Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550594/9/Kü/Hu

Linz, 10.05.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein  Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Anträge der N R GmbH, A, L, vertreten durch P M S & Partner Rechtsanwälte, P, S, vom 27. März 2012 auf Nichtigerklärung der Entscheidung des Sozialhilfeverbandes Grieskirchen über das Ausscheiden des Angebotes im Vergabeverfahren betreffend "Reinigungsarbeiten im Bezirksalten- und Pflegeheim X" sowie auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren zu Recht erkannt:

 

 

Den Anträgen wird keine Folge gegeben.

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 7 und 23 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idgF. iVm §§ 2, 19, 84, 123, 128 und 129 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl.I Nr. 17/2006 idgF.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 27. März 2012 hat die N R GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) die Nichtigerklärung der Entscheidung des Sozialhilfeverbandes X (im Folgenden: Auftraggeber) über das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin im Vergabeverfahren "Reinigungsarbeiten im Bezirksalten- und Pflegeheim X" sowie den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren, beantragt.

 

Begründend wurde festgehalten, dass der Auftraggeber ein Vergabeverfahren betreffend Reinigungsarbeiten im Bezirksalten- und Pflegeheim X eingeleitet habe. Die Angebotser­öffnung sei am 20.3.2012 erfolgt und seien bis zu diesem Zeitpunkt 10 Angebote bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als Geschäftsstelle des Sozial­hilfeverbandes eingelangt. Entsprechend dem Angebotseröffnungsprotokoll vom 20.3.2012 erweise sich die Antragstellerin hinsichtlich Los 1 als Bestbieterin und in Gesamtschau der Lose 1 und 2 ebenfalls als Bestbieterin. Mit Schreiben der ausschreibenden Stelle vom 22.3.2012 sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass die Vergabekommission des Bezirksalten- und Pflegeheimes X in der Sitzung vom 22.3.2012 entschieden habe, das Angebot aus dem Vergabe­verfahren auszuscheiden. Die Ausscheidung sei auf § 129 BVergG gestützt. Des Weiteren sei darauf verwiesen worden, dass in Los 1 ein Stundensatz von € 7,79 netto (Lohngruppe 4) angeboten worden sei. Nach Ansicht der Vergabe­kommission wäre Lohngruppe 3 anzuwenden gewesen, da im Los 1 Betten­stationen über das gesamte Haus verteilt wären. Auch wäre im Punkt 1.24 der gegenständlichen Ausschreibung die Einhaltung des österreichischen Arbeits- und Sozialrechts gefordert. Im gültigen Rahmen­kollektiv­vertrag der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger idF vom 1.1.2012 wäre für die Lohngruppe 3 ein Stundensatz für das Bundesland Oberösterreich von € 7,84 verbindlich. Aufgrund dieser Umstände (Preisänderung) läge ein unbehebbarer Mangel vor, da eine Mängelbehebung Auswirkungen auf den zu bewertenden Angebotspreis hätte.

 

Zum drohenden Schaden führte die Antragstellerin aus, dass sie ein Angebot betreffend Losnummern 1 und 2 gelegt habe. Im Hinblick auf Los Nr. 1 sei isoliert betrachtet die Antragstellerin als Bestbieterin zu werten. Die PGR GmbH Nfg. KG S habe das nächstbeste Angebot im Hinblick auf die beiden zu vergebenden Lose 1 und 2 unterbreitet, wobei sämtliche anderen Bieter deutlich über obigen Beträgen angeboten hätten. Der Antragstellerin wäre als Bestbieterin daher der Zuschlag zu erteilen.

 

Die Mitteilung über das Ausscheiden aus dem Vergabeverfahren sei am 22.3.2012 erfolgt. Die geforderten Fristen für Nachprüfungsanträge im Sinne des § 4 Oö. VergRSG seien somit gewahrt.

 

Die Rechtswidrigkeit der Entscheidung über das Ausscheiden der Antrag­stellerin aus dem Vergabeverfahren manifestiere sich in der unrichtigen Interpretation des Rahmenkollektivvertrages der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger für das Bundesland Oberösterreich. Dies deshalb, da die Antragstellerin im Rahmen ihres Angebotes zur Gänze zutreffend und unter Berücksichtigung der arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen Lohngruppe 4 des betreffenden Kollektiv­vertrages einfließen habe lassen. Zweifelsohne handle es sich beim Bezirks­alten- und Pflegeheim X um keine Pflege- und Krankenanstalt, welche überwiegend Spitals- bzw. Krankenhauscharakter aufweise. Beim Bezirksalten- und Pflegeheim X handle es sich im Wesentlichen um ein Altersheim im herkömmlichen Sinne und keinesfalls um eine Anstalt, welche überwiegend Krankenhauscharakter aufweise. Im Übrigen sei aus der Begründung der Aus­scheidung nicht nachvollziehbar, dass die als Argument herangezogenen Betten­stationen zu einer Klassifizierung als Krankenanstalt führen könnten. Der ein­schlägige und von der Vergabekommission herangezogene Kollektivvertrag regle im ersten Absatz betreffend Lohngruppe 3 ausdrücklich, dass Arbeitnehmer, welche in Pflege- und Krankenanstalten beschäftigt würden bzw. Reinigungs­arbeiten nach Professionisten verrichten würden (z.B. Maurer, Maler, Installateur etc.) sowie für die Grundreinigung, Baureinigung und grobe Reinigungsarbeiten Lohngruppe 3 heranzuziehen sei. Der letzte Absatz der heranzuziehenden Bestimmung präzisiere dies insofern, dass lediglich eine Einstufung in Lohngruppe 3 zu erfolgen habe, sofern überwiegend Krankenhaus­charakter gegeben sei.

 

Entsprechend dem aktuellen Internetauftritt des Bezirksalten- und Pflegeheimes X sei zweifelsohne von Spitals- oder Krankenhauscharakter keineswegs auszugehen. Als einzig medizinische Leistung biete die erwähnte Einrichtung "Physiotherapie im Falle ärztlicher Verordnung", was wohl kaum dazu ausreiche, den für die geforderte Lohngruppeneinstufung notwendigen Krankenhaus­charakter zu begründen. Des Weiteren dürfe darauf verwiesen werden, dass auch das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht in einem vergleich­baren Sachverhalt (es handelte sich um das Seniorenheim X) ausdrück­lich davon ausgegangen sei, dass Tätigkeiten in Seniorenheimen nicht unter Lohngruppe 3 fallen würden.

 

Soferne somit die Ausscheidung aus dem Vergabeverfahren mit einem Verstoß gegen Pkt. 1.24 der gegenständlichen Ausschreibung, nämlich der mangelnden Einhaltung des österreichischen Arbeits- und Sozialrechtes, argumentiert würde, unterliege die Vergabekommission zweifelsfrei einer Fehleinschätzung der in diesem Zusammenhang relevanten Bestimmungen des österreichischen Arbeits- und Sozialrechtes und hätte eine Ausscheidung bei richtiger rechtlicher Beur­teilung der von der Ausschreibung geforderten Standards in Zusammenschau mit dem vorliegenden Angebot der Antragstellerin nicht erfolgen dürfen.

 

Die Entscheidung über die Ausscheidung der Antragstellerin widerspreche darüber hinaus den Grundsätzen des Vergabeverfahrens, da offensichtlich davon ausgegangen würde, dass die Antragstellerin nicht zu angemessenen Preisen angeboten habe. Die von der Antragstellerin angebotenen Preise würden bei rechtlich richtiger Betrachtung nicht nur der geforderten Lohngruppe des anzuwendenden Kollektivvertrages entsprechen, sondern seien in diesem Zusammenhang zweifelsfrei als angemessen zu werten. Durch die Ausscheidung der Antragstellerin sei somit nicht mehr von einer Gleichbehandlung sämtlicher Bewerber und Bieter auszugehen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat den Sozialhilfeverband X als Auftraggeber am Nachprüfungsverfahren beteiligt. In der Eingabe vom 29.3.2012 führte der Auftraggeber aus, dass das Bezirksalten- und Pflegeheim X mit Stichtag 1.1.2012 109 Bewohner habe, davon 44 Bewohner in der Pflege­stufe 5, 8 in der Pflegestufe 6 und 5 in der Pflegestufe 7. 11 Erhöhungsanträge für die Pflegestufen würden derzeit laufen. Die Bettenstationen seien über das gesamte Haus verteilt. Ab Pflege­stufe 5 sei eine dauernde Bereitschaft einer Pflegerin notwendig. Mehr als die Hälfte der BewohnerInnen seien in Pflegestufe 5 oder höher. In den Büro- und Verwaltungseinheiten des Bezirksalten- und Pflegeheimes seien 3 Personen (Heimleiter, Sekretärin, Lehrling) tätig. Weiters seien im Haus die Sozialbe­ratungsstelle und die Pflegedienstleiterin (je ein Büroraum) unterbracht. Zusammenfassend könne gesagt werden, dass die Vergabekommission aus den dargelegten Gründen die Entscheidung getroffen habe, die Antragstellerin auszu­schließen und keinerlei Rechtsverletzungen vorliegen würden.

 

Im Schreiben vom 2.4.2012 führt der Auftraggeber aus, dass als ausschreibende Stelle die Firma X, X beauftragt worden sei.

 

In der gegenständlichen Ausschreibung sei für jeden Bieter eine Besichtigung des Objektes integrierter Bestandteil seines Angebots gewesen. Die Antragstellerin habe diesen Besichtigungstermin auch fristgerecht während der Angebotsfrist wahrgenommen. Des Weiteren sei die Antragstellerin schon seit Jahren mit der Gebäudereinigung des Alten- und Pflegeheims X betraut. Aus diesem Grunde sollte auch die Struktur des Hauses und die Leistung, die von den MitarbeiterInnen des Alten- und Pflegeheims X erbracht würde, der Antragstellerin bekannt sein. Die angebotene Pflege und Betreuung erfolge aus­nahmslos durch qualifiziertes Fachpersonal nach dem gesetzlich vorge­schriebenen Personalschlüssel (20 bis 25 % Personaleinheiten aus dem Gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, 60 bis 70 % Fachsozial­betreuerInnen/Altenarbeit, 10 bis 15 % HeimhelferInnen), sei zielgerichtet und orientiere sich an den körperlichen, seelischen, sozialen und geistig religiösen Bedürfnissen der alten Menschen.

 

Wie aus dem Schreiben vom 30.3.2012 ersichtlich, seien von den 109 BewohnerInnen (Stichtag 1.1.2012) mehr als die Hälfe in der Pflegestufe 5 oder höher eingestuft. Ein Formular, aus dem der bezüglich dieser Pflegestufen notwendige Pflegeaufwand ersichtlich sei, liege bei. Da die BewohnerInnen mit steigendem Pflegebedarf immer in ihren ursprünglich bezogenen Zimmern verbleiben würden, seien reine Bettenstationen auf vier Wohnbereiche verteilt angelegt. Dieser BewohnerInnenkreis benötige neben einer medizinischen Betreuung eine intensive Grund-, Behandlungs- und therapeutische Pflege. Wie aus der angeführten Internetseite klar ersichtlich, betreue und pflege das Alten- und Pflegeheim X nach dem Mäeutischen Pflegekonzept und biete Möglichkeiten wie zB. das Feiern von Festen, Seniorenturnen, Filmnachmittage, usw. als Zusatzangebote an, um den Bewohnern einen abwechslungsreichen Alltag zu ermöglichen und soziale Kontakte zu fördern.

 

Aus dieser Struktur und Organisationsform der Gebäudereinigung könne erst eine Lohngruppe lt. Rahmenkollektivvertrag der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung ermittelt werden. Daraus folge, dass im gegenständlichen Sachverhalt im Los 1 ausschließlich Lohngruppe 3 anzuwenden sei. Jeder Bieter sollte nach dem Besichtigungstermin die Struktur und die Leistung des Hauses kennen. 8 von 10 Bietern in der gegenständlichen Ausschreibung hätten auch in Los 1 die Lohngruppe 3 richtigerweise angeboten. Weiters hätte jeder Bieter in der Anfragefrist die Möglichkeit gehabt, Fragen bei Unklarheiten in der Ausschreibung bzw. in der Angebotsausarbeitung zu stellen. Die Antragstellerin habe während der Anfragefrist bei der ausschreibenden Stelle keine Fragen gestellt.

 

Ohne die genaue Struktur und die Organisationsform der Gebäudereinigung des Seniorenheimes X zu kennen, könne nicht beurteilt werden, ob Lohngruppe 3 oder Lohngruppe 4 anzuwenden sei. Beispielhaft sei angeführt, dass, wenn die Reinigungskraft ausschließlich oder überwiegend Reinigungstätig­keiten im Büro- und Verwaltungsbereich ausführe, Lohngruppe 4 zur Anwendung komme.

 

3. In der Replik vom 19.4.2012 zu den Ausführungen der Auftraggeberseite führt die Antragstellerin aus, dass sich die Stellungnahme im Wesentlichen auf die Wiedergabe des ohnehin bereits bekannten Sachverhaltes beschränke und widerspreche sich insofern, als der ausschreibenden Stelle gerade aufgrund des Umstandes, dass die Antragstellerin schon seit mehreren Jahren mit der Reinigung des Alten- und Pflegeheims X betraut sei, auch die Modalitäten der Verrichtung der Anbotsstellerin seit Jahren bekannt seien, ohne dass darin, in welcher Form auch immer, Anstoß genommen worden wäre. Es überspanne mit Sicherheit die Nachforschungspflichten von Anbotsstellern, die Qualifikationen des vom Alten- und Pflegeheim X beschäftigten Personals zu hinterfragen.

 

Der Hinweis darauf, dass die angebotene Pflege und Betreuung ausnahmslos nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Personalschlüssel erfolge, sei insofern nicht nachvollziehbar, da vom Auftraggeber im Zusammenhang mit einer Ausschreibung im Mai des Jahres 2011 betreffend das Bezirksalten- und Pflegeheim X keinerlei wie immer gearteter Verstoß an der angebotenen Lohngruppe genommen worden sei. Noch im Mai des Jahres 2011 sei auch von der vergebenden Stelle eine Ausschreibung betreffend des zuvor zitierten Bezirksalten- und Pflegeheims X für den Auftraggeber vorgenommen worden. Die Antragstellerin habe auf Basis der nunmehr kritisierten Lohngruppe angeboten, sei nicht ausgeschieden worden und habe letztlich den Zuschlag erhalten. Aus diesem Umstand erkläre sich auch, dass die Antragstellerin von Anfang an nicht von Unklarheiten in der Ausschreibung bzw. in der Angebotsausarbeitung ausgehen hätte müssen. Sich nunmehr darauf zurück zu ziehen, dass anlässlich des Besichtigungstermins zu anderen Schlüssen hätte gelangt werden können, erscheine nicht nur unzulässig, sonder werfe offensichtlich ein eindeutiges Bild auf die gepflogenen Ausschreibungs­modalitäten.

 

Zur Stellungnahme vom 29.3.2012 sei festzuhalten, dass das zitierte Stellungnahmeschreiben von Herrn Mag. G L keinen Nachweis über die tatsächliche Urheberschaft beinhalte. Darüber hinaus sei die vorliegende Stellungnahme inhaltlich auch nicht zutreffend bzw. objektiv unrichtig. Es könne keinerlei Rede davon sein, dass im letzten Absatz betreffend Lohngruppe 3 des bezughabenden Kollektivvertrages klar festgestellt wäre, dass diese Lohngruppe nicht anzuwenden sei, wenn eine Reinigungskraft in einem Pflegeheim oder einer Krankenanstalt beschäftigt wurde und sich ihr Reinigungsbereich auch ausschließlich oder überwiegend in den Büro- oder Verwaltungseinheiten befinde. Eine Feststellung im entsprechenden Kollektivvertrag sei nicht ersichtlich und laute der letzte Absatz betreffend Lohngruppe 3 vielmehr wie folgt: "Arbeitnehmer, die in Pflege- oder Krankenanstalten Reinigungsarbeiten durch­führen, seien nur dann in diese Lohngruppe einzustufen, wenn sie an einer Arbeitsstelle eingesetzt würden, die überwiegend Spitals- bzw. Krankenhaus­charakter aufweise". Die Ausführungen in diesem Zusammenhang geben jedenfalls den korrekten Wortlaut des Kollektivvertrages in keiner Weise wider und könne auch keine Rede davon sein, dass diesbezüglich Interpretationsbedarf gegeben wäre. Es würde wohl nicht argumentierbar sein, dass eine Einrichtung, welche sich der Mäeutischen Pflege bediene, welche darüber hinaus als einzig medizinisches Angebot ausschließlich die Verordnung von Massagen bereit hielte, als Krankenanstalt oder Spital einzustufen sei. Die Antragstellerin nehme nicht, wie ausgeführt, eine Interpretation dahingehend vor, dass eine gesamte Einrichtung Bettenstationscharakter aufweisen müsse, sondern orientiere sich ausschließlich an den strittigen Formulierungen des Kollektivvertrages im betreffenden Punkt.

 

Zusammenfassend sei nochmals darauf hinzuweisen, dass das nunmehrige Vorgehen des Auftraggebers im objektiven Widerspruch zu wortgleich gestalteten Ausschreibungen in früheren Monaten stehe, keinerlei Informationsversäumnisse auf Seiten der Antragstellerin vorliegen würden, da diese aufgrund der bereits gemachten Erfahrungen darauf hätte vertrauen dürfen, dass die von ihr angebotenen Lohngruppen auch die Zustimmung der ausschreibenden Stelle finden würden und insgesamt mit Sicherheit bei dem Bezirksalten- und Pflege­heim X nicht von einer Krankenanstalt bzw. einer Arbeitsstelle ausgegangen werden könne, welche überwiegend Spitals- bzw. Krankenhaus­charakter aufweise, sodass das vorliegende Angebot nicht hätte ausgeschieden werden dürfen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Vergabeakt, insbesondere die Ausschreibungsunterlagen, den Auszügen aus dem betreffenden Kollektivvertrag sowie die Schriftsätze des Auftraggebers und der Antragstellerin. Da sich bereits aus diesen Unterlagen der ent­scheidungswesentliche Sachverhalt ergeben hat, zudem von keiner Verfahrens­partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde, konnte gemäß § 19 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 von der Durchführung einer solchen abgesehen werden.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Auftraggeber führt ein offenes Verfahren im Unterschwellenbereich betreffend Reinigungsarbeiten (Unterhalts-, Grund- und Fensterreinigung, Regie­arbeiten) im Bezirksalten- und Pflegeheim X. Die öffentliche Bekannt­machung erfolgte in Folge X der X. Als ausschreibende Stelle fungiert die X.

 

Gemäß den Ausschreibungsunterlagen hat die Umsetzung des gegenständlichen Beschaffungsvorganges unter Berücksichtigung sämtlicher Anforderungen des Auftraggebers zu erfolgen. Der Auftragsgegenstand unterteilt sich in folgende Leistungsteile:

-         Unterhaltsreinigung Los 1

-         Unterhaltsreinigung Los 2 (optional)

-         Grundreinigung – eine Grundreinigung erfolgt ausschließlich auf gesondertem Auftrag

-         Fenster- und Glasreinigung und

-         Regiestunden.

In den Allgemeinen Ausschreibungsbestimmungen findet sich in Punkt 1.24 die Festlegung, dass bei der Erstellung des Angebotes zu berücksichtigen ist, dass für in Österreich zu erbringende Leistungen die in Österreich geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften einzuhalten sind. Im Auftragsfall hat der Bieter diese Vorschriften einzuhalten. Auskünfte über die bei der Durchführung des Auftrags geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften erteilen die örtlich zuständigen gesetzlichen Interessensvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer.

 

Als Los 1 wird vom Auftraggeber die Fremdreinigung beschrieben, welche im Angebotsblatt Beilage./9 beschrieben ist. Als Los 2 wird vom Auftraggeber die Eigenreinigung beschrieben, die derzeit von zwei hauseigenen Mitarbeitern betreut wird, allerdings vom Bieter optional anzubieten ist. Im Vertretungsfall hat der Auftragnehmer Teilleistungen zu erbringen. Sollten beide Mitarbeiterinnen ausfallen, so sind die Reinigungsarbeiten für Los 2 komplett zu übernehmen. Der Abruf dieser Teilleistung/Gesamtleistung erfolgt über einen gesonderten Auftrag des Auftraggebers.

 

Innerhalb der Angebotsfrist langten insgesamt 10 Angebote ein. Am 20.3.2012 erfolgte die Angebotsöffnung. Aus dem Angebotseröffnungsprotokoll ergibt sich, dass die Antragstellerin mit einer Nettoanbotssumme von 94.807,84 Euro für Los 1 sowie 5.527,56 für Los 2 als Bestbieterin für Los 1 bzw. in Gesamtschau für Lose 1 und 2 ausgewiesen ist.

 

In den Ausschreibungsunterlagen ist festgelegt, dass die Vergabe nach dem Bestbieterprinzip erfolgt. Als Zuschlagskriterien sind der Angebotspreis für die Unterhaltsreinigung Los 1 pro Jahr mit einer Gewichtung von 60 %, Qualität der angebotenen Leistung (20 %), Qualitätssicherung (10 %), Angebotspreis für die Glas- und Fensterreinigung (4 %), Angebotspreis für Grundreinigung Linol (2 %), Angebotspreis für Grundreinigung Fliesen (2 %) und Angebotspreis für Regie­stunde Zimmerendreinigungsarbeiten (2 %) ausgewiesen.

 

Das Angebot der Antragstellerin wurde von der ausschreibenden Stelle einer Überprüfung unterzogen und wurde das Ergebnis der Überprüfung im Bericht vom 21.3.2012 festgehalten. Neben allfälligen Nachforderungen hinsichtlich der Eigenerklärung sowie der wirtschaftlichen/finanziellen und technischen Leistungs­fähigkeit ist in diesem Bericht festgehalten, dass der in der Beilage 5 angeführte Lohn pro Stunde von Euro 7,79 der kollektivvertragliche Lohn für die Lohngruppe 4 ist. In der gegenständlichen Ausschreibung ist in Los 1 allerdings Lohngruppe 3 mit einem Lohn pro Stunde von Euro 7,84 anzusetzen. Aus diesem Grund ist die N R GmbH aus diesem Vergabeverfahren auszuscheiden.

 

In der Folge wurde der Antragstellerin mit Schreiben vom 22. März 2012 mitgeteilt, dass die Vergabekommission des Bezirksalten- und Pflegeheims X in der Sitzung vom selben Tag entschieden hat, das Angebot aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden. Als Begründung wurde festgehalten, dass in Los 1 ein Stundensatz von Euro 7,79 netto (Lohngruppe 4) angeboten worden ist. Da im Los 1 Bettenstationen über das gesamte Haus verteilt sind, ist Lohngruppe 3 zu verwenden. In Punkt 1.24 der gegenständlichen Ausschreibung ist die Einhaltung des Österreichischen Arbeits- und Sozialrechts gefordert. Im gültigen Rahmenkollektivvertrag der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger, Stand 1.1.2012, ist für die Lohngruppe 3 ein Stundensatz für das Bundesland Oberösterreich von  Euro 7,84 verbindlich. Aufgrund dieser Tatsache (Preisände­rung) liegt ein unbehebbarer Mangel vor, da eine Mängelbehebung Auswirkungen auf den zu bewertenden Angebotspreis hat.

 

Gegen diese Entscheidung über das Ausscheiden des Angebotes vom 22. März 2012 wurde von der Antragstellerin fristgerecht der gegenständliche Nach­prüfungs­antrag eingebracht.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den vorliegenden Ausschreibungsunter­lagen, dem Angebot der Antragstellerin, dem Prüfprotokoll vom 21.3.2012 der ausschreibenden Stelle sowie der vorliegenden Entscheidung über das Ausscheiden des Angebots.

 

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Der Sozialhilfeverband X ist ein Gemeindeverband. Die Vergabe fällt daher in den Vollziehungsbereich des Landes iSd Art. 14b Abs.2 Z 2 lit.a B-VG und unterliegt damit das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.  

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

5.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Die Antragstellerin hat den gegenständlichen Nachprüfungsantrag innerhalb der in § 4 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 festgesetzten Frist eingebracht, der Antrag ist daher rechtzeitig. Zudem weist der Antrag die in § 5 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 festgelegten Inhalte auf, weshalb dieser auch als zulässig zu werten ist. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes der ausgeschriebenen Dienstleistung sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

5.3. Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrages behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

1.      sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. von ihr nach § 5 Abs. 1 Z. 5 geltend gemachten Recht verletzt, und

2.      diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.aa BVergG 2006 stellt das Ausscheiden des Angebotes im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.

 

Gemäß § 84 Abs.2 BVergG 2006 hat der Auftraggeber in der Ausschreibung vorzusehen, dass die Erstellung des Angebots für in Österreich zu erbringende Leistungen unter Berücksichtigung der in Österreich geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften zu erfolgen hat und dass sich der Bieter verpflichtet, bei der Durchführung des Auftrages in Österreich diese Vorschriften einzuhalten. Diese Vorschriften sind bei der für die Ausführung des Auftrages örtlich zuständigen Gliederung der gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zur Einsichtnahme durch interessierte Bieter und Bewerber bereitzuhalten. Hierauf ist in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich hinzuweisen.

 

Nach § 123 Abs.1 BVergG 2006 erfolgt die Prüfung der Angebote in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien.

 

Gemäß § 123 Abs.2 BVergG 2006 ist bei Angeboten, die für eine Zuschlags­erteilung in Betracht kommen, im Einzelnen zu prüfen,

1.      ob den in § 19 Abs. 1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde;

2.      nach Maßgabe des § 70 die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters bzw. – bei der Weitergabe von Leistungen – der namhaft gemachten Subunternehmer;

3.      ob das Angebot rechnerisch richtig ist;

4.      die Angemessenheit der Preise;

5.      ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.

 

Gemäß § 128 Abs.1 BVergG 2006 ist über die Prüfung der Angebote und ihr Ergebnis eine Niederschrift zu verfassen, in welcher alle für die Beurteilung der Angebote wesentlichen Umstände festzuhalten sind.

 

Gemäß § 129 Abs.1 Z7 BVergG 2006 hat der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung auf Grund des Ergebnisses der Prüfung

den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleich­wertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, auszuscheiden.

 

5.4. Der Auftraggeber nimmt in der Begründung der Entscheidung über das Ausscheiden auf Punkt 1.24. der Ausschreibungsunterlagen Bezug, wonach die Einhaltung des Österreichischen Arbeits- und Sozialrechts gefordert ist. Im Los 1 hat die Antragstellerin mit einem Stundensatz von Euro 7,79 netto kalkuliert, welcher der Lohngruppe 4 des Kollektivvertrages der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger, Stand 1.1.2012, entspricht. Nach Ausführungen des Auftrag­gebers sind im gesamten Haus Bettenstationen verteilt, sodass gemäß kollektivvertraglicher Regelung Lohngruppe 3 mit einem Stundensatz von 7,84 Euro verbindlich ist. Aufgrund dieser Tatsache (Preisänderung) liegt lt. Auftrag­geber ein unbehebbarer Mangel vor, da eine Mängelbehebung Auswirkungen auf den zu bewertenden Angebotspreis hat.

 

Die Antragstellerin wendet sich gegen die ihrer Ansicht nach unrichtige Inter­pretation des Rahmenkollektivvertrages der Denkmal-, Fassaden- und Gebäude­reiniger und führt aus, dass sie zu Recht in Beachtung der arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen Lohngruppe 4 des Kollektivvertrages ihrem Angebot zugrunde gelegt hat.

 

Der gegenständliche Kollektivvertrag sieht in § 2 A) eine Lohngruppeneinteilung vor, wobei unter Lohngruppe 3 Folgendes vermerkt ist:

"Arbeitnehmer, welche in Pflege- und Krankenanstalten beschäftigt werden bzw. Reinigungsarbeiten nach Professionisten verrichten (z.B. Maurer, Maler, Installateur etc.) sowie für die Grundreinigung (z.B. Reibarbeiten etc.), Baureinigung und grobe Reinigungsarbeiten, wie z.B. in Verkehrseinrichtungen (z.B. in Bahnhöfen) und in Verkehrsmitteln.

........

Arbeitnehmer, die in Pflege- und Krankenanstalten Reinigungsarbeiten durch­führen, sind nur dann in diese Lohngruppe einzustufen, wenn sie an einer Arbeitsstelle eingesetzt werden, die überwiegend Spitals- bzw. Krankenhaus­charakter aufweist."

 

Der Lohngruppe 4 dieser Lohngruppeneinteilung unterliegen Arbeitnehmer, welche zur ständigen Reinigung in Industrie- und Gewerbebetrieben, Fabriken, Bürohäusern oder auf anderen Arbeitsstellen, ebenso für Botengänge, Einkäufe, Essensausgabe und in der Küche beschäftigt werden (Unterhaltsreinigung).

 

Gemäß den unbestrittenen Angaben des Auftraggebers sind im Bezirksalten- und Pflegeheim X mit Stichtag 1.1.2012 109 Bewohner untergebracht. Mehr als die Hälfe dieser Bewohner sind in Pflegestufe 5 oder höher eingestuft (44 Bewohner in Pflegestufe 5, 8 Bewohner in Pflegestufe 6 und 5 in Pflegestufe 7, 11 Erhöhungsanträge für die Pflegestufen laufen derzeit). Bettenstationen sind über das gesamte Haus verteilt. In den Büro- und Verwaltungseinheiten des Bezirksalten- und Pflegeheims sind drei Personen (Heimleiter, Sekretärin, Lehrling) tätig. Im Haus sind zudem die Sozialberatungsstelle und die Pflege­dienstleiterin (je ein Büroraum) untergebracht.

 

Strittig ist nunmehr die Auslegung des letzten Absatzes der im Kollektivvertrag aufgelisteten Lohngruppe 3, wonach Arbeitnehmer, die in Pflege- und Kranken­anstalten Reinigungsarbeiten durchführen, nur dann in diese Lohngruppe einzu­stufen sind, wenn sie an einer Arbeitsstelle eingesetzt werden, die überwiegend Spitals- bzw. Krankenhauscharakter aufweist.

 

Dem Auftraggeber ist dahingehend beizupflichten, dass entgegen den Aus­führungen der Antragstellerin im letzten Absatz der kollektivvertraglichen Regelung in Lohngruppe 3 nicht festgelegt ist, dass die gesamte Pflege- und Krankenanstalt überwiegend Spitals- und Krankenhauscharakter aufzuweisen hat, zumal die Formulierung in diesem Absatz nur davon spricht, dass Arbeitnehmer an einer Arbeitsstelle eingesetzt werden, die überwiegend Spitals- bzw. Krankenhauscharakter aufweist. Die Formulierung Arbeitsstelle gebietet nicht den Rückschluss auf das gesamte Objekt, sondern kann es sich diesbezüglich nur um eine Arbeitsstelle innerhalb der Pflege- und Krankenanstalt handeln, wie etwa Verwaltungs- oder Büroräume, die jedenfalls keinen Spitals- oder Krankenhauscharakter aufweist. Nur diese Interpretation steht in Einklang mit dem ersten Satz der Regelung der Lohngruppe 3, nach der in Pflege- und Krankenanstalten beschäftigte Arbeitnehmer, generell dieser Lohngruppe zuzuordnen sind. Eine andere Deutung der Bestimmungen würde einen unauflösbaren Widerspruch innerhalb der Lohngruppenregelung mit sich bringen, welcher nicht der Absicht der Vertragsparteien entsprechen kann. Auch der Auftraggeber führt in seiner Stellungnahme daher zutreffend aus, dass der letzte Absatz der Lohngruppe 3 des gegenständlichen Kollektivvertrages so zu verstehen ist, dass eine Entlohnung in dieser Gruppe für Arbeitnehmer, die in Pflege- und Krankenanstalten Reinigungsarbeiten durchführen, nur dann nicht anzuwenden ist, wenn eine Reinigungskraft zwar in der genannten Institution arbeitet, ihr Reinigungsbereich sich aber ausschließlich oder überwiegend in den Büro- und Verwaltungseinheiten der betreffenden Einrichtung befindet. Den Ausschreibungs­unterlagen sowie den Kalkulations­grundlagen der Antragstellerin ist allerdings eine derartige Einteilung in Reinigungskräfte, die einerseits ausschließlich die Zimmer der Heiminsassen andererseits nur Büro- oder Verwaltungseinrichtungen betreuen, nicht erkennbar. Von der Antragstellerin wird vielmehr die Unterhaltsreinigung in Los 1 mit einer durchschnittlichen Anzahl von 5 Mitarbeitern mit einem Lohn pro Stunde in Höhe von 7,79 Euro, welcher der Lohngruppe 4 entspricht, angeboten. Gemäß den obigen Überlegungen wäre diese Einstufung nur für eine Arbeitsstelle innerhalb des Bezirksalten- und Pflegeheims X, die nicht überwiegend Spital- bzw. Krankenhauscharakter aufweist, wie eben Verwaltungs- oder Büroräume, gerechtfertigt und als den geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen entsprechend zu werten.

 

Der Antragstellerin ist jedenfalls nicht zuzustimmen, wenn sie die Frage des überwiegenden Spitals- bzw. Krankenhauscharakters einer Pflege- und Krankenanstalt mit dem Internetauftritt des Bezirksalten- und Pflegeheims X zu beantworten versucht. Auch ergibt sich aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Protokoll des Landesgerichtes Linz nicht, welche Tätigkeit die Klägerin im konkreten Fall tatsächlich ausgeführt hat, weshalb diese Unterlage keinen Beweis für die Ansicht der Antragstellerin liefert. Vielmehr ist aus den vom Auftraggeber dargestellten Daten über den Pflegebedarf der Heiminsassen für das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungs­senates die getroffene Entscheidung über das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin nachvollziehbar. Aus den Pflegestufen der Hälfte der Heimbewohner, die ab Pflegestufe 5 zumindest eine 180-stündige Betreuung pro Monat mit sich bringen, zudem sich im Gebäude nur im untergeordneten Ausmaß Verwaltungs- und Büroräumlichkeiten befinden, kann zutreffend davon ausgegangen werden, dass es sich beim Bezirksalten- und Pflegeheim X bezogen auf die Bettenstationen um eine Einrichtung handelt, die keinen wesentlichen Unterschied zu einer Institution mit Spitals- bzw. Krankenhaus­charakter aufweist. Daher werden gegenständlich Reinigungsarbeiten in einer Pflege- und Krankenanstalt ausgeschrieben, was im Hinblick auf die Regelung im Kollektivvertrag dem Grundsatz nach eine Einstufung in Lohngruppe 3 mit sich bringt.

 

Eine Änderung des Angebotes der Antragstellerin auf den im gegenständlichen Fall gebotenen kollektivvertraglichen Lohn in Höhe von 7,84 Euro würde zu einer Kalkulationsänderung und damit Preisänderung im Angebot führen. Wie der Auftraggeber zutreffend bereits in seinem Prüfprotokoll sowie in der Entscheidung über das Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin festge­halten hat, entspricht der von der Antragstellerin in der Kalkulationsgrundlage festgelegte Stundenlohn der Lohngruppe 4 nicht den in Österreich geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften, zu denen auch der gegenständliche Kollektivvertrag der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger zu zählen ist. Die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, wonach die von ihr angebotenen Preise zweifelsfrei als angemessen zu werten sind, stellt sich daher nicht, zumal bei Außerachtlassung der maßgeblichen arbeits- und sozialrechtlichen Vor­schriften grobe Wettbewerbsverzerrungen möglich wären. Kollektivvertrag­liche Regelungen sind im Sinne des § 84 BVergG 2006 vielmehr als feste Bestandteile des Vergabevertrages vorzusehen. Da das Angebot der Antragstellerin nicht der im Kollektivvertrag getroffenen Lohnvereinbarung und somit den arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen in Österreich entspricht, ist im Sinne des § 129 Abs.1 Z7 von einem den Ausschreibungsbestimmungen widersprechenden Angebot der Antragstellerin auszugehen, weshalb das Ausscheiden des Ange­botes durch den Auftraggeber zu Recht erfolgt ist.

 

Insgesamt war daher vom Unabhängigen Verwaltungssenat zu erkennen, dass die Antragstellerin durch die angefochtene Entscheidung nicht in ihren Rechten verletzt wurde.

 

6. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin.

 

Gemäß § 23 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 besteht ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung nur dann, wenn dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde.

 

Da dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin nicht stattzugeben war, konnte daher auch kein Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren ausgesprochen werden und war der entsprechende Antrag abzuweisen. 

 

7. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 63,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen ab­gesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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