Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-523144/2/Kof/Eg

Linz, 23.04.2012

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn F W, geb. x, H, S, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. X, X, X gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 23. März 2012, VerkR21-304-2011, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung ua., zu Recht erkannt:

 

I.

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die/das

-     Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

-     Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades,

    vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges und Invalidenkraftfahrzeuges

- Aberkennung des Rechts, von einer ausländischen Lenkberechtigung    in Österreich Gebrauch zu machen

auf sieben Monate, vom 14. Dezember 2011 bis einschließlich 14. Juli 2012 herab- bzw. festgesetzt wird.

Im Übrigen wird der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 26 Abs.2 Z1, 32 Abs.1 Z1 und 30 Abs.1 FSG

in der zur "Tatzeit" (= 14.12.2011) geltenden Fassung,

BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

 

II.

Betreffend die

-         Anordnung einer Nachschulung

-         Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme

-         Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und

-         Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung

ist der erstinstanzliche Bescheid – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

- die Lenkberechtigung für die Klassen B und F für die Dauer von neun Monaten

   - vom 14. Dezember 2011 bis einschließlich 14. September 2012 – entzogen

- für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines

   Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges und Invalidenkraftfahrzeuges

   verboten

- für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt,

   von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen

- verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer

-         eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren

-         eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen

-         ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung        

     gemäß § 8 FSG beizubringen.                

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid - zugestellt am 30. März 2012 – hat der Bw innerhalb offener Frist eine begründete Berufung erhoben und beantragt

-         die Entziehungs- bzw. Verbotsdauer auf sechs Monate herabzusetzen und

-         das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern aufzuheben.

 

Im Übrigen wurde der erstinstanzliche Bescheid nicht angefochten.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a AVG) erwogen:

 

Der Bw lenkte am 14. Dezember 2011 um 18.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in der Gemeinde X.

Anlässlich einer Verkehrskontrolle wurde beim Bw die Messung der Atemluft mittels Alkomat vorgenommen, welche einen Atemluftalkoholgehalt von 1,73 mg/l ergeben hat.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis
vom 30. Jänner 2012, VerkR96-6674-2011, über den Bw wegen der
Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO eine Geldstrafe – Ersatzfreiheitsstrafe – verhängt.

 

Dieses Straferkenntnis ist – durch die Zurückziehung der ursprünglich eingebrachten Berufung – in Rechtskraft erwachsen.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der
Lenkberechtigung ist an diese rechtskräftige Entscheidung gebunden;   

VwGH v. 8.8.2002, 2001/11/0210; v. 26.11.2002, 2002/11/0083; v. 25.11.2003, 2003/11/0200; vom 6.7.2004, 2004/11/0046 jeweils mit Vorjudikatur  uva.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen,

für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs.3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur

 

§ 26 Abs.2 Z1 FSG lautet auszugsweise:

Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen.

 

Beim Bw hat der Atemluftalkoholgehalt ...... 1,73 mg/l betragen – dies entspricht mehr als das Doppelte des Grenzwertes nach § 99 Abs.1 lit.a StVO.

 

Die belangte Behörde hat dadurch eine die Mindestentziehungsdauer nach
§ 26 Abs. 2 Z1 FSG übersteigende Entziehungsdauer festgesetzt.

 

Der VwGH hat bei einem sehr hohem Alkoholisierungsgrad auch eine höhere als die

in § 26 Abs.2 FSG angeführte Mindestentziehungsdauer als rechtmäßig bestätigt;

z.B. Erkenntnis vom 28.10.2003, 2003/11/0144. – Dieses Erkenntnis ist zur Rechtslage vor der 12.FSG-Novelle BGBl. I Nr. 93/2009 ergangen.

 

Seit dem am 1. September 2009 erfolgten Inkrafttreten der 12. FSG-Novelle,

BGBl. I Nr. 93/2009 hat der VwGH diese Rechtsprechung relativiert und ausgeführt:

Für die erstmalige Begehung eines Deliktes nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO hat der Gesetzgeber in § 26 Abs.2 Z1 FSG in der hier maßgebenden Fassung

BGBl. I Nr. 93/2009 eine Mindestentziehungszeit von sechs Monaten festgelegt.

Diese Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten darf nur dann überschritten werden, wenn Umstände vorliegen, die aufgrund der Verwerflichkeit oder Gefährlichkeit der strafbaren Handlung (§ 7 Abs. 4 FSG) die Prognose
der Verkehrszuverlässigkeit für einen über die Mindestentziehungszeit hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen.

Erkenntnisse vom 19.10.2010, 2010/11/0101; vom 29.3.2011, 2009/11/0281; vom 24.1.2012, 2009/11/0227.

 

Eine höhere als die in § 26 Abs.2 Z1 FSG vorgesehene Mindest-Entziehungsdauer von sechs Monaten ist (vgl. § 26 Abs.1) festzusetzen, wenn der Betreffende z.B.

-         ein Kraftfahrzeug der Klassen C oder D gelenkt hat

-         eine weitere "bestimmte Tatsache" iSd § 7 – insbesondere eine in

      § 7 Abs.3 Z3 bis Z6 genannten Übertretungen – verwirklicht hat

-         einen Verkehrsunfall verschuldet und/oder Fahrerflucht begangen hat

 

Beim Lenken eines KFZ in einem durch Alkohol  derart beeinträchtigten Zustand –
hier: 1,73 mg/l und damit mehr als das Doppelte des Grenzwertes nach
§ 99 Abs.1 lit.a StVO – kann mit der in § 26 Abs.2 Z1 FSG angeführten Mindest-Entziehungsdauer ebenfalls nicht das Auslangen gefunden werden.

 

Der Bw ist seit dem Jahr 1981 – somit seit ca. 30 Jahren – im Besitz einer Lenkberechtigung und hat – siehe Führerscheinregister – erstmals ein "Alkoholdelikt im Straßenverkehr" begangen;

vgl. VwGH vom 15.03.1994, 93/11/0265; vom 21.05.1996, 95/11/0416 mwH.

 

Aufgrund der zitierten Judikatur des VwGH sowie der "bisher 30-jährigen Unbescholtenheit" des Bw ist es – trotz des sehr hohen Alkoholisierungsgrades – gerechtfertigt und (gerade noch) vertretbar, die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf sieben Monate herab- bzw. festzusetzen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG ist Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrs-zuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.

 

Der Bw hat beantragt, das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern aufzuheben.

 

Bei Begehung eines "Alkoholdeliktes im Straßenverkehr" besteht hinsichtlich der Verkehrsunzuverlässigkeit zwischen dem Lenken von

-         führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen einerseits und 

-         in § 32 FSG genannten Kraftfahrzeugen andererseits

kein Unterschied.

VwGH vom 21.10.2004, 2002/11/0166; vom 23.05.2006, 2004/11/0230.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von – allfällig bestehenden – ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen;

VwGH vom 17.03.2005, 2005/11/0057 und vom 20.03.2012, 2012/11/0014.

 

Dem Bw war daher für die nunmehr neu festgesetzte Entziehungsdauer

-         das Lenken von in § 32 FSG genannten KFZ zu verbieten sowie

-         das Recht abzuerkennen, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen  

 

Betreffend die

-         Anordnung einer Nachschulung

-         Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme

-         Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens  und

-         Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung

ist der erstinstanzliche Bescheid – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen;

VwGH vom 20.04.2004, 2004/11/0018 mit Vorjudikatur

 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 18,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

   

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum