Linz, 28.03.2012
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bleier, über die Berufung der Frau M K, geb. x, A, T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 28. Februar 2012, Zl. VerkR21-160-2012/LL, nach der am 28. März 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der Entzug der Lenkberechtigung im Ausmaß von
einem Monat
ausgesprochen wird;
im gleichen Umfang werden die ausgesprochenen Verbote reduziert;
die angeordneten begleitenden Maßnahmen werden behoben;
Die Berufungswerberin hat sich jedoch innerhalb von drei Monaten ab Zustellung dieses Bescheides einem Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von KFZ unter Alkoholeinfluss und dessen Folgen zu unterziehen.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG, § 7 Abs.1 u. 3, § 24 Abs.3 und § 26 Abs.1 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010;
Entscheidungsgründe:
1. Im Anschluss an die Strafverhandlung hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den oben bezeichneten Bescheid mit nachfolgenden Spruch erlassen:
1.1. Begrünend wird von der Behörde erster Instanz folgendes ausgeführt:
2. Die Berufungswerberin bestreitet in ihrer fristgerecht erhobenen Berufung jegliche Verweigerungsabsicht und verweist auf das – wenn auch formal nicht verwertbare - Ergebnis der Atemluftalkoholuntersuchung.
3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des Inhaltes der vorgelegten erstinstanzlichen Verfahrensakte, sowie durch die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers Insp. x und der Berufungswerberin als Verfahrenspartei. Auch die Behörde erster Instanz nahm durch die zuständige Sachbearbeiterin an der Berufungsverhandlung teil.
Beigeschafft wurde das in Rechtskraft erwachsene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gegen die Berufungswerberin wg. der Alkotestverweigerung (§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960) v. 28.2.2012, GZ.: VerkR96-5366-2012/U.
4. Die Berufungsbehörde geht von nachfolgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:
Die Berufungswerberin wurde im Rahmen einer Verkehrskontrolle nach einem positiv verlaufenen Vortest zur Atemluftuntersuchung mittels Alkomat aufgefordert. Trotz zahlreicher Versuche kam es zu keinem verwertbaren Messpaar, jedoch zu einem im Rahmen der Beweiswürdigung relevanten Messergebnis einer Alkoholbeeinträchtigung im Bereich von 0,4 bis 0,6 mg/l. Obwohl die Berufungswerberin laut eigenen Angaben von den einschreitenden Beamten mehrfach und sehr einsichtsvoll unterwiesen wurde brachte sie aus unerfindlichen, wohl aber von ihr zu vertretenden Gründen, kein formal verwertbares Atemluftmessergebnis zu Stande. Sie vermochte jedoch anlässlich der Berufungsverhandlung mit der Darstellung der nicht beabsichtigt gewesenen Verweigerung zu überzeugen. Mag daher durchaus sein, dass die Nervosität der bislang im Straßenverkehr nie negativ in Erscheinung getretenen Berufungswerberin die Ursache ihrer Fehlversuche gewesen ist. Sie räumt andererseits aber selbst einen Alkoholkonsum von zwei Spritzer vor Fahrtantritt und etwas Alkohol im Verlaufe des Abends ein, welcher an sich mit dem Messergebnis in Einklang gebracht werden kann.
Der Meldungsleger erklärte im Rahmen seiner Zeugenaussage, dass die Berufungswerberin teilweise zu kurz und teilweise auch am Mundstück vorbei geblasen habe. Letztlich sei daher von einer Verweigerung der Atemluftuntersuchung auszugehen gewesen. Der zeitliche Verlauf der Amtshandlung von etwa 1 ½ Stunden lässt durchaus auf ein nachhaltiges Bemühen und eine auf Ergebnisorientierung gerichtete Amtshandlung schließen.
Die Berufungswerberin wurde wegen der Alkotestverweigerung mit dem Straferkenntnis vom 28.2.2012, AZ: VerkR96-5366-2012/U rechtskräftig bestraft.
Obwohl hier formal von einer Verweigerung der Atemluftuntersuchung auszugehen ist, weil keine zwei gültigen Messpaare erzielt wurden, ist in diesem Verfahren von dem gemessenen und für dieses Verfahren aussagekräftigen Wert von einer Alkoholbeeinträchtigung auszugehen gewesen. Es führte zu einem unsachlichen Ergebnis von zu nachteiligeren Rechtsfolgen führenden Tatsachenannahmen bzw. von einem anderen Sonderfall der Entziehung auszugehen als es die Beweislage indiziert (von § 26 Abs.2 Z1, anstatt § 26 Abs.1 FSG).
5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 gilt gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG insbesondere, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 StGB zu beurteilen ist.
Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei in den in Abs.3 Z14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen sind.
5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.
Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich 1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs.3 achter Satz oder 2. um eine Entziehung der Klasse A wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.
Gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird.
Der Behörde ist es andererseits aber auch nicht verwehrt in schlüssiger Beweiswürdigung vom Zustandekommen einer gültigen Messung selbst dann auszugehen, wenn die gültigen Messungen nicht unmittelbar aufeinander folgen, sondern dazwischen ungültige Messversuche liegen. Dies insbesondere dann wenn die Betriebsanleitung des Gerätes eingehalten wurde (vgl. VwGH 28.7.2010, 2009/02/0379).
Ebenso ist es ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass im Falle einer Verweigerung der Atemluftuntersuchung, ein danach erbrachter einwandfreier Nachweis, nicht – oder wie hier nur im geringerem Umfang - durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung erbracht wird, zu berücksichtigen ist.
Eine allein auf die formale Verweigerung der Atemluftuntersuchung gestützte Entziehung der Lenkberechtigung ist im Fall einer erwiesenen geringergradigen Alkoholisierung rechtswidrig (vgl. VwGH v. 24.6.2003, 2003/11/0140 mit Hinweis auf VwGH 14.3.2000, 99/11/0075 und VwGH 99/11/0207, sowie VwGH 20.9.2001, Zl. 2001/11/0197).
In den hier vorliegenden, jedoch wegen der zu großen Probendifferenz nicht verwertbaren, Messergebnissen von 0,44 mg/l und 0,51 mg/l ist daher ein Beweis begründet, dass keine zu einer sechsmonatigen Mindestentzugsdauer führende Wertungstatsache iSd § 26 Abs.2 Z1 FSG verwirklicht wurde.
Dem hier vorliegenden Beweisergebnis zur Folge liegt vielmehr nur eine nach § 26 Abs.1 FSG und nach § 7 Abs.3 Z1 FSG zu qualifizierende Alkofahrt zu Grunde.
Daraus folgt mangels zusätzlicher Wertungsfaktoren lediglich ein Entzug der Lenkberechtigung von einem Monat.
Gemäß § 24 Abs.3 FSG hat die Behörde jedoch bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss und dessen Folgen anzuordnen. Hierfür ist eine angemessene Frist zu setzen.
Hinzuweisen ist an dieser Stelle, dass im Falle der Nichtbefolgung die Lenkberechtigung bis zur Befolgung dieser Anordnung zu entziehen wäre (§ 24 Abs.3 FSG letzter Satz).
Die Entzugsdauer endete daher mit dem Ablauf des gestrigen Tages (§ 32 Abs.2 AVG). Der Berufungswerberin ist daher der Führerschein mit heutigem Datum wieder auszufolgen.
Für dieses Verfahren ist eine Gebühr von 14,30 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r