Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252904/3/Kü/Ba

Linz, 24.04.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des Herrn W S, C, L, vom 20. Juni 2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 8. Juni 2011, SV96-26-3-2011, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversiche­rungs­­ge­setzes zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkennt­nis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z 2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 8. Juni 2011, SV96-26-3-2011, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 111 Abs.1 Z 1 iVm § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 200 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Verantwortliche(r) der Firma D GmbH in W, S, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberln nachstehende Personen, bei welchen es sich um in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Personen handelt, am 12.03.2011 um 14:30 Uhr in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherte Personen angemeldet wurden.

Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, die Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und es wurde die Meldung erst am 10.03.2011 um 09:42 Uhr und damit nicht rechtzeitig erstattet.

 

Name M R geb. X

Arbeitsantritt: 10.03.2011, 07:00 Uhr

Beschäftigungsort: L, P

Tatort: S, W

Tatzeit: 12.03.2011, 14:30 Uhr (Kontrolle)

 

Name F W geb. X

Arbeitsantritt: 12.03.2011, 08:00 Uhr

Beschäftigungsort: L, P

Tatort: S, W

Tatzeit: 12.03.2011, 14:30 Uhr (Kontrolle)

 

Name M W geb. X

Arbeitsantritt: 12.03.2011, 08:00 Uhr

Beschäftigungsort: L, P

Tatort: S, W

Tatzeit: 12.03.2011, 14:30 Uhr (Kontrolle)

 

Name E Ü geb. X

Arbeitsantritt: 12.03.2011, 08:00 Uhr

Beschäftigungsort: L, P

Tatort: S, W

Tatzeit: 12.03.2011, 14:30 Uhr Kontrolle"

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der beantragt wird, die Verwaltungsstrafe aufzuheben. Begründend wird zusammenfassend festgehalten, dass Frau M W eine Firma betreibe, ein Gewerbeunter­nehmen für Malerei, und sie im Firmenkopf Innenmalerei, Holzschutz und Fassadengestaltung führe. Frau W habe mitgeteilt, dass sie schon über 10 Jahre selbstständig sei und habe sie von verschiedenen Aufträgen berichtet und diverse Referenzen genannt.

 

Der Vorwurf, dass der Mitarbeiter M nicht zeitgerecht angemeldet worden sei, sei auf ein Versehen zurückzuführen, ein FAX habe ein zweites Mal verschickt werden müssen, dadurch sei die Anmeldung mit einer ganz geringen Verzögerung von einigen Stunden erfolgt.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 4. Juli 2011 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage fest steht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses (gleichlautend wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. Mai 2011) wird dem Bw angelastet, zur Tatzeit am 12.3.2011 näher genannte Personen ohne entsprechende Meldung bei der Gebietskrankenkassa in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt zu haben. Gleichzeitig wird dem Bw als Dienstgeber vorgehalten, dass er verpflichtet gewesen wäre, die Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzu­melden und die Meldung erst am 10.3.2011 um 9.42 Uhr und damit nicht rechtzeitig erstattet worden sei.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Anforderungen entspricht der Tatvorwurf des angefochtenen Strafer­kenntnisses nicht. Dem Bw wird angelastet, am 12.3.2011 näher bezeichnete Personen in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt zu haben und gleichzeitig wird im Spruch festgehalten, dass die Meldung erst am 10.3.2011 und damit nicht rechtzeitig erstattet worden ist. Dem Grunde nach stellt daher dieser Tatvorwurf im Straferkenntnis keine Verwal­tungsübertretung dar, zumal auch weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung noch im Spruch des Straferkenntnisses auf die jeweils genannten Personen bezugnehmende Einschränkungen der Tatzeit bzw. allfälliger erfolgter Meldungen bei der Gebietskrankenkassa vorgenommen wurden. Sohin stellt der im Straf­erkenntnis enthaltene Tatvorwurf aber keine Verwaltungsübertretung dar. Festzuhalten ist, dass zwischenzeitig die gesetzliche Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr überschritten ist, weshalb dem Bw ein geänderter Tatvorwurf nicht angelastet werden kann. Es ist daher Verfolgungsverjährung (Tatzeit 12.3.2011) eingetreten. Aus diesen Gründen war das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, ent­fallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

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