Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-730599/11/Wg/WU

Linz, 02.04.2012

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der X, geb. X, vertreten durch X, geb. X, X, gegen die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 12. März 2012, Sich40-28989, erfolgte Abweisung des Antrages vom 5. März 2012 auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55a Abs.1 FPG, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und für die freiwillige Ausreise eine Frist bis 15. Juli 2012 eingeräumt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 55a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG).

 

 

Apelimi pranohet pjesërisht dhe afati për largim vullnetarisht nga shteti do të shtyhet deri më 15. 07. 2012.

 

Baza ligjore:

§ 55a ligji policor pёr tё huaj

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (im Folgenden: belangte Behörde) wies mit Bescheid vom 12. März 2012, GZ: Sich40-28989, den Antrag der Berufungswerberin (im Folgenden: Bf) vom 5. März 2012 auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55a Abs.1 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) ab. Der Bescheid wurde am 13. März 2012 persönlich übernommen. Die Behörde argumentierte, X habe im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme anlässlich der Antragstellung zur Fristverlängerung für die freiwillige Ausreise trotz mehrmaligem Nachfragen nicht den geringsten Ausreisewillen kundgetan. Sie habe keine Umstände vorgebracht, die eine Fristverlängerung notwendig machen würden und habe zudem auch die Bekanntgabe eines Termins für die freiwillige Ausreise verweigert.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 27. März 2012. Die Bf stellt darin die Anträge, die Rechtsmittelbehörde möge den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass dem Antrag vom 5. März 2012 auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55a Abs.1 Fremdenpolizeigesetz stattgegeben wird, in eventu den gegenständlichen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der erstinstanzliche Bescheid zur Gänze behoben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstinstanz zurückverwiesen wird; die Rechtsmittelbehörde möge der vorliegenden Beschwerde die aufschiebenden Wirkung gemäß § 55a Abs. 4 zuerkennen. Sie argumentierte, mit Beschluss des Bundesasylamtes vom 27. Februar 2012 sei ihr Asylantrag sowie der Asylantrag ihrer minderjährigen Töchter X und X negativ entschieden worden. Ihnen sei eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen gewährt worden. Am 7. März 2012 habe sie binnen offener Frist Beschwerde gegen den negativen Asylbescheid erhoben. Ihre beiden Töchter würden bereits jetzt unter erheblichen Schlafstörungen leiden. Eine plötzliche Abreise aus Österreich, die ihre Kinder aus ihrem gewohnten Umfeld und Alltag reißen würde, wäre der momentan psychisch angespannten Lage noch zusätzlich abträglich. Sie betrachte es angesichts des momentanen Gesundheitszustandes ihrer Kinder für unerlässlich, sie entsprechend auf eine bevorstehende Ausreise aus Österreich zurück in den Kosovo vorzubereiten. Aus diesem Grund beantragte sie, dem Antrag auf Verlängerung der Frist zur freiwilligen Ausreise stattzugeben und es ihr zu ermöglichen, ihre Kinder entsprechend darauf vorzubereiten, dass sie Österreich verlassen und in ein Land zurückkehren müssten, in dem sie um ihr Leben fürchten. Um ihre weitere schulische Laufbahn nicht zu gefährden, wäre es sinnvoll, die Frist bis zum Ende des laufenden Schuljahres 2011/2012, somit Mitte Juli 2012, zu erstrecken. Der Berufung waren eine Schulbesuchsbestätigung vom 6. März 2012 und psychotherapeutische Stellungnahmen angeschlossen.

 

Der Verein Menschenrechte Österreich teilte mit Mail vom 28. März 2012 mit, in Anbetracht der Tatsache, dass die Sommerferien in Oberösterreich am 7. Juli 2012 beginnen, würde ihnen der 15. Juli 2012 (der nächste folgende Sonntag) als spätester Abreisetag zur freiwilligen Ausreise sehr entgegen kommen. So wäre es möglich, die beiden Mädchen mit Unterstützung der Psychologin auf das Verlassen Österreichs vorzubereiten und eine stressfreie Rückkehr in den Kosovo zu ermöglichen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

X, geb. X und ihre beiden mj. Kinder X, geb. X und X, geb. X sind Staatsangehörige des Kosovo.

 

Sie stellten am 29. November 2010 Asylanträge. Das Bundesasylamt wies die Asylanträge mit Bescheiden vom 24. Februar 2012 gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 ab. Gemäß § 8 Abs 2 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo abgewiesen. Sie wurden gemäß § 10 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo ausgewiesen. Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebenden Wirkung aberkannt.  Lt Asylwerberinformationsdatei (AIS) wurden die Bescheide am 1. März 2011 übernommen. 

 

Am Montag, 5. März 2012, stellten X und ihre beiden Kinder die verfahrensggst. Anträge auf Verlängerung der im Bescheid des BAS festgesetzten Ausreisefrist. Sie führte unter anderem aus: "Ich ersuche, dass die Kinder dieses Semester noch in die Schule gehen können. Abschließend werde ich noch einmal gefragt, ob ich nach Abschluss des Semesters gewillt bin auszureisen. Ausdrücklich gebe ich noch an, dass der eigentliche Grund für die beantragte Verlängerung der Ausreisefrist die Einbringung einer Beschwerde ist." Am 6. März 2012 brachte sie niederschriftlich vor der belangten Behörde vor: "Ich würde die BH Braunau ersuchen, dass mir die Frist für die freiwillige Ausreise bis zum Schulende der Kinder gewährt wird. Einen konkreten Tag kann ich nicht sagen."

 

Lt AIS hat der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 19. März 2012 die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

 

Die Leitung der VS X führt in der Schulbesuchsbestätigung vom 6. März 2012 aus: "Ich bestätige, dass X, geb. X und X, geb. X, X, seit 15. Dezember 2010 regelmäßig den Unterricht an unserer Schule besuchen. Beide Mädchen sind gut integriert, verstehen und sprechen schon sehr gut Deutsch, die Möglichkeit, einen muttersprachlichen Unterricht zu besuchen, haben sie leider nicht und beide haben große Lernfortschritte gemacht. Ich würde es befürworten, dass die Mädchen bei uns an der Schule und in ihrer gewohnte Umgebung bleiben dürften."

 

 

 

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der Verwaltungssenat stützt diese Feststellungen auf die der Berufung angeschlossene Schulbesuchsbestätigung. Der Unabhängige Verwaltungssenat ersuchte das Bundesasylamt die in den bezeichneten Verfahren ergangene Bescheide sowie der Erkenntnisse des AGH in Hinblick auf die einwöchige Entscheidungsfrist ehestmöglich zu übermitteln. Das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, bestätigte mit Schreiben vom 29. März 2012, Zahl 1011.218, 219, 220-EAST-Ost, dass die Genannten am 29. November 2010 einen Asylantrag stellten und führte aus: "Bescheid gem. §§ 3/8/10 neg. am 27.02.2012 erlassen (nicht rechtskräftig); Beschwerde eingebracht". Weiters: "Für weiterführende Informationen (zB. Einvernahme, Bescheide) übermitteln Sie bitte eine von der betroffenen Person unterfertigte Einsichtsermächtigung." Letztlich übermittelte die BH Braunau dem UVS die erwähnten Bescheide des BAS vom 24. Februar 2012.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht dazu erwogen:

 

§ 55a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

 

(1) Einem Drittstaatsangehörigen, gegen den eine Entscheidung gemäß § 10 AsylG 2005 durchsetzbar wird und der binnen einer Frist von 14 Tagen auszureisen hat, kann auf Antrag einmalig eine Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt werden, wenn er besondere Umstände, die eine Verlängerung der Frist notwendig machen, nachweist und zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntgibt.

 

(2) Der Antrag gemäß Abs. 1 ist binnen drei Tagen ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung persönlich bei der Behörde einzubringen und hat diese längstens binnen zehn Tagen zu entscheiden.

 

(3) Dem Drittstaatsangehörigen ist der Bescheid über seinen Antrag an einem von der Behörde festgesetzten Termin persönlich auszufolgen. Erscheint der Drittstaatsangehörige unentschuldigt nicht zu diesem Termin, gilt das Verfahren als eingestellt.

 

(4) Gegen den Bescheid ist eine Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zulässig und ist diese bei ihm einzubringen. Die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung, jedoch kann sie auf begründeten Antrag spätestens zwei Werktage nach dem Einlangen begründet zuerkannt werden. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat über die Berufung binnen einer Woche zu entscheiden.

 

In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu § 55a wird Folgendes ausgeführt:

"Mit § 55a wird einem Drittstaatsangehörigen, der nach einer Ausweisungsentscheidung gemäß § 10 Asylgesetz binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig und nicht unverzüglich ausreisen muss (siehe dazu ausführlich die Erläuterungen zu § 10 Abs. 7 AsylG), die Möglichkeit eingeräumt, auf Antrag bei der örtlich zuständigen Fremdenpolizeibehörde einmalig eine Verlängerung eingeräumt zu bekommen, wenn er besondere Umstände nachweislich darlegen kann, die eine Verlängerung der Frist notwendig machen und der zugleich einen genauen Termin für seine Ausreise bekannt gibt. Besondere Gründe können insbesondere Die Dauer des bisherigen Aufenthaltes oder das Abschließen des bereits begonnen Schulsemesters eines schulpflichtigen Kindes oder gleichwertige Gründe sein."

 

Die Ausweisung gemäß § 10 AsylG ist seit 1. März 2012 durchsetzbar, da einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

 

Das Abschließen eines bereits begonnen Schulsemesters eines schulpflichtigen Kindes stellt nach den Überlegungen der Regierungsvorlage typischerweise einen Grund dar, der die beantragte Fristverlängerung – auch bzgl der Kindesmutter - rechtfertigt.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Sqarim tё drejtave ligjore:

Kundёr kёtij Vendimi nё bazё tё drejtave ligjore tё rregullta nuk lejohet ankesa.

 

Njoftim:

Kundёr kёtijё Vendimi ёshtё e mundur qё brenda gjasht jave nga dita e marrjes tё bёhet ankesa pranё Gjyqit Kushtetues dhe/apo pranё Gjyqit Suprem Administrativ; kjo duhet tё bёhet – mvarёsisht nga rastet e veçanta ligjore – nga njё avokate e autorizuar apo nga njё avokat i autorizuar. Pёr çdo Iloj tё kёtyre ankesave tё bёra duhet tё paguhen 220 euro taksa.

 

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum