Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222585/5/Bm/Th

Linz, 11.04.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn E B, A G, S L bei F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 27.01.2012, Ge96-34-2011, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30.03.2012 wegen Verwaltungsübertretungen nach der GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

 

       I.      Der Berufung wird hinsichtlich des Spruchpunktes a. Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Spruchpunkt aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

    II.      Hinsichtlich Spruchpunkt b. wird der Berufung hinsichtlich Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzte Rechtsvorschrift zu lauten hat: "§ 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 GewO 1994". Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 150 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Stunden, herabgesetzt wird.

 

 III.      Zu Spruchpunkt a. entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag; zu Spruchpunkt b. ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz auf 15 Euro, für das Berufungsverfahren ist zu diesem Spruchpunkt kein Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) iVm §§ 24, 4, 19, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 idgF (VStG).

zu III.: §§ 64, 65 und 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 27.01.2012, Ge96-34-2011, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 350 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 2 Tagen, wegen Verwaltungsübertretungen nach § 366 Abs.1 iVm § 74 Abs.2 GewO 1994 verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Der Beschuldigte, Herr E B, geb. am, wh. A G, S L bei F, hat als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Gewerbeinhaber ('Zimmermeistergewerbe' im Standort W, M), wie aus dem Bericht der Polizeiinspektion W, E1/3089/2011, vom 29. Mai 2011 hervorgeht, in den Standorten

a. S L bei F, auf Grdst.Nr. , KG. S L, am 9. Mai 2011 eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage in Form eines Lagerplatzes für Schnitt- und Brennholz, einen LKW-Anhänger sowie einen Baucontainer und

b.  S L bei F, S in einem ehemaligen Betonwerk, am 9. und 11. Mai 2011 eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage in Form eines Zimmereibetriebes (Lagerung von Schnittholz, Dachlatten, Rundholz zum Bau eines Blockhauses, Baumaterialien, eines Baggers zum Transport der Holzstämme, Rindenabfällen von entrindeten Baumstämmen, Gerüstteilen sowie Bau einer Rundholzblockhütte)

ohne die hiefür erforderlichen gewerbebehördlichen Genehmigungen der Betriebsanlagen betrieben, obwohl der Grund der damit verbundenen Tätigkeiten, der Betriebsweisen und der Ausstattungen, diese gewerblichen Betriebsanlagen geeignet waren, das Leben oder die Gesundheit von Nachbarn oder Kunden zu gefährden, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Staub und Erschütterungen zu belästigen und die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass das Brennholz privat für das Haus a G  gelagert werde, der Container als Ziegenhütte und der Anhänger in der Landwirtschaft in Gebraucht stehe. Hinsichtlich Spruchpunkt b. wurde angeführt, dass der Platz als Lagerplatz gewidmet sei und in der angegebenen Zeit kein Gewerbe ausgeübt worden sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.03.2012, zu welcher der Bw erschienen ist und gehört wurde.

 

Dem Akt liegt der Bericht über die Erhebungen der Polizeiinspektion W vom 29.05.2011, GZ: E1/3089/2011 ein. Demnach wurde bei der Überprüfung am 09.05. und 11.05.2011 beim Grundstück Nr. , KG. S L die Lagerung von Schnitt- und Brennholz festgestellt. Beim Objekt S, S L bei F, wurde ebenfalls die Lagerung von Schnitt holz sowie von Dachlatten und Rundholz zum Bau eines Blockhauses, weiters Baumaterialien, sowie ein Bagger zum Transport der Holzstämme festgestellt.

Der Bw verfügt über die Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Zimmermeistergewerbes im Standort W, M, welche vom 29.11.2010 bis 09.10.2011 ruhend gemeldet war.

In der mündlichen Verhandlung wurde vom Bw vorgebracht, dass das auf Grundstück Nr. , KG. S L vorgefundene Holz in Form von Nachbarschaftshilfe für die Nachbarn gelagert wurde.

Hinsichtlich Spruchpunkt b. wurde die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

 

Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs.1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

5.2. Zu Spruchpunkt a.: Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 ist, dass eine gewerbliche Betriebsanlage vorliegt.

Nach dem oben zitierten § 74 Abs.1 GewO 1994 setzt die Annahme einer gewerblichen Betriebsanlage die regelmäßige Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit im Bezug auf eine örtlich gebundene Einrichtung voraus. Sohin liegt eine gewerbliche Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs.1 GewO 1994 nur vor, wenn die darin entfaltete Tätigkeit eine gewerbliche ist und überdies dort regelmäßig ausgeübt wird.

 

Nach § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

 

Vorliegend wurde vom Bw im Verfahren vorgebracht, dass das gelagerte Holz auf Grundstück Nr. , KG. S L, nicht der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit diene, sondern vielmehr das Holz im Eigentum seiner Nachbarn stehe und von diesen auch auf seinem Grundstück gelagert werde.

Andere Beweisergebnisse liegen nicht vor. Da sohin im durchgeführten Beweisverfahren nicht festgestellt werden konnte, dass die oben genannte Lagerung auf Grundstück Nr. , KG. S L im Zusammenhang mit der Ausübung der Zimmermeistergewerbes steht und damit als gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 74 Abs.1 iZm § 1 GewO 1994 anzusehen ist, war das Straferkenntnis nach dem Grundsatz in dubio pro reo zu beheben und das Verfahren einzustellen.

 

5.3. Zu Spruchpunkt b.: Zu diesem Spruchpunkt wurde in der mündlichen Verhandlung vom Bw die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung wird zunächst auf die Ausführungen der Erstbehörde verwiesen. Grundsätzlich wurden von dieser die Strafzumessungsgründe richtig angewandt.

Die Einkommensverhältnisse betreffend wurde von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro ausgegangen.

Dieser Schätzung ist der Bw unter Vorlage von Nachweisen in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten.

Demnach besitzt der Bw kein Einkommen und ist für 4 Kinder sorgepflichtig. Die Änderung dieser Einkommens- und Familienverhältnisse sind bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, weshalb die Geldstrafe zu Spruchpunkt b. herabzusetzen war.

 

6. Die Verfahrenskostenentscheidung ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

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