Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730278/2/SR/Wu

Linz, 13.03.2012

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, Staatsangehöriger von Kroatien, geboren am X, vertreten durch den Verein X, dieser vertreten durch X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 15. Juni 2010, AZ: Fr-96.727, betreffend die Erlassung eines auf 2 Jahre befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

 

"Gemäß § 52 Abs. 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Z 7 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 100 in der Fassung BGBl I Nr. 112/2011, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung und unter einem ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum erlassen".

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs. 1a, 52 und 53 Abs. 2 Z 7 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2011).

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 15. Juni 2010, AZ: Fr-96.727, eigenhändig übernommen vom Berufungswerber (im Folgenden: Bw) am 15. Juni 2010, wurde gegen den Bw auf der Grundlage des § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 8 iVm § 66 des Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG), in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf 2 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

 

Zum Sachverhalt führte die belangte Behörde aus, dass der Bw am 15. Juni 2010 von Organen des Finanzamtes auf der Baustelle in X, beim Fliesenlegen betreten worden sei und dabei über keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung verfügt habe. Gegenüber den Organen habe der Bw ausgeführt, dass er bereits seit ca. 3 Wochen auf dieser Baustelle arbeiten würde.

 

Nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sah die belangte Behörde den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 8 FPG als verwirklicht an.

 

Ein strenges Vorgehen gegen die Schwarzarbeit sei geboten, da es durch diese Tätigkeiten zu einer starken Wettbewerbsverzerrung am Arbeitsmarkt komme. Auch der Staat werde geschädigt, da die gesetzlich vorgeschriebenen Steuern und Abgaben nicht entrichtet würden. Dem öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Arbeitsmarktes und der Verhinderung von Schwarzarbeit komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu.

 

Gemäß Art. 1 des Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Kroatien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht können die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten ohne Sichtvermerke des anderen Vertragsstaates die Grenzen der Vertragsstaaten überschreiten und sich drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten.

Gemäß Art. 2 finde Art. 1 keine Anwendung auf jene Personen, die sich länger als drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten oder dort eine Erwerbstätigkeit beabsichtigen. In diesen Fällen sei vor der Einreise die Erteilung eines Sichtvermerkes oder einer Aufenthaltsbewilligung erforderlich.

 

Nachdem der Bw in Österreich einer unerlaubten Beschäftigung nachgegangen sei und über keine in diesem Fall erforderliche aufenthaltsrechtliche Bewilligung verfüge, sei sein Aufenthalt in Österreich nicht rechtmäßig. Auch sei der Bw nicht seinen melderechtlichen Verpflichtungen nachgekommen und habe sich so der fremdenpolizeilichen Kontrolle entzogen.

 

Da die Gattin des Bw in Österreich lebe, stelle das Aufenthaltsverbot einen Eingriff in das Privat- und Familienleben dar. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei nicht nur zulässig sondern auch dringend geboten.

 

2. Gegen den vorliegenden Bescheid hat der nunmehr vertretene Bw innerhalb offener Frist rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben.

 

In der Berufung brachte der Vertreter vor, dass die belangte Behörde erheben hätte müssen, ob der Bw über eine Niederlassungsbewilligung verfüge, da er mit einer Person verheiratet sei, die eine aufrechte Niederlassungsbewilligung besitze. Mangels Vorhalt habe der Bw auch nichts zur Aufklärung beitragen können. Aus der Sozialversicherungsnummer folge, dass der Bw in Österreich sozialversicherungs- und abgabenrechtlich erfasst sei. Die Versicherungszeiten hätten in das Verfahren einfließen müssen und das Verfahren wäre bei einem derartigen Kenntnisstand einzustellen.

 

Abschließend regt der Vertreter eine Vorgangsweise gemäß § 64a AVG an und beantragt für den Fall der Nichtentsprechung die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

 

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt der Sicherheitsdirektion Oberösterreich vorgelegt.

 

3.1. Mit 1. Juli 2011 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2011/38 in wesentlichen Teilen in Kraft. Aus § 9 Abs. 1a FPG 2005 in der nunmehr geltenden Fassung ergibt sich, dass die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Entscheidung über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen zuständig sind. Darüber hinaus stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Mai 2011, 2011/22/097, zusammengefasst fest, dass nach den maßgeblichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Falle des rechtmäßigen Aufenthalts eines Fremden sowohl über die Beendigung des Aufenthaltsrechts entschieden als auch dem nicht mehr länger zum Aufenthalt berechtigten Drittstaatsangehörigen die Pflicht zum Verlassen des Bundesgebietes, sohin eine Rückkehrverpflichtung im Sinne der Rückführungsrichtlinie, auferlegt sowie der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet für einen bestimmten Zeitraum oder für unbefristete Zeit untersagt, sohin auch ein Einreiseverbot im Sinne der Rückführungsrichtlinie ausgesprochen werde. Diese Vorgangsweise, nämlich mit einer einzigen Entscheidung das Aufenthaltsrecht zu beenden sowie unter einem die Rückkehr des Drittstaatsangehörigen anzuordnen und ihm den künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verbieten, stelle sich im Hinblick auf Art. 6 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie als zulässig dar. Ungeachtet dessen seien dabei nach dieser Bestimmung die Verfahrensgarantien des Kapitels III der Rückführungsrichtlinie einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es sohin als nicht zweifelhaft, dass es sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes – unabhängig von der Benennung des innerstaatlich festgelegten Rechtsinstituts – um eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Z 4 Rückführungsrichtlinie und ein Einreiseverbot im Sinne des Art. 3 Z 6 dieser Richtlinie handelt, bei deren Erlassung die in der Richtlinie festgelegten Verfahrensgarantien einzuhalten seien. Daraus folge aber, dass für Entscheidungen über eine dagegen gerichtete Berufung seit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Rückführungsrichtlinie die Unabhängigen Verwaltungssenate zuständig seien.

 

Von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich wurde der gegenständliche Akt daher dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, in das Zentrale Melderegister und das EKIS.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

3.2. Folgender relevanter Sachverhalt steht fest:

 

Der Bw wurde am X geboren, ist Staatsangehöriger von Kroatien und mit X, geborene X, Staatsangehörige von Kroatien (Inhaberin des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt – EG", gültig bis 12. Mai 2016) verheiratet.

 

Laut EKIS verfügt der Bw über keinen Aufenthaltstitel. Die ZMR Überprüfung hat ergeben, dass der Bw seit dem 13. September 2005 über keinen Hauptwohnsitz in Österreich verfügt. Vom 30. Juni bis 30 September 2010 und vom 9. Juni bis 8. September 2011 war der Bw mit einem Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet. Bedeutsam ist dabei, dass der Bw während seines Aufenthaltes im Jahr 2011 nicht bei seiner Gattin gemeldet und auch nicht bei ihr aufhältig war.

 

Am 15. Juni 2010 wurde der Bw um 11.25 Uhr im Zuge einer Kontrolle durch Beamte des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr auf einer Baustelle in X, bei Fliesenlegerarbeiten betreten.

 

Bei der niederschriftlichen Befragung am 15. Juni 2010 brachte der Bw vor, dass er die Fliesenlegerarbeiten unbefugt durchgeführt habe. In Österreich bekomme er keine legale Arbeit und er dürfe hier auch nicht legal arbeiten. Früher habe er in Linz gemeinsam mit seinem Bruder eine GmbH geführt und er sei bis zum 13. November 2004 Geschäftsführer der Firma gewesen. Nach Vorhalt der befragenden Kriminalbeamten brachte der Bw vor, dass er sich zum beim LG Linz anhängigen Verfahren wegen des Verdachts des schweren Betruges nicht äußern wolle.

 

Gegenüber der belangten Behörde sagte der Bw aus, dass er am 28. April 2010 in Österreich eingereist und unangemeldet bei seiner Ehegattin gewohnt habe. Über einen Aufenthaltstitel verfüge er nicht. Ein solcher sei ihm bislang nicht ausgestellt worden. Es treffe zu, dass er ohne arbeitsrechtlicher Bewilligung Fliesen verlegt habe und er in Österreich nicht arbeiten habe dürfen.

 

Der Bw verfügt über keine österreichische Gewerbeberechtigung im Sinn der GewO. Für ihn wurde weder eine Beschäftigungsbewilligung, noch eine Zulassung als Schlüsselkraft, noch eine Entsendebewilligung, noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt. Er verfügt über keine gültige Arbeitserlaubnis. Er verfügt auch über keinen Befreiungsschein oder eine "rot-weiß-rot-Karte plus" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis. Er verfügt über kein Visum zur Aufnahme einer bloß vorübergehenden selbständigen Erwerbstätigkeit und auch über kein Visum für die Aufnahme einer bloß vorübergehenden unselbständigen Tätigkeit iSd FPG. Ihm wurde gemäß dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) kein Aufenthaltstitel erteilt.

 

Nach der Aktenlage hat der Bw spätestens am 30. September 2010 freiwillig das Bundesgebiet der Republik Österreich verlassen und sich in der Folge im Jahr 2011 für drei Monate in Österreich aufgehalten. Eine Beschäftigung in diesem Zeitraum ist nicht hervorgekommen.

 

3.3. Es steht unbestritten fest, dass der Bw bei der Kontrolle am 15. Juni 2010 einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist und hiefür nicht über die notwendige Bewilligung verfügt hat. Unbestritten ist auch, dass der Bw nicht zum Aufenthalt berechtigt ist. Wie der ZMR Anfrage zu entnehmen ist, war der Bw nur einmal kurzfristig bei seiner Ehegattin gemeldet. Beim Aufenthalt im Jahr 2011 war der Bw weder bei dieser gemeldet noch aufhältig.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und dem Vorbringen des Bw bzw. den von ihm vorgelegten Dokumenten.

 

Der Vorwurf einer mangelhaften Ermittlung der belangten Behörde ist im Hinblick auf das Vorbringen des Bw nicht aufrecht zu erhalten. So hat dieser gegenüber der belangten Behörde von sich aus angegeben, nicht über die notwendigen Berechtigungen zu verfügen und sich auch nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufzuhalten.

 

Die ergänzenden Erhebungen im Berufungsverfahren (EKIS-Anfragen) haben sowohl die Feststellungen der belangten Behörde als auch die gegenüber dieser abgegebenen Erklärungen bestätigt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 60 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011, konnte gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.      die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.      anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen    zuwiderläuft.

 

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde für die Verhängung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes daher grundsätzlich zu Recht die zitierte Bestimmung herangezogen.

 

Da – sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes angeordnet ist – im Berufungsverfahren von der angerufenen Behörde die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt deren Entscheidung heranzuziehen ist, sind die durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 38/2011, vorgenommenen Änderungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in diesem Verfahren zu berücksichtigen.

 

4.2. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen nicht rechtmäßig aufhältige Drittstaatsangehörige werden nunmehr durch § 52 f FPG geregelt. Die Bestimmungen lauten auszugsweise:

 

"Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

(2) […]

 

Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung wird ein Einreiseverbot unter Einem erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. bis 6. [...]

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, ... .

 

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

(5) […]"

 

4.3. Gegen Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, kann unter den Voraussetzungen des § 63 FPG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden. Halten sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, sind die Bestimmungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 2 FPG anzuwenden.

 

Die Frage, ob ein nicht rechtmäßiger bzw. "illegaler" Aufenthalt iSd § 31 FPG vorliegt, ist zunächst danach zu beurteilen, ob der Drittstaatsangehörige die Einreisevoraussetzungen nicht oder nicht mehr erfüllt.

 

Gemäß § 31 Abs 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

Der Bw ist als kroatischer Staatsangehöriger Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG.

 

Wie unbestritten feststeht, darf sich der Bw aufgrund Art. 1 des Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Kroatien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht drei Monate auf dem österreichischen Hoheitsgebiet aufhalten. Sollte sich der Bw länger als drei Monate in Österreich aufhalten oder dort eine Erwerbstätigkeit beabsichtigen, habe er vor der Einreise um die Erteilung eines Sichtvermerkes oder einer Aufenthaltsbewilligung anzusuchen.

 

Im Falle der Beachtung des Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Kroatien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht wäre von der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Bw gemäß § 31 Abs. 1 Z. 1 FPG auszugehen.

 

Da der Aufenthalt des Bw nicht touristischen Zwecken sondern eigenen Angaben zufolge der unselbständigen Beschäftigung (Fliesenlegerarbeiten) diente, kann er sich im Hinblick auf die unbestrittene Erwerbstätigkeit in Österreich nicht auf die Sichtvermerksfreiheit berufen. Der Aufenthalt in Österreich kann daher nicht auf § 31 Abs. 1 Z. 1 FPG gestützt werden. Ausreichend Hinweise auf eine Niederlassung im Bundesgebiet haben sich nicht ergeben. Ihm wurde gemäß dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) auch kein Aufenthaltstitel erteilt. Nachdem auch keine sonstige Bestimmung des § 31 FPG zur Begründung der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes in Österreich herangezogen werden kann, steht fest, dass sich der Bw zum Kontrollzeitpunkt nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten hat.

 

Geht ein Fremder, der grundsätzlich zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt ist, einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nach, gefährdet er die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Eine Beschäftigung entgegen den Bestimmungen des AuslBG ist gemäß § 53 Abs 2 Z 7 FPG bei der Bemessung des Einreiseverbotes zu berücksichtigen (Einreiseverbot bis zu 5 Jahren).

 

Der Bw war nicht berechtigt, im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sein Aufenthalt war daher nicht rechtmäßig. Die davon ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung war bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nach wie vor gegenwärtig.

 

Dass der Bw Drittstaatsangehöriger und im Sinne des § 52 FPG nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist (bzw. war), bedarf aufgrund der vorgenommenen Feststellungen, der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung keiner weiteren Ausführungen. Es ist daher grundsätzlich eine Rückkehrentscheidung gegen ihn zu erlassen und diese mit einem Einreiseverbot zu verbinden.

 

4.3.1. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots stellt – wie schon von der belangten Behörde ausgeführt – unzweifelhaft einen Eingriff in das Privatleben des Bw dar. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen gilt es daher zunächst die Zulässigkeit dieses Eingriffs dem Grunde nach zu prüfen. Dabei ist auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG 2005 Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

4.3.2. Nach § 61 Abs. 1 FPG 2005 ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG 2005 sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Im Sinne der zitierten Norme gilt es im gegenständlichen Verfahren eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

4.3.3. Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und die Verbringung einer Person außer Landes grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass eine Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts unter die Tatbestandselemente des § 61 Abs. 2 FPG 2005 nicht zu einem unzulässigen Eingriff in das Privatleben des Bw führt.

 

4.3.3.1. Hinsichtlich der Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und der Frage, ob der Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war, ist festzuhalten, dass sich der Bw vor dem Beurteilungszeitraum mehrere Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat (laut ZMR-Anfrage vom 7. März 2012: 25. Jänner 2002 bis 13. September 2005). Am 28. April 2010 reiste der Bw erneut in das Bundesgebiet ein und hielt sich vermutlich bis zum 30. September 2010 durchgehend in Österreich auf (ZMR: An- und Abmeldung als Nebenwohnsitz, kein Hauptwohnsitz im Bundesgebiet; die Meldung erfolgte nur für den Zeitraum 30. Juni bis 30. September 2010). Die Aufenthaltsdauer des Bw in Österreich betrug unter Einrechnung eines dreimonatigen Aufenthaltes in Österreich im Jahre 2011 daher insgesamt deutlich weniger als ein Jahr. Mangels entsprechender Erkenntnisse war lediglich der Aufenthalt im Jahre 2011 als rechtmäßig zu bezeichnen (Einreise und Aufenthalt aufgrund der Sichtsvermerksfreiheit für kroatische Staatsbürger, die keine Erwerbstätigkeit ausüben).

 

4.3.3.2. Weiters hat das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens in die Beurteilung einzufließen.

 

Der Bw ist mit einer kroatischen Staatsangehörigen verheiratet, die über den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" verfügt und seit zumindest dem Jahr 2000 in Linz durchgehend aufrecht gemeldet ist. Wie sich aus dem Vorbringen des Bw ergibt, ist die Ehe zwar aufrecht, ein Familienleben in der typischen Ausformung (z.B. gemeinsame Wohnung) findet nicht statt. Dem Vorbringen des Bw folgend hat er lediglich im Jahr 2010 für einige Wochen (davon teilweise unangemeldet) bei seiner Ehegattin gewohnt. Bei seinem Aufenthalt in Österreich im Jahr 2011 hat nicht einmal mehr diese Unterkunft in Anspruch genommen. Bezeichnend ist auch, dass der Bw im Berufungsschriftsatz nicht von seiner Ehegattin spricht sondern diese "als Person" bezeichnet, mit der er verheiratet ist. Von einem tatsächlich bestehenden Familienleben in Österreich kann daher keinesfalls ausgegangen werden.

 

4.3.3.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar.

 

Im konkreten Fall hielt sich der Bw im Beurteilungszeitraum weniger als 1 Jahr in der Republik Österreich auf. Der überwiegende Teil war als rechtswidrig zu beurteilen und diente ausschließlich der illegalen Erwerbstätigkeit.

 

Eine legale berufliche Tätigkeit in Österreich hat der Bw nicht behauptet und eine solche ist auch nicht hervorgekommen. Es wird daher neben der unzureichenden Aufenthaltsdauer in Österreich auch das vom Verwaltungsgerichtshof als wesentlich angesehene Merkmal der Teilnahme am Erwerbsleben für eine alleinige positive Gesamtbeurteilung nicht erfüllt.

 

4.3.3.4. Merkmale sozialer Integration sind dem Bw kaum zuzubilligen. Eine der sozialen Integration besonders dienliche legale Erwerbstätigkeit wurde vom Bw – wie dargestellt – nicht ausgeübt. Der Bw hat eine solche auch nicht einmal ansatzweise vorgebracht.

 

4.3.3.5. Festzustellen ist weiters, dass der Bw den größten Teil seines Lebens in seinem Herkunftsstaat verbracht hat und er sich seit der Erlassung des angefochtenen Bescheides wiederum überwiegend in Kroatien aufhält.

 

4.3.3.6. Gegen den Bw sind zwar Strafverfahren anhängig, eine rechtskräftige Verurteilung ist bis dato nicht erfolgt.

 

4.3.3.7. Ein Verstoß des Bw gegen die öffentliche Ordnung kam im Verfahren nicht hervor.

 

4.3.3.8. Zur Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren, erübrigen sich vor dem Hintergrund der Punkte 4.3.3.1. und 4.3.3.3. weitere Ausführungen.

 

4.3.3.9. Vor dem Hintergrund der in den Punkten 4.3.3.1. bis 4.3.3.8. getroffenen Feststellungen ist zusammenfassend hinsichtlich des Eingriffs in den geschützten Bereich des Privat- und Familienlebens des Bw festzuhalten, dass sich eine Eingriffsunzulässigkeit dem Grunde nach nicht ergibt.

 

Anzumerken ist, dass der Bw nach wie vor in Kroatien integriert ist und Anzeichen einer Integration in Österreich nicht greifbar sind.

 

Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss. Die Erlassung der Rückkehrentscheidung ist demnach zu Recht erfolgt, die Erlassung eines Einreiseverbotes ist dem Grunde nach zulässig und der Bw kann sich nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privatlebens berufen.

 

4.4.1. Abschließend gilt es nunmehr, die Dauer des zu erlassenden Einreiseverbotes zu prüfen.

 

Ein Einreiseverbot ist in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des  § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens 10 Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Fremden.

 

4.4.2. Der dem Drittstaat Kroatien Angehörige wurde bei einer Beschäftigung betreten, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen. Die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG liegen unstrittig vor und das Einreiseverbot hat gemäß § 53 Abs. 2 FPG mindestens 18 Monate zu betragen.

 

Bei der konkreten Bemessung der Dauer des über den Bw zu erlassenden Einreiseverbotes im genannten Zeitrahmen ist wiederum das bisherige Verhalten des Bw miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

4.4.3. Die Verhinderung von Verstößen gegen das AuslBG zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert.

 

4.4.4. Bezogen auf die Besonderheiten des vorliegenden Falles und des sich aus der Handlung des Bw erschließenden Unwerts war das Gefährdungspotential neu zu bewerten.

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich ist auch das Verhalten des Bw nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides (freiwillige zeitnahe Ausreise aus dem Bundesgebiet) besonders zu würdigen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist daher der Auffassung, dass im konkreten Fall das Rückkehrverbot auf die Dauer von 18 Monaten befristet werden kann.

 

4.5. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 18,20 Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

 

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