Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730538/3/BP/MB/Wu

Linz, 09.03.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, staatenlos, vertreten durch X, Rechtsanwälte in X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 24. Oktober 2011, GZ.: Sich40-21869/2002, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

Aus Anlass der Berufung wird der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 24. Oktober 2011, GZ.: Sich40-21869-2002, wurde der Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) vom 1. September 2009 auf Aufhebung eines gegen den Bw verhängten unbefristeten Aufenthaltsverbotes abgewiesen. Der Spruch des Bescheides lautet wie folgt: "Ihr Antrag[s] auf Aufhebung Ihres unbefristeten Aufenthaltsverbotes, erlassen von der BH Vöcklabruck am 27. Mai 2003, Zl Sich40-21869-2002, wird abgewiesen."

 

Zum Verfahrensgang führt die belangte Behörde aus, dass mit rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Mai 2003 gegen den Bw ein unbefristetes Aufenthaltsverbot wegen zahlreicher rechtskräftiger Verurteilungen durch das Landesgericht Wels erlassen worden sei. Er habe dahingehend zahlreiche gewerbsmäßige Einbruchsdiebstähle begangen.

 

Um seine Abschiebung zu verhindern, habe der Bw am 12. November 2004 zu Zl. 0423.045 beim Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28. Februar 2006, zu Zl. 0423.045 sei der Antrag gem. §§ 7 und 8 AsylG 1997 abgewiesen worden und gleichzeitig gem. § 8 Abs. 2 AsylG 1997 die Ausweisung aus dem Bundesgebiet ausgesprochen worden. Gegen diesen Bescheid habe der Bw fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung erhoben und wurde mit Erkenntnis des AsylGH vom 30. Oktober 2008, zu Zl. E2 300.005-1/2008-20E die Beschwerde gem. §§ 7 und 8 AsylG 1997 abgewiesen, aber die Ausweisung aus dem Bundesgebiet ersatzlos behoben.

 

Am 24. Oktober 2007 habe der Bw einen Antrag auf Aufhebung des unbefristeten Aufenthaltsverbotes eingebracht. Dieser Antrag sei letztlich mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. April 2009, zu Zl. 2008/21/0097-1 als unbegründet abgewiesen worden.

 

Am 1. September 2009 habe der Bw einen neuerlichen Antrag auf Aufhebung seines Aufenthaltsverbotes eingebracht. Dieser Antrag sei wiederum von der belangten Behörde zurückgewiesen worden. Dieser Bescheid wiederum sei durch das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates behoben worden und sohin habe die belangten Behörde über den in Rede stehenden Antrag zu entscheiden.

 

Zum Sachverhalt führt die belangte Behörde aus, dass lt. telefonischer Mitteilung vom 17. Oktober 2011 vom Standesamt der Marktgemeinde X festzuhalten sei, dass der Bw in aufrechter Ehe mit der österreichischen Staatsangehörigen X, geb. X stehe. Diese Ehe sei am X geschlossen worden. Rechtlich folgert die belangte Behörde, dass der Bw somit begünstigter Drittstaatsangehöriger sei.

 

Weiters führt die belangte Behörde aus, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. April 2009, zu Zl. 2008/21/0094-11 festgestellt habe, dass noch immer eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bestehe. Auch bringt die belangte Behörde ins Treffen, dass der Bw einen gefälschten Staatsbürgerschaftsnachweis, ausgestellt vom Staatsbürgerschaftsverband des Magistrats Salzburg, zu Zl. 367/2008, ausgestellt am 28. März 2008, vorgelegt habe. Diesbezüglich sei ein Strafverfahren wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden anhängig.

 

Hieraus zieht die belangte Behörde den Schluss, dass das persönliche Verhalten des Bw zeige, dass weiterhin große kriminelle Energie beim Bw gegeben sei. Durch die Fälschung sei es dem Bw möglich gewesen, aus dem Staatenverband auszutreten. Auch zeige der Bw weder Reue noch Einsicht der Schuld. Der Umstand, dass der Bw bereits ein unbefristetes Aufenthaltsverbot habe, habe ihn nicht davon abgehalten, die Tat zu setzen. Dem Bw sei es dabei völlig egal gewesen, ob andere Personen zu Schaden kommen. Das persönlich gesetzte Verhalten zeige insofern deutlich, dass er für die Erreichung seiner Ziele alles in Kauf nehme. Der Bw ignoriere völlig die österreichische Rechtsordnung und versuche mit allen Mitteln einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu erlangen. Auch die verbüßten Haftstrafen haben den Bw nicht davon abgehalten, weiterhin seiner kriminellen Energie freien Lauf zu lassen.

 

Durch das weitere kriminelle Verhalten habe der Bw auch vehement sein eigenes Privat- und Familienleben gefährdet. Es sei im anscheinend egal, was mit seiner Gattin und den beiden gemeinsamen Kindern geschehe. Für die Erreichung seiner Ziele lasse der Bw seine Familie vollkommen im Stich.

 

Auch stellt die belangte Behörde fest, dass der Bw mit seiner Familie nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebe und eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Gattin und der Kinder vom Bw nicht bestehe.

 

Wiederholend stellt die Behörde abschließend fest, dass der Bw den Asylantrag letztlich nur zur Verhinderung der Abschiebung gestellt habe. Es stehe sohin auch fest, dass dem Bw seit Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes bewusst gewesen sei, dass er in Österreich keine sicheren Aufenthalt genieße und er durch seinen Austritt aus dem bosnischen Staatenverband lediglich seine Abschiebung unmöglich gemacht habe.

 

Abschließend führt die belangte Behörde aus, dass die Umstände, die zur Verhängung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, nicht weggefallen seien, da der Bw seine kriminelle Energie nicht im Griff habe und sie weiterhin auslebe.

 

1.2. Gegen den Bescheid der belangten Behörde, welcher am 27. Oktober 2011 zugestellt wurde, bringt der Bw das Rechtsmittel der Berufung mit Schreiben vom 3. November 2011 – am selbigen Tag zur Post gelangt –, und somit rechtzeitig, ein und stellt darin die Anträge, dass der bekämpfte Bescheid aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden sei, indem dem Antrag auf Aufhebung Folge gegeben werde. In eventu wird der Antrag gestellt, dass der bekämpfte Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zurück zu verweisen sei.

 

Darin bringt der Bw sinngemäß vor, dass die belangte Behörde es rechtswidrig unterlassen habe, festzustellen, dass der Ausspruch des AsylGH vom 30. Oktober 2008 den Ausspruch enthielt, dass eine Ausweisung des Bw als unverhältnismäßig anzusehen sei.

 

Weiters führt der Bw zum Sachverhalt aus, dass er nach wie vor in Österreich bei seiner Ehefrau und seinen Kindern gemeldet sei. Er sei in Österreich aufhältig und wohne in der X. Die kurzfristige Abmeldung sei lediglich das Ergebnis eines Streites mit seiner Ehefrau gewesen.

 

Auch sei festzuhalten, dass der Bw vom Vorwurf der Fälschung besonders geschützter Urkunden gem. § 259 Z 3 der Strafprozessordnung freigesprochen wurde.

 

Der Verweis der belangten Behörde auf das in Bezug stehende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei ebenso aufgrund des bestehenden Neuerungsverbotes als nicht zutreffend anzusehen, zumal der Gerichtshof bei seiner Entscheidung an den zum Entscheidungszeitpunkt der bescheiderlassenden Behörde gebunden war. Der zu Grunde liegende Sachverhalt sei aus dem Jahr 2007 stammend. Es seien in der Zwischenzeit weitere 4 Jahre vergangen und gehe daher die dem Aufenthaltsverbot immanente Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht mehr mit dem vorliegenden Sachverhalt konform.

 

Darüber hinaus könne dem Bw die Erwerbsuntätigkeit nicht vorgeworfen werden, da er aufgrund der fremdenrechtlichen Situation einer solchen nicht nachgehen könne. Auch ist zu erkennen, dass erst durch die Betreuung der Kinder durch den Bw es der Ehegattin des Bw ermöglicht werde, eine volle Arbeitsstelle auszuüben und so für den wirtschaftlichen Unterhalt zu sorgen.

 

Zum Bewusstsein des unsicheren Aufenthalts führt der Bw weiter aus, dass der AsylGH in seinem Erkenntnis ausdrücklich festgestellt habe, dass eine Ausweisung des Bw eine Verletzung des Art 8 EMRK darstellen würde. Insofern müsse sich der Bw zumindest ab diesem Zeitpunkt der Unsicherheit seines Aufenthaltes nicht mehr bewusst sein.

Abschließend weist der Bw darauf hin, dass sein langer Aufenthalt im Bundesgebiet, die aufrechte Ehe und die vorhandenen Kinder und die Entlassung aus dem Staatenverband von Bosnien und Herzegowina sowie die in Österreich absolvierte Schul- und Ausbildung gegen die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechen würden.

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 7. November 2011 – eingelangt am 10. November 2011 – vor.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, sowie durch Abfrage des Zentralen Melderegisters sowie Abfrage im Elektronischen-Kriminalpolizeilichen-Informations-System.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt und bereits aufgrund dieser ersichtlich ist, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (vgl. § 67d Abs. 1 Z 1 AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter dem Punkt 1.1 und Punkt 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten – auch in dieser Hinsicht völlig unbestrittenen – Sachverhalt aus.

 

Zusätzlich dazu ist festzuhalten, dass das vom Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck mit Bescheid vom 27. Mai 2003, zu GZ: Sich40-21.869-2002 erlassene unbefristete Aufenthaltsverbot gem. §§ 36 Abs. 1 Z 1, 37 Abs. 1 und Abs. 2 sowie 39 Abs. 1 und Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (FrG 1997) idF BGB. I Nr. 134/2002 mittels Berufung an den Sicherheitsdirektion des Landes Oberösterreich bekämpft wurde. Diese bestätigte den Bescheid der Erstbehörde mit Bescheid vom 31. Juli 2003, Zl. St 145/03. Der Verwaltungsgerichtshof wiederum bestätigte im Rahmen seiner Entscheidungskompetenz den Bescheid der Sicherheitsdirektion mit seinem Erkenntnis vom 10. Oktober 2003, Zl. 2003/18/0254. Letztlich steht somit alleine der Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 31. Juli 2003, Zl. St 145/03 in Wirkung.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidung aus § 9 Abs. 1a FPG idgF iVm. Art 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008, ABl. L 348 vom 24.12.2008, S 98 (im Folgenden: RückführungsRL) ergibt. Art 13 der RückführungsRL sieht vor, dass Drittstaatsangehörige das Recht haben, sich betreffend Entscheidungen "[...] in Bezug [...]" auf die Rückkehr nach Art 12 Abs. 1 der RückführungsRL, an eine zuständige Justiz- oder Verwaltungsbehörde oder ein zuständiges Gremium, dessen Mitglieder unparteiisch sind und deren Unabhängigkeit garantiert wird, mit einem wirksamen Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung, zu wenden und die Überprüfung einer solchen Entscheidung zu begehren.

Es ergibt sohin der Wortlaut der (hier unmittelbar anwendbaren) Richtlinie, dass eine Entscheidung über einen Antrag auf Aufhebung einer Rückkehrentscheidung bzw. eines Einreiseverbotes eine Entscheidung in Bezug auf die Rückkehr nach Art 12 Abs. 1 der RückführungsRL ist und insofern im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltwaltungssenate begründet wird. Bestätigung findet dieses Ergebnis dadurch, dass das sachnächste Organ in Zusammenschau mit Art 47 GRC die Zuständigkeit erlangt (vgl. Schlögl, Die betroffene Öffentlichkeit im UVP-Feststellungsverfahren, wbl 2011, 248 mwN). Nichts anderes gilt für ein Aufenthaltsverbot in der hier vorliegenden Form (idS auch VwGH vom 31. Mai 2011, Zl. 2011/22/0097-5).

 

3.2.1. Das vorliegende – von der Sicherheitsdirektion des Landes Oberösterreich mit 31. Juli 2003 zu Zl. St 145/03, erlassene – Aufenthaltsverbot war auf die §§ 36 Abs. 1 Z 1, 37 Abs. 1 und Abs. 2 sowie 39 Abs. 1 und Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (FrG 1997) idF BGB. I Nr. 134/2002 gestützt. Durch die Asylantragstellung am 12. April 2004 folgt aus § 125 Abs. 3 FPG idgF (s dazu auch das gegenständliche Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 2009, Zl. 2008/21/0094-11), dass das gegenständliche Aufenthaltsverbot "als" Rückkehrverbot "zu gelten" hat, da der Fremde am 1. Jänner 2006 als Asylwerber anzusehen war. Es ergibt sich weiters aus dieser Bestimmung, dass vor dem In-Kraft-treten dieser Übergangsbestimmung erlassene Aufenthaltsverbote als, nach diesem Gesetz "erlassene" Aufenthaltsverbote "gelten". Damit ergibt sich Zweierlei: einerseits handelt es sich nunmehr um ein Aufenthaltsverbot gem. § 60 FPG iSd Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 13 FPG idgF und andererseits "gilt" dieses Aufenthaltsverbot gem. § 125 Abs. 3 FPG "als" Rückkehrverbot. Für einen Wegfall dieser Geltung als Rückkehrverbot fehlt wiederum die Entsprechensbestimmung im in Geltung stehenden Fremdenpolizeigesetz, denn allenfalls kann eine Anwendung des § 54 Abs. 9 FPG angedacht werden, welche jedoch nur bei Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung gem. § 10 AsylG 2005 und eines "erlassenen" Rückkehrverbotes zu einer Geltensanordnung als Einreiseverbot führen würde. § 69 Abs. 2 FPG idgF (analog, siehe dazu weiter unter Pkt. 3.2.3), welcher auf das "erlassene", aber als Rückkehrverbot "geltende" Aufenthaltsverbot angewendet wird, bietet eine Lösung.

 

3.2.2. Gemäß § 65b des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idF. BGBl. I Nr. 38/2011 unterliegen Familienangehörige (§ 2 Abs. 4 Z. 12) der Visumpflicht. Für sie gelten die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach den §§ 41a, 65a Abs. 2, 66, 67 und 70 Abs. 3.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 12 FPG ist Familienangehöriger: wer Drittstaatsangehöriger und Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, die Drittstaatsangehörige sind.

 

3.2.3. Im vorliegenden Fall ist § 65b FPG einschlägig, da der Bw Ehegatte einer österreichischen Staatsangehörigen ist. Zu bemerken ist an dieser Stelle, dass der Bw entgegen den Ausführungen der belangten Behörde nicht als begünstigter Drittstaatsangehöriger gem. § 2 Abs. 4 Z 11 FPG idgF zu behandeln ist, da er Ehegatte einer Österreicherin ist.

 

Grundsätzlich ist die Verhängung von Aufenthaltsverboten für EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige in § 67 FPG geregelt, der durch § 65b FPG als anwendbar erklärt wird. Der die Anträge auf Aufhebung von Aufenthaltsverboten normierende § 69 Abs. 2 FPG wäre nach dem reinen Wortlaut der Verweisungen des § 65b FPG nicht heranzuziehen; allerdings würde dies bedeuten, dass bei Fällen, in denen ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde – wie im vorliegenden Fall -, der für Fremde ohne Aufenthaltstitel geltende § 60 FPG eine Antragsmöglichkeit nicht vorsehen würde. Aus dieser Rechtsschutzüberlegung heraus ist § 65b FPG wohl so zu verstehen, dass der an ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG knüpfende § 69 Abs. 2 FPG auch bei Familienangehörigen Anwendung finden muss, da dies der im FPG angelegten sachlichen Differenzierung der Fremden untereinander entspricht.

 

3.2.4. Gemäß § 69 Abs. 2 FPG sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

3.2.5. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem inhaltlich mit dem aktuellen § 69 Abs. 2 FPG vergleichbaren § 65 Abs. 1 FPG in der vorhergehenden Fassung kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.

 

Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des nunmehrigen § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens) zulässig ist.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat sich somit mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im konkreten Fall ein relevanter Eingriff im Sinne des § 61 FPG vorliegt und – gegebenenfalls – ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes weiterhin dringend geboten ist. Bejahendenfalls ist ferner zu erörtern, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben. Diese Interessen sind daran anschließend gegeneinander abzuwiegen.

 

3.2.6. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG keinesfalls dazu geeignet sein kann, Umstände und Tatsachen die bei der Erlassung des ursprünglichen Aufenthaltsverbotes bereits gewürdigt wurden und durch die Rechtskraft der Entscheidung gedeckt sind, neu oder anders zu beurteilen, da dies in Hinblick auf § 68 Abs. 1 AVG unzulässig wäre. Umstände, die bei Beurteilung im Rahmen der Verhängung der Maßnahme unverändert bestanden, unterliegen daher nicht den Überprüfungsmöglichkeiten im Rahmen des ggst. Verfahrens.

 

3.3.1. Insofern folgt hieraus für das vorliegende Aufenthaltsverbot, dass sich die Antragslegitimation zur Überprüfung des als Rückkehrverbot zu geltenden Aufenthaltsverbotes und der diesbezügliche Prüfungsmaßstab aus der zuvor erörterten analogen Anwendung des § 69 Abs. 2 iVm. 67 FPG idgF ergeben. Entsprechend der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes beurteilt sich somit der Wegfall der Gründe anhand des durch die Familienangehörigeneigenschaft erhöhten Maßstab des § 67 FPG idgF (s dazu VwGH vom 29. September 2009, Zl. 2007/21/0336).

 

3.4.1. Nach Bestimmung des tauglichen Prüfungsgegenstandes, des Prüfungsmaßstabes und der Antragslegitimation gilt es jedoch zu erkennen, dass, wie im Spruch des bekämpften Bescheides der belangten Behörde ausdrücklich angeführt wird, das Aufenthaltsverbot, welches von der belangten Behörde selbst am 27. Mai 2003, Zl. Sich40-21869-2002 verhängt wurde, als Verfahrensgegenstand von der belangten Behörde erkannt wurde.

Der zu Grunde liegende Antrag des Bw enthielt zwar einerseits die Anführung der oben genannten Aktenzahl und des Entscheidungsdatums, doch ergab sich aus der umfassenden Antragstellung andererseits, sowie den sonstigen Ausführungen dieses Rechtsbehelfes deutlich, dass das in Geltung stehende Aufenthaltsverbot Gegenstand des Antrages war.

 

Hingegen lässt sich weder aus dem Bescheid selbst, noch aus dem Inhalt des übermittelten Aktes direkt erkennen, worüber die belangte Behörde sonst abgesprochen haben könnte. Erst die Suche des im Bescheid der belangten Behörde zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes in Zusammenschau mit Pkt. 120 des Akteninhaltsverzeichnisses ermöglichte es, zu eruieren, dass der – von der belangten Behörde angeführte – rechtskräftige Aufenthaltsverbotsbescheid eigentlich in seiner Rechtswirkung durch den vom Verwaltungsgerichtshof bestätigten Bescheid der Sicherheitsdirektion überlagert wird. Dies auch nur durch Eingabe der Geschäftszahl in das Rechtsinformationssystem und überdies mit einem Restgehalt an Unsicherheit, da einerseits eine namentliche Anonymisierung stattgefunden hat und andererseits die Angabe der Geschäftszahl der belangten Behörde fehlt. Aus der Bestätigung des Bescheides der Sicherheitsdirektion durch den Verwaltungsgerichtshof vom 30. April 2009 zu Zl. 2008/21/0094, welche den vormaligen Antrag auf Aufhebung des Rückkehrverbotes abgelehnt hatte, ergibt sich ebenfalls nur das Entscheidungsdatum der Sicherheitsdirektion betreffend das in Geltung stehende Aufenthaltsverbot.

 

3.4.2. Da sich nun hieraus ergibt, dass eine Aufhebung des vom Bescheid der Sicherheitsdirektion in seinen Rechtswirkungen voll überlagerten (s dazu VwGH vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0215) Bescheides der belangten Behörde nicht beantragt war, war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein Zahlschein liegt bei.

 

 

Bernhard Pree

 

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