowakischen und somit ausländischen Staatsbürger, die von der Firma x aus SK-x als ausländischem Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wurden, in Anspruch nahm, ohne dass für diese Ausländer eine Beschäftigungs- oder Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung erteilt wurde.

a) x, geb. x

b) x, geb. x

c) x, geb. x

d) x, geb. x

Kontrollzeitpunkt: 19.06.2010, 09.30 Uhr

Tatort: Vöcklabruck, x

Tätigkeit: Montage von Reklameleuchttafeln."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass sich der Sachverhalt aus der Anzeige des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck, Team KIAB, vom 22.9.2010, ergibt. Aus dieser ist ersichtlich, dass die im Spruch genannten ausländischen Staatsbürger vom 14. bis zum Kontrolltag am 19. Juni 2010 46 Stunden pro Woche auf der Baustelle des x in Vöcklabruck Reklameleuchttafeln montierten. Sie waren Dienstnehmer der Firma x mit Sitz in SK-x, und im Auftrag der x tätig. Der Auftrag umfasste die Herstellung, Lieferung und Montage einer Outline-Werbeschrift mit LED-Ausleuchtung, welche seitens des auftraggebenden Unternehmens beigestellt wurde.

 

Dass der Sachverhalt dem Grunde nach nicht bestritten wird, ergibt sich zweifelsfrei aus den Ausführungen der am Verfahren beteiligten Parteien und involvierten Personen. Da keine der angeführten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen gegeben war, ist der Tatbestand in objektiver Hinsicht als erfüllt zu werten. Das Vorbringen des Bw, in dieser Sache überhaupt nicht involviert zu sein, ist im Hinblick auf seine Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer nicht geeignet, sein Verschulden auszuschließen.

 

In weiterer Folge führt die belangte Behörde ihre für die Höhe der verhängten Strafen maßgeblichen Gründe an.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitige im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung des Bw vom 13. Jänner 2012, zu der der Bw mit Schreiben vom 26. Jänner 2012 ergänzt, dass die Firma x am 3. Juni 2010 an die Zentrale Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen eine Meldung gemäß § 7b Abs.3 und 4 AVRAG über die gegenständlichen Arbeitnehmer übersandte. Da die Voraussetzungen des § 18 Abs.12 AuslBG gegeben waren, durften die Arbeitnehmer die Beschäftigung auch ohne EU-Entsendebestätigung aufnehmen.

 

3. Mit Schreiben vom 17. Jänner 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Da bereits anhand der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen. Dem Finanzamt Grieskirchen Wels als am Verfahren beteiligte Organpartei wurde mit Schreiben vom 27. Jänner 2012 vom Unabhängigen Verwaltungssenat unter Anführung der rechtlichen Erwägungen die Berufung zur Kenntnis gebracht. In ihrer Stellungnahme vom 6. Februar 2012 teilte das Finanzamt Grieskirchen Wels dazu mit, dass gegen die Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens keine Bedenken bestehen.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 32a Abs.6 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl.Nr. 218/1975 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl.I.Nr. 101/2005, ist für die Beschäftigung von EU-Bürgern gemäß Abs.1 oder von Drittstaatsangehörigen, die von einem Arbeitgeber mit Betriebssitz in der tschechischen Republik, in der Republik Estland, in der Republik Lettland, in der Republik Litauen, in der Republik Ungarn, in der Republik Polen, in der Republik Slowenien oder in der slowakischen Republik zur vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen in einem Dienstleistungssektor, für den nach Nr. 13 des Übergangsarrangements zum Kapitel Freizügigkeit im Beitrittsvertrag (Liste nach Art. 24 der Beitrittsakte in den Anhängen V und VI, VIII bis X sowie XII bis XIV) Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit gemäß Artikel 49 EG-V zulässig sind, in das Bundesgebiet entsandt werden, § 18 Abs.1 bis 11 anzuwenden. In einem Dienstleistungssektor, in dem Einschränkungen nicht zulässig sind, ist § 18 Abs.12 anzuwenden.

 

5.2. Im Zuge der Vorbereitung der EU-Erweiterung haben sich die 15 "alten" und die "neuen" Mitgliedsstaaten in den Verhandlungskapiteln "Freier Personenverkehr" und "Freier Dienstleistungsverkehr" auf ein Übergangsarrangement geeignet, demzufolge jeder derzeitige Mitgliedsstaat grundsätzlich die Möglichkeit haben soll, seine nationalen Regeln für die Zulassung drittstaatsangehöriger Arbeitskräfte zum Arbeitsmarkt und zur grenzüberschreitenden Dienstleistung während einer Übergangsfrist von maximal sieben Jahren für die neuen EU-Bürger beizubehalten. Österreich hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, während der Übergangsfrist für den Arbeitsmarktzugang von Staatsanghörigen der neuen Mitgliedsstaaten (mit Ausnahme von Zypern und Malta) weiterhin die nationalen und die sich aus bilateralen Abkommen ergebende Regelungen anzuwenden. Dasselbe gilt für die vorübergehende Beschäftigung von Arbeitskräften, die von Unternehmen mit Sitz in den neuen Mitgliedsstaaten zur Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen in bestimmten Sektoren in das Bundesgebiet entsandt werden. Dabei handelt es sich um die Sektoren Gärtnerische Dienstleistungen (gemäß europäischem NACE-Code 01.41), Be- und Verarbeitung von Natursteinen (26.7), Herstellung von Stahl- und Leichtmetallkonstruktionen (28.11), Baugewerbe einschließlich verwandter Wirtschaftszweige (45.1 bis 4) und die im Anhang zur Richtlinie 96/71/EG angeführten Tätigkeiten, Schutzdienste (74.60), Reinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmittel (74.70), Hauskrankenpflege (85.14) und Sozialwesen (85.14). In diesen Sektoren war die Beschäftigung neuer EU-Bürger – bis zum Auslaufen des Übergangsarrangements – weiterhin nur aufgrund einer Entsendebewilligung zulässig. In den liberalisierten Sektoren kann die Tätigkeit aus neuen EU-Mitgliedsstaaten entsandten Ausländer bei Vorliegen der Voraussetzungen des    § 18 Abs. 12 AuslBG ohne Bewilligung aufgenommen werden.

 

Wie dem gegenständlichen Strafantrag vom 22. September 2010 und den angeschlossenen Unterlagen zu entnehmen ist, handelte es sich bei den Dienstleistungen, die von der slowakischen Firma x für das vom Bw vertretene Unternehmen erbracht wurden, um die Produktion und Montage von Reklameleuchttafeln. Diese Dienstleistungen fallen unter NACE-Code 74.40.12 "Planungs-, Gestaltungs- und Platzierungsleistungen für Werbung". Die gegenständlichen Arbeiten wurden somit in einem Dienstleistungssektor erbracht, für den zum Tatzeitpunkt Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit nicht zulässig waren. Dem Bw wurde jedoch von der Erstbehörde innerhalb der Verfolgungsverjährung ein anderes Tatverhalten, nämlich eine Übertretung nach § 18 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG zur Last gelegt. Gemäß § 32a Abs.6 letzter Satz Ausländerbeschäftigungsgesetz in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung wäre auf den gegenständlichen Sachverhalt § 18 Abs.12 AuslBG anzuwenden und das Fehlen der in dieser Bestimmung geforderten Voraussetzungen gemäß § 28 Abs.1 Z5 leg.cit. unter Strafe gestellt.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Der Kostenausspruch ist in der angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

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