Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750023/2/BP/WU

Linz, 14.05.2012

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von Bosnien und Herzegowina, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom 24. Februar 2012, GZ.: Sich96-325-2011, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

 

            I.      Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

        II.      Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 100,00 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.  

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

zu II.: § 64 VStG

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Gmunden vom 24. Februar 2012, GZ.: Sich96-325-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) auf Basis der §§ 120 Abs. 1a iVm. § 31 Abs. 1 FPG idgF. eine Geldstrafe in Höhe von 500,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 50 Stunden) verhängt. Die belangte Behörde führt dabei unter der Überschrift Straferkenntnis wie folgt aus:

 

"Sie haben es zu verantworten, dass Sie sich seit 09. 11. 2011, an jenem Tag sind Sie trotz einem rechtskräftigen Aufenthaltsverbot (Ausweisung) der BRD, welches für den gesamten Schengen-Raum und somit auch für Österreich gültig ist, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalten, da sich Fremde gemäß § 31 Abs. 1 FPG 2005 idgF nur dann rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten,

   wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen: des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z. 1), -.

   oder wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z. 2),

   oder wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen (Z. 3),

   oder solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt (Z. 4),

   öder wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben (Z. 6)

• oder soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt (Z. 7). In Ihrem Fall war keine Fallvariante zutreffend."

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Bw, ein  Staatsbürger von Bosnien und Herzegowina, erstmals am 20.04.2007 einen Wohnsitz in Österreich begründet habe. Seit 07.09.2007 habe er einen Hauptwohnsitz in X, polizeilich angemeldet.

 

Eine erste "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" sei ihm von 02.04.2007 bis zum 16.10.2007 bewilligt worden. Von da an könne man von einer Niederlassung im Bundesgebiet sprechen. Im Anschluss sei diese "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" von 17.10.2007 bis 16.10.2008, von 17.10.2008 bis 16.10.2009 und von 17.10.2009 bis zum 16.10.2010 verlängert worden. Seit 17.10.2010 sei der Bw nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG).

 

Laut einer Information der BPD Wels sei der Bw am 04.05.2010 verhaftet und in der Folge am 05.05.2010 in die Justizanstalt X eingeliefert worden. Am 26.05.2010 sei er schließlich nach Deutschland ausgeliefert worden und habe dort von 26.05.2010 bis zum 03.11.2011 eine Haftstrafe verbüßt. Er sei in Deutschland wegen schwerwiegenden strafrechtlichen Taten, wobei das Gericht ein hohes Maß an krimineller Energie und einen hohen kriminellen Hintergrund der Tat festgestellt habe, zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Nach der vorzeitigen Entlassung aus der Strafhaft habe sich der Bw bis 07.11.2011 in Schubhaft befunden und sei anschließend auf Basis einer von den deutschen Behörden erlassenen unbefristeten "Ausweisung" (Aufenthaltsverbot) - rechtskräftig seit 04.10.2011 -, welche im EKIS (SIS) ausgeschrieben worden sei und somit im gesamten Schengen-Raum, daher auch in Österreich, gelte, nach Bosnien und Herzegowina abgeschoben worden.

 

Gemäß einem Einreisestempel im Reisepass sei der Bw jedoch am 09.11.2011 wieder in den Schengen-Raum eingereist. Diese Einreise habe dem Bw gelingen können, da zu diesem Zeitpunkt die EKIS (SIS) Ausschreibung noch nicht tatsächlich durchgeführt bzw. ersichtlich gewesen sei. Die zuständigen Grenzbeamten hätten daher keine Kenntnis von der fremdenpolizeilichen Maßnahme - Ausweisung (Aufenthaltsverbot) - der BRD haben können, welche bereits gültig gewesen sei. Gültig sei die fremdenpolizeiliche Maßnahme spätestens ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft, welche - wie bereits weiter oben erwähnt -  seit 04.10.2011 gegeben sei.

 

Am 15.11.2011 sei der Bw schließlich mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung und seinem Sohn, X, bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden erschienen und habe einen Verlängerungsantrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" iVm einem "Wiedereinsetzungsantrag", welcher sich gemäß seinen Ausführungen vorwiegend auf die Bestimmungen des § 24 Abs. 2 NAG 2005 idgF und hilfsweise auf die Bestimmungen des AVG stütze, bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eingebracht. Den "Wiedereinsetzungsantrag" habe er im Wesentlichen damit begründet, dass er durch die Inhaftierung in der BRD ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Stellung eines Verlängerungsantrages gehindert gewesen sei. Sein letzter Aufenthaltstitel sei während seiner Inhaftierung am 16.10.2010 abgelaufen.

 

Dieser Antrag, welcher als Erstantrag zu werten sei, da im konkreten Einzelfall die Bestimmungen des § 24 Abs. 2 NAG 2005 idgF keine Anwendung fänden, sei mittlerweile von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit Bescheid vom 13.02.2012, welchen die Vertretung am 15.02.2012 übernommen habe, abgewiesen worden. Die Rechtskraft sei noch nicht gegeben.

 

Der Bw halte sich derzeit noch immer rechtswidrig im Bundesgebiet der Republik Österreich auf. Dieser rechtswidrige Aufenthalt erstrecke sich mittlerweile auf über drei Monate.

 

Mit Schreiben vom 29.11.2011, welches die rechtsfreundliche Vertretung am 01.12.2011 persönlich übernommen habe, sei der Bw aufgefordert worden sich binnen 2 Wochen zu der von ihm begangenen Verwaltungsübertretung zu äußern.

 

Am 15.12.2011 habe der Bw über seine Vertretung folgende Stellungnahme bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eingebracht:

 

"Dem Einschreiter wird zur Last gelegt eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben und es verantwortet zu haben, dass er sich seit 09.11.2011 an jenem Tag, an dem er trotz eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes in der BRD, welches für den gesamten Schengenraum und somit auch für Österreich gültig sei, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalte, weil er nicht im Besitz eines gültigen Aufenthalts- oder Einreisetitels für Österreich sei und auch keine andere Fallvariante des § 31 Abs. 1 FPG 2005 idgF zutreffen würde, wonach eine Verwaltungsübertretung nach § 31 Abs. 1 iVm § 120 Abs. 1a FPG idgF vorliegen würde.

 

Der Einschreiter hat zu keinem Zeitpunkt weder die angezeigte, noch eine andere Verwaltungsübertretung nach gültigem österreichischen Recht begangen und wird ausdrücklich bestritten, dass sich der Einschreiter seit 09.11.2011 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalte.

 

Richtig ist, dass der Einschreiter am 15.11.2011 in Begleitung seines Rechtsanwaltes bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vorgesprochen hat und in diesem Zusammenhang einen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Frist zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung gestellt hat.

 

Begründet wurde dieser Antrag damit, dass aufgrund eines Gefängnisaufenthaltes in Deutschland der Einschreiter verhindert war rechtzeitig einen Antrag auf Verlängerung zu stellen und er unmittelbar nach Wegfall dieses Hindernisses binnen offener Frist dies nachgeholt hat. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde vom Leiter der Amtshandlung der Vorwurf gegenüber dem Einschreiter erhoben, er befände sich illegal im Staatsgebiet der Republik Österreich. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde eine Kopie des Reisepasses des Einschreiters der Behörde zur Verfügung gestellt aus der sich ergibt, dass die Einreise am 09.11.2011 mit dem PKW über Kroatien und Slowenien ohne Beanstandung trotz Kontrolle erfolgt ist und er sich somit legal im Staatsgebiet der Republik Österreich aufhält. Die Kontrolle erfolgte mit einem biometrischen Reisepass.

 

Inhaber von bosnisch-herzegowinischen biometrischen Reisepässen benötigen für die Einreise nach Österreich für einen Aufenthalt von maximal drei Monaten innerhalb eines Halbjahres ab der Ersteinreise kein Visum. Bereits aus diesem ergibt sich, dass sowohl die Einreise, als auch der nunmehrige Aufenthalt rechtmäßig und legal erfolgt ist und zum jetzigen Zeitpunkt auch aus diesem keinerlei verwaltungsrechtlich strafbares Verhalten des Einschreiters abzuleiten ist.

 

Weiters ist der Behörde entgegenzuhalten, dass ab dem Zeitpunkt, ab dem der Antrag auf Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Frist zur Verlängerung des Aufenthaltstitels der für das laufende Verfahren jedenfalls Rechtschutz dahingehend genießt, dass von legalem Aufenthalt ausgegangen werden muss.

 

Die Durchführung eines Strafverfahrens ist daher bereits aus diesen Gründen nicht gerechtfertigt, weil von legalem Aufenthalt auszugehen ist."

 

1.1.2. Aufgrund des festgestellten Sachverhalts sehe die erkennende Behörde die Begehung der dem Bw angelasteten Verwaltungsübertretung als erwiesen an. Es sei unbestritten, dass die BRD mit Bescheid vom 25.08.2011 eine unbefristet gültige Ausweisung, welche als Aufenthaltsverbot anzusehen sei, gegen ihn erlassen habe. Diese Maßnahme sei am 04.10.2011 in Rechtskraft (Bestandskraft) erwachsen. Gemäß einer Reflexwirkung sei diese Maßnahme für den gesamten Schengen-Raum und somit auch in Österreich gültig. Aufgrund dessen hätten die deutschen Behörden die fremdenpolizeiliche Maßnahme auch im EKIS (Schengener-Informationssystem) ausgeschrieben. Dazu werde jedoch festgehalten, dass die Ausschreibung zum Zeitpunkt der Einreise des Bw in den Schengen-Raum - 09.11.2011 - noch nicht tatsächlich durchgeführt gewesen sei. Die diensthabenden Grenzbeamten hätten daher auch deshalb, weil der Bw das Aufenthaltsverbot (Ausweisung) offensichtlich vor ihnen verschwiegen habe, keine Kenntnis davon haben können, weshalb von deren Seite die Einreise auch nicht zu beanstanden gewesen sei. Aus diesem Grund erscheine die Einvernahme der diensthabenden Beamten nicht zielführend. Dazu werde jedoch weiters ausgeführt, dass die Einreise mangels Beanstandung keinesfalls als rechtmäßig zu klassifizieren sei. Hätten die Grenzbeamten Kenntnis von der fremdenpolizeilichen Maßnahme gehabt, wäre dem Bw die Einreise nicht gelungen. Die Einreisestempel könnten die Rechtmäßigkeit auch nicht dokumentieren.

 

Dem Bw selbst sei die Erlassung und somit auch die Konsequenz der Maßnahme jedoch sehr wohl bekannt gewesen, weshalb davon auszugehen ist, dass er am 09.11.2011 bewusst rechtswidrig, während der Gültigkeit eines Aufenthaltsverbotes in den Schengen-Raum eingereist sei und sich seither im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalte.

 

Es sei unbestritten, dass er nach der am 09.11.2011 erfolgten Einreise nach Österreich am 15.11.2011 einen Antrag nach dem NAG bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eingebracht habe. Er selbst habe diesen Antrag als Verlängerungsantrag iVm einem 'Wiedereinsetzungsantrag" im Sinne des NAG deklariert. Dazu werde jedoch festgehalten, dass die Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit Bescheid vom 13.02.2012 bereits festgestellt habe, dass es sich bei diesem Antrag nicht um einen Verlängerungs- sondern um einen Erstantrag handle. Der Antrag gemäß § 24 Abs. 2 NAG 2005 ("Wiedereinsetzungsantrag") sowie der Erstantrag seien im gleichen Bescheid abgewiesen worden. Die Rechtskraft sei derzeit noch nicht gegeben. Dazu werde festgehalten, dass die Bestimmungen des NAG normierten (§ 11 Abs. 1 Z. 2 NAG 2005), dass Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden dürften, wenn gegen ihn eine Rückführungsentscheidung - die Maßnahme der BRD sei als solche anzusehen - eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz bestehe. Im Übrigen sei es auch keinesfalls im Interesse der Republik Österreich, Menschen, welche derart schwerwiegend mit dem Gesetz in Konflikt geraten seien auch wenn die Verurteilung aus der BRD stamme, aufzunehmen. Eine Erteilung eines Aufenthaltstitels würde somit ohnehin den öffentlichen Interessen widerstreiten.

Abschließend werde weiters angeführt, dass dem Bw eine bloße Erstantragsstellung nach den derzeit gültigen Bestimmungen des NAG kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verschaffe. Die Bestimmungen des § 24 Abs. 1 NAG fänden im konkreten Fall mangels Verlängerungsantrag keine Anwendung, weshalb der Bw auch nach dieser Norm kein Aufenthaltsrecht in Österreich genieße.

 

Zum Vorbringen, wonach Inhaber von biometrischen Reisepässen von Bosnien und Herzegowina, visafrei, für den Zeitraum von 90 Tagen im Halbjahr, welches mit dem Datum der Einreise zu laufen beginne, in den Schengen-Raum einreisen dürften, werde angeführt, dass dies im Regelfall korrekt sei. Im konkreten Fall stehe dieser visafreien Einreise mit dem biometrischen Reisepass jedoch die fremdenpolizeiliche Maßnahme der BRD entgegen, welche trotz Gültigkeit zum Einreisezeitpunkt aus organisatorischen Gründen noch nicht tatsächlich im EKIS ausgeschrieben gewesen sei. Im Übrigen dürfe dazu festgehalten werden, dass die 90 Tage seit der Einreise ohnehin bereits verstrichen seien. Somit sei auch unter diesem Gesichtspunkt weder eine rechtmäßige Einreise noch ein rechtmäßiger Aufenthalt erkennbar.

 

Der Bw sei seit 17.10.2010 definitiv nicht mehr im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels nach dem NAG.

 

Es ergebe sich auch kein Aufenthaltsrecht aus anderen gesetzlichen Bestimmungen.

 

Der Bw erfülle somit die objektive Tatseite.

 

Ein weiteres Ermittlungsverfahren sowie auch die vom Bw im Rahmen der Stellungnahme beantragte Einholung eines rechtskundigen Gutachtens - sh. Ziffer 3 – sei aufgrund der eindeutigen Aktenlage nicht mehr erforderlich gewesen.

 

Es hätten weiters keine erschwerenden oder mildernden Gründe festgestellt werden können. Die verhängte Geldstrafe entspreche dem Unrechts- und Schuldgehalt der begangenen strafbaren Handlung. Im Hinblick auf die Tatumstände erscheine die Verhängung der im Spruch angeführten Geldstrafe (Mindeststrafe) unter Hinweis auf den gesetzlichen Strafrahmen (bis Euro 2.500) als angemessen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 13. März 2012.

 

Darin wird das Straferkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit aufgrund von Verfahrens­mängeln zur Gänze angefochten.

 

  Der Bw führt an, dass der ablehnende Bescheid (zu Sich40-36661, Landeshauptmann von ) vom 13.02.2012 - wie die Behörde selbst vermerkt - tatsächlich noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei, da gegen diesen fristgerecht Berufung erhoben worden sei.

 

  Solange dem Verfahren über den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung keine rechtskräftige Entscheidung zugrunde liege, könne von keinem unrechtmäßigen Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet der Republik Österreich ausgegangen werden, weshalb das Straferkenntnis bereits aus diesem Grunde unrichtiger rechtlicher Beurteilung unterliege. Das bloße Unterstellen - ohne rechtskräftige Ablehnung des Antrages auf Niederlassungsbewilligungserteilung - eines vermeintlichen unrechtmäßigen Aufenthalts seitens des Bw, rechtfertige keine Bestrafung nach § 120 FPG. Der Bw halte sich bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung gemäß § 31 FPG nicht unrechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich auf. Hätte die Erstbehörde diesen Umstand rechtlich richtig gewürdigt, hätte sie kein Straferkenntnis zu er­lassen gehabt.

 

  Auch vermöge die weitere Begründung im angefochtenen Straferkenntnis an diesem Status nichts zu ändern.

 

  Richtig sei, dass der Bw Staatsbürger von Bosnien und Herzegowina sei, auch, dass diesem die „Niederlassungsbewilligung - beschränkt" bis 16.10.2010 gemäß NAG 2005 behördlich verlängert worden sei. Wie bereits in der Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertre­ters vom 14.12.2011 - welche zum integrierenden Bestandteil dieser Berufung erhoben werde - angeführt worden sei, sei der Bw am 09.11.2011 legal in das Bundesgebiet von Österreich eingereist.

 

  Richtig sei zwar, dass die „Niederlassungsbewilligung beschränkt" mit 17.10.2010 geendet habe, nicht jedoch, dass dem Bw ein Verhalten zugerechnet werden, könne, welches einer „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" im Verfahren gegen die Versäumung der Frist zur Verlängerung dieser Niederlassungsbewilligung entgegen stehe.

 

  Am 15.11.2011 habe der Bw einen Verlängerungsantrag iSd § 24 NAG gestellt. Ob und wann dieser Antrag als Verlängerungsantrag gelte, mit der Wirkung, dass dem Bw die Niederlassungsbewilligung erteilt werde, sei hier nicht gegenständlich. Der Bw habe dazu vorgebracht, durch ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis gehindert gewesen zu sein, rechtzeitig den Verlängerungsantrag zu stellen und ihn hierfür nur ein minderer Grad des Verschuldens bzw. gar kein Verschulden treffe. Ergänzend werde vorge­bracht, dass der Bw auf Grund der Anhaltung in Untersuchungshaft in der BRD verhindert gewesen sei, den Verlängerungsantrag rechtzeitig zu stellen. Auch wenn ihm die dem Ur­teil zugrunde liegende Tat zuzurechnen sei, seien ihm gerade die damit verbundenen strafrecht­lichen Konsequenzen, nämlich die abschließende Verhängung einer Straftat nicht zuzurech­nen. Es sei für ihn auch nicht vollständig absehbar gewesen, ob und für welchen Zeitraum die Strafhaft vollzogen würde. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei somit von Unbescholtenheit auszugehen gewesen.

 

  Aufgrund der Tatsache, dass der Bw in Besitz eines biometrischen Reisepasses sei und das von der BRD verhängte Einreiseverbot, mangels Publizität (wegen nicht erfolgter Ausschreibung im EKIS) zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich am 09.11.2011, nicht rechtswirksam gewesen sei, sei von einer rechtmäßigen Einreise und im Folgenden auch Aufenthalt des Berufungswerbers auszugehen.

 

  Die unbeanstandete Einreise trotz Passkontrolle sei für den Bw jedenfalls ein Umstand gewesen, dass er von einer rechtmäßigen Einreise und rechtmäßigem Aufenthalt habe ausgehen können. Dies bedeute, dass der Bw damit auch subjektiv keinen verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand, wie vorgeworfen, gesetzt habe bzw. ihm dies nicht vorwerfbar sei. Auch sei der Verlängerungsantrag gemäß § 24 NAG fristgerecht am 15.11.2011 gemäß § 24 Abs 2 Z 2 NAG gestellt worden. Hätte die Erstbehörde diese Umstände rechtlich richtig gewürdigt, hätte sie bereits im Verfahren zu Sich40-36661 bescheidmäßig den Antrag vom 15.11.2011 als Verlängerungsantrag zu werten gehabt, die Auf­enthaltsbewilligung zu erteilen gehabt und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen gehabt, weshalb im gegenständlichen Verfahren umso mehr von einem rechtmä­ßigen Aufenthalt des Berufungswerbers auszugehen sei, weil noch kein rechtskräftiger Abschluss des Verfahrens zu
Sich40-36661 vorliege, sodass keine Bestrafung nach dem FPG zulässig sei.

 

  Insbesondere übersehe die Erstbehörde, dass der Zeitraum zwischen Ablauf der Gültigkeits­dauer des letzten Aufenthaltstitels und der Stellung des Antrages ex lege nach § 24 Abs 2 NAG als rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt gelte und dies selbst in § 24 Abs 2 NAG normiert sei. Ebenso werde dies durch
§ 24 Abs 1 NAG normiert. Solange also das Ver­fahren über diesen gestellten Verlängerungsantrag nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, könne von keinem unrechtmäßigen Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet der Republik Österreich gesprochen werden, weshalb dem Straferkenntnis die rechtliche Grundlage fehle.

 

  Des weiteren seien die - in der Stellungnahme vom 14.12.2011 gestellten - Anträge des Bw ohne taugliche rechtliche Begründung seitens der Erstbehörde nicht erledigt worden. Insbesondere die Anträge nach 2. und 3. der Stellungnahme vom 14.12.2011 hätten - sofern diese auch antragsgemäß durchgeführt worden wären - zu einem anderen Beweisergebnis geführt und folglich auch zur Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu führen gehabt, weshalb dem angefochtenen Straferkenntnis mangelhaftes Verfahren zugrunde liege. Diese Anträge würden somit wiederholt gestellt.

 

Letztlich werde wiederholt vorgebracht, dass der Bw sich während des gesamten Zeitraumes wohlverhalten habe und bestens integriert sei, er verfüge über ein eigenes Einkom­men aus einer Pension aus der Schweiz und sei verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

 

Es werden daher die nachstehenden Anträge gestellt:

"Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge,

 

1.  der Berufung des Berufungswerbers Folge geben und das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze beheben, in eventu im Sinn der Berufung abzuändern allenfalls an die Erstbehörde zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen,

2.  in eventu gemäß § 21 VStG von einer Bestrafung absehen und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen."

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 16. März 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem UVS des Landes Oberösterreich.

 

2.2. Der UVS des Landes Oberösterreich erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Da im Verfahren der entscheidungswesentliche Sachverhalt – auch vom Bw völlig unbestritten - feststand, keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, lediglich die Klärung einer Rechtsfrage vorzunehmen war und dem sachverhaltsbezogenen Angaben des Bw ohnehin volle Glaubwürdigkeit zugemessen wird, konnte gemäß § 51e Abs. 3 VStG in Zusammenschau mit der Judikatur des VwGH auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden.

 

Insbesondere ist zu betonen, dass die Tatsachen,

- dass der Bw bei der Einreise in das Schengengebiet am 9. November 2011 nicht beanstandet wurde,

- dass die schengenweite Ausschreibung der in Deutschland ausgesprochenen unbefristeten Ausweisung zu diesem Zeitpunkt noch nicht im SIS eingetragen war, sowie

- dass der Bw am 15. November 2011 im Besitz eines biometrischen Reisepasses war, den er im Rahmen der Stellung seines Verlängerungs- bzw. Wiederaufnahmeantrages betreffend Aufenthaltstitel der belangten Behörde vorlegte,

jedenfalls außer Zweifel stehen und keiner besonderen Beweiswürdigung bedürfen. Die Einholung eines Rechtsgutachtens betreffend die Geltung von – von EWR-Staaten ausgesprochenen – unbefristeten Ausweisungen bzw. Aufenthaltsverboten erscheint allerdings nicht angebracht. Ein dezidierter Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde im Übrigen nicht gestellt und auch keinerlei über die oben beschriebenen hinausgehenden Beweisthemen vorgebracht.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter dem Punkt 1.1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus.

 

Zusätzlich ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Schengener Informationssystem (SIS), dass das unbefristete Einreise- und Aufenthaltsverbot mit 17. November 2011 eingetragen wurde.

 

2.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2011, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die     durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung          bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur          Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten    Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet   keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländer­beschäfti­gungs-        gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsende­be-­       willi­gung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3     Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit       einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

3.2.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass die jeweils auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung – beschränkt – mit 16. Oktober 2010 zunächst ihre Gültigkeit verlor. Unbestritten ist auch, dass sich der Bw zu diesem Zeitpunkt in Deutschland in Strafhaft befand.

 

Der Bw bringt nun vor, dass er durch ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis daran gehindert gewesen sei, fristgerecht einen Verlängerungsantrag zu stellen, was er aber am 15. November 2011 nachgeholt habe. Die Berufung gegen den sowohl den Verlängerungsantrag als auch den Wiederaufnahmeantrag ablehnenden erstinstanzlichen Bescheid ist auch zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht erledigt. Im Sinne einer Vorfragenentscheidung hat sich der UVS somit mit der Thematik des Wiederaufnahmeantrages zu befassen.

 

3.2.2. Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist gegen den Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

1.      die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder    unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur   Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer   Grad des Verschuldens trifft oder

2.      die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine          Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

3.2.3. Im vorliegenden Fall könnte allenfalls Z. 1 dieser Bestimmung zur Anwendung gebracht werden, wobei fraglos nicht von Unvorhersehbarkeit, sondern allenfalls von Unabwendbarkeit gesprochen werden kann.

 

Da ein Verlängerungsantrag nach den Bestimmungen des NAG (§ 24f. NAG) im Inland gestellt werden muss, der Bw aber innerhalb der vom NAG vorgesehenen dreimonatigen Frist vor Ablauf des zu verlängernden Titels in Deutschland in  Strafhaft angehalten wurde, ist wohl die Unabwendbarkeit gegeben.

 

Hinsichtlich des ebenfalls kumulativ geforderten minderen Grad des Verschuldens, stellt sich sehr wohl die Frage, ob der Bw alles das – ihm zur Verfügung stehende – getan hat, um die Frist einzuhalten. Ohne auf die Strafhaft an sich einzugehen, die ja mittelbar "vom Bw verschuldet" wurde, hätte es dem Bw jedoch jedenfalls zugemutet werden können, mit der belangten Behörde – auch mittels seines rechtsfreundlichen Vertreters - Kontakt aufzunehmen, um allfällige alternative Möglichkeiten zu erörtern. Ein zwar rechtzeitig gestellter Antrag, wenn auch vom Ausland aus, der im Rahmen einer Verbesserung nach Entlassung aus der Strafhaft rückwirkend als rechtzeitig hätte angesehen werden müssen, wäre hier denkbar.

 

Aber sogar, wenn man dem Bw den geringen Grad an Verschulden für sein - den Ablauf des Aufenthaltstitels ignorierendes - Verhalten zubilligen würde, wäre im vorliegenden Fall nichts gewonnen. 

 

3.2.4. Gemäß § 71 Abs. 6 AVG kann die Behörde dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen. Ein UVS hat durch Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3.2.5. Aus dieser Bestimmung wird zunächst klar, dass ein Wiedereinsetzungsantrag grundsätzlich nicht aufschiebende Wirkung hat, sondern diese erst von der Behörde zugemessen werden kann.

 

Diese ist verpflichtet eine Abwägung zwischen den Interessen des Antragstellers und jenen der übrigen Parteien sowie den öffentlichen Interessen vorzunehmen und hat dem Wiedereinsetzungsantrag – insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen – aufschiebende Wirkung (auch ohne darauf gerichtetes Begehren der Parteien) zuzuerkennen, wenn dem Antragsteller sonst ein unverhältnismäßiger Nachteil entstünde (vgl. Hengstschläger/Leeb, § 71, Rn 131).

 

3.2.6. Wie noch später zu zeigen sein wird, bestehen sehr wohl öffentliche Interessen an der Nicht-Verlängerung des Niederlassungsrechtes des Bw in Österreich (§ 11 Abs. 1 Z. 2 NAG) und im Schengenraum (vgl. die deutsche rechtskräftige Rückführungsentscheidung, rechtskräftig seit 4. Oktober 2011). Der Bw wusste (bzw. hätte wissen müssen) sowohl bei seiner Einreise am 9. November 2011 als auch bei der Einbringung des in Rede stehenden Antrages am 15. November 2011 um diese Umstände. Es erscheint daher keinesfalls unverhältnismäßig hier den öffentlichen Interessen klar den Vorrang zu geben, weshalb die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen war.

 

3.2.7. Zusammengefasst ergibt sich also, dass der Bw sowohl bei der Einreise als auch bei Stellung des Verlängerungs- bzw. Wiedereinsetzungsantrages nicht auf  einen rechtmäßigen Aufenthalt – gestützt auf den vorhergegangenen aber abgelaufenen Titel -  verweisen konnte.

 

3.3.1. Zur weiteren Beurteilung ist hier nun auf die Wirkung einer von einem Schengen-Staat ausgesprochenen unbefristeten Ausweisung (Aufenthaltsverbot, Rückkehrentscheidung, ...) bezogen auf den hier zu beurteilenden Fall für andere Schengenstaaten einzugehen.

 

3.3.2. Das Verbot für einen Fremden, gegen den eine Rückkehrentscheidung eines Schengenstaates erlassen wurde, in andere Schengenstaaten einzureisen oder sich dort aufzuhalten ergibt sich zunächst aus der Verordnung (EG) 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (Schengener Grenzkodex). Dabei handelt es sich aber um einen unmittelbar anwendbaren Rechtsakt der Europäischen Union, der keiner innerstaatlichen Umsetzung bedarf, bzw. ist eine solche grundsätzlich ausgeschlossen.

 

Aufgrund des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts folgt, dass – wenn nicht wie ebenfalls in dieser Verordnung vorgesehen – ein Mitgliedstaat ein Aufenthaltsrecht im Einzelfall zuerkennt, sowohl die Einreise als auch der Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat nicht rechtmäßig sind, sofern eine Rückkehrentscheidung (wie im in Rede stehenden Fall) ausgesprochen wurde. Dieser Anwendungsvorrang gilt auch für das Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina grundsätzlich zukommende dreimonatige sichtvermerksfreie Aufenthaltsrecht in Österreich, weshalb sich der Bw nicht auf diese allgemeine Regelung stützen kann.

 

Damit ist aber nicht von Bedeutung, ob die jeweiligen Grenzkontrollorgane bereits über die "Ausweisungsentscheidung" vom 4. Oktober 2011 in Kenntnis waren oder nicht. Nur weil es dem Bw widerrechtlich gelang die Grenzen zu passieren, lässt sich nicht der Schluss zu, dass daraus die Einreise und der darauffolgende Aufenthalt rechtmäßig werden. Die Eintragung in das SIS hat demnach lediglich deklarative Wirkung. Konstitutiv ist der Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung, nicht deren Eintragung.

 

Auch gemäß der Richtlinie 2001/40/EG ergibt sich kein anderes Bild. Dabei ist anzumerken, dass der Bw ja im Zeitpunkt der Verhängung der deutschen Maßnahme über keinerlei Aufenthaltstitel im Bundesgebiet verfügte. Diese Richtlinie verweist jedoch ua. betreffend der Umsetzungsmodalitäten auf die jeweiligen innerstaatlichen Rechtsnormen.

 

3.3.3. Gemäß § 25 Abs. 1 NAG hat die Behörde, wenn in einem Verfahren zur Verlängerung des Aufenthaltstitels Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 Abs. 1 und 2 fehlen, gegebenenfalls nach Einholung einer fremdenpolizeilichen Stellungnahme – den Antragsteller davon in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass die Aufenthaltsbeendigung gemäß § 52 ff. FPG beabsichtigt ist und (…)

 

Daraus, dass diese Bestimmung auf die Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG verweist, wird deutlich, dass auch das NAG in einem derartigen Fall von einem unrechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden ausgeht, da ansonsten ja eine Aufenthaltsbeendigung nach § 62 f. FPG angesprochen wäre.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

 

3.3.4. Zusammenfassend ist also zu konstatieren, dass der Bw weder durch den Wiedereinsetzungsantrag zum Aufenthalt berechtigt war noch begründete Aussichten haben dürfte die Verlängerung seines Aufenthaltstitels aus dem Jahr 2010 rückwirkend zu erlangen, weshalb sein Aufenthalt im Bundesgebiet durchgehend seit dem 9. November 2011 als rechtswidrig anzusehen ist.

 

Die objektive Tatseite ist somit erfüllt.

 

3.4.1. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

3.4.2. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Der Bw machte jedoch keinerlei Umstände geltend, die geeignet wären, einen entsprechenden Schuldentlastungsbeweis darzustellen. Der belangten Behörde folgend ist somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite in Form zumindest grob fahrlässigen Verhaltens auszugehen. Der Bw musste sich des Umstandes seines illegalen Aufenthalts in vollem Umfang bewusst sein, weshalb hier sogar die Annahme Deckung finden würde, dass von bedingtem Vorsatz auszugehen sein würde.

 

3.5.1. Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass diese ohnehin mit der gesetzlichen Mindeststrafe am untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt wurde. Es ergeben sich keine Umstände von dieser Strafhöhe abzugehen.

 

3.5.2. Mangels Überwiegen der Milderungsgründe, mangels geringem Verschulden, aber auch mangels unbedeutender Folgen der Tat kam eine Anwendung des § 20 bzw. des § 21 VStG nicht in Betracht.

 

3.6. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die Berufung als unbegründet abzuweisen, das Straferkenntnis zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

4. Gemäß § 64 VStG war dem Bw zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, somit von 100,00 Euro, aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree

 

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