Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166539/2/Sch/Bb/Eg

Linz, 13.04.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung von MMMag. Dr. J. H., geb. x, vertreten durch x, vom 28. November 2011, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 14. November 2011, GZ VerkR96-36715-2010/A/Pos, betreffend Verwaltungsübertretung nach dem Tiertransportgesetz 2007, BGBl. I Nr. 54/2007 (TTG 2007), zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben.

 

II.                Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 - AVG iVm

§§ 24, 9, 27 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 14. November 2011, GZ VerkR96-36715-2010/A/Pos, wurde über MMMag. Dr. J. H. (den nunmehrigen Berufungswerber) wegen Übertretung des § 21 Abs.1 Z13 Tiertransportgesetz, BGBl. Nr. 54/2007 iVm Art. 6 Abs.3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 iVm § 9 Abs.1 VStG  gemäß § 21 Abs.1 Z13 Tiertransportgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von 350 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 120 Stunden, verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 35 Euro verpflichtet.

 

Dieser Bestrafung liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde (auszugsweise Wiedergabe):


"Sie haben sich als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma H. in P., ist diese ist Transportunternehmerin, eine Tierbeförderung durchgeführt und wurden die beförderten Tiere nicht nach Maßgabe der in Anhang I, Kapitel II (1.) 1.1.a) und d) der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 genannten technischen Vorschriften transportiert. Zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort wurde festgestellt, dass Hühner in teilweise stark beschädigten Transportbehältern transportiert wurden. Die Sicherheit der Tiere war nicht gewährleistet, da sie Transportbehälter aufgebogen waren bzw. abgerissene Gitterstäbe ins Innere des Behälters standen, wodurch auch die Gefahr des Entweichens bzw. Herausfallens der Tiere bestand.

 

Tatort: Gemeinde Allhaming, Autobahn A 1, Westautobahn, Richtungsfahrbahn Salzburg, bei km 182,500.

Tatzeit: 17.06.2010, 08.20 Uhr."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 22. November 2011, hat der Berufungswerber rechtzeitig durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter – mit Schriftsatz vom 28. November 2011 – Berufung erhoben und beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Zur näheren Begründung verweist der Berufungswerber zunächst auf seine Rechtfertigungsangaben vom 4. November 2011.

Des Weiteren bringt er vor, sein Unternehmen habe dem Lenker einen dem KFG entsprechenden Lkw samt Anhänger zur Verfügung gestellt, die beide unbeschädigte Transportbehälter für Hühner enthalten hätten. Erst bei der Beladung mit dem Gabelstapler sei es beim Landwirt zu einer Beschädigung der Behälter gekommen, was er nicht verhindern habe können, weshalb in an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe.

 

Selbst wenn man von der Erfüllung des Tatbildes ausginge, sei zu berücksichtigen, dass gegenständlich ein Unterlassungsdelikt vorläge, da derartige Mängel der Transporteinheit am Sitz des Unternehmens behoben bzw. dafür Sorge getragen werden müsse,  dass dem Lenker eine Transporteinheit zur Verfügung gestellt wird, die u.a. der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 entspräche. Der richtige Tatort sei ihm bislang nicht angelastet worden, weshalb Verfolgungsverjährung eingetreten sei.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 13. Dezember 2011, GZ VerkR96-36715-2010/A/Pos, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 51 Abs.1 VStG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den zur Entscheidung vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und die Berufung. Da sich bereits daraus ergibt, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 21 Abs.1 Z13 Tiertransportgesetz 2007, BGBl. I Nr. 54/2007, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2.000 Euro zu bestrafen, wer entgegen Art. 6 Abs.3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 die Tiere nicht nach Maßgabe der in Anhang I der genannten Verordnung technischen Vorschriften befördert.

 

Gemäß Art. 6 Abs.3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 befördern die Transportunternehmer Tiere nach Maßgabe der in Anhang I genannten technischen Vorschriften.

 

Nach Anhang I (Technische Vorschriften), Kapitel II, Punkt 1.1. der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 sind Transportmittel, Transportbehälter und ihre Ausrüstungen so konstruiert und gebaut und so instandzuhalten und zu verwenden, dass

a) Verletzungen und Leiden der Tiere vermieden werden und ihre Sicherheit gewährleistet ist;

...

d) die Tiere nicht entweichen oder herausfallen und den Belastungen durch Bewegungen des Transportmittels standhalten können;

...

 

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

5.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Unterlassung von gesetzlich festgelegten Handlungspflichten in der Regel (Ausnahme: z. B. KFG) Tatort immer jener Ort, wo Vorsorgemaßnahmen,  Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Dies ist beim Betrieb eines Unternehmens der Unternehmenssitz. Ob in derartigen Fällen ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ oder ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG zur Verantwortung gezogen wird, spielt für die Frage der Tatortbestimmung keine Rolle. Für die örtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen.

 

Wird daher ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen so (wie konkret der Berufungswerber), ist im Bereich des Tiertransportgesetzes der Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung, weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen Vorschriften des Tiertransportgesetzes zu treffen gewesen wären.

 

Die belangte Behörde führt im angefochtenen Straferkenntnis aber als Tatort ausdrücklich "Gemeinde Allhaming, Autobahn A 1, Westautobahn, Richtungsfahrbahn Salzburg, bei km 182,500" an. Dabei handelt es sich zwar um den Ort der Betretung, nach der vorzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht um den Tatort. Unternehmenssitz der H. GmbH ist x. Dieser Ort liegt im Bezirk Braunau. Es war daher die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gemäß  § 27 VStG, wonach die Tatortbehörde zur Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens zuständig ist, nicht zuständig, sodass daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, weil es von der unzuständigen Behörde erlassen wurde.

 

Allerdings wird darauf hingewiesen, dass auch der richtige Tatort  innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist im Spruch der ergangen Strafverfügung vom 29. September 2010, GZ VerkR96-36715-2010, angeführt ist und zudem der Rechtsvertreter des Berufungswerbers innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist Akteneinsicht genommen hat und daher hinsichtlich des richtigen Tatortes eine Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG nicht eingetreten ist. Inwieweit der objektive und subjektive Tatbestand erfüllt ist, wird im fortgesetzten Strafverfahren zu klären sein, wobei jedoch in diesem Zusammenhang auch noch auf § 22 VStG hingewiesen wird.

 

Der Vollständigkeit halber wird noch angefügt, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zur Gänze der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 VStG entspricht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19.5.1994, 94/17/0007).

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

 

 

 

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