Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523111/2/Ki/CG

Linz, 16.03.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des x, x, x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, x, x vom 27. Februar 2012 gegen  Punkt III. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 9. Februar 2012, VerkR21-49-2012, wegen Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens samt verkehrspsychologischer Stellungnahme bzw. besonderer Nachschulung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, Punkt III. des angefochtenen Bescheides wird ersatzlos behoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Abs.3 FSG iVm § 66 Abs. 4 AVG

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid vom 9. Februar 2012, VerkR21-49-2012, hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Dauer von 9 Monaten, gerechnet ab 13. Februar 2012, entzogen (Punkt I.), ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge bis einschließlich 13. November 2012 ausgesprochen (Punkt II.), daneben angeordnet, er habe bis zum Ablauf der Entziehungsdauer eine verkehrspsychologische Stellungnahme sowie ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen und sich weiters auf seine Kosten einer besonderen Nachschulung (alkoholauffällig) zu unterziehen (Punkt III.) sowie einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug aberkannt (Punkt IV.).

 

Begründet wird die Anordnung gemäß Punkt III. im Wesentlichen damit, dass aufgrund zahlreicher Schwarzfahrten sowie einiger aufscheinender Verwaltungsübertretungen im Zusammenhang mit dem Lenken vor Kraftfahrzeugen sich der Verdacht auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ergebe. Deswegen werde neben einem amtsärztlichen Gutachten auch eine verkehrspsychologische Stellungnahme eingefordert.

 

1.2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 27. Februar 2012 Berufung erhoben, beantragt wird, im angefochtenen Bescheid wolle Punkt III. dahingehend abgeändert werden, dass dieser Punkt ersatzlos zu entfallen hat.

 

Begründet wird die Berufung im Wesentlichen damit, dass der Berufungswerber in der Vergangenheit nie im Zusammenhang mit Schwarzfahrten oder im Zusammenhang mit alkoholisierten Fahrten auffällig geworden sei. Es handle sich bei den gegenständlichen Vorfällen um Ausnahmen bzw. "Ausreißer" in seinem Verhalten. Die im Punkt III. des Spruches enthaltenen Anordnungen würden typischerweise dann verhängt, wenn mehrere Übertretungen wegen Alkoholisierung erfolgen. Durchgeführte Schwarzfahrten würden keine Alkoholisierungsdelikte darstellen. Man könne also nicht zwingend annehmen, dass eine mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung gegeben sei.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 9. März 2012 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs. 1 FSG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung war trotz Antrag entbehrlich, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheidpunkt aufzuheben ist (§ 67d Abs.2 Z 1 AVG).

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Dem Berufungswerber wurde am 12. Jänner 2012 seitens eines Organs der Straßenaufsicht der Führerschein gemäß § 39 Abs. 2 FSG vorläufig abgenommen.

 

Mit Bescheid vom 18. Jänner 2012, VerkR21-19-2012, hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen dem Berufungswerber seine Lenkberechtigung für die Dauer von 1 Monat, gerechnet ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines (bis einschließlich 12. Februar 2012), entzogen, für diesen Zeitpunkt auch ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge ausgesprochen und überdies angeordnet, er habe innerhalb von 4 Monaten, gerechnet ab Beginn der Entziehungsdauer, auf seine Kosten ein Verkehrscoaching zu absolvieren und die Bestätigung hierüber vorzulegen.

 

Lt. einer Anzeige der Polizeiinspektion x vom 2. Februar 2012, GZ: A1/808/01/2012, lenkte der Berufungswerber nach Abnahme des Führerscheines mehrere Male Kraftfahrzeuge, unter anderem einen Linienbus der Fa. x.

 

Unter Zugrundelegung dieser Anzeige hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen den nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 9. Februar 2012 erlassen.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs. 3 FSG kann bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:

 

          1.       wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,

          2.       wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder

          3.       wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C, C+E, D, D+E oder der Unterklasse C1 und C1+E nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen. Die Behörde hat eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer das Verkehrscoaching zu absolvieren ist. Wird das Verkehrscoaching nicht innerhalb dieser Frist absolviert, hat die Behörde die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

 

Nach der Bestimmung des § 17 Abs. 1 FSG-GV ist im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle insbesondere dann zu verlangen, wenn der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder auch mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung erwecken. Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitrahmens von 5 Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde, oder wenn ein Lenker wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 bestraft wurde.

 

Die – als Teil der gesundheitlichen Eignung eines Inhabers einer Lenkberechtigung zu verstehende – Bereitschaft zur Verkehrsanpassung wird in der FSG-GV 1997 nicht definiert, aus § 17 Abs. 1 2. Satz FSG-GV 1997 ergibt sich aber hinlänglich, dass von einer mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nur bei einem Verhalten gesprochen werden kann, bei dem es zu relativ schwerwiegenden Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften gekommen ist oder das bereits innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu mehreren Vorentziehungen geführt hat.

 

Es wird nicht übersehen, dass das Lenken von Kraftfahrzeugen ohne die erforderliche Lenkberechtigung bzw. nach vorläufiger Abnahme des Führerscheines keine Bagatelledelikte darstellen, andererseits aber reicht ein derartiges Verhalten, zumindest im vorliegenden Falle, nicht hin, einen konkreten Verdacht zu begründen, dass es der betreffenden Person tatsächlich an der erforderlichen Verkehrsanpassung fehlen würde. Außer den nach dem 12. Jänner 2012 durchgeführten "Schwarzfahrten" sind aus dem gegenständlichen Verfahrensakt lediglich drei Bestrafungen wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 vorgemerkt, wobei zwei dieser Übertretungen bereits im Jahr 2007 und eine weitere im Jahr 2008 stattgefunden haben.

 

Was die angeordnete Nachschulung anbelangt, so findet sich weder in der Anzeige noch im angefochtenen Bescheid ein Hinweis darauf, dass die zur Entziehung der Lenkberechtigung führenden Fahrten in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand begangen worden wären.

 

Zusammenfassend stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass die unter Punkt III. des verfahrensgegenständlichen Bescheides getroffenen Anordnungen durch die Bestimmung des § 24 Abs. 3 FSG nicht gedeckt sind, weshalb in diesem Punkt der Berufung Folge gegeben werden konnte, die übrigen Bescheidpunkte sind in Rechtskraft erwachsen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. In diesem Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

 

 

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