Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252909/15/Py/Hu

Linz, 09.03.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Andrea Panny, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7. Juni 2011, GZ: 0045602/2010, wegen Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. Februar 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7. Juni 2011, Gz. 0045602/2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 und 1a iVm § 111 ASVG idgF eine Geldstrafe in Höhe von 2.180 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 146 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 218 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Gewerbeinhaber der Firma x, x, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs.1 ASVG seit 05.07.2010, Arbeitsbeginn: 09:00 Uhr Frau x, geboren x, wohnhaft x, als Dienstnehmerin in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt - € 1.700,00 brutto pro Monat – im x als Kellnerin im Ausmaß von 8 Stunden pro Tag, 7 Tage pro Woche beschäftigt. Die in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

Obwohl diese Dienstnehmerin nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversicherungspflichtig ist, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet. Die Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgte am  09.07.2010 um 10:40:49 Uhr mit der Protokoll Nr. 65461894, somit verspätet.

Die gegenständliche Firma hat somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.1 ASVG verstoßen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die angeführte Firma als Dienstgeber sowohl am 5. Juli 2010, am 7. Juli 2010 als auch am 9. Juli 2010 jeweils ab 9.00 Uhr Frau x, nunmehr x, als Dienstnehmerin in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Wettbüro in x, als Wettschaltermitarbeiterin beschäftigt hat. Die Anmeldung der Dienstnehmerin ist erst am 9. Juli 2010 um 10:40:49 Uhr, somit jedenfalls verspätet, erfolgt. Die Vorbringen des Bw im Verwaltungsstrafverfahren seien als reine Schutzbehauptungen zu werten und weisen zudem Widersprüche auf.

Zur verhängten Strafhöhe wird festgestellt, dass aufgrund des Vorliegens einer rechtskräftigen einschlägigen Vorstrafe vom erhöhten Strafsatz des § 111 ASVG auszugehen war, strafmildernde bzw. straferschwerende Umstände wurden nicht gewertet.

 

2. Dagegen erhob der Bw rechtzeitig Berufung und brachte vor, dass die Begründung des Straferkenntnisses suggestiv zu seinen Lasten ausgeführt wurde. So sei eine "Aussage" von Frau x, dass diese einer Einschulung unterzogen wurde, sicher nicht aus deren Überlegung erfolgt und ist dies genauso zu werten wie die angebliche Aussage, dass sie täglich von 9.00 bis 18.00 Uhr arbeiten musste, da die Angestellten des Bw im Wechseldienst (einen Tag arbeiten, einen Tag frei) tätig sind und das Lokal noch nie um 9.00 Uhr geöffnet war. Wäre die Aussage der Frau x in Anwesenheit der sie begleitenden Vertrauensperson erfolgt, wäre diese Sichtweise nie zustande gekommen, jedoch wurde die Vertrauensperson vom befragenden Beamten des Zimmers verwiesen. Fakt ist, dass Frau x erst ab 9. Juli 2010 beim Bw beschäftigt war und davor auch keine wie auch immer geartete Schulung erfolgte. Vielmehr wurde sie an ihrem ersten Arbeitstag ordnungsgemäß angemeldet. Allerdings kam sie an diesem Tag schon vor 12.00 Uhr ins Lokal und übergab alle entsprechenden Unterlagen wie Arbeitsgenehmigung, Reisepass, Meldezettel und dgl.. Diese wurden dann vom Bw an den Steuerberater zwecks Anmeldung weitergeleitet. Vor ihrer Anmeldung hat Frau x keine Arbeiten verrichtet, sondern lediglich einen Kaffee aus dem Kaffeeautomaten getrunken.

 

3. Mit Schreiben vom 5. Juli 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. Februar 2012. An dieser nahmen der Bw sowie ein Vertreter der belangten Behörde als Parteien teil. Als Zeugin wurde Frau x (ehemals x) einvernommen. Zur Befragung der Zeugin wurde eine Dolmetscherin der Verhandlung beigezogen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Anlässlich einer Kontrolle auf Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes und des Einkommenssteuergesetzes am 25. August 2010 im vom Bw geführten Lokal "x" in x, gab die dort arbeitend angetroffene tschechische Staatsangehörige, Frau x, geb. am x, (nunmehr x), in dem ihr in deutscher und englischer Sprache vorgelegten Personenblatt an, dass sie seit 5. Juli 2010, 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr, laufend, als Kellnerin im Lokal x beschäftigt ist. Das Lokal war zum damaligen Zeitpunkt von 10.00 Uhr bis 24.00 Uhr geöffnet. Eine Abfrage bei der Österreichischen Sozialversicherung ergab jedoch, dass die Anmeldung der Frau x als Dienstnehmerin im Lokal erst am 9. Juli 2010 um 10:40:49 Uhr erfolgte.

 

Im Verfahren konnte nicht zweifelsfrei erwiesen werden, dass Frau x tatsächlich bereits seit 5. Juli 2010 im vom Bw geführten Lokal in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt wurde.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 16. Februar 2012. Die unter Wahrheitspflicht einvernommene Zeugin bestritt ausdrücklich, bereits vor ihrer Anmeldung am 9. Juli 2010 für den Bw tätig gewesen zu sein. Sie gab, wie bereits im Verfahren vor der belangten Behörde, an, sich beim Ausfüllen des Personenblattes hinsichtlich des Eintrittsdatums geirrt zu haben. Zunächst ist nach Ansicht der erkennenden Kammer nicht zweifelsfrei feststellbar, dass beim Ausfüllen des Personenblattes durch die ausländische Zeugin bei der Kontrolle nicht tatsächlich sprachliche Schwierigkeiten auftraten, zumal das der tschechischen Staatsangehörigen vorgelegte Personenblatt lediglich in deutscher und englischer Sprache abgefasst ist. Für ihre Befragung in der mündlichen Verhandlung erwies sich jedenfalls die Beiziehung einer Dolmetscherin als zweckmäßig. Insgesamt machte die Zeugin bei ihrer Einvernahme in der Berufungsverhandlung einen sehr glaubwürdigen Eindruck. Sie konnte durchaus nachvollziehbar darlegen, dass sie beim Ausfüllen des Personenblattes irrtümlich einen falschen Zeitpunkt eingetragen hat, zumal seit dem Beginn ihrer Arbeitsaufnahme beim Bw bis zum Kontrolltag bereits nahezu zwei Monate verstrichen waren und die Kontrollsituation für sie offenbar ungewöhnlich und belastend war. Durch den Gesamteindruck, den die erkennende Kammer bei der Befragung der Zeugin erlangen konnte, erscheint es daher durchaus möglich, dass beim Ausfüllen des Personenblatts von der Dienstnehmerin ein falsches Datum hinsichtlich ihres Arbeitsbeginns eingetragen wurde.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

§ 33 Abs.1a ASVG lautet: Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.    vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.    die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-        mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-        bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

5.2. Im vorliegenden Fall konnte nach eingehender Beweiswürdigung nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass Frau x bereits vor der am   9. Juli 2010, 10:40:49 Uhr, erfolgten Anmeldung zur Sozialversicherung im Lokal "x" des Bw in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zum Bw tätig wurde.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Da somit nach Durchführung des Beweisverfahrens Zweifel an der Täterschaft des Bw verbleiben, war im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Da die Berufung Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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