Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750028/2/SR/Wu

Linz, 02.04.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Strafberufung der X, geboren am X, russische Staatsangehörige, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 20. März 2012, Sich96-43-2012, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Strafberufung wird insoweit stattgegeben als die Geldstrafe auf 250 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt werden.

 

 

II.              Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde reduziert sich auf 25 Euro. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich hat die Berufungswerberin keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 20, 24, 51, 51c und 51e Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 VStG.

 

 

 

 

 

                                                                           


Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Straferkenntnis vom 5. März 2012, Sich96-43-2012, der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) eine Übertretung des § 31 Abs. 1 iVm § 120 Abs 1 a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) angelastet, da sie sich "seit 5. Februar 2012 bis zumindest 5. März 2012" nicht rechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich aufgehalten habe. Für diese Verwaltungsübertretung wurde eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen festgesetzt. An Verfahrenskosten schrieb die belangte Behörde 50 Euro vor.

 

Mildernd wertete die belangte Behörde die Unbescholtenheit. Erschwerungsgründe seien nicht hervorgekommen. Die finanzielle Situation sei "besonders" berücksichtigt worden.

 

Der Bescheid wurde nach Abschluss der mündlichen Verhandlung am 5. März 2012 mündlich verkündet.

 

2. Dagegen richtet sich die am 13. März 2012 bei der belangten Behörde eingegangene Berufung gegen die Strafhöhe vom selben Tag.

 

Begründend führt die Bw aus, dass ihr aufgrund des nicht rechtmäßigen Aufenthaltes derzeit kein Kinderbetreuungsgeld zukomme. Das jüngste Kind sei 20 Monate alt und das Kinderbetreuungsgeld derzeit das einzige Einkommen. Dieser finanzielle Aspekt sei bei der Bemessung der Strafhöhe nicht berücksichtigt worden. Weiters seien der familiäre Todesfall und die dadurch hervorgerufenen psychischen Beeinträchtigungen nicht gewürdigt worden. Es liege daher nur ein geringes Verschulden vor. Darüber hinaus habe sie bei Erkennen der Fristversäumung unverzüglich einen Antrag auf Niederlassungsbewilligung gestellt, um den Tatzeitraum so gering wie möglich zu halten. Diese Vorgangsweise möge auch in die Strafbemessung einfließen. Da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen würden, hätte die Geldstrafe auf die Hälfte reduziert werden müssen. Es werde daher die Herabsetzung der Strafe auf die Hälfte beantragt.

 

3. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 20. März 2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat den Akt zur Entscheidung vorgelegt.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt und das EKIS.

 

3.2. Aufgrund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Die belangte Behörde hat der Bw zuletzt folgende Aufenthaltstitel erteilt:

*          Aufenthaltstitel Familienangehöriger, gültig 5. Februar 2010 bis 4. Februar 2012;

*          Aufenthaltstitel Familienangehöriger, gültig 12. März 2012 bis 11. März      2013.

 

Am 26. Jänner 2012 ist ein Cousin der Bw in Russland verstorben. Bedingt durch die außergewöhnliche psychische Belastung stellte die Bw verspätet einen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels.

 

Da frühere Aufenthaltstitel immer erst im April verlängert wurden, zuletzt aber durch den Ablauf des Reisepasses sich das Fristende in den Februar verschoben hat, die Ausreise nach Russland wegen der Erkrankung der Tochter abgesagt werden musste, nahm die Bw die Antragsstellung nicht fristgerecht wahr und sprach erst am 17. Februar 2012 bei der belangten Behörde vor.

 

Die Bw ist in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht absolut unbescholten, verheiratet, hat zwei minderjährige Kinder und seit Erteilung des Aufenthaltstitels wieder Anspruch auf Kindergeld.

 

3.3. Der relevante Sachverhalt ist unstrittig.

 

3.4. Da sich bereits aus der Aktenlage der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet sowie im Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und auch die Verfahrensparteien von einem entsprechenden Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen haben, konnte eine solche gemäß § 51e Abs. 3 Z. 2 und 3 VStG entfallen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu erwogen:

 

4.1. Da sich die Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses richtet, ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, sich insoweit inhaltlich mit der Entscheidung der belangten Behörde auseinanderzusetzen, sondern ist der Unabhängige Verwaltungssenat nur befugt, über die Strafhöhe abzusprechen.

 

4.1. Die belangte Behörde hat im Zuge der Strafbemessung die Bestimmung des § 120 Abs. 1a FPG idF BGBl. I Nr. 38/2011 herangezogen, welche am 1. Juli 2011 in Kraft getreten ist. § 120 Abs. 1a FPG idF BGBl. I Nr. 38/2011 sieht einen Strafrahmen von 500 bis 2500 Euro vor und im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstraf­rechtes  sind  die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe überwiegen.

 

4.2. Zur Begründung der Strafbemessung führte die belangte Behörde an, dass als mildernd die bisherige Unbescholtenheit der Bw und straferschwerend kein Umstand berücksichtigt werde. Mit den familiären und finanziellen Verhältnissen und dem Ausmaß des Verschuldens der Bw setzte sich die belangte Behörde nur pauschal auseinander.

 

Abgesehen von der finanziellen und familiären Situation ist das Verschulden der Bw deutlich geringer als von der belangten Behörde angenommen. Die Bw hat vor einem Tätigwerden der Fremdenpolizeibehörde ihr Versäumnis erkannt, von sich aus die belangte Behörde aufgesucht und die Verwaltungsübertretung eingestanden. Abstellend darauf, dass die Bw auch alle Voraussetzungen für einen Erstantrag in Österreich besessen hat und ihr kurz nach Verkündung des angefochtenen Straferkenntnisses erteilt wurde, ist von einem geringen Verschulden und einem Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat erachtet es in Anbetracht der vorliegenden Milderungsgründe daher für zulässig, das außerordentliche Milderungsrecht anzuwenden. Die Tat bleibt jedoch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG zu denken wäre. Die nunmehr verhängte Geldstrafe ist angemessen und ausreichend, um die Bw in Hinkunft von gleichgelagerten Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

4.3. Gemäß § 64 Abs. 2 VStG waren die Kosten für das Verfahren vor der belangten Behörde mit 10 % der verhängten Geldstrafe, das sind 25 Euro, zu bemessen. Für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat war gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

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