Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166689/11/Bi/Kr

Linz, 14.05.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W R, V, S, vertreten durch Herrn RA Dr.  X, X, X, vom 25. Jänner 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Vöcklabruck vom
9. Jänner 2012, VerkR96-18525-2011-rm, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 4. Mai 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

I.  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 63  Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.2e StVO 1960 eine Geldstrafe von 315 Euro (120 Stunden EFS) verhängt, weil er am
26. Juli 2011 gegen 23.14 Uhr als Lenker des Pkw X auf der A1, Gemeindegebiet Eggendorf/T. bei km 186.008 in Fahrtrichtung Wien, die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 64 km/h über­schritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen. Er werde darauf hingewiesen, dass dieses Verfahren auch mit einem Führerscheinentzugsverfahren verbunden sei.  

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 31,50 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 4. Mai 2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA Dr. X, der Zeugen Meldungslegerin Frau RI R T (Ml) und RI C O (RI O) und des kfztechnischen Amtssachverständigen Dipl.HTL-Ing R H (SV) durch­geführt. Der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.  

 

3. Der Bw bestreitet die Geschwindigkeits­über­schreitung mit dem Argument, die letzte Eichung des Lasermessgerätes sei mit Anfang März 2010 durchgeführt worden, daher liege zum Vorfallszeitpunkt keine gültige Eichung vor, weil diese Geräte in der Regel jährlich zu eichen seien. Trotz entsprechenden Antrages sei die Gebrauchs- bzw Bedienungsanweisung für das Lasermessgerät TruSpeed nicht vorgelegt worden. Dieses sei außerdem nicht mit einer fotografischen Dokumen­tation verbunden. Vorgelegt worden seien ein Eichschein und ein teils unkenntlich gemachtes Laser-Einsatzverzeichnis. Die Prüfvorgänge seien von den Beamten nicht dargelegt worden. Bei einer Messentfernung von 287 m seien in Anbetracht der Dunkelheit Zuordnungs­probleme nicht auszuschließen. Seinen Beweisanträgen sei keine Folge gegeben worden, obwohl er auf die vom Hersteller angegebenen Eichintervalle von einem Jahr hingewiesen habe und dass die der Messung vorangehenden Gerätetests nicht durchgeführt worden seien. Dabei sei der Hersteller relevant und nicht das BEV, allfällige längere Intervalle seien von untergeordneter Bedeutung. Die Zeugin habe zwar ausgeführt, sie habe die Funktion gemäß "Richtlinien" geprüft, sie habe aber die Herstellervorschriften nicht vorlegen können. Sie möge subjektiv von der Richtig­keit ihrer Aussagen überzeugt sein, eine Objektivierung der Angaben sei aber mangels Bedienungs- bzw Gebrauchsanweisung nicht möglich gewesen. Angaben des Bw bei der Amtshandlung sagten nichts über das Ausmaß einer allfälligen Geschwindig­keitsüberschreitung aus. Menschliche Fehlerquellen, insbesondere Zuordnungs­probleme, seien bei Lasermessungen bei Dunkelheit über 287 m Entfernung auf ein unbeleuchtetes Frontkennzeichen jedenfalls nicht auszu­schließen. Beantragt wird Verfahrenseinstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die beiden Polizeibeamten unter Hinwies auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen wurden. Anhand von DORIS-Fotos wurden der damalige Standort des Polizeifahrzeuges und der Messort sowie die örtlichen Gegebenheiten erörtert, dem Rechtsvertreter des Bw wurden die "Bestimmungen für die Verwendung von Laser-Verkehrsge­schwin­dig­­keits­messgeräten der Bauart TruSpeed bei straßenaufsichtsbehörd­lichen Kontrollen gemäß BEV-Zulassung GZ 2666/2006" sowie die Bedienungs­anleitung für TruSpeed, L, H, Stand Juni 2009, ausgefolgt und der Eichschein (letzte Eichung des Messgerätes Nr.3063 durch das BEV vor dem Vorfallstag 26. Juli 2011 am 8. März 2010 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2013) sowie das Messprotokoll erörtert. Dabei hat sich ergeben, dass im Original-Messprotokoll die Zeile betreffend die Messung des vom Bw gelenkten Pkw mit rotem Signalstift markiert wurde, dem Rechts­vertreter des Bw allerdings nur die Kopie zur Verfügung stand, auf der diese Zeile eben wegen der Markierung unleserlich war. Laut Messprotokoll wurde mit dem Messgerät Nr.3063 durch Beamte der API Haid am 26.7.2011, RFB Wien, im Bereich einer erlaubten Geschwindigkeit von 130 km/h, vom Standort bei km 185.721 aus nach den um 22.49 Uhr protokollierten Funktionstests von 22.50 Uhr bis 23.14 Uhr gemessen, wobei die Ml Messorgan und RI O Einsatzleiter waren. In dieser Zeit wurden von ggst Standort aus demnach 63 Fahrzeuge gemessen und ein Lenker angezeigt.

 

Der Bw verantwortete sich dahingehend, ihm sei die Messung nicht aufgefallen; er habe erst auf der Fahrt hinter sich ein (vermutliches) Zivilstreifenfahrzeug bemerkt und sei dann in Allhaming angehalten worden. Eine Displayanzeige sei ihm nicht gezeigt worden; er habe auch gar nicht gewusst, dass er das verlangen könne. Er habe auch sofort bestritten, so schnell gewesen zu sein. Er fahre um diese Zeit bei "typischem Abendverkehrsaufkommen" meist mit Tempomat und schließe eine derart hohe Geschwindigkeit, wie bei der Amtshandlung behauptet worden sei, aus. Ob überhaupt in seinem Umfeld eine Verwechslungsmöglichkeit mit einem anderen schnellen Fahrzeug bestanden habe, konnte er sich nicht erinnern.

 


Die Ml bestätigte, sie sei – ebenso wie RI O – für Lasermessungen mit den neuen Gerätes der Bauart Truspeed von einem Beamten der API Haid geschult worden und habe auch in den vergangenen vier Jahren bei dieser Dienststelle mit den früher verwendeten Geräten, Bauart LTI 20.20 TS/KM-E, gemessen. Der Standort bei km 185.721 sei ein ausgemessener Messort mit einem kleinen Platz zum Abstellen des Polizeifahrzeuges. Damals sei ein Blaulichtfahrzeug, nämlich ein nach außen hin als Polizeifahrzeug erkennbarer VW Sharan, von RI O gelenkt worden. Sie habe vom Beifahrersitz aus am Kollegen vorne vorbei durch die Fahrerseite die von rechts ankommenden Fahrzeuge im Bereich des vorderen Kennzeichens anvisiert. Die Ml hat auf konkretes Befragen die Einstiegstests, die vor Beginn der Messungen von Fahrzeugen vom jeweiligen Standort durchzuführen sind, im Einzelnen genau beschrieben und auch ausgeführt, dass das Gerät auf eine konkrete Geschwin­dig­keit eingestellt war, sodass bei der ggst Messung ein doppelter Piepston zu hören war, den auch RI O als Zeichen zur Nachfahrt bemerkt hat. Der Sharan stand rechts im rechten Winkel zur RFB Wien mit laufendem Motor und das Verkehrsaufkommen war laut Ml um diese Zeit nicht stark. Sie hat laut ihren Angaben keine Besonderheiten notiert, auch nicht, auf welcher Spur – die RFB Wien ist dort 3spurig – das gemessene Fahrzeug fuhr. Sie bestätigte, dass die Messung ohne Schwierigkeiten möglich und der Messwert eindeutig diesem Fahrzeug zuzuordnen war. Wenn unklar sei, wem von zwei oder mehreren Fahrzeugen der gemessene Wert zuzuordnen sei, werde gar keine Nachfahrt begonnen. Im ggst Fall habe keine Verwechslungsmöglichkeit bestanden und ebenso sei die Nachfahrt unproblematisch gewesen. Es sei konkret der gemessene Pkw auch angehalten worden; die Ml schloss dezidiert jede Verwechslung aus.

Obwohl sich RI O an den konkreten Vorfall mangels persönlicher Notizen oder besonderer Vorkommnisse aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit nicht erinnern konnte, legte er im Einklang mit der Ml, aber unabhängig von ihr, dar, dass eine Nachfahrt durch den Lenker des Polizeifahrzeuges so erfolgt, dass dieser das mit laufendem Motor quer zur Richtungsfahrbahn abgestellte Polizei­fahrzeug auf dem Pannenstreifen beschleunigt und auf den ersten Fahrstreifen einordnet. Wenn er selbst den gemessenen Pkw nicht gesehen hat, gibt ihm der Beifahrer, der diesen Pkw währenddessen nicht aus den Augen lässt, das zu verfolgende Fahrzeug konkret an. Unterscheidungsmerkmal von vorne sei zB auch das Vorhandensein von Xenon-Licht. Es könne sein, dass ein Vorbeifahren des gemessenen Fahrzeuges gar nicht abgewartet wird, oder auch abgewartet wird, um Marke, Type, Farbe und Kennzeichen festzustellen. Von hinten seien die Fahrzeuge oft nicht nur von der Bauart her sondern auch anhand der Rücklichter zu unterscheiden. Bezogen auf den Bw konnte der Zeuge mangels jeglicher persönlicher Erinnerung keinerlei Angaben machen. Es habe jedenfalls kein besonderes Ereignis, das man sich merke, stattgefunden, wie zB dass man einem Fahrzeug einfach nicht nachkomme; die hohe Geschwindigkeit sei kein Unterscheidungsargument. Die Ml ging aufgrund ihrer darüber nichts fest­haltenden Notizen davon aus, dass zur Vorfallszeit keinerlei Schwierigkeiten bestanden haben, dem Fahrzeug nachzufahren und dieses auch konkret anzuhalten. Sie betonte, dass der Lenker von sich aus langsamer geworden sein müsse, sondern wäre eine Anhaltung nach 4-5 km, nämlich auf dem ASFINAG-Parkplatz Allhaming, unmöglich gewesen. Sie glaube nicht, dass sie dem Lenker, der das Ausmaß der Überschreitung abgestritten habe, die Displayanzeige gezeigt habe; aber auch eine solche werde oft nicht akzeptiert, weil das nur ein Geschwindigkeitswert ohne Foto sei. Sie habe den Zulassungsschein kopiert und die Angaben des Bw notiert, der ihr gesagt habe, er brauche den Führerschein beruflich – das hat der Bw abgestritten. Sie habe ihm eine Anzeige angekündigt. Der Messwert habe, wie in der Anzeige vermerkt, 200 km/h betragen bei 287 m Messentfernung, dh die gefahrene Geschwindigkeit habe abzüglich 3% oder
6 km/h 194 km/h betragen. Die Anzeige sei nach ihren – auf die Kopie des Zulassungsscheines handschriftlich geschriebenen und bei der Verhandlung gezeigten – persönlichen Notizen geschrieben.

 

Der SV hat weder an den von der Ml geschilderten Einstiegstests Fehler zu finden vermocht noch hinsichtlich der Möglichkeit eines eindeutigen Anvisierens einer, wenn auch unbeleuchteten, vorderen Kennzeichentafel bei Dunkelheit Schwierigkeiten gesehen. Der Rechtsvertreter rügte, die Ml habe die Einstiegs­tests nicht im Einzelnen dokumentiert. Insbesondere habe sie zwar angegeben, ein ca 200 m entferntes ruhendes Ziel für das horizontale und vertikale Anvisieren zur Prüfung der Visiereinrichtung verwendet zu haben, das aber beim dortigen Standort nicht beleuchtet sei, sie habe dieses Ziel aber nicht mehr konkret beschreiben können und daher sei diese Prüfung der Funktion des Gerätes fraglich.

Aus technischer Sicht wurde vom SV sowohl die Anvisierbarkeit eines Pkw als auch die Konzentration auf einen bestimmten Pkw bei der Nachfahrt als sogar leichter möglich als bei Tageslicht qualifiziert, weil zB bei Rücklichtern eindeutige Unterscheidungsmöglichkeiten bestehen. Die Ml hat ebenso wie RI O, der ebenfalls für Lasermessungen auch in der Nacht geschult und als Beamter der Autobahnpolizei zweifelsfrei auch geübt ist, die generelle Vorgangsweise bei solchen Amtshandlungen beschrieben. Der SV hat ausgeführt, dass wenn der Bw, wie er selbst angibt, von einer Lasermessung und Nachfahrt nichts bemerkt sondern seine Geschwindigkeit beibehalten habe, bis er hinter sich ein Zivilstreifenfahrzeug bemerkt habe, eine Weg-Zeit-Berechung so nicht realistisch sei. Der Sharan brauche für ein Beschleunigen aus dem Stand bis auf 195 km/h etwa 25 Sekunden, während dessen der Bw 1500 m zurücklege, sodass sich bei Erreichen von 195 km/h durch die Polizei ein Nachfahr­abstand von 700 bis 800 m zum Bw ergebe. Eine technische Möglichkeit des Einholens des Bw durch die Polizei bis zum ASFINAG-Parkplatz schloss der SV dezidiert aus. Die Anhaltung habe dort nur erfolgen können, wenn der Bw seine Geschwindigkeit aus irgendwelchen (wenn auch verkehrtechnischen) Gründen reduziert habe.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt an der Glaubwürdigkeit der Ml keine Zweifel. Die Ml ist als Beamtin der Autobahnpolizei Haid seit, wie sie selbst angibt, vier Jahren vermehrt bei Lasermessungen tätig und die Bedienung des Vorgängermodels der verwendeten TruSpeed war für die Durchführung der Lasermessung selbst nicht wesentlich anders. Die Ml hat sowohl die Einstiegstests vor Beginn der Messung als auch die Art und Weise der Messmodalitäten nachvollziehbar und in technischer Hinsicht einwandfrei beschrieben. Das Vorhandensein von ruhenden Gegenständen im Bereich des Standortes, die sich zur Zielerfassungskontrolle eignen, wird ebenfalls nicht bezweifelt. Die Ansicht des Rechtsvertreters, die Ml müsse nach 10 Monaten konkret dieses ruhende Ziel benennen können, ist schon deshalb fragwürdig, weil bei Tafeln bzw Verkehrs­zeichen, die von hinten anvisiert werden, für die Ml gar nicht zu sehen ist, was vorne aus der Sicht des ankommenden Verkehrs, für den die Tafel gedacht ist, draufsteht. Daraus den Schluss zu ziehen, die Ml habe die Funktionskontrolle nicht oder nicht technisch richtig, wie in den Verwendungs­bestimmungen vorgeschrieben, gemacht, ist im Licht der freien Verteidigungs­möglichkeit des Bw zu sehen und eher schon abwegig.   

 

Nach den schlüssigen Ausführungen des SV ist die Aussage des Bw, er habe von der Polizei nichts bemerkt und seine – im übrigen viel geringere – Geschwindigkeit beibehalten bis zum unmittelbaren Anhaltung in Allhaming, technisch unmöglich und somit unglaubwürdig. Beim bei der PI Haid verwendeten VW Sharan handelt es sich um ein nach außen als solches erkennbare "Blaulichtfahrzeug", dh ein derartiger Pkw weist an den Seiten eine weiß-leuchtende und gut lesbare Aufschrift "Polizei" auf. Wenn daher der VW Sharan quer zur Richtungsfahrbahn Wien ganz rechts außen auf dem auch im DORIS-Foto erkennbaren Abstellplatz – die Fotos vom Standort der beiden Zeugen wurden in der Verhandlung erörtert – abgestellt war, vermutlich auch mit Standlicht, musste er für den Bw sofort als Polizeifahrzeug erkennbar sein, zumal er sich auch im Scheinwerferkegel des vom Bw gelenkten Fahrzeuges befand, egal auf welcher Fahrspur dieser unterwegs war. Dass die Insassen eines solchen Fahrzeuges auch um diese Nachtzeit dienstlich tätig sind, musste dem Bw ebenso klar sein, wobei er schon aufgrund seiner mit seiner beruflichen Tätigkeit verbundenen reichen Erfahrung von Geschwindigkeits­messungen ausgehen konnte. Im Rückspiegel ist außerdem leicht zu sehen, wenn ein völlig atypisch auf der rechten Seite abgestelltes Fahrzeug sich auf die Richtungsfahrbahn einordnet und beschleunigt – der SV hat errechnet, dass der Bw bei 194 km/h
5 Sekunden für die Zurücklegung der Messentfernung brauchte und in dieser Zeit bereits ein Tätigwerden des Zeugen RI O im Sinne des Beginnes eines Beschleunigungsvorgangs möglich war. Der Bw kann daher durchaus bzw muss sogar seine Geschwindigkeit bei gedanklicher Kombination all dieser Überlegungen von sich aus verlangsamt haben, weil sonst eine Anhaltung nach 4-5 km auf dem genannten Parkplatz von der Zeit-Weg-Konstellation der beiden Fahrzeuge her ausgeschlossen gewesen wäre.  

Das vom Bw allein aus der Anhaltung auf dem ASFINAG-Parkplatz gewonnene Argument für seine Verantwortung, er sei vielleicht etwas über 130 km/h gefahren, aber nicht 194 km/h, ist somit nicht der einzig mögliche Schluss.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist davon auszugehen, dass die Ml aufgrund ihrer Schulung und Übung bei derartigen Messungen in der Nacht in der Lage war, eine ordnungsgemäße technisch einwandfreie Laser­geschwindig­keitsmessung durchzuführen und bei entsprechend geringem Verkehraufkommen – nicht einmal der Bw hat behauptet, dass überhaupt noch andere Fahrzeuge sich auf der Messstrecke in seiner Nähe befunden hätten – im Zusammenwirken mit dem ebenfalls für solche Nachfahrten entsprechend geschulten und geübten Zeugen RI O den Pkw anzuhalten, dem sie den Messwert zugeordnet hat. Die Ml hat in der Verhandlung einen sehr korrekten persönlichen Eindruck gemacht und überzeugend dargelegt, dass zum einen eine Nachfahrt bei nicht eindeutigem Messergebnis bezogen auf ein bestimmtes Fahrzeug nicht begonnen worden wäre und eine Anhaltung bei nicht eindeutiger Zuordnung des angehaltenen zum gemessenen Fahrzeug nicht durchgeführt worden wäre. Die vom Bw geäußerten Zweifel im Hinblick auf mögliche Zuordnungsprobleme bei einer Messentfernung von 287 m bei Dunkelheit waren aufgrund der konkreten Ergebnisse des Beweisverfahren nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen und speziell der Ml im konkreten Fall in Frage zu stellen. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeugen, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, ua ... auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Gemäß § 99 Abs.2e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

 


Auf der A1, RFB Wien, bei km 186.008 besteht keine spezielle Geschwin­dig­keitsregelung, sodass die auf österreichischen Autobahnen generell erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h gilt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung geeichte Laser­geschwindig­keits­messgeräte der Bauart LTI 20.20 TS/KM und LTI 20.20 TS/KM-E als grundsätzlich taugliche Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit bezeichnet (vgl E 28.10.1998, 95/03/0159; 15.9.1999, 99/03/0225, uva) und ausgesprochen, dass einem mit der Geschwin­dig­keits­messung mittels eines solchen Gerätes betrauten Sicherheitsorgan aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten ist (vgl E 2.3.1994, 93/03/0238; ua).

Auch die angeführten Messgeräte verfügten nicht über eine Aufzeichnungs­möglichkeit im Sinne einer bildgebenden Technik. Lasermessgeräte der Bauart TruSpeed sind die technische Weiterführung dieser Lasergeschwindigkeits­messgeräte mit einer weitergehenden Ausstattung und Einsatzmöglichkeit, zB einer Messmöglichkeit über Entfernungen bis 1000 m (gegenüber 500 m bei TS/Km-E-Geräten). Das im ggst Fall verwendete Lasermessgerät wurde laut Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen zuletzt vor dem Vorfallstag (26.7.2011) am 8. März 2010 mit Nacheichfrist bis 31.12.2013 geeicht – gemäß § 13 Abs.2 Z2 MEG unterliegen ua Messgeräte zur Bestimmung der Geschwindigkeit, wenn sie bei straßenaufsichtsbehördlichen Kontrollen verwendet oder bereitgehalten werden, der Eichpflicht. Die Nacheichfrist beträgt gemäß § 15 Z3 MEG bei Verkehrsgeschwindigkeitsmessgeräten drei Jahre. Gemäß § 16 MEG beginnt die Nacheichfrist mit dem der letzten Eichung folgenden Kalenderjahr.

 

Beim ggst verwendeten Lasermessgerät Nr.3063 erfolgte die letzte Eichung laut Eintragung am Eichschein am 8. März 2010, daher endet die Nacheichfrist am 31.12.2013, wie im Eichschein richtig angeführt ist. Die Zulassung zur Eichung erfolgte durch das BEV unter der GZ 2666/2006.

Die Ml ist als Beamtin der Autobahnpolizeidienststelle Haid für die technisch richtige Verwendung derartiger Messgeräte geschult, was sie auch in der Verhandlung nachvollziehbar dargelegt hat. Fehler irgendwelcher Art bei der Lasermessung selbst  hat der Bw nicht einmal konkret behauptet. Die Eintragung der Messung vom 26. Juli 2011, 22.49 Uhr bis 22.14 Uhr, in das Messprotokoll erfolgte gewissenhaft samt Bestätigung der Gerätefunktions­kon­trolle, Zielerfassungskontrolle und Null km/h-Messung. Die Ml hat bei ihrer Zeugen­einvernahme die einzelnen gemäß Punkt 2.5 der Verwendungs­bestimmungen vorzunehmenden Tests nachvollziehbar geschildert, wobei der kfztechnische Sachverständige keinerlei Anhaltspunkte für Fehler der Zeugin einerseits und für Funktionsmängel oder –ungenauigkeiten des verwendeten Gerätes andererseits zu finden vermochte.

Da das verwendete Gerät systembedingt keine Aufzeichnungen durchführt, sondern nur Messwert und (bei Umschalten) Messentfernung als Zahl in der Displayanzeige aufscheinen, sind die unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht gemäß § 289 StGB gemachten Zeugenaussagen der Ml einziges Beweismittel. Die Ml war nicht verpflichtet, dem Bw die Ansicht dieser Displayanzeige anzubieten (vgl VwGH 28.10.1998, 95/03/0159), und hat der Bw das auch nicht verlangt. Vom nach der Schilderung sowohl des Bw als auch der Ml vom damals herrschenden Verkehrsaufkommen her war kein Anhaltspunkt für eine Verwechslung des vom Bw gelenkten Pkw mit einem anderen ähnlich schnellen und in der Nähe des Bw fahrenden Fahrzeuges gegeben, zumal der Bw das Vorhandensein eines solchen konkret zu einer Verwechslung überhaupt objektiv geeigneten Fahrzeuges nicht einmal behauptet hat. Im übrigen ist die von den Zeugen beschriebene Vorgangsweise, dass nämlich das Messorgan sich auf das gemessene Fahrzeug konzentriert, bei Bedarf dem Lenker, der sich selbst­verständlich ausschließlich um das Verkehrsgeschehen und die Nachfahrt zu kümmern hat, den Pkw genau bezeichnet und das Fahrzeug während der Nachfahrt bis zur Anhaltung nicht aus den Augen lässt, durchaus nachvollziehbar, zumal sich die Ml als Beifahrerin um nichts anderes zu kümmern hatte. Wenn diese daher in der Berufungsverhandlung unter Darlegung der einzelnen Schritte von der Messung bis zur Anhaltung etwa 5 km vom Messort entfernt dezidiert jede Verwechslung des vom Bw gelenkten Pkw mit einem anderen Fahrzeug ausgeschlossen und den Messwert eindeutig dem vom Bw gelenkten Pkw zugeordnet hat, bestehen seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates keine Anhaltspunkte für Zweifel irgendwelcher Art an ihrer Glaubwürdigkeit. Vom Messwert 200 km/h wurden gemäß Punkt 2.8 der Verwendungsbestimmungen
3 %, dh 6 km/h, abgezogen und ein Geschwindigkeitswert von 194 km/h dem Tatvorwurf zugrundegelegt. Damit ergibt sich rechnerisch eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 63 km/h.

 

Der Bw wurde persönlich angehalten und hat eine (wenn auch geringere) Geschwindigkeitsüberschreitung zugegeben. Ob er nun bei der Anhaltung  gesagt hat, er brauche den Führerschein beruflich, ist letztlich irrelevant. Allerdings scheint diese Äußerung in den handschriftlichen Notizen der Ml auf. Das Argument des Bw, er sei mit Tempomat gefahren, weshalb die Geschwindigkeit sicher niedriger gewesen sei, ist insofern nicht geeignet, das Ergebnis der Lasermessung in Zweifel zu ziehen, als selbst bei eingestelltem Tempomat ein Beschleunigen durch den Lenker möglich ist. Das Argument des Bw, bei der Ml sei eine "menschliche Fehlerquelle" nicht auszuschließen, muss er allerdings auch gegen sich gelten lassen. 

 

Zusammenfassend gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens zur Überzeugung, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da von einer Glaubhaftmachung mangeln­den Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG keine Rede sein kann, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. 

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen dass der Strafrahmen des § 99 Abs.2e StVO 1960 von 150 bis 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit von 48 Stunden bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Der Bw ist im Bezirk der Erstinstanz unbescholten, was als Milderungsgrund zu berücksichtigen gewesen wäre; die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses strafmildernde Umstände nicht gefunden. Sie hat aber das Ausmaß der Überschreitung als erschwerend angenommen. Zugrundegelegt wurde weiters ein Einkommen des Bw von 2.500 Euro netto monatlich bei Fehlen von Sorgepflichten und Vermögen – dem hat der Bw nicht widersprochen.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist bei einem derartigen Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mehr von bloßer Fahrlässig­keit auszugehen, zumal der Bw ja auch in der Lage ist, die von ihm konkret eingehaltene Geschwindigkeit – aufgrund der vorgeschriebenen Vorauseilung des Tachometers sogar eine noch höhere – analog zum Durchdrücken des Gaspedals am beleuchteten Tachometer abzulesen. Damit ist vom Verschulden her bereits Vorsatz in Form von dolus eventualis anzunehmen.

Eine Überschreitung um 63 km/h – und damit mehr als 50 km/h – erfüllt nicht nur das Tatbild des § 99 Abs.2e StVO 1960, sondern ist auch vom Unrechts­gehalt her höher einzustufen; damit ist im Ergebnis eine Strafherabsetzung nicht mehr zu rechtfertigen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz bei der Straffestsetzung den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessens­spielraum in irgend einer Weise überschritten hätte.

Die verhängte Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des
§ 19 VStG – wegen der erstmaligen Begehung noch – im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft auch zur Nachtzeit bei schwachem Verkehrsaufkommen zur genauesten Beachtung von Geschwindigkeits­bestimmungen anhalten.

Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen, auch hier findet sich kein Anhaltspunkt für eine Herabsetzung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 


Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

 

194 bei 130, A1, Nacht, Lasermessung mit TruSpeed -> 315 Euro bestätigt

 

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