Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301030/4/Gf/Rt

Linz, 30.04.2012

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung der S Sch, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 8. April 2011, Zl. Pol96-93-2010, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und stattdessen bloß eine Ermahnung erteilt wird; im Übrigen wird diese hingegen als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 21 Abs. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 8. April 2011, Zl. Pol96-93-2010, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 16 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 5 Euro) verhängt, weil sie am 4. August 2010 in der Zeit zwischen 17.15 Uhr und 18.15 Uhr mit einer Schreckschusspistole wiederholt Platzpatronen abgefeuert und so in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt habe. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 3 Abs. 1 des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, in der hier maßgeblichen Fassung LGBl.Nr. 77/2007 (im Folgenden: OöPolStG), begangen, weshalb sie nach § 10 Abs. 1 lit. a OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der der Rechtsmittelwerberin zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund entsprechender Wahrnehmungen der einschreitenden Sicherheitsorgane und ihrer eigenen Angaben als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien Milderungsgründe nicht hervorgekommen, während mehrere Vormerkungen als erschwerend zu werten gewesen seien. Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 1.300 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten).

 

1.2. Gegen diesen ihr am 11. April 2011 zugestellten Bescheid richtete sich die vorliegende, am 18. April 2011 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

 

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass die in Anwesenheit der Polizeibeamten angeordnete Schusssimulation insofern unter gänzlich anderen Umständen stattgefunden habe als die ihr angelastete Übertretung, weil sich die Anzeige erstattet habende Nachbarin, mit der sie seit Jahren im Streit lebe, nicht in unmittelbarer Nähe, sondern in deren Haus aufgehalten habe.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. zu Zl. Pol96-93-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Da im angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, hatte der Oö. Verwaltungssenat (nicht durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer, sondern) durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die gegenständliche Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 OöPolStG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 360 Euro zu bestrafen, der in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt.

 

Nach § 3 Abs. 3 OöPolStG  ist störender Lärm –  worunter  gemäß § 3 Abs. 2 OöPolStG alle wegen ihrer Dauer, Lautstärke oder Schallfrequenz für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung tretenden Geräusche zu verstehen sind – dann als in ungebührlicher Weise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall stimmen alle Beteiligten dahin überein, dass mit der verfahrensgegenständlichen Schreckschusspistole zum Tatzeitpunkt Schüsse abgegeben wurden. Dass deren Lautstärke jener einer echten Waffe gleichkam, wird auch von der Rechtsmittelwerberin selbst gar nicht in Abrede gestellt. Sie wendet sich vielmehr nur gegen die Wertung dahin, dass der dadurch erregte Lärm als ungebührlich qualifiziert wurde, wo sich doch jene Nachbarin, die Anzeige erstattet habe, zum Tatzeitpunkt gar nicht im Freien, sondern im Haus befunden habe und deshalb dadurch auch nicht wesentlich beeinträchtigt worden sein könne.

 

In diesem Zusammenhang ist der Beschwerdeführerin jedoch entgegen zu halten, dass es für die Erfüllung des Tatbildes des § 3 Abs. 1 OöPolStG nicht auf die subjektive Einschätzung ihrer selbst oder einer anderen konkreten Person, sondern vielmehr ausschließlich darauf ankommt, wie der Lärm von einem objektiven Durchschnittsbürger empfunden wird. Unter den Umständen des vorliegenden Falles – dieser ereignete sich in einer nicht an einer Durchzugsstraße gelegenen Streusiedlung im ländlichen Gebiet – kann es aber keinem Zweifel begegnen, dass die Abgabe mehrerer Schüsse in kurzer zeitlicher Abfolge sowohl auf Grund ihrer Lautstärke als auch wegen ihrer Unvorhersehbarkeit dazu geeignet ist, generell als unangenehm empfunden zu werden. (Davon abgesehen wurde eine solche Beeinträchtigung im Übrigen nicht nur von jener die Anzeige erstattet habenden Nachbarin und den einschreitenden Beamten, sondern auch von einem weiteren Anrainer bekräftigt.)

 

In gleicher Weise kann von der Umwelt auch erwartet werden, dass ein derartiges Verhalten unterlassen wird. Denn selbst wenn man der Verantwortung der Rechtsmittelwerberin dahin, dass sie die Schüsse zu dem Zweck abgegeben hätte, "um herumschleichende Personen vom Betreten der Liegenschaft abzuhalten bzw. zu verscheuchen" (vgl. die Anzeige der PI Ried i.I. vom 2. September 2010, Zl. 6869/01/2010, S. 2), liegt es auf der Hand, dass dieser Effekt jedenfalls auch durch weniger lärmintensive Maßnahmen – wie z.B. am nahe liegendsten dadurch, dass diese Person(en) zur Rede gestellt und/oder (wenn sich die Beschwerdeführerin durch diese tatsächlich bedroht gefühlt hätte) Anzeige bei der Polizei erstattet worden wäre(n) – zu erreichen gewesen wäre.

 

Die Rechtsmittelwerberin hat daher tatbestandmäßig und indem sie jene Sorgfalt, die von einem Durchschnittsbürger in ihrer Situation erwartet werden kann, unterlassen hat, zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt; ihre Strafbarkeit ist daher grundsätzlich gegeben.

 

3.3. Im Zuge der Strafbemessung hat die belangte Behörde das Nichtvorliegen von Milderungsgründen damit begründet, dass "zahlreiche einschlägige Verwaltungsvorstrafen" als erschwerend zu werten gewesen seien. Allerdings scheinen solche in dem von ihr vorgelegten Akt nicht auf, sodass der Oö. Verwaltungssenat von ihrer bisherigen Unbescholtenheit auszugehen hatte.

 

Da ein gravierendes Verschulden nicht evident ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend waren, findet es der Oö. Verwaltungssenat unter den Umständen des konkreten Falles als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, nach § 21 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen und stattdessen bloß eine Ermahnung auszusprechen, weil zu erwarten ist, dass die Rechtsmittelwerberin auch dadurch wirksam von der Begehung gleichartiger Übertretungen abgehalten wird, zumal sie die Schreckschusspistole – wie der vorzitierten Anzeige zu entnehmen ist – ohnehin bereits zwei Tage nach dem gegenständlichen Vorfall wieder weiterveräußert hat.

3.4. Insoweit war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f


 

Rechtssatz:

 

Nicht erforderlich

 

 

 

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