Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730435/6/Sr/ER/JO

Linz, 19.03.2012

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der X geboren am X, StA von Georgien, vertreten durch X, Rechtsanwältin in X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 17. Juni 2009, AZ: 1063329/FRB, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

saCivari dakmayofildes da gasaCivrebuli gadawyvetileba mTlianad gauqmdes.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 17. Juni 2009, AZ: 1063329/FRB, wurde gegen die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) ein mit fünf Jahren befristetes Rückkehrverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich gemäß § 62 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. §§ 63 und 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 BGBl. Nr. 100/2005 – FPG  in der damals geltenden Fassung erlassen.

 

Begründend führt die belangte Behörde neben der Wiedergabe der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen an, dass die Bw am 9. März 2005 nach Österreich eingereist sei und am 21. März 2005 einen Asylantrag gestellt habe. Das Asylverfahren befinde sich im Stande der Berufung, weshalb die Bw nach den Bestimmungen des Asylgesetzes zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.

 

Am 11. März 2009 sei sie vom Landesgericht Steyr unter der Zahl 11 Hv 195/08v wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 4 dritter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt worden.

 

Mit Schreiben vom 13. März 2009 sei die Bw von der belangten Behörde informiert worden, dass beabsichtigt sei, gegen sie ein Rückkehrverbot zu erlassen. Gleichzeitig sei der Bw Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

 

In ihrer Stellungnahme habe die Bw durch ihre rechtsfreundliche Vertretung bekannt gegeben, dass sie in Österreich aufgrund ihres mehrjährigen Aufenthalts sehr gut integriert sei und aufgrund des Besuchs mehrerer Deutschkurse passable Deutschkenntnisse aufgebaut habe. Die Bw, die aufgrund ihres aufenthaltsrechtlichen Status über keine Beschäftigungsbewilligung verfüge, sei so oft wie möglich im Rahmen von freien Dienstverträgen erwerbstätig gewesen. Am 18. April 2006 sei ihr Sohn zur Welt gekommen, der mit der deutschen Sprache aufgewachsen sei und ab Herbst voraussichtlich den Kindergarten besuchen werde.

 

In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass durch die gerichtliche Verurteilung vom 11. März 2009 – aus der sich eine erhebliche Gefahr für den Schutz fremden Eigentums durch die Bw manifestiere – der Tatbestand des § 62 Abs. 1 iVm. §§ 62 Abs. 2 und 60 Abs. 2 Z. 1 FPG (in der damals geltenden Fassung) zweifellos als erfüllt anzusehen sei.

 

Zur Integration der Bw führt die belangte Behörde an, dass sie mit ihrem Ehemann nicht an der selben Adresse wohne. Sie habe drei Deutschkurse erfolgreich absolviert. Im Asylverfahren habe sie angegeben, dass sie bereits vor ihrer Einreise nach Österreich – aufgrund ihrer von der Familie unerwünschten Ehe – keinen  Kontakt zu ihrer in Georgien lebenden Familie gehabt habe.

 

Es sei daher von einem gewissen Maß an Integration und von einem Eingriff in das Privat- und Familienleben auszugehen.

 

Das Gewicht ihrer Integration werde aber maßgeblich dadurch gemindert, dass die integrationsbegründenden Umstände weitgehend in einer Zeit entstanden seien, in der sich die Bw ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein hätte müssen, zumal der erstinstanzlich negative Bescheid in ihrem Asylverfahren bereits am 12. September 2006 ergangen sei.

 

Ebenso seien der Gatte und der Sohn der Bw Asylwerber, deren Verfahren sich ebenfalls im Berufungsstadium befinden. Gegen den Gatten sei überdies ebenfalls mit Bescheid vom 29. Oktober 2007 ein Rückkehrverbot erlassen worden.

 

Es sei der Bw auch als Asylwerberin möglich gewesen, eine Beschäftigungsbewilligung zu erlangen; für die von ihr angeführte Beschäftigung als freie Dienstnehmerin habe sie lediglich eine Abrechnung für Mai 2008 vorlegen können.

 

Im Zuge der Interessenabwägung im Rahmen des Art. 8 EMRK kommt die belangte Behörde in Hinblick auf die für einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zur stellende negative Zukunftsprognose zum Ergebnis, dass die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Rückkehrverbots schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Bw, weshalb das Rückkehrverbot zulässig sei.

 

Zur Festsetzung der Gültigkeitsdauer führt die belangte Behörde an, dass nach Ablauf von fünf Jahren erwartet werden könne, dass sich die Bw wiederum an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten werde.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Bw durch ihre rechtsfreundliche Vertretung mit Schriftsatz vom 1. Juli 2009 berufen. Darin stellt die Bw die Berufungsanträge, den bekämpften Bescheid dahingehend abzuändern, das Rückkehrverbot aufzuheben und das Verfahren zur Erlassung eines Rückkehrverbots einzustellen; in eventu den gegenständlichen Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Erstinstanz zurückzuverweisen.

 

Begründend führt die Bw aus, dass sie ihre Straftat zutiefst bereue, aufgrund ihres Privat- und Familienlebens in Österreich hätte die Interessensabwägung jedoch inhaltlich in eine andere Richtung ausfallen müssen.

 

Zum Umstand, dass ihre Integration in einem Zeitraum entstanden sei, in dem sie sich ihres unsicheren Aufenthalts bewusst sein hätte müssen führt die Bw aus, dass sie gegen die erstinstanzlich negative Asylentscheidung rechtzeitig berufen habe und sie nicht von vorne herein davon auszugehen gehabt habe, dass auch das Berufungsverfahren negativ ausfallen werde.

 

Ihr Sohn sei in Österreich geboren und mit der deutschen Sprache aufgewachsen. Sobald ihr Sohn den Kindergarten besuche, werde die Bw wieder einer Beschäftigung nachgehen.

 

Aufgrund ihres Privat- und Familienlebens in Österreich hätte kein Rückkehrverbot gegen die Bw erlassen werden dürfen.

 

3.1. Mit Bescheid vom 14. Juni 2011 hat der Sicherheitsdirektor von Oberösterreich der Berufung der Bw keine Folge geleistet und den angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm. § 62 Abs. 1 sowie § 60 Abs. 2 und §§ 63 und 66 FPG in der damals geltenden Fassung bestätigt.

 

3.2. Mit Bescheid vom 25. August 2011, GZ-BMI-1040410/0001-II/3/2011, hat die Bundesministerin für Inneres den Bescheid des Sicherheitsdirektors von Oberösterreich vom 14. Juni 2011 von Amts wegen für nichtig erklärt und sich bei der Entscheidung auf § 68 Abs. 4 Z. 1 AVG gestützt.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097-5, nunmehr offenkundig sei, dass der Sicherheitsdirektor für Oberösterreich für die Erlassung des vorliegenden Bescheides sachlich unzuständig gewesen sei und der Bw daher in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt worden wäre.

 

Bedingt durch die Nichtigerklärung des Berufungsbescheides sei das Berufungsverfahren wieder offen und der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich für das fortgesetzte Verfahren zuständig.

 

3.3. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 26. August 2011 zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Dieser hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, das Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 29. August 2011 betreffend die Beschwerde der Bw gegen den Bescheid des Bundesasylamts vom 11. September 2006, einen aktuellen Auszug des Elektronischen Kriminalpolizeilichen Informationssystems und des Zentralen Melderegisters.  

 

3.4. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs. 2 Z. 1 AVG).

 

Unstrittig steht fest, dass das Asylverfahren der Bw gemäß §§ 7 und 8 AsylG am 31. August 2011 rechtskräftig negativ beendet wurde. Festzuhalten ist ferner, dass im Asylverfahren keine Ausweisung ausgesprochen wurde.

 

3.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 67a Abs. 1 Z. 1 AVG).

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1.1. Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 38/2011 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Berufung zuständig ist.

 

Gemäß § 125 Abs. 16 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 38/2011, bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Gegen einen Asylwerber ist gemäß § 54 Abs. 1 FPG ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Das Rückkehrverbot gilt als Entzug des Aufenthaltsrechtes. §§ 12 und 13 AsylG 2005 gelten.

 

Bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 sind gemäß § 54 Abs 2 FPG insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 und § 61 gelten.

Ein Rückkehrverbot gemäß Abs. 1 ist gemäß § 54 Abs 3 FPG in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Fremden.

 

Wird eine Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 durchsetzbar, gilt das Rückkehrverbot gemäß § 54 Abs 9 FPG als Einreiseverbot.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 14 AsylG ist Asylwerber ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf Internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

 

Die Bw ist seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens am 31. August 2011 keine Asylwerberin mehr. Dieser Umstand führt im Rechtsmittelverfahren zwangsläufig zur Aufhebung des Rückkehrverbotes, da ein solches nur gegen Asylwerber erlassen werden kann. Anderes würde nur dann gelten, wenn im Asylverfahren eine durchsetzbare Ausweisung gemäß § 10 Asylgesetz erlassen worden wäre. In einem solchen Fall hätte die Berufungsbehörde gemäß § 54 Abs. 9 FPG ein Einreiseverbot zu verhängen.

 

Im Asylverfahren der Bw wurde aber keine Ausweisung ausgesprochen. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Festzuhalten ist, dass mit rechtskräftig negativem Abschluss des Asylverfahrens am 31. August 2011 auch die während des Asylverfahrens bestehende vorläufige Aufenthaltsberechtigung der Bw endete.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

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Mag. Christian Stierschneider

 

 

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