Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750012/2/BP/WU

Linz, 07.05.2012

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA des Kosovo, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Eferding vom 20. September 2011, GZ.: Sich96-57-2011, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

I.  Aus Anlass der Berufung wird das in Rede stehende Straferkenntnis    aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des  Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 44a und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

Zu II.: § 64ff. VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Eferding vom 20. September 2011, GZ.: Sich96-57-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 250,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 25 Stunden) verhängt. Die belangte Behörde führt dabei als "Spruch" unter der Überschrift Straferkenntnis und der Anrede wie folgt aus:

 

"Am 26. 8. 2011 um 13.45 Uhr wurde am Tatort, Amtsräumlichkeiten der Polizeiinspektion X, festgestellt, dass Sie sich im Bundesgebiet von Österreich rechtswidrig aufhalten. Sie waren nämlich nicht im Besitze eines gültigen Visums, obwohl passpflichtige Fremde, soweit dies nicht durch Bundesgesetz, durch zwischenstaatliche Vereinbarungen oder durch unmittelbar anwendbare Rechtsakte der Europäischen Union anders bestimmt ist, zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet ein Visum brauchen (Sichtvermerkspflicht). Die von Ihnen vorgelegte italienische Aufenthaltserlaubnis "Permessio di Soggiorno" war bis 22. 1. 2011 gültig. Die Voraussetzungen für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet, nämlich die Vorlage eines von einem Vertragsstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels erfüllten Sie daher nicht.  

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 15 Abs. 2, 31 Abs. 1 Z. 3 iVm. § 120 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG)"

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schreiben vom 4. Oktober 2011.

 

Darin ficht der Bw das in Rede stehende Straferkenntnis zur Gänze an und beantragt abschließend dessen Behebung.

 

2.1. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2011 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.

 

2.2. Der UVS des Landes Oberösterreich erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfiel gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter dem Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die     durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung          bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur          Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten    Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet   keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländer­beschäfti­gungs-        gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsende­be-­       willi­gung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3     Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit       einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

3.2. Hinsichtlich der Tatanlastung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Bw stellt sich nun zunächst die Frage, ob der Spruch des in Rede stehenden Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a VStG genügt.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall einer Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes – wie im vorliegenden Fall – die als erwiesen angenommene Tat durch Verneinung aller in § 31 Abs. 1 FrG bzw. FPG genannten Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, 2007/21/03/03). Ein Spruch eines Straferkenntnisses, der diesen Anforderungen nicht genügt, entspricht nach diesem Erkenntnis nicht dem Maßstab des § 44a VStG.

 

3.3. Im vorliegenden Fall beschränkt sich die Tatanlastung des angefochtenen Erkenntnisses jedoch nur auf die Feststellung der Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts des Bw im Bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1 Z. 3 FPG, ohne dass auf die weiteren Alternativen des § 31 Abs. 1 FPG eingegangen bzw. diese verneint werden.

Darüber hinaus ist anzumerken, dass die belangte Behörde offenbar in Vermengung zweier Delikte § 15 Abs. 2 FPG zur Dokumentation der illegalen Einreise, die gemäß § 120 Abs. 1 FPG unter Strafe gestellt ist, heranzieht. Die Unverwechselbarkeit des Tatvorwurfs bzw. des inkriminierten Verhaltens sowie die Möglichkeit für den Bw sich entsprechend zu rechtfertigen scheinen auch aus diesem Grund nicht gegeben.

 

Unter Bedachtnahme auf die oa. angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG wird die (im Übrigen nicht explizit als Spruch bezeichnete) Tatanlastung den gesetzlichen Voraussetzungen also nicht gerecht. Eine allfällige Korrektur des Spruchs war schon allein aufgrund des Ablaufs der Verfolgungsverjährungsfrist dem UVS des Landes Oberösterreich verwehrt.

 

3.4. Es war daher – ohne auf die Berufungsvorbringen näher einzugehen – das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, das Verwaltungs­strafverfahren einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß den §§ 64 ff. VStG weder ein Betriag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree

 

 

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