Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750029/5/Wg/Jo

Linz, 23.04.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der X, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 9. März  2012, Sich96-327-2011, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

I.                  Der Strafberufung wird insoweit stattgegeben als die Geldstrafe auf 50 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Stunden herabgesetzt werden.

II.              Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde reduziert sich auf 5 Euro. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich hat die Berufungswerberin keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 19, 24, 51, 51c und 51e Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 VStG.


Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Straferkenntnis vom 9. März 2012, Sich96-327-2011, der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) folgende Verwaltungsübertretung angelastet:

 

"Sie sind als passpflichtige EWR-Bürgerin am 03.10.2011 um 14.15 Uhr rechtswidrig ohne gültiges Reisedokument ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist, obwohl Fremde, soweit durch Bundesgesetz oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung nicht anderes bestimmt ist oder nicht anderes internationalen Gepflogenheiten entspricht, zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet ein gültiges Reisedokument benötigen. Dieser Sachverhalt wurde durch ein Organ der Polizeiinspektion X am 03.10.2011 um 14.25 Uhr in Wippenham, Ortschaftsbereich Sieberting, Wippenhamer Landesstraße L 1087, KM 4.800, festgestellt.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 120 Abs.1 erster Deliktsfall iVm. § 15 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011."

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde eine Geldstrafe von 100 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden gemäß § 120 Abs.1 FPG 2005 festgesetzt. Weiters wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro vorgeschrieben.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung vom 27. März 2012. Die Bw stellt darin die Anträge, der UVS möge das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 9. März 2012 ersatzlos beheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einstellen; dies nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung; Abführung der bisher unerledigt gebliebenen Beweisanträge; in eventu Aussprache einer Ermahnung iSd § 21 VStG; in eventu Herabsetzung der Geldstrafe auf gesetzeskonformes mildes Maß iSd § 20 VStG. Begründend führte die Bw aus, das Verfahren sei mangelhaft geblieben, da den gestellten Beweisanträgen nicht entsprochen worden sei und werde nochmals ausgeführt wie folgt:

Zur niederschriftlichen Einvernahme des Meldungslegers vom 20. Dezember 2011 werde darauf verwiesen, dass darin lediglich die Ausführungen laut Anzeige vom 7. November 2011 wiederholt würden. Es sei richtig, dass sie zum angeblichen Tatzeitpunkt eine Verkehrskontrolle gehabt hätte. Sie habe den Beamten ihren Führerschein und auch ihren Ausweis gezeigt. Den Zulassungsbescheid hätte sie wirklich vergessen, da sich dieser in ihrer Geldbörse befinde und sie auch diese nicht mitgehabt hätte. Überdies sei ihr eine Geschwindigkeitsübertretung vorgehalten worden, hierzu aber keinerlei Beweise vorgezeigt worden. Es sei dann vom Beamten eine Geldstrafe von 20 Euro gefordert worden, welche sie aber nicht bezahlen hätte können, da sie kein Geld/Geldbörse gehabt hätte. Ausdrücklich werde eingewendet, dass nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahrt – ausreichende Nachfahrtsstrecke, dies bei gleichbleibendem Abstand, bei entsprechender Geschwindigkeit – vorgelegen sei und sohin bereits aus diesem Grunde die angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung unzulässig sei, da überdies nicht die erforderlichen Sicherheitsabzüge laut Judikatur getätigt wurden. Ausdrücklich werde auch darauf verwiesen, dass ein unrichtiger Tatort angelastet werde. Es wurde der Antrag gestellt, dem Meldungsleger die Vorlage der seinerzeitigen handschriftlichen Aufzeichnungen aufzutragen. Dies zum Beweis dafür, dass ein unrichtiger Tatort bzw. Tatzeit angelastet worden sei. Über all diese Punkte würden keinerlei Beweisergebnisse vorliegen, weshalb das Verfahren noch nicht spruchreif gewesen sei und die angefochtene Entscheidung zudem rechtswidrig sei. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Milderungsgründe sei die verhängte Geldstrafe überdies als erhöht anzusehen. Im konkreten Fall würden nachfolgende Milderungsgründe vorliegen:

-         der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatsache, dass die Tat mit dem sonstigen Verhalten in Widerspruch stehe;

-         die Tat lediglich als Fahrlässigkeit begangen worden sei;

-         die Tat nur aus Unbesonnenheit (Unachtsamkeit) begangen worden sei;

-         die Tat mehr durch besonders verlockende Gelegenheit, als mit vorgefasster Absicht begangen worden sei;

-         optimale Fahrbahn- und Straßen- sowie Verkehrsverhältnisse geherrscht hätten (kein anderer Fahrzeugverkehr);

-         die Tat unter Umständen begangen worden sei, die einen Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe komme;

-         es trotz Vollendung der Tat zu keinen Schäden Dritter gekommen sei;

-         sich von der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl dazu die Gelegenheit offengestanden wäre, freiwillig Abstand genommen wurde);

-         die Tat schon vor längerer Zeit begangen worden sei und seither ein Wohlverhalten vorliege.

 

Mit Eingabe vom 3. April 2012 teilte die Berufungswerberin mit, dass im Hinblick auf die gegebene Sach- und Rechtslage – im konkreten Fall wird darauf verwiesen, dass eine Identifizierung der Berufungswerberin anlässlich der Beamthandlung ja aufgrund anderer behördlicher Dokumente möglich war – dies sohin bereits aus dem Akteninhalt ersichtlich sei – auf die Einvernahme des Meldungslegers und sohin auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet werde. Im Übrigen wurden die Anträge auf Einstellung, Abführung der bisher unerledigt gebliebenen Beweisanträge, in eventu Aussprache einer Ermahnung bzw. Herabsetzung der Geldstrafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß iSd § 20 VStG wiederholt.

 

Mit Eingabe vom 19. April 2012 teilte die Bw mit, dass die Berufung auf eine Strafberufung eingeschränkt wird.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu erwogen:

 

Auf Grund der Eingabe vom 19. April 2012 wird lediglich die Strafbemessung überprüft.

 

§ 120 Abs.1 FPG sieht einen Strafrahmen von 100 Euro bis zu 1.000 Euro vor, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 2 Wochen vor.

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und dem Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Den in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. Dezember 2011 angenommenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen (geschätztes monatliches Nettoeinkommen in Deutschland von ca. 1.500 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) hat die Berufungswerberin nicht widersprochen.

 

Im bekämpften Straferkenntnis wird ausgeführt, es wären weder mildernde noch erschwerende Umstände maßgeblich gewesen. Da aus dem Verfahrensakt keine Verwaltungsvormerkungen ersichtlich sind, ist als Milderungsgrund jedoch die Unbescholtenheit zu werten. Erschwerend war kein Umstand. Da eine Identitätsfeststellung ohne weiteres möglich war und offenkundig auch keine Zweifel am fremdenrechtlichen Status der Berufungswerberin bestanden, ist bei einer Gesamtwertung eine Unterschreitung der Mindeststrafe gemäß § 20 VStG erforderlich. Die übrigen – in der Berufung aufgelisteten und als Milderungsgrund ins Treffen geführten – Umstände fallen darüber hinaus nicht entscheidend ins Gewicht.

 

Von der Anwendung des § 21 VStG (Ermahnung) war Abstand zu nehmen, weil im konkreten Fall das tatbildmäßige Verhalten nicht erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb.

 

Die nunmehr festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von 50 Euro ist dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen. Der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren I. Instanz ergibt sich aus den angeführten gesetzlichen Vorschriften.

 

Gemäß § 64 Abs. 2 VStG waren die Kosten für das Verfahren vor der belangten Behörde mit 10 % der verhängten Geldstrafe, das sind 5 Euro, zu bemessen. Für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat war gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Wolfgang Weigl

 

 

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