Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240874/3/MB/WU

Linz, 07.05.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Berufung der X, geb. X, vertreten durch: X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom 16. Jänner 2012, GZ: SanRB96-33-2011, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 24. November 2011 zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 71.Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm. § 24 Verwaltungsstrafgesetz - VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Ried im Innkreis vom 16. Jänner 2012, GZ: SanRB96-33-2011, wurde – gestützt auf § 71 Abs. 1 AVG i.V.m. § 24 VStG – ein Antrag der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 24. November 2011 wegen der Versäumung einer Frist in einer Verwaltungsstrafsache gemäß § 14 Abs. 4 Tabakgesetz GZ: SanRB96-33-2011 (Entscheidungsdatum 27. Oktober 2011), zurückgewiesen.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass die Bw mit Eingabe vom 24. November 2011 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 27. Oktober 2011, SanRB96-33-2011, gestellt habe. Das bezughabende Straferkenntnis sei laut des aufliegenden Zustellnachweises am 31. Oktober 2011 beim Postamt X hinterlegt worden. Die Bw behaupte sodann, dass ihr vom Wohnungsnachbarn erst am 11. November 2011 die Hinterlegungsanzeige übergeben worden sei. Sie habe auch eine Erklärung/Bestätigung von Herrn X, vorgelegt, wonach dieser am 10. November 2011 in seinem Postkasten eine an die Bw adressierte Hinterlegungsanzeige vorgefunden habe. Er habe der Bw diese Hinterlegungsanzeige am 11. November 2011 übergeben. Demnach liege ein unvorhergesehenes bzw. für die Bw unabwendbares Ereignis vor.

 

Überdies bringe die Bw vor, sie habe die normierte Frist nach Wegfall des Hindernisses eingehalten, da sie erst am 11. November 2011 von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt habe.

 

Durch Nachfrage beim Postamt X sei festgestellt worden, dass die Bw den Rückscheinbrief am 9. November 2011 beim Postamt X tatsächlich behoben habe. In weiterer Folge sei der Zusteller, Herr X, als Zeuge zum Zustellvorgang vernommen worden. Herr X habe angegeben, dass der Briefkasten der Bw beim straßenseitigen Eingang des Hauses X und der Briefkasten des Herrn X jedoch auf der gegenüberliegenden Hausseite gelegen sei. Der Briefkasten der Bw werde teilweise tage- bzw. wochenlang nicht entleert. Er habe die Hinterlegungsanzeige für den RSb Brief mit dem Geschäftszeichen SanRB96-33-2011 sicherlich in den Briefkasten der Bw eingeworfen und er könne ausschließen, die Hinterlegungsanzeige irrtümlich in den Briefkasten von Herrn X eingeworfen zu haben.

 

Die Bw habe das Straferkenntnis innerhalb der Berufungsfrist behoben. Es wäre der Bw also möglich gewesen, Berufung einzubringen. Ein Wiedereinsetzungsgrund fehle.

 

Im Übrigen sei festzustellen: Die Frist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrages sei mit Ablauf des 23. November 2011 verstrichen. Der mit 24. November 2011 datierte, am 24. November 2011 zur Post gegebene und am 25. November 2011 bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis eingelangte, Wiedereinsetzungsantrag sei daher verspätet. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gleichzeitig teilte die belangte Behörde der Bw mit, dass die Zustellung des Straferkenntnisses geprüft wurde und die Prüfung die ordnungsgemäße Zustellung ergeben habe.

 

1.2. Mit Schriftsatz vom 1. Februar 2012 erhob die Bw durch ihre rechtsfreundliche Vertretung die Berufung gegen den oben angeführten Bescheid der belangten Behörde.

Die Bw führt darin wie folgt im Wort begründend aus:

 

"Mit dem vorliegenden Bescheid wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen.

 

Die Einschreiterin hat im vorliegenden Verfahren bereits vorgebracht, dass ihr vom Nachbarn X am 11.11.2011 die Hinterlegungsanzeige übergeben wurde.

 

Sie hat somit frühestens am 11.11.2011 von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt.

 

Der Umstand, dass die Einschreiterin beim Postamt X am 9.11.2011 einen Rückscheinbehebung vorgenommen hat, ändert nichts am Umstand, dass sie in dieser Angelegenheit erst am 11.11.2011 von der Rechtsmittelmöglichkeit Kenntnis erlangte.

 

Faktum ist, dass - wie ebenfalls bereits mehrfach vorgebracht und dargelegt - die Einschreiterin auch aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführerin mehrfach offizielle Briefzustellungen erhält.

 

Hier kommt es natürlich vor, dass allein aufgrund der Hinterlegungsanzeige keine Rechtsmittelmöglichkeit ersichtlich ist bzw. die Einschreiterin mangels Angabe von Aktenzahlen eine Zuordnung auch nicht vornehmen kann.

 

Auch die Einvernahme des Postzustellers als Zeugen ändert nichts an dem Umstand, dass die Einschreiterin erst am 11.11.2011 für sie wahrnehmbar Kenntnis von der Zulässigkeit und Möglichkeit der Erhebung einer Berufung erlangte.

 

Geht man nunmehr eben vom 11.11.2011 aus, so ist der Antrag auf Wiedereinsetzung längstens bis 25.11.2011 (Postaufgabe) zu erheben.

 

Es zeigt sich daher, dass die Einschreiterin ausgehend von ihrem Wissenstand fristgerecht einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt hat.

 

Es ist umso bedenklicher, dass die Behörde im vorliegenden Verfahren einzig den Aussagen eines Postzustellers Glauben schenkt und grundlegend auf der subjektiven Tatseite keine Motivation dafür angeben kann, warum die Antragstellerin schon am 9.11.2011 Kenntnis von der Rechtsmittelfrist erlangt haben soll.

 

Dies umso mehr, als - wie ebenfalls bereits aufgezeigt - der vorliegend angefochtene Bescheid gegen welchen vorläufig mit Antrag auf Wiedereinsetzung vorgegangen wurde, gegen das Fair Trial verstößt. Es liegt auch ein Verstoß gegen wesentliche Verfahrensgrundsätze deshalb vor, weil der Bescheid in eine gültige, durch einen anderen Bescheid geschaffene Rechtssituation eingreift und dadurch ein Kompetenzkonflikt entsteht.

 

Es ist dazu zu verweisen auf die Genehmigung der Betriebsanlagenänderung zum Akt Ge-20-98-2010.

 

Es gibt hier einen ganz klare Rauchregelung.

 

Warum nunmehr mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid gegen die Bestimmungen des Tabakgesetzes verstoßen werden soll, ist unverständlich.

 

Kompetenzkonflikte sind nicht in dieser Form zu lösen.

 

Diesbezüglich ist hier auf § 138 Abs. 1 B-VG zu verweisen, die Zuständigkeit zur Regelung von Kompetenzkonflikten des Verfassungsgerichtshofes zwischen Behörden ist gegeben."

 

Abschließend werden die Anträge gestellt:

a)      Infolge Stattgebung der Berufung den angefochtenen Bescheid vom 16. Jänner 2012 ersatzlos zu beheben;

b)      Jedenfalls dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Folge zu geben und die Verwaltungsrechtssache zur Entscheidung infolge Stattgebung dieses Antrages zur Entscheidung über die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 27. Oktober 2011, SanRB96-33-2011, zurückzuverweisen.

 

2. Mit Schreiben vom 6. Februar 2012 wurde der gegenständliche Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat von der belangten Behörde vorgelegt.

 

Mit Schreiben vom 12. April 2012 wurde von der belangten Behörde der Beschluss des Bezirksgerichtes Ried im Innkreis zu 6 U 10/12z-15 übermittelt, worin das gegen die Bw geführte Strafverfahren wegen des Verdachtes der Straftat gem. § 293 StGB betreffend die Qualität der nachbarschaftlichen Übergabebestätigung der Hinterlegungsanzeige mittels Diversion enderledigt wurde (§§ 199 iVm 201 Abs. 5 StPO).

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt. Im Übrigen liegt kein dezidierter darauf gerichteter Antrag der vertretenen Partei vor (§ 67d AVG).

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Der dem Wiedereinsetzungsantrag zu Grunde liegende Bescheid der belangten Behörde zu GZ: SanRB96-33-2011 vom 27. Oktober 2011 wurde am 31. Oktober 2011 beim Postamt X hinterlegt und die Benachrichtigung von der Hinterlegung ordnungsgemäß eingelegt. Laut Aussage des Herrn X vom Postamt X wurde dieses Schriftstück tatsächlich sodann von der Bw am 9. November 2011 behoben. Das Straferkenntnis enthält auch eine ausreichende und rechtsrichtige Rechtsmittelbelehrung.

 

Dieses Beweisergebnis ergibt sich aus der – von der Bw nicht bestrittenen glaubwürdigen – Auskunft des Herrn X und der Aussage des Postzustellers Herrn X. Warum letzter – wie die Bw ausführt – nicht der Wahrheit entsprechend ausführt, kann vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht erkannt werden, zumal die Schilderung der Örtlichkeit mit der Anordnung der Briefkästen sich als schlüssig im Hinblick auf die Ablage der Hinterlegungsanzeige erweisen. Der Befragte weist insofern augenscheinlich genaueste Kenntnisse von Ort und Zuordnung (samt namentlicher Zuweisung) der Briefkästen auf. Die dahingehend vorgelegte nachbarschaftliche Bestätigung vermag dieses Ergebnis nicht zu erschüttern. (Lediglich) Bestätigung findet dieses Ergebnis durch die Indizwirkung der diversionellen Erledigung, welche einen zumindest hinreichend geklärten Sachverhalt voraussetzt. Ohne die Schuldfrage zu thematisieren kann daher das Tatbild als mit Wahrscheinlichkeit gegeben, angenommen werden. Darüber hinausgehende Argumente werden von der Bw im gesamten Verfahren zu diesem Komplex nicht vorgebracht und sind auch nicht durch dem Akteninhalt indiziert.

 

Auch eine Verwechslung der Schriftstücke bei der tatsächlichen Behebung kann insofern ausgeschlossen werden, als einerseits die Geschäftszahl mit dem Straferkenntnis übereinstimmt und es andererseits nicht nachvollziehbar ist, warum ein anderes, als das am 31. Oktober 2011 hinterlegte Schriftstück von der Bw unter der angegebenen GZ behoben worden sein soll. Die Bw wendet sich in ihrer Berufung und auch in den zuvor eingebrachten Stellungnahmen, sowie im Wiedereinsetzungsantrag selbst, nur gegen die Platzierung der Hinterlegungsanzeige sowie die in diesem Zusammenhang getätigten Ausführungen des "Postzustellers". Die Glaubwürdigkeit des Postbeamten am Postamt X bezüglich der tatsächlichen Behebung des betreffenden Straferkenntnisses am 9. November 2011 wird überdies nicht bekämpft und ist auch vom Unabhängigen Verwaltungssenat in seiner Beweiskraft zu bestätigen.

 

Es sind somit keine Gründe ersichtlich gemacht worden, warum eine tatsächliche Behebung nicht am 9. November 2011 und eine ordnungsgemäße Hinterlegung am mit Wirksamkeit per 31. Oktober 2011 nicht stattgefunden haben soll.

 

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder zuständig (vgl. § 67a Abs. 1 AVG).

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 71 Abs. 1 AVG kann gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

Gegen die Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht gemäß § 72 Abs. 4 AVG dem Antragsteller das Recht der Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde, wenn aber in der Sache eine Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, an diesen zu.

 

Gemäß § 51 Verwaltungsstrafgesetz – VStG steht im Verwaltungsstrafverfahren den Parteien das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den erstinstanzlichen Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass der in Rede stehende Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens gestellt wurde, weshalb gemäß § 72 Abs. 4 AVG iVm § 51 VStG der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

3.3. Zunächst ist anzumerken, dass gemäß § 71 Abs. 1 AVG der Antragsteller bei Vorliegen der in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf die Bewilligung dieses Rechtsmittels hat.

 

Die Bw hat die, durch die ordnungsgemäße Hinterlegung ausgelöste, Rechtsmittelfrist zur Erhebung der Berufung erfolglos verstreichen lassen, da die Bw die Berufung erst am 24. November 2011 zur Post gegeben hat. Sie erleidet dadurch auch einen Rechtsnachteil gem. § 71 Abs. 1 AVG.

 

3.4. Gemäß § 71 Abs. 2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

 

Der zweite in § 71 Abs. 2 AVG festgelegte Zeitpunkt, mit dem die zweiwöchige Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags zu laufen beginnt, stellt auf die Kenntnis der Partei von der Zulässigkeit der „Berufung“ (des ordentlichen Rechtsmittels ab. Dieser Wiedereinsetzungsgrund bezieht sich auf § 71 Abs. 1 Z 2 AVG (vgl VwGH 21. 5. 1992, 92/09/0009; 21. 8. 2001, 2000/01/0409), d.h. nur auf die Versäumung einer Frist, die auf einer „falschen“ Rechtsmittelbelehrung beruht (s dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 103).

 

Die Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses weist keine Rechtswidrigkeit auf.

 

Der erste in § 71 Abs. 2 AVG festgelegte Zeitpunkt stellt auf den „Wegfall des Hindernisses“ ab. Danach ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von der Partei binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des „Hindernisses“, also des (unvorhergesehenen oder unabwendbaren) Ereignisses iSd § 71 Abs. 1 Z 1 (vgl VwGH 21. 5. 1992, 92/09/0009; 15. 9. 1994, 94/19/0393), das die Fristenwahrung verhindert hat (VwGH 16. 11. 2005, 2004/08/0021), zu stellen. Nicht maßgebend ist daher der Zeitpunkt des Ablaufs der Frist zur Vornahme der versäumten Prozesshandlung (VwGH 18. 5. 1994, 94/03/0096; 26. 1. 1998, 96/17/0302) sowie – dem Gesetzeswortlaut nach – der Zeitpunkt, in dem die Partei Kenntnis vom Wegfall des Hindernisses erlangt hat (Stoll, BAO 2973).

 

Für die Beantwortung der Frage, ob die in § 71 Abs. 2 AVG vorgegebene Frist versäumt oder eingehalten wurde, ist es rechtlich irrelevant, ob die Partei an der Verfristung ein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, weil gegen die Versäumung dieser Frist gemäß § 71 Abs. 5 AVG keine Wiedereinsetzung stattfindet. Entscheidend dafür ist allein, zu welchem Zeitpunkt das Ereignis weggefallen ist, welches die Partei daran hinderte, die (versäumte) Verfahrenshandlung fristgerecht auszuführen (VwGH 23. 6. 1994, 94/18/0282; 16. 11. 2005, 2004/08/0021; 21. 9. 2007, 2007/05/0208).

 

Als fristauslösendes Ereignis, mit dem das Hindernis wegfällt, kommt etwa der Zeitpunkt in Betracht, in dem die Partei ihren Irrtum (etwa über das Wirksamwerden der Zustellung des Bescheides), der ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis iSd § 71 Abs. 1 Z 1 AVG sein kann (Rz 34 f, 68 ff), erkennt (VwGH 21. 8. 2001, 2000/01/0409) bzw bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen müsste (VwGH 2. 5. 1995, 95/02/0018).

 

Die Bw bringt in diesem Punkt selbst vor, dass es am 9. November 2011 zu einer "Rückscheinbehebung" gekommen ist. Dies geht mit der Auskunft des Postamtes X konform, in welcher Herr X darlegt, dass es zu einer tatsächlichen Behebung des Straferkenntnisses zu GZ: SanRB96-33-2011 durch die Bw gekommen ist. Insofern hat die Bw bereits zu diesem Zeitpunkt – am 9. November 2011 – tatsächlich die Möglichkeit gehabt, bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis von der Möglichkeit der Erhebung des Rechtsmittels innerhalb der bereits zu laufen begonnenen offenen Frist zu erlangen. Das fristauslösende Hindernis iSd § 71 Abs. 2 1. Fall AVG ist somit ab diesem Zeitpunkt weggefallen.

 

Am Rande sei erwähnt, dass selbst bei Annahme eines Zustellmangels im Zeitpunkt der tatsächlichen Übernahme des Dokumentes am 9. November 2011 durch die Bw ein allfällig zuvor Bestand habender Zustellmangel gem. § 7 ZustellG als geheilt gilt und die Berufung dennoch als verfristet anzusehen war. Dass die Behörde dem Postzusteller (s dazu S 3 Berufung der Bw) Glauben schenkt, hat mit der tatsächlichen Behebung des Bescheides am Postamt x nichts zu tun, da es in erstgenannter Aussage lediglich um die Hinterlegung der Benachrichtigung und somit inhaltlich um Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges ging. Ein Hindernis bringt die Bw dahingehend auch nicht vor, da sie nach ihren Ausführungen ohnehin am 11. November 2011 Kenntnis von der Rechtsmittelmöglichkeit gehabt hat und in diesem Fall noch eine ausreichende Restfrist vorhanden war.

 

3.5. Zusammengefasst kann daher erkannt werden, dass mit der tatsächlichen Behebung am 9. November 2011 die Bw aber die Möglichkeit zur Kenntnisnahme bei gehöriger Aufmerksamkeit gehabt hätte und daher das Hindernis iSd § 71 Abs. 2 AVG mit diesem Tag weggefallen ist.

 

Auch bei Annahme der Zustellung erst mit 9. November 2011 und den weiteren von der Bw vorgebrachten Ausführungen kann kein gegenteiliger Schluss gezogen werden.

 

3.6. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Markus Brandstetter

 

 

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