Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730001/15/Wg/MB/WU

Linz, 02.04.2012

VwSen-730003/14/Wg/MB/WU

B e s c h l u s s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufungen der 1. X, geb. am X und der 2. X, geb. am X, alle StA Türkei, vormals wohnhaft in: X, gegen die mit Bescheide des Bundespolizeidirektors von Linz vom 18. März 2009, zu 1. AZ: 1051354/FRB und zu 2. AZ: 1051356/FRB, angeordnete Ausweisungen, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufungen werden als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Bundespolizeidirektor von Linz hat mit Bescheid vom 18. März 2009, zu 1. AZ: 1051354/FRB und zu 2. AZ: 1051356/FRB – jeweils zugestellt am 18. März 2009 per Fax zu Handen des ausgewiesenen Vertreters - die Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen.

 

Gegen diese Bescheide erhoben die Bw mit Schreiben vom 25. März 2009 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung. Die Bw beantragten darin, die erkennende Behörde möge die angefochtenen Bescheide der BPD Linz vom 18. März 2009, durch welche wider die Bw die Ausweisungen ausgesprochen wurden, ersatzlos beheben und die wider die Bw eingeleiteten Ausweisungsverfahren einstellen. Überdies wird die Anberaumung und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

Der Bundespolizeidirektor von Linz legte die Verfahrensakte zunächst der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

Mit 1. Juli 2011 sind aber wesentliche Bestandteile des Fremdenrechts-änderungsgesetzes 2011 – FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 112/2011, in Kraft getreten. Gemäß § 125 Abs. 14 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2011, gelten vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2011 erlassene Ausweisungen gemäß § 53 als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 weiter, mit der Maßgabe, dass ein Einreiseverbot gemäß § 53 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2011 damit nicht verbunden ist. Gemäß § 9 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz entscheiden über Berufungen gegen Rückkehrentscheidungen die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern.

 

Aus diesem Grund hat die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich die verfahrensgegenständlichen Berufungen zuständigkeitshalber gemäß § 6 AVG zur Entscheidung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich übermittelt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Akt, sowie Abfrage des Zentralen Melderegisters und Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. März 2012. Diesbezüglich ist zu erwähnen, dass die Bw ordnungsgemäß geladen wurden aber unentschuldigt der Verhandlung fern geblieben sind.

 

Unstrittig steht aufgrund der Angaben des Sohnes bzw. des Bruders der Bw fest, dass die Bw im Mai 2010 freiwillig das Bundesgebiet der Republik Österreich verlassen haben.

 

Weiters ist aus dem Akteninhalt ersichtlich, dass die Bw am 29. September 2002 illegal per Flugzeug in das österreichische Bundesgebiet eingereist sind und am 30. September 2002 jeweils einen Asylantrag gestellt haben, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19. Jänner 2009 betreffend die Erst-Bw und am 21. August 2003 betreffend die Zweit-Bw rechtskräftig negativ entschieden wurden. Ein sonst aufrechter Aufenthaltstitel liegt ebenfalls nicht vor.

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

Die stRsp des VwGH ergibt, dass durch die Ausreise eines Fremden aus dem Bundesgebiet das Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Entscheidung gegen eine gemäß § 53 Abs. 1 FPG idF vor dem 1. Juli 2011 erlassene Ausweisung nachträglich weggefallen ist (vgl. VwGH vom 22. Jänner 2009, Zl. 2008/21/0294 und VwGH vom 29.9.2009, Zl. 2009/21/0151). Durch die Ausreise ist der mit der Ausweisung verfolgte Zweck erfüllt; der Ausweisungsbescheid wird gegenstands- und wirkungslos. In diesem Sinn wurde im ersten Satz des § 59 Abs. 1 FPG idF vor dem 1. Juli 2011 ausdrücklich angeordnet, dass eine Ausweisung - vorbehaltlich der Wirkungen nach § 73 FPG - gegenstandslos wird, wenn der Betroffene seiner Ausreiseverpflichtung nachgekommen ist. Auch nach neuerlicher Einreise könnte der Fremde somit auf der Grundlage dieser Ausweisung nicht mehr abgeschoben werden. Wird demnach der Aufenthalt eines Fremden in Österreich nach Erlassung einer Ausweisung und nach Einbringung der Berufung - sei es durch Zurückschiebung, Abschiebung oder durch freiwillige Ausreise - beendet, so käme einer Entscheidung über die gegen die Ausweisungsbescheide erhobenen Berufungen nur mehr abstrakttheoretische Bedeutung zu.

 

Da die Bw bereits vor dem 1. Juli 2011 freiwillig ausgereist sind, wurden ihre (damals noch) Ausweisungen bereits zu diesem Zeitpunkt gegenstandslos.

 

§ 73 FPG idF BGBl I Nr 112/2011 findet aufgrund der Neustrukturierung des 8. Hauptstückes des FPG keine Anwendung mehr.

 

Da gemäß § 125 Abs. 14 FPG idF BGBl I Nr 112/2011 vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erlassene Ausweisungen als Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG idgF ohne dass hiermit jedoch ein Einreiseverbot gemäß § 53 FPG idgF verbunden ist, zu gelten haben, kann insofern keine negative Reflex- oder Fortwirkung im Sinne der Rsp des VwGH erblickt werden.

 

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass nicht angenommen werden kann, dass durch den Entfall der Bestimmung des § 59 Abs. 1 FPG idF vor dem 1. Juli 2011 vom Gesetzgeber bewusst für "Übergangsfälle" eine Ablehnung der, bereits mit Beschluss des VwGH vom 19. Oktober 1999, Zl. 94/18/0819 begonnenen, stRsp des Verwaltungsgerichtshofes intendiert ist. Der Entfall der unmittelbaren Reflexwirkung nach Muster des § 73 FPG, verbunden mit dem Fehlen eines Einreiseverbotes im Sinne des § 125 Abs. 14 FPG idF BGBl I Nr 112/2011 und der Nichtanwendbarkeit des § 11 Abs. 1 Z 3 und Z 1 NAG stützen vielmehr Gegenteiliges.

 

Zusammenfassend kann somit an dieser Stelle festgehalten werden, dass durch die freiwillige Ausreise der Bw im Mai 2009 die "Ausweisungen" zu diesem Zeitpunkt gegenstands- und wirkungslos wurden, das Ziel der Rückkehrentscheidungen in der Form der Übergangsbestimmung gänzlich erfüllt wurde und keinerlei Reflexwirkungen im Sinne der Möglichkeit der Verletzung in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht bestehen (siehe beispielsweise VwGH vom 23. April 2009, Zl. 2006/07/0078 mwN).

Die Berufungsbehörde hatte gemäß § 57 FPG idF vor dem 1. Juli 2011 im Falle einer freiwilligen Ausreise daher nur festzustellen, ob die Ausweisung zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. Das FPG idF BGBl I Nr 112/2011 enthält in § 68 Abs. 1 eine vergleichbare Bestimmung. Diese gilt aber nicht für Rückkehrentscheidungen.

 

Auch die Erwähnung des § 66 Abs. 4 AVG in § 52 Abs. 1 letzter Satz FPG idF BGBl I Nr 112/2011 führt zu keinem gegenteiligen Ergebnis, da keine Rechtsverletzungsmöglichkeit gegeben (siehe statt vieler Aichlreiter, JBl 1996, 299 ff.), Gegenstandslosigkeit bereits mit der Ausreise eingetreten und überdies auch teleologisch die Notwendigkeit einer Sachentscheidung gemäß § 66 Abs. 4 AVG mangels verknüpftem Einreiseverbot bei diesem Übergangsfall im Hinblick auf § 52 FPG idF BGBl I Nr 112/2011 nicht gegeben ist.

 

Den Berufungsanträgen konnte daher im Ergebnis keine Folge gegeben werden, da die bekämpften "Ausweisungen" bereits gegenstands- und wirkungslos sind. Die Berufungen waren daher als unzulässig zurückzuweisen. Eine Erörterung der in den Berufungen vorgebrachten Interessen der Bw am Verbleib im Bundesgebiet war bei diesem Verfahrensergebnis verwehrt. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

5.1. § 59 Abs. 1 FPG kommt aufgrund der Lage des Sachverhaltes nicht zur Anwendung.

 

6. Nach Schluss der Einvernahme bringt der Sohn bzw. Bruder (Herr X, geb. X, wohnhaft in: X) der Erst- und Zweit-Bw ausdrücklich vor, dass er Zustellbevollmächtigter seiner Mutter und Schwester ist und die Zustellung der Bezug habenden Entscheidungen an seine Wohnadresse zu erfolgen hat.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von insgesamt 28,60 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

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