Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401156/21/Wg/WU

Linz, 02.03.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des X, geb. X, vertreten durch X, durch mündliche Verkündung sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 2. März 2012, wegen Festnahme, Schubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft seit dem 22. Februar 2012 durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

       I.      Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

 

    II.      Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 887,20 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 76 Abs 2a Z 1 iVm § 83 Fremdenpolizeigesetz (FPG); § 67c Abs.3 AVG; § 69a AVG


Entscheidungsgründe:

 

Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Bescheid vom 22. Februar 2012, Sich40-1141-2012, über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gemäß § 76 Abs.2a Z1 FPG iVm § 80 Abs.5 FPG und § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft verhängt. Begründend führte die Behörde aus, der Bf sei am 20. Jänner 2012 illegal und schlepperunterstützt in einem Container/Sattelauflieger versteckt mit dem Zug von Thessaloniki (Griechenland) über Skopje (Mazedonien), Belgrad (Serbien) und den Grenzübergang Kelebia (Ungarn) nach Budapest und weiter über Sopron nach Österreich eingereist. Am 20. Jänner 2012 sei er auf dem Gelände der Spedition X gemeinsam mit 12 weiteren afghanischen Staatsangehörigen festgenommen worden. Dort habe er am 21. Jänner 2012 um 14.17 Uhr vor Beamten der PI X einen Antrag auf internationalen Schutz (Asyl) in Österreich gestellt. Im Zuge der Asylantragstellung sei er nicht in der Lage gewesen, den Beamten ein gültiges Reisedokument oder ein anderes Identitätsdokument in Vorlage zu bringen. Laut seinen Angaben sei er illegal aus seinem Herkunftsstaat Afghanistan in den Iran ausgereist. Von dort sei er dann vor ca. 4 Monaten illegal über die Türkei nach Griechenland weitergereist, wo er am 23. Oktober 2011 angekommen sei. Von dort aus sei er dann Anfang Jänner 2012 illegal mit dem Zug nach Österreich eingereist und hätte hier einen Asylantrag gestellt. Er würde lediglich über Barmittel in der Höhe von 210 Euro verfügen, andere Unterstützung würde er nicht erhalten und sei völlig mittellos. Er habe keine Bezugspersonen in Österreich. Aufgrund seines Begehrens sei ihm vorübergehend eine bundesbetreute Unterkunft in der Erstaufnahmestelle X zugewiesen worden. Über einen anderwärtigen ordentlichen Wohnsitz verfüge er im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht. Unter Beizug eines Dolmetschers der Sprache Dari sei er durch das X am 15. Februar 2012 zum Parteiengehör niederschriftlich befragt worden. Dabei habe er im Wesentlichen die gleichen Angaben gemacht wie bei seiner Erstbefragung im Asylverfahren. Ihm sei mitgeteilt worden, dass Ungarn dem Aufnahmeersuchen der Republik Österreich entsprochen habe und dass daher beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich als unzulässig zurückzuweisen und seine Ausweisung nach Ungarn zu veranlassen. Auf diesen Vorhalt habe er im Wesentlichen wie folgt reagiert: "Ich wusste nicht, dass ich über Ungarn nach Österreich gekommen bin. Ich bitte Sie, lassen Sie mich hier. Ich möchte nicht wieder nach Ungarn zurück. Ich habe weder in Griechenland noch in Ungarn Fingerabdrücke abgegeben. Ich habe aber hier in Österreich einen Asylantrag gestellt und möchte deswegen hierbleiben." Am 22. Februar 2012 um 11.50 Uhr in unmittelbarem Anschluss, nachdem ihm seitens des X der zurückweisende Asylbescheid ausgefolgt worden sei, sei er von Beamten der Polizeiinspektion X in der Erstaufnahmestelle X, X, im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen worden. Die Beendigung des illegalen Aufenthaltes mit seiner Außerlandesbringung in den für ihn zuständigen Mitgliedsstaat – insbesondere hinsichtlich der verkürzten Rechtsmittelfrist – stehe unmittelbar bevor. Bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG habe die Behörde – im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG – kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG 2005. Es bleibe jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw. des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig sei und ob in der Person des Asylwerbers gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegen stehen. Hinsichtlich der Notwendigkeit werde festgehalten, dass in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 Asylgesetz 2005 zurückgewiesen wurde und gleichgehend eine durchsetzbare Ausweisung in den (gemäß den Bestimmungen der Dublin II-Verordnung) für die Prüfung des Antrages zuständigen Staat verfügt wurde, durch die im Fremdenrechtsänderungsgesetz (FrÄG) 2009 geänderten Rechtsbestimmungen ein Sicherungsbedarf bereits indiziert sei. Mit einer zeitnahen Abschiebung in den für ihn zuständigen Mitgliedsstaat sei in seinem Fall jedenfalls zu rechnen, zumal sich sein Asylverfahren im finalen Stadium befinde und selbst im Falle des Einbringens einer Beschwerde im Asyl- und Ausweisungsverfahren von einer zeitlich sehr kurzen Anhaltung in der Schubhaft auszugehen sei. Durch seine Handlungsweise sei es offensichtlich, dass er den durchreisten EU-Staat lediglich als Transitland betrachte, in welchem er unter keinen Umständen bleiben wolle. Er habe es bewusst unterlassen, in Ungarn einen Asylantrag zu stellen. Er sei aus wirtschaftlichen Gründen und aus Angst vor den x aus seinem Herkunftsstaat geflüchtet. Dass er nicht in jenes Land rücküberstellt werden wolle, welches er erfolgreich illegal durchreist habe, sei anhand seiner Deklarationen und seines Verhaltens erwiesen. Nach Ansicht der bescheiderlassenden Behörde sei einem derartigen Asylantragstourismus mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten, um für ein geordnetes Fremdenwesen zu sorgen. Er sei alleinstehend, würde keine minderjährigen Kinder, für die er die Obsorge hätte, begleiten, gehe keiner Beschäftigung nach, halte sich erst seit Kurzem in Österreich auf und sei daher, sowie auch entsprechend seiner dargelegten Verhaltensweise offensichtlich, an absolut keine Örtlichkeiten gebunden. Nachdem aufgrund des geschilderten Sachverhaltes und aufgrund seines bisherigen Verhaltens im Bundesgebiet zu befürchten sei, dass er sich – auf freiem Fuß belassen – dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen und in die Illegalität abtauchen werde, sei zur Sicherung seiner Abschiebung in den für ihn zuständigen und dem von ihm zur Rückkehr negierten Mitgliedstaat seine Anhaltung in der Schubhaft unbedingt erforderlich. Ein gelinderes Mittel würde zudem die Gefahr beinhalten, dass er – nach einem Abtauchen in die Anonymität – dem österreichischen Staat weiters finanziell zur Last fallen könnte. Es müssten daher für den weiteren Aufenthalt öffentliche Mittel aufgewendet werden bzw. sei der Schluss zulässig, dass er versuche, durch Begehung strafbarer Handlungen seinen Unterhalt zu fristen. Darüber hinaus sei im Besonderen die Gefahr nach Abtauchen in die Anonymität sehr groß, dass letztlich Österreich für die inhaltliche Prüfung gemäß dem Dublin-Abkommen zuständig werden könne. Die Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft liege im konkreten Fall vor.

 

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 27. Februar 2012. Der Bf beantragt darin, der UVS im Lande Oberösterreich möge die Festnahme, die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären, feststellen, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Bf in Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht (mehr) vorliegen sowie Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung und der Eingabegebühr zuerkennen. Begründend führte er aus, er sei Flüchtling aus Afghanistan und habe, nachdem er mit weiteren afghanischen Flüchtlingen aufgegriffen worden sei, einen Asylantrag gestellt. Er sei in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt worden. Aufgrund der katastrophalen Situation für Flüchtlinge in Griechenland sei der Bf weiter Richtung Zentraleuropa gereist. Das genaue Ziel habe er nicht gekannt. Er sei 4 Tage in dem Container gewesen, bevor er in Österreich von der Polizei gemeinsam mit weiteren afghanischen Flüchtlingen ausgegriffen worden wäre. Er habe nicht gewusst, durch welche Länder er gefahren sei. Sofort, nachdem er aufgegriffen worden war, habe er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er sei in der bundesbetreuten Unterkunft der EAST-X untergebracht worden. Sowohl die Schubhaftverhängung, als auch die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft seien rechtswidrig. In der Beweiswürdigung werde nicht begründet, warum es im Falle des Bf notwendig sei, die Schubhaft zu verhängen. Er sei in einer bundesbetreuten Unterkunft untergebracht gewesen und habe großes Interesse am Ausgang seines Asylverfahrens, welches noch nicht rechtskräftig entschieden sei. Er werde fristgerecht Beschwerde gegen den zurückweisenden Bescheid des Bundesasylamtes, EAST-X einbringen. Die belangte Behörde habe nicht erschöpfend dargelegt, warum die Verhängung der Schubhaft notwendig war und von der Verhängung eines gelinderen Mittels Abstand genommen wurde. Da ihm zwar in Griechenland Fingerabdrücke abgenommen worden wären, er durch Ungarn nur durch durchgereist sei, sei er nicht der Meinung, dass Ungarn für sein Asylverfahren zuständig sei. Es sei nicht richtig, wie im angefochtenen Bescheid behauptet, dass er "zuvor kein Interesse am Aufenthalt in Österreich" gehabt habe und er nunmehr mit durchsetzbarer Ausweisungsentscheidung seine Reise in sein Zielland fortsetzen würde. Der Bf habe zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass er kein Interesse am Aufenthalt in Österreich habe, im Gegenteil, er habe hier einen Asylantrag gestellt und habe nie angegeben, ein anderes Zielland gehabt zu haben. Er habe lediglich von Griechenland weiter Richtung Europa wollen. Die dem Bf angelastete Ausreiseunwilligkeit alleine könne nicht das Sicherungserfordernis begründen (Pkt. 1). Im Übrigen bestehe selbst bei Anwendung des § 76 Abs. 2a FPG die Notwendigkeit bei einzelfallbezogenen Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Sicherung des Verfahrens bzw. der Ausweisung und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Mangels ausreichender Auseinsandersetzung mit der tatsächlichen Situation des Bf habe die Erstbehörde auch nicht hinreichend begründet, weswegen in seinem Fall der nach Ansicht der Erstbehörde gegebene Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels nicht erreicht werden könne (Pkt. 2). Die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie) sehe bestimmte Rechtsschutzgarantien in Zusammenhang mit der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger vor. Wenn die Haft durch eine "administrative authority" angeordnet worden sei, hätten die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass die Anhaltung einer raschen richterlichen Überprüfung unterzogen werde. Dies sei im österreichischen Gesetz nicht vorgesehen, da eine amtswegige Überprüfung nur durch die Verwaltungsbehörde selbst und eine Überprüfung durch ein unabhängiges Tribunal überhaupt erst nach 4 Monaten vorgesehen sei. Der angefochtene Bescheid verstöße daher gegen das Unionsrecht (Pkt. 3). Die Richtlinie vom Februar 1999 über anwendbare Kriterien und Standards betreffend die Haft von Asylsuchenden von x lege folgende Kriterien fest: "Es sollte die (rechtliche) Vermutung gegen eine Inhaftierung sprechen. Sofern andere Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Haft zur Verfügung stehen (etwa Meldepflicht oder Bürgen), sollten diese zuerst Anwendung finden, es sei denn, es gibt Anhaltspunkte für die Vermutung, dass eine solche Alternative im betreffenden Fall nicht wirksam wäre…" All dies sei, wie bereits ausgeführt wurde, im Fall des Bf unterlassen worden (Pkt.4 ). Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, sehe Vorschriften für die Durchführung der Überstellung vor. Aus dieser Bestimmung gehe hervor, dass es eine Rangordnung der Überstellungsmodalitäten gebe bzw. dass eine freiwillige Ausreise des Asylwerbers in den zuständigen Mitgliedsstaats prioritär sei. Eine automatische Schubhaftverhängung, d.h. die grundsätzliche Annahme, ein Gesetz würde von den Rechtsunterworfenen generell nicht befolgt werden – wie sie derzeit in der Praxis stattfinde – findet keine Deckung in der österreichischen Verfassung. Die Schubhaftverhängung des Bf ohne Einhaltung dieser Abfolge stehe daher sowohl im Widerspruch zur oben genannten Verordnung, als auch zur österreichischen Verfassung und sei daher inhaltlich rechtswidrig.

 

Die belangte Behörde erstattete im Schreiben vom 27. Februar 2007 eine Gegenschrift, legte den Verwaltungsakt vor und beantragte die gegenständliche Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Zu Punkt 1 der Beschwerde wurde entgegnet, dass bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG die Fremdenpolizeibehörde im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung gelinderer Mittel habe. Obgenannter habe auf seiner Flucht illegal mehrere sichere Dritt- und EU-Staaten ohne eine Asylantrag zu stellen durchreist. Auch in Österreich habe er sich nicht aktiv an die Behörden gewandt, um ein diesbezügliches Begehren vorzubringen. Erst nachdem er gemeinsam mit 12 weiteren afghanischen Staatsangehörigen in einem Container am Gelände einer internationalen Spedition festgenommen worden sei, habe er sein Asylbegehren in Österreich geäußert. Seine Reiseroute sei anhand der Transportunterlagen des Containers, in dem er sich für seine illegale Einreise versteckte, lückenlos nachzuvollziehen, Dass er in Österreich sei, habe er zu dem Zeitpunkt seiner Festnahme noch gar nicht gewusst. Ebenso habe er sich anlässlich des Parteiengehörs am 15. Februar 2012, konfrontiert mit der beabsichtigten Ausweisung nach Ungarn, negativ geäußert und habe darauf bestanden, in Österreich bleiben zu dürfen, er habe weder in Griechenland noch in Ungarn seine Fingerabdrücke abgegeben. Dies stehe ebenso im Widerspruch zu den Aussagen aus der Erstbefragung, wonach er in Griechenland sehr wohl erkennungsdienstlich behandelt worden sei. Für die belangte Behörde sei daher aufgrund des geschilderten Sachverhaltes und seines bisherigen Verhaltens sehr wohl begründet zu befürchten, dass sich Obgenannter auf freiem Fuß belassen dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen und in die Illegalität abtauchen werde. Zu Punkt 2 der Beschwerde werde entgegnet, dass im konkreten Fall nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG vorliegen, sondern jene des § 76 Abs. 2a Z 1 FPG. Der Entscheidung über die Anordnung der Schubhaft liege somit keine Kann-Bestimmung sondern eine Ist-Bestimmung zugrunde. Da sich die Punkte 3 und 4 der Beschwerde nicht auf den Einzelfall speziell beziehen, werde seitens der belangten Behörde auf diese nicht weiter eingegangen. Zu Punkt 5 der Beschwerde sei anzuführen, dass dem Bf die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise auch aus dem Stande der Schubhaft offen stehe und er im Rahmen der Anordnung der Schubhaft diesbezüglich mittels Dolmetscher in einer ihm verständlichen Sprache aufgeklärt worden sei.

 

Der UVS führte am 2. März 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Vertreter der belangten Behröde erstattete eingangs folgendes Vorbringen:

"Es wird auf den Schubhaftbescheid und die Gegenschrift verwiesen und die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt. Weiters wird um Zuerkennung von Aufwandersatz im Sinn der einschlägigen Verordnung beantragt." Der Vertreter der belangten Behörde erstattete folgendes Schlussvorbringen: "Der Bf hat sich im Zuge der heutigen mündlichen Verhandlung mehrmals widersprochen. Er hat in England einen Freund. Weiters ist ihm vorzuwerfen, dass er nicht schon im Asylverfahren erster Instanz seine Bedenken bezüglich Ungarn geäußert hat. Insgesamt ist bei einer Gesamtbetrachtung seines Verhaltens von einem erhöhten Sicherungsbedarf in Folge erhöhter Mobilität auszugehen. Es wird daher beantragt, die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Sein einziger Anknüpfungspunkt in Europa ist der erwähnte Freund."

Der Bf erklärte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich, dass Herr X die Vertretung bzw. Vollmacht im gegenständlichen Verfahren erhält und allfällige Zustellungen zu Handen Herrn X, vorgenommen werden sollen. Der Vertreter des Bf verwies eingangs auf die Schubhaftbeschwerde und hielt die darin gestellten Anträge vollinhaltlich aufrecht. Der Vertreter des Bf erstattete folgendes Schlussvorbringen: "Auf die im Asylverfahren erstattete Beschwerde vom 28.2.2012 wird verwiesen. Der Asylgerichtshof hat auf Grund einer Anfragebeantwortung des UNHCR vom 3.2.2012 seine Rechtsprechung zur Dublin-Relevanz von Ungarn geändert. Das Urteil des AGH vom 25.1.2012 entspricht nicht mehr dem aktuellen Stand. Es ist daher mittlerweile eine offenkundige Lageänderung eingetreten, die eine Schubhaft absolut unzulässig macht. Die Beschwerdeanträge werden ausdrücklich aufrecht erhalten."

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Bf wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Afghanistan.

 

Er reiste am 20. Jänner 2012 illegal in das Bundesgebiet ein. Lt Meldung des BPK Wels-Land vom 21. Jänner 2012 wurde der Bf am 20. Jänner 2012 um 18.25 Uhr am Firmengelände der Firma X festgenommen. Insgesamt wurden 13 afghanische Staatsangehörige festgenommen.

 

Er stellte am 21. Jänner 2012 einen Asylantrag. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 22. Februar 2012, AZ 12 00.920- EAST X, ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Artikel 10 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 342/2003 des Rates Ungarn zuständig ist. Weiters wurde er gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Ungarn gemäß § 10 Abs 4 AsylG zulässig ist.

 

Dieser Bescheid wurde dem Bf am 22. Februar 2012 zugestellt. Im Anschluss daran wurde er um 11.50 Uhr von Beamten der PI X in der EAST X im Auftrag des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck zur Erlassung der Schubhaft festgenommen. Nachdem ihm der Schubhaftbescheid zugestellt worden war, wurde er in weiterer Folge in das PAZ X überstellt. Der Bf befindet sich nunmehr seit 22. Februar 2012 in Schubhaft.

 

Er erhob mit Eingabe vom 28. Februar 2012 Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22. Februar 2012 und beantragte, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

Zu den Absichten des Bf, am fremdenpolizeilichen Verfahren mitzuwirken, wird Folgendes festgestellt: Zu den Absichten des Bf, am fremdenpolizeilichen Verfahren mitzuwirken, wird Folgendes festgestellt: Er ist nicht bereit das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen und nach Ungarn auszureisen. Er beabsichtigt nicht, den allfälligen Anordnungen eines gelinderen Mittels – wie zB einer Meldepflicht – nachzukommen. Seit der Zustellung des asylrechtlichen Bescheides vom 22. Februar 2012 beabsichtigt er unterzutauchen und so die Abschiebung nach Ungarn zu verhindern.

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Ausdrücklich festzuhalten ist, dass es sich gegenständlich um eine Ausfertigung des am 2. März 2012 mündlich verkündeten Erkenntnisses handelt. Eine nach dem 2. März 2012 eingetretene Änderung der Sachlage war daher nicht zu berücksichtigen.

 

Strittig war an sich nur die Frage, ob bzw. inwieweit der Bf beabsichtigt, am fremdenpolizeilichen Verfahren zu seiner Abschiebung nach Ungarn mitzuwirken.

Fehlende Ausreisewilligkeit vermag - für sich allein, wenn sie nicht in besonderen Umständen Niederschlag findet - die Verhängung von Schubhaft nicht zu rechtfertigen, zumal das asylrechtliche Verfahren in den Fällen des § 76 Abs 2a FrPolG 2005 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist (Hinweis E 8. September 2005, 2005/21/0301). Auch die Abschiebevoraussetzungen des § 46 Abs 1 FrPolG 2005 vermögen ein Sicherungsbedürfnis nicht zu begründen (vgl VwGH vom 26. August 2008, 2010/21/0234).

 

In Ansehung des gestuften Regimes der einzelnen Ziffern des § 76 Abs 2 FrPolG 2005 verdichtet sich mit dem Fortschreiten der einzelnen Phasen des Asylverfahrens aus der Sicht des Asylwerbers die Wahrscheinlichkeit, dass das Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz negativ beendet, er ausgewiesen und letztlich abgeschoben werden könnte. Bei typisierender Betrachtung ist demnach davon auszugehen, dass die hier maßgebliche Gefahr eines Untertauchens des Fremden umso größer wird, je mehr sich das Asylverfahren dem Ende nähert (vgl VwGH vom 25. März 2010, 2008/21/0617).

 

In dem frühen Verfahrensstadium vor Einleitung des Ausweisungsverfahrens, in dem die Schubhafttatbestände der Z 4 und der Z 3 des § 76 Abs 2 FrPolG 2005 in Betracht kommen, bedarf es besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl VwGH vom 25. März 2010, 2008/21/0617).

 

Bei der Ersteinvernahme am 21. Jänner 2012 gab der Bf unter anderem an: "Ich bin in Teheran in einen PKW eingestiegen, der bereits von Schleppern organisiert wurde. Mit diesem PKW fuhr ich dann über die Grenze in Orumie. Dann stieg ich aus dem PKW aus und ging zu Fuß über ein Gebirge. Ich ging zu Fuß über die Grenze in die Türkei in eine kleine Ortschaft namens Wan. Dort stieg ich in einen Pick-Up ein und fuhr damit nach Istanbul, wo ich einen Tag blieb. Dann ging es mit dem Pick-Up wieder weiter zur Grenze nach Griechenland, wo ich dann wieder ausstieg. Dort fuhren wir mit einem kleinem Boot zur nächsten Grenze. In Griechenland wurde ich dann von der Polizei angehalten. Es wurden Fingerabdrücke von mir genommen. Danach durfte ich nach Athen. Ich fuhr mit dem Zug nach Saloniki, wo am Bahnhof LKW-Auflieger mit Waren auf Schienen standen. Ich habe gesehen, dass niemand hier ist und dann bin ich einfach mit 3 meiner Landsleute, welche ich zuvor noch nicht kannte, eingestiegen. Wir waren dort zu viert. Wir haben gewusst, dass der Zug nach Europa fährt, jedoch wohin haben wir nicht gewusst. Wir waren dann 4 Tage in diesem Container. Wir waren schon alle am Rande unserer Kräfte, hatten die 4 Tage nichts zu Essen und zu Trinken. Als wir durch ein kleines Loch im Container einen Mann mit weißem langem Vollbart vorbei gehen sahen, machten wir Lärm um auf uns aufmerksam zu machen. Dieser Mann hat dann die Polizei gerufen und nachher wurden wir aus dem Container gelassen. Dass wir in Österreich waren, hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst. Wir waren nur zu viert in diesem Container. Auf die Frage wohin ich reisen wollte, gebe ich an, dass ich kein Ziel hatte. Ich wollte nur nach Europa."

 

Bei der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 15. Februar 2012 gab er unter anderem an: "Ich habe weder in Griechenland noch in Ungarn Fingerabdrücke abgegeben. Ich hatte in Griechenland lediglich ein einmonatiges Aufenthaltsrecht von der Polizei bekommen. Ich habe aber hier in Österreich einen Asylantrag gestellt und möchte deswegen hier bleiben." Auf den Vorhalt "Sie haben im Zuge der Erstbefragung angegeben, dass man Ihnen in Griechenland die Fingerabdrücke abgenommen hätte. Dies haben Sie auch im Zuge der Rechtsberatung angegeben." antwortete der Bf: "Mir wurden in Griechenland schon die Fingerabdrücke abgenommen, ich habe aber keinen Asylantrag gestellt."

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. März 2012 gab der Bf Folgendes an:

 

"Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich bereit bin, entsprechend der Ausweisungsentscheidung des Bundesasylamtes nach Ungarn auszureisen, gebe ich an, dass ich nicht bereit bin.

 

Ich möchte nicht freiwillig ausreisen.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, aus welchem Grund ich nicht ausreisen möchte bzw. nach Ungarn ausreisen möchte, gebe ich an, dass ich vor 6 Monaten in Griechenland war. Dort erzählten mir Afghanen, dass man in Ungarn kein Asyl erhält. Man wird zunächst 6 Monate festgehalten. Man wird nicht fair behandelt, wie es etwa in Österreich der Fall ist.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich Herrn X kenne, gebe ich an, dass ich ihn in Österreich kennengelernt habe (Anm: die Schubhaftbeschwerde des X wurde in der mündlichen Verhandlung am 2. März 2012 um 11.00 Uhr behandelt).

 

Ich habe Herrn X bei der Polizei in Österreich das erste Mal gesehen und auch dort kennengelernt.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, wie ich nach Österreich kam, gebe ich an, dass mich der Schlepper in Griechenland in einen Container gesteckt hat. Vier Tage später war ich in Österreich.

 

Ich war vier Tage unterwegs.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob tatsächlich ein Schlepper alles für mich organisiert hat, gebe ich an, dass dies den Tatsachen entspricht.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, wie ich mir die Zukunft in Europa vorstelle, gebe ich an, dass ich hier eine Ausbildung machen möchte und arbeiten möchte.

 

Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, ob ich das auf Europa oder auf Österreich beziehe, gebe ich an, dass ich zur Zeit in Österreich bin. Ich möchte in Österreich leben und arbeiten.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, was mit dem Schlepper vereinbart war, gebe ich an, dass vereinbart war, dass er mich nach Europa bringt.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich Verwandte oder Bekannte in Europa habe, gebe ich an, dass dies nicht der Fall ist.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich nicht etwa einen Freund in Europa hätte, gebe ich an, dass ein Nachbar von mir in England lebt.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, wann bzw. wie oft ich Kontakt mit diesem Freund habe, gebe ich an, dass ich ihn in Thalham angerufen habe.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, was ich mit diesem Freund damals besprach, gebe ich an, dass ich ihm sagte, dass ich in Österreich angekommen wäre.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, was dieser Freund darauf antwortete, gebe ich an, dass er sagte, er würde sich für mich freuen.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ein Treffen vereinbart wurde bzw. beabsichtigt war, gebe ich an, dass wir nichts derartiges vereinbarten oder beabsichtigen.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob vereinbart war, dass ich bei diesem Freund Unterkunft nehmen hätte können, gebe ich an, dass dies nicht vereinbart wurde.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich in Griechenland Kontakt mit der Polizei hatte, gebe ich an, dass dies schon der Fall ist. Die Polizei forderte mich in Griechenland auf, das Land binnen einem Monat zu verlassen.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich in Griechenland einen Asylantrag stellte, gebe ich an, dass ich dort keinen Asylantrag gestellt habe.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob mir in Griechenland die Fingerabdrücke abgenommen wurden, gebe ich an, dass mir die Fingerabdrücke abgenommen wurden.

 

Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass ich bei der Einvernahme am 15.2.2012 beim Bundesasylamt angegeben habe, weder in Griechenland noch in Ungarn Fingerabdrücke abgegeben zu haben, gebe ich an, dass dies nicht richtig ist. Ich habe bereits damals gesagt, dass mir in Griechenland schon die Fingerabdrücke abgenommen wurden.

 

In Ungarn wurden mir nicht die Fingerabdrücke abgenommen.

 

Ich war überhaupt nie in Ungarn.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, woher ich weiß, dass ich nicht in Ungarn war, gebe ich an, dass ich in Griechenland in einen Container stieg und in Österreich ausstieg.

 

Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass nach der aktenkundigen Reiseroute sehr wohl auch Ungarn auf der Reiseroute lag, gebe ich an, dass das sein kann, ich weiß es aber nicht genau.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich bereit wäre, im Falle meiner Entlassung aus der Schubhaft mich bei der Polizei bis zur tatsächlichen Abschiebung zu melden, gebe ich an, dass ich dazu bereit bin.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, wie viele Leute damals im Container waren, gebe ich an, dass wir insgesamt zu viert waren.

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob mir der Schlepper ein besonderes Gerät gab, gebe ich an, dass er nur sagte, wenn ich in Österreich wäre, so würde jemand die Türe aufmachen.

 

Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, ob tatsächlich der Schlepper sagte, es würde jemand in Österreich die Tür aufmachen, gebe ich an, dass dies richtig ist.

 

Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass bei der Erstbefragung folgender Satz protokolliert wurde "Wir haben gewusst, dass der Zug nach Europa fährt, jedoch wohin haben wir nicht gewusst", gebe ich an, dass ich bei der Erstbefragung genau dasselbe gesagt habe, wie gerade eben.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich bereits bei der Ersteinvernahme sagte, dass mir der Schlepper gesagt hätte, ich müsse in Österreich die Tür aufmachen, gebe ich an, dass ich bereits bei der Ersteinvernahme dies ausgesagt habe.

 

Auf den Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass in der Niederschrift über die Erstbefragung weiters folgender Satz protokolliert ist "Dass wir in Österreich waren, hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst" gebe ich an, dass wir das tatsächlich nicht wussten.

 

Auf den Vorhalt, dass ich mich damit widerspreche, gebe ich an, dass mir der Schlepper sagte, ich müsse in Österreich aussteigen.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, woher ich dann wusste, dass wir in Österreich waren, gebe ich an, dass ich die Polizeibeamten fragte. Diese sagten mir, dass ich in Österreich wäre.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, wie viele Schlepper an der Einreise beteiligt waren, stelle ich die Frage, welche Reise gemeint ist: Die von Iran nach Griechenland oder die von Griechenland nach Österreich?

 

Auf Klarstellung durch den Verhandlungsleiter, dass die Reise von Griechenland nach Österreich gemeint ist, gebe ich an, dass es sich um zwei Schlepper handelte.

 

Vom Verhandlungsleiter befragt, wie viele Personen geschleppt werden sollten, gebe ich an, dass ich das nicht weiß. Wir waren zu viert. Darüber hinaus ist mir nichts bekannt.

 

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, aus welchem Grund ich nicht darauf wartete, dass der Schlepper die Tür im Container öffnete, gebe ich an, dass wir um 14.00 Uhr ankamen. Wir warteten dann bis 19.00 Uhr. Es machte aber niemand die Türe auf.

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, wie oft der Zug halt machte und woher ich wusste, dass ich an der Endhaltestelle angekommen war, gebe ich an, dass der Zug insgesamt etwa 5- oder 6-mal anhielt. Zum Schluss blieb er einfach stehen und fuhr nicht mehr weiter.

 

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, wie lange die Haltezeiten jeweils dauerten, gebe ich an, dass diese max. 2 Stunden dauerten.

 

Von meinem Vertreter befragt, ob bei der Ersteinvernahme der Polizei ein Dolmetscher anwesend war und ob ich diesen verstanden habe, gebe ich an, dass ich diesen Dolmetscher sehr gut verstanden habe.

 

Von meinem Vertreter damit konfrontiert, dass im Asylverfahren Beschwerde erhoben wurde und der Antrag auf aufschiebende Wirkung gestellt wurde und dazu befragt, wie groß mein Interesse ist, die Entscheidung des Asylgerichtshofes in Österreich abzuwarten, gebe ich an, dass ich hier immer gut behandelt wurde. Ich möchte in Österreich lernen und arbeiten. Ich möchte jedenfalls das Verfahren hier abwarten.

 

Vom Vertreter der belangten Behörde befragt, aus welchem Grund ich meine Bedenken bezüglich Ungarn nicht schon beim Bundesasylamt geäußert habe, gebe ich an, dass ich dort wirklich nichts gesagt habe.

 

Ich möchte ausdrücklich klarstellen, dass ich weder in Ungarn noch in Griechenland Asyl beantragt habe."

 

Der Bf gab bei der Einvernahme am 15. Februar 2012 vor dem Bundesasylamt zunächst an, weder in Ungarn noch in Griechenland Fingerabdrücke abgegeben zu haben. Erst auf einen Vorhalt hin stellte er am 15. Februar 2012 richtig, in  Griechenland Fingerabdrücke abgegeben zu haben. In der mündlichen Verhandlung am 2. März 2012 bestritt er, bei der Einvernahme am 15. Februar 2012 angegeben zu haben, weder in Griechenland noch in Ungarn Fingerabdrücke abgegeben zu haben. Er sagte aus, er habe bereits damals gesagt, dass ihm in Griechenland die Fingerabdrücke abgenommen wurden. Allein der Umstand, dass der Bf bei der Einvernahme am 15. Februar 2012 erst auf einen Vorhalt hin richtig stellte, in Griechenland Fingerabdrücke abgegeben zu haben, rechtfertigt noch nicht die Annahme, er würde nach Erlassung einer durchsetzbaren Ausweisung untertauchen.

 

Der Bf verwickelte sich aber auch in anderer Hinsicht in einen Widerspruch. So gab er bei der Ersteinvernahme auf die Frage, wohin er reisen wollte, an, dass er kein Ziel hatte. Er habe nur nach Europa wollen. In der mündlichen Verhandlung sagte er ergänzend befragt, ob tatsächlich der Schlepper gesagt habe, es würde jemand in Österreich die Tür aufmachen, an, dass dies richtig sei. Ihm wurde daraufhin der bei der Erstbefragung protokollierte Satz "Wir haben gewusst, dass der Zug nach Europa fährt, jedoch wohin haben wir nicht gewusst" vorgehalten. Darauf gab er an, dass er bei der Erstbefragung genau dasselbe gesagt habe wie gerade eben. Auf einen weiteren Vorhalt räumte der Bf ausdrücklich ein, dass ihm der Schlepper gesagt habe, er müsse in Österreich aussteigen. Diese widersprüchlichen Angaben zur Reiseroute bzw (Etappen)zielen der Reise reichen für die Annahme eines Sicherungsbedarfs aus. Die Außerlandesbringung steht unmittelbar bevor. Es steht fest, dass der Bf - nachdem mittlerweile eine durchsetzbare Ausweisung vorliegt - nicht bereit ist, am fremdenpolizeilichen Verfahren zur Abschiebung nach Ungarn mitzuwirken. Bei freier Würdigung der vorliegenden Beweise steht fest, dass der Bf untertauchen möchte, um der Abschiebung nach Ungarn zu entgehen. Sein in der mündlichen Verhandlung erstattetes Vorbringen, er würde einer Meldepflicht (gelinderes Mittel) nachkommen, ist nicht glaubwürdig.

 

Relevantes Beweisthema ist weiters, ob für die Fremdenpolizei die Unzulässigkeit einer (asylrechtlichen) Ausweisung offenkundig sein muss. Der Vertreter des Bf verwies dazu auf eine Entscheidung des AGH vom 7. Februar 2012. Dieses Erkenntnis ist in anonymisierter Fassung im Rechtsinformationssystem abrufbar und liegt dem erkennenden Mitglied des Verwaltungssenates vor. Einzuräumen ist, dass der AGH in dieser Entscheidung der Beschwerde gemäß § 41 Abs. 3 3. Satz Asylgesetz 2005 stattgab und den bekämpften Bescheid behob. Aus der Begründung dieses Erkenntnisses geht unter anderem Folgendes hervor: "Der Bf des hier zu entscheidenden Verfahrens hat nun bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt ein Vorbringen dahingehend erstattet, dass er Personen getroffen hätte, die aus Österreich nach Ungarn rücküberstellt worden seien und dann weiter nach Serbien abgeschoben worden seien. Wie schon in der Verfahrenserzählung erwähnt, hat das Bundesasylamt nun aber diese Ausführungen des Bf in keinster Weise hinterfragt, bzw. den Versuch unternommen, seine persönlichen Wahrnehmungen in diesem Zusammenhang auf deren Glaubwürdigkeit und deren Inhalt näher zu erfassen. . Bei derzeit vorliegender Aktenlage lässt sich aber nun nicht sagen, ob der Bf bezüglich seiner Gefahr einer sofortigen Rückschiebung aus Ungarn nach Serbien eine fundiertes tatsachenbezogenes Vorbringen in der Lage zu erstatten gewesen wäre, da die entsprechende Einvernahme mangels näherer Hinterfragung einer Aussagen offenbar mangelhaft geblieben ist. Dazu kommt noch 2., dass die Würdigung dieser Frage im angefochtenen Bescheid gänzlich unschlüssig geblieben ist. Wie in der Verfahrenserzählung angeführt, findet sich darin ja die – durch die eigenen Feststellungen nicht gedeckte – Ausführung, dass dem Bf (mit Sicherheit) ein meritorisches Verfahren in Ungarn zustünde. Auch sonst finden sich keine beweiswürdigenden Ausführungen mit den dazu getroffenen Feststellungen unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des Bf (ungeachtet deren Ergänzungsbedürftigkeit). In diesem Zusammenhang liegt also eine erhebliche Mangelhaftigkeit des Sachverhaltes vor, die es dem Asylgerichtshof verwehrt, die Rechtsrichtigkeit der in 3.2. beschriebenen Prüfung zu beurteilen (im Hinblick darauf, dass eine – sichere – Zurückweisung nach Serbien als Drittstaat ua. Fragen im Zusammenhang mit Artikel 3 EMRK auslösen könnte). In der Folge des gesetzlichen Ausschlusses der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG war demnach – ohne Ermessen – nach der Norm des § 41 Abs. 3 3. Satz AsylG vorzugehen. Sinngemäß wird das Bundesasylamt sich also, sofern es seine neue Unzuständigkeitsentscheidung gemäß § 5 Asylgesetz erlassen will, im fortgesetzten Verfahren näher mit den Einlassungen des Bf hinsichtlich seiner Gefahr der Rückschiebung nach Serbien auseinanderzusetzen haben, wozu eine ergänzende Befragung stattzufinden haben wird; anhand der Einlassungen des Bf wird dann allenfalls zu prüfen sein, ob die vorhandenen Feststellungen zu dieser Problematik ausreichend sind oder zu ergänzen wären, um dann eine taugliche Entscheidungsgrundlage zu gewinnen, die es dem Asylgerichtshof erst in den kurzen – ihm zustehenden – gesetzlichen Fristen erlauben wird, eine effektive Rechtskontrolle durchführen zu können."

Der Bf äußerte – anders als in der der Entscheidung des AGH vom 7. Februar 2012 zugrundeliegenden Fallkonstellation – vor dem Bundesasylamt im erstinstanzlichen Verfahren keine konkrete Befürchtung, nach Serbien zurückgeschoben zu werden. Das Bundesasylamt befasste sich in seinem Bescheid vom 22. Februar 2012 eingehend mit der Situation der Dublin II-Rückkehrer in Ungarn. Insbesondere wird in der Begründung dieses Bescheides auch auf die Korrespondenz mit dem UNHCR bzw. den ungarischen Behröden eingegangen. Vor diesem Hintergrund ist es keinesfalls offenkundig, dass die sozialen, politischen oder verwaltungstechnischen Belange – entgegen der Annahme des BAS - eine Abschiebung oder Ausweisung des Bf nach Ungarn unzulässig machen würden.

 

Der Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

§ 39 Abs 3 FPG lautet:

 

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber und Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor die Behörde festzunehmen, wenn

1. gegen diesen eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54), oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

§ 76 Fremdenpolizeigesetz lautet:

 

(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(1a) Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(2a) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist;

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt, und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

(4) Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.

 

§ 80 FPG lautet:

 

(1) Die Behörde ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.

(5) In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 oder 2a verhängt wurde, kann diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

(6) Die Behörde hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Soll der Fremde länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat von Amts wegen zu überprüfen. Die Behörde hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass den unabhängigen Verwaltungssenaten eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

(8) Die Behörde hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

§ 83 FPG lautet:

 

 (1) Zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder 3 ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

(3) Hat der unabhängige Verwaltungssenat dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist des Abs. 2 Z 2 bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Auf Grund der durchsetzbaren Ausweisung im Asylverfahren ist der Schubhafttatbestand nach § 76 Abs 2a Z 1 FPG erfüllt. Die Festnahme war gemäß § 39 Abs 3 Z 1 FPG gerechtfertigt.

 

Der Bf ist nicht bereit, freiwillig auszureisen. Der Bf ist nicht bereit im Fremdenpolizeilichen Verfahren mitzuwirken. Er beabsichtigt nicht, den allfälligen Anordnungen eines gelinderen Mittels – wie zB einer Meldepflicht – nachzukommen. Er beabsichtigt, unterzutauchen und so die Abschiebung nach Ungarn zu verhindern.

Es konnte daher nicht mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden. Die belangte Behörde hat zu Recht die Schubhaft verhängt.

Die Voraussetzungen hiefür liegen weiterhin vor.

Mit einem gelinderen Mittel konnte nicht das Auslagen gefunden werden.

 

Der Frage, ob die Abschiebung oder Ausweisung nach Ungarn entgegen der Annahme des erstinstanzlichen Asylbescheides tatsächlich unzulässig ist, würde nur dann Relevanz zukommen, wenn eine seither eingetretene Lageänderung evident ist und für die Schubhaftbehörde offenkundig sein muss (vgl. VwGH vom 6. September 2010, Aw2010/21/0203). Eine Lageänderung, derzufolge eine Abschiebung nach Ungarn entgegen dem ausdrücklichen Bescheid des Bundesasylamtes unzulässig wäre, ist nicht offenkundig. Die – erst in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Asylbescheid – vorgetragene Bedenken gegen eine Ausweisung nach Ungarn stehen der Schubhaft nicht entgegen. Es liegt keine "evidente" oder "offenkundige" Lageänderung vor, die eine Abschiebung nach Ungarn entgegen der Annahme des erstinstanzlichen Asylbescheides unzulässig machen würde (vgl. VwGH vom 6. Dezember 2010, AW 2010/21/0203).

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Der Kostenabspruch ergibt sich aus der UVS-Aufwandersatzverordnung.

 

Sollte der AGH der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen, wird die belangte Behörde den Sicherungsbedarf neu zu beurteilen haben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Für dieses Verfahren sind Gebühren (Stempelgebühren 18,20 Euro) angefallen. Ein Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

 

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