Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730225/14/Wg/WU

Linz, 11.04.2012

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der Frau X, geb. X, vertreten durch RA X, X, gegen die mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 9. November 2010 angeordnete Ausweisung, AZ: 1049783/FRB, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. März 2012 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 9. November 2010, hinterlegt am 11. November 2010, AZ: 1049783/FRB, die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) gemäß § 54 Abs.1 Z 2 iVm. § 66 Fremdenpolizeigesetz aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen. Die Behörde argumentierte, die Bw habe am 11. März 2010 einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gestellt. Auf das geforderte Mindesteinkommen für ein Ehepaar + ein erwachsenes Kind von 1.959,44 Euro fehle ein Betrag in Höhe von 784,- Euro, weshalb beabsichtigt würde, nach § 25 NAG aufenthaltsbeendende Maßnahmen einzuleiten. In einer Stellungnahme der Bw vom 27. Juli 2010 habe diese angeführt, dass ihre Familie noch 368,- Euro Familienbeihilfe bekommen würde und sie somit die Voraussetzungen zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels erfüllen würde. Der Stellungnahme seien die Lohnzettel des Vaters und der Schwester der Bw beigelegt worden. Die Stellungnahme samt Beilagen seien dem Magistrat übermittelt worden, der daraufhin mitteilte, dass die Erteilungshindernisse nicht weggefallen seien und die Lohnzettel der Schwester nicht zu berücksichtigen seien.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 19. November 2010. Die Bw beantragt darin, die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich möge den angefochtenen Bescheid der BPD Linz ersatzlos beheben und das wider die Berufungswerberin eingeleitete Ausweisungsverfahren zur Einstellung bringen; oder den angefochtenen Bescheid aufheben und zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die Erstbehörde rückverweisen; und jedenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen und durchführen.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat der SID den Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt. Nachdem mit 1. Juli 2011 wesentliche Bestandteile des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 – FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, in Kraft getreten sind, hat die Sicherheitsdirektion Oberösterreich dem Verwaltungssenat den Akt zuständigkeitshalber übermittelt.

 

Der Verwaltungssenat führte am 22. März 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der rechtsanwaltliche Vertreter erstattete folgendes Vorbringen: "Das Familieneinkommen liegt zurzeit bei mindestens 30.000,00 Euro jährlich. Dies ergibt monatlich ein Durchschnittseinkommen von ca. 2.500,00 Euro. Der einschlägige Richtsatz ist damit eindeutig erfüllt, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung liegen vor. Zudem ist die Schwester der Berufungswerberin, X, bereit ihre Schwester finanziell zu unterstützen, falls dies erforderlich wäre. Herr X ist aufgrund seiner Beschäftigung als Bauarbeiter heuer im Winter zwei Monate saisonbedingt arbeitslos. Er wird seine Beschäftigung ab 26. März 2012 wieder aufnehmen. Es handelt sich um eine brancheübliche Vorgangsweise, sodass auch im Jahr 2012 mit annähernd gleichem Einkommen wie im Jahr 2011 zu rechnen ist. Das Familieneinkommen im Jahr 2012 wird das Familieneinkommen im Jahr 2011 keinesfalls unterschreiten. Das Beschäftigungsverhältnis der Mutter der Berufungswerberin wurde stundenmäßig in der Vergangenheit aufgestockt, so dass sie mittlerweile jedenfalls mehr verdient als noch zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Berufungsanträge werden vollinhaltlich aufrecht erhalten."

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Die Bw wurde am X geboren und ist Staatsangehörige der Türkei.

 

Die Bw reiste im April 2006 mit einem Visum D in das Bundesgebiet ein. Sie stellte jeweils am 15. März 2007, 1. April 2008 und am 24. März 2009 einen Verlängerungsantrag der Niederlassungsbewilligung – Angehöriger, die auch bewilligt wurden. Den letzten Verlängerungsantrag stellte sie am 11. März 2010, das Verfahren ist noch offen.

 

Die Bw ist seit 10. April 2006 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Zurzeit wohnt sie bei ihrer Cousine X an der Adresse X. Die Bw gab an, ihr bei der Kinderbetreuung zu helfen. Weiters: "Wir unterstützen uns generell in der Familie sehr. Wir helfen uns untereinander – unentgeltlich – aus, weil sich das unter Verwandten einfach so gehört."

 

Die Bw verfügt über ein Sprachdiplom A2 Grundstufe Deutsch 2 vom 27.03.2010.

 

Laut Versicherungsdatenauszug vom 19. März 2012 war die Bw vom 16. Oktober 2008 bis 7. September 2009 als Arbeiterin beschäftigt. Von 20. September 2007 bis 30. September 2007 und von 8. September 2009 bis laufend ist sie gemäß § 16 ASVG selbstversichert. Für die Kosten der Versicherung kommt ihr Vater auf.

 

Für den Unterhalt der Bw kommen ihre Eltern und ihre Schwester auf. Die Mutter der Bw, Frau X, verdiente laut vorliegenden Lohnzetteln der X netto im November 2010 556,31 Euro, im Dezember 2010 789,88 Euro, im Jänner 2011 825,79 Euro, im Februar 2011 789,88 Euro, im Jänner 2012 879,62 Euro und im Februar 2012 806,34 Euro. Dem Vater der Bw, Herrn X, wurden laut Lohnzettel der X im November 2010 2.181,67 Euro, im Dezember 2010 1.479,73 Euro, im Jänner 2011 2.483,07 Euro und im Februar 2011 2.900,01 Euro netto ausbezahlt. Laut Bestätigung des AMS vom 25. Jänner 2012 hat X von 18. Jänner 2012 bis 15. Jänner 2013 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von 28,98 Euro täglich. Lt Einkommensteuerbescheid des X vom 22. Februar 2012 betrugen die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte im Jahr 2011 24.023,07 Euro. Abzüglich der Einkommensteuer idH von 4.619,98 Euro errechnet sich ein Jahreseinkommen idH von 19.403,09 Euro netto. Das einkommensteuerpflichtige Einkommen der X betrug im Jahr 2011 lt Einkommensteuerbescheid vom 14. Februar 2012 9.868,70 Euro. Es fiel keine Einkommensteuer an. Dazu gab der rechtsanwaltliche Vertreter in der mündlichen Verhandlung an: "Herr X ist aufgrund seiner Beschäftigung als Bauarbeiter heuer im Winter zwei Monate saisonbedingt arbeitslos. Er wird seine Beschäftigung ab 26. März 2012 wieder aufnehmen. Es handelt sich um eine brancheübliche Vorgangsweise, sodass auch im Jahr 2012 mit annähernd gleichem Einkommen wie im Jahr 2011 zu rechnen ist. Das Familieneinkommen im Jahr 2012 wird das Familieneinkommen im Jahr 2011 keinesfalls unterschreiten." In der Arbeits – Lohnbestätigung der X wird bestätigt, X voraussichtlich ab 26. März 2012 als Hilfsarbeiter beschäftigt wird und sein Bruttolohn ohne Zulagen und Überstunden 1.724,17 Euro betragen wird.

 

Die Bw gab in der mündlichen Verhandlung an, dass die im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Kreditraten in Höhe von 258, - Euro monatlich nach wie vor abgezahlt würden und die Nettomiete der Eltern von 546,- Euro sich nicht verändert habe.

 

Weder die Bw noch ihre Eltern haben bislang in Österreich Sozialhilfe bezogen.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, den Angaben und den vorgelegten Dokumenten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

Der Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 54 gelten als Ausweisungen gemäß § 62 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter.

 

Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden gemäß § 11 Abs 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Rückkehrverbot gemäß § 54 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 63 oder 67 FPG besteht;

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3. gegen ihn eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

 

Aufenthaltstitel dürfen gemäß § 11 Abs 2 NAG einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

 

Ein Aufenthaltstitel kann gemäß § 11 Abs 3 NAG trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet gemäß § 11 Abs 4 NAG dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.

 

Der Aufenthalt eines Fremden führt gemäß § 11 Abs 5 NAG zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

 

Der Richtsatz beträgt gemäß § 293 Abs 1 ASVG unbeschadet des Abs. 2

a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben ................................................................... .................. 1 221,68 €,

bb) wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen ................................ .....................814,82 €,

b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259 ................814,82 €,

c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:

aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres ................................................. .....................299,70 €,

falls beide Elternteile verstorben sind ....................................................... .....................450,00 €,

bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres .................................................... .....................532,56 €,

falls beide Elternteile verstorben sind ....................................................... .....................814,82 €.

 

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 125,72 € für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

 

Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung des Aufenthaltstitels Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 1 und 2, so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer fremdenpolizeilichen Stellungnahme – gemäß § 25 Abs 1 NAG den Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass eine Aufenthaltsbeendigung gemäß §§ 52 ff. FPG beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 61 FPG) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, dass er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, 14 Tage nicht unterschreitenden Frist zu äußern. Nach Ablauf dieser Frist hat die Behörde die zur Aufenthaltsbeendigung zuständige Fremdenpolizeibehörde - gegebenenfalls unter Anschluss der Stellungnahme des Fremden - zu verständigen. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 73 AVG gehemmt.

Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist gemäß § 25 Abs 2 NAG das Verfahren über den Verlängerungsantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung auf Antrag des Fremden fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird. Ist eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig, hat die Behörde einen Aufenthaltstitel mit dem gleichen Zweckumfang zu erteilen.

 

Fehlen in einem Verfahren zur Verlängerung eines Aufenthaltstitels besondere Erteilungsvoraussetzungen des 2. Teiles, hat die Behörde gemäß § 25 Abs 3 NAG den Antrag ohne weiteres abzuweisen.

 

Drittstaatsangehörige, die sich während eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG im Bundesgebiet aufhalten, sind gemäß § 62 Abs 1 FPG mit Bescheid, sofern kein Fall des § 64 vorliegt, auszuweisen, wenn

1. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

2. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

 

Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig mit einem Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalten, sind gemäß § 62 Abs 2 FPG mit Bescheid, sofern kein Fall des § 64 vorliegt, auszuweisen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

2. ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen und im ersten Jahr ihrer Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen sind oder

3. ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, sie länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen sind und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen sind.

 

Die Behörde hat gemäß § 62 Abs 3 FPG in Verfahren gemäß Abs. 1 nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG bei der Behörde nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz bereits hätte nachweisen können und müssen.

 

Gemäß § 293 ASVG iVm § 11 Abs.5 NAG ist im Verlängerungsverfahren ein monatliches Nettoeinkommen von 2.036,50 Euro nachzuweisen. Dies entspricht dem Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehegatten und 1 erwachsenes Kind, die im gemeinsamen Haushalt leben.

 

Das Einkommen der Schwester der Bw ist bei dieser Berechnung nicht zu berücksichtigen, da zwischen ihr und der Bw kein Unterhaltsvertrag abgeschlossen wurde. Es ist auf das monatliche Nettoeinkommen der Eltern X und X abzustellen. Im Jahr 2011 verfügten diese gemeinsam über ein Jahreseinkommen idH von 29.271,79 Euro netto. Daraus errechnet sich ein durchschnittliches Familieneinkommen idH von 2.440 Euro netto pro Monat.

 

Bringt man davon im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß die Mietkosten (546 Euro abzüglich des Wertes für die freie Station nach § 292 Abs 3 ASVG idH von 260,35) und die Kreditraten in Abzug, bleiben 1.896,35 Euro übrig.

 

Das Familieneinkommen erreicht nicht den vorgeschriebenen Richtsatz. Bei der Interessenabwägung nach § 11 Abs 3 NAG war zu berücksichtigen, dass es sich um keine erhebliche Abweichung handelt. Aufgrund der Arbeits – Lohn Bestätigung vom 19. März 2012 scheint der weitere Lohnbezug des X als gesichert. Weiters hält sich die Bw mittlerweile seit über fünf Jahren im Bundesgebiet auf. Bei einer Gesamtwertung des festgestellten Sachverhaltes ist gemäß § 11 Abs 3 NAG iVm Artikel 8 EMRK ein weiterer Aufenthaltstitel trotz Vorliegen des Erteilungshindernisses iSd § 11 Abs 2 Z 4 NAG erforderlich. Der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels steht kein Versagungsgrund entgegen (§ 62 Abs 1 FPG).

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind in der Höhe von 71,20 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

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