Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231299/2/Gf/Rt

Linz, 09.05.2012

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des G H, vertreten durch RAe Dr. R G,  gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 16. April 2012, Zl. S-1388/12-2, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.       

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 16. April 2012, Zl. S-1388/12-2, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 10 Euro) verhängt, weil er sich am 9. Jänner 2012 um 15:25 Uhr in Linz trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht durch lautstarkes Schreien und heftiges Gestikulieren aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 33/2011 (im Folgenden: SPG), begangen, weshalb er nach dieser Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete Verhalten auf Grund entsprechender zeugenschaftlicher Wahrnehmungen des einschreitenden Sicherheitsorganes als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Milderungsgründe zu berücksichtigen sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 18. April 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 26. April 2012 – und damit rechtzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass er zum Vorfallszeitpunkt als Taxilenker unterwegs gewesen sei und einem gehbehinderten Fahrgast dabei geholfen habe, dessen Rollator im Kofferraum zu verstauen; durch das Offenlassen der Beifahrertüre sei es zu einer kurzzeitigen Behinderung des Straßenbahnverkehrs gekommen. Deshalb habe ihn eine zivil gekleidete Person, die angab,  Polizeibeamter zu sein, ohne sich entsprechend auszuweisen, beanstandet. Außerdem treffe es nicht zu, dass er von dieser Person abgemahnt worden sei, als er versuchte, mit seinem Handy ein Foto von ihr anzufertigen; vielmehr sei ihm dieses Vorgehen unzutreffender Weise als "wildes Gestikulieren" ausgelegt worden. Schließlich sei auch nicht erkennbar, welche Amtshandlung der Rechtsmittelwerber behindert haben sollte.

Weil auch die Gründe für die Strafzumessung nicht nachvollziehbar seien, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung des Strafausmaßes bzw. die Erteilung einer bloßen Ermahnung beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Linz zu Zl. S-1388/12-2; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 SPG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, der sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass das einschreitende Sicherheitsorgan nicht uniformiert, sondern zivil gekleidet und daher auch nicht ohne Weiteres als Polizeibeamte erkennbar war.

 

Für derartige Konstellationen fordert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur (vgl. z.B. VwGH v. 10. April 1991, Zl. 90/03/0282, m.w.N.) eine nach außen hin wahrnehmbare ausdrückliche Erklärung über die erfolgte  Indienststellung.

 

Selbst wenn man dem Vorbringen der belangten Behörde dahin folgt, dass sich der Beamte in gegenständlichen Fall mit Dienstausweis und Kokarde legitimiert hat, kommt eine derartige Ausweisleistung noch keiner Indienststellung gleich; sie besagt vielmehr nur, dass die einschreitende Person ein Polizeibediensteter ist, nicht jedoch auch, dass diese zum Vorfallszeitpunkt zur Vornahme der gesetzten Amtshandlungen – insbesondere im Vollzugsbereich der Straßenverkehrsordnung, zumal der Polizist nach seinen eigenen Angaben damals zur Bekämpfung der "Straßenkriminalität" (also im Bereich der Kriminalpolizei) eingesetzt war – zuständig war.

 

Da seitens der belangten Behörde nicht behauptet wurde (und sich auch aus dem vorgelegten Akt keine entsprechenden Hinweise ergeben), dass vor seinem Einschreiten eine explizite Indienststellung erfolgte, kam dem handelnden Beamten zum Vorfallszeitpunkt nicht die Qualifikation eines Organes der öffentlichen Aufsicht i.S.d. § 82 Abs. 1 SPG zu.

 

3.3. Abgesehen davon, dass auch nicht erkennbar ist, welche – nicht auf § 82 Abs. 1 SPG gegründete, sondern davon losgelöste sonstige – Amtshandlung durch das Verhalten des Rechtsmittelwerbers behindert sein soll, war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

VwSen-231299/2/Gf/Rt vom 9. Mai 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

SPG §82 Abs1

 

Keine Strafbarkeit nach §82 Abs1 SPG, wenn ein zivil gekleidetes Sicherheitsorgan derart eingeschritten ist, dass es sich zwar ausgewiesen, aber nicht zuvor ausdrücklich auf seine Indienststellung hingewiesen hat. Dies insbesondere dann, wenn nicht zweifelsfrei feststeht, dass der Polizeibeamte, der offenkundig im Bereich der Kriminalpolizei tätig war, darüber hinaus und generell auch zur Vollziehung von Straßenverkehrsangelegenheiten zuständig ist.

 

 

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