Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253064/8/Py/Hu

Linz, 08.05.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung der Frau x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 14. Februar 2012, GZ: SV-4/10, wegen Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20. April 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 14. Februar 2012, GZ: SV-4/10, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.2 iVm § 111 Abs.1 und 2 ASVG, BGBl. 189/1955 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 750 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 75 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Dienstgeberin in der Zeit von 1.6.2009 bis 4.8.2009 den Dienstnehmer Hrn. x, geb. x, als Arbeiter in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen ein Entgelt von € 800.—pro Monat beschäftigt. Sie haben diesen, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherten (vollversicherten) Dienstnehmer, ab 1.6.2009 bei der Oö. Gebietskrankenkasse in Linz, Gruberstraße 77, als geringfügig beschäftigt und teilversichert (Unfallversicherung und Pensionsversicherung) angemeldet und daher am 1.6.2009 eine falsche Meldung erstattet."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die Beschuldigte Arbeitgeberin von Herrn x war und sie demnach für Übertretungen der Bestimmungen des ASVG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist. Aufgrund der Anzeige des Finanzamtes Linz sowie aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist die Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes als erwiesen anzusehen.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 1.500 Euro sowie keinen Sorgepflichten ausgegangen wird und als strafmildernd die völlige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bw gewertet wurde.

 

2. Dagegen hat die Bw rechtzeitig Berufung erhoben und vorgebracht, dass sie Herrn x nur geringfügig angemeldet hat, da er auch nur geringfügig in der Firma gearbeitet hat. Wieso er gegenüber dem Finanzamt etwas anderes ausgesagt hat, wisse sie nicht. Zu ihren Vermögensverhältnissen bringt die Bw vor, dass sie über kein Einkommen verfügt und als Hausfrau von ihrem Mann lebe.

 

3. Mit Schreiben vom 1. März 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20. April 2012. An dieser haben der von der Bw mit ihrer Vertretung bevollmächtigte Sohn sowie ein Vertreter des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr als Parteien teilgenommen. Als Zeuge wurde der gegenständliche Dienstnehmer, Herr x, einvernommen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Bw betreibt einen Eisenverlegebetrieb, in der der Dienstnehmer Herr x, geb. am x, in der Zeit vom 1.6.2009 bis 4.8.2009 als Arbeiter geringfügig beschäftigt beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet war. Im Verfahren konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob Herr x in dieser Zeit seitens der Bw über der Geringfügigkeitsgrenze beschäftigt wurde und sie somit eine Falschmeldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger erstattet hat.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 20. April 2012. In dieser gab der gegenständliche Dienstnehmer, Herr x, als Zeuge befragt unter Wahrheitspflicht an, dass er in den fraglichen Monaten nicht über der Geringfügigkeitsgrenze bei der Bw beschäftigt gewesen ist. Seine Aussage anlässlich seiner Einvernahme vor dem Finanzamt Steyr am 4. August 2009 hinsichtlich seiner Einkommensverhältnisse wurde missverstanden und habe er diese Aussage so nicht getätigt.

 

Weiter Beweisergebnisse, die den in der gegenständlichen Anzeige von der Organpartei vorgebrachten Sachverhalt untermauern, liegen nicht vor. Im Beweisverfahren konnte daher nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob Herr x im gegenständlichen Tatzeitraum von der Bw über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus beschäftigt wurde und sie somit gegenüber dem zuständigen Sozialversicherungsträger eine Falschmeldung erstattet hat.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 33 Abs.2 ASVG gilt Abs.1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Im vorliegenden Fall konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass Herr x im angegebenen Tatzeitraum tatsächlich über der Geringfügigkeitsgrenze bei der Bw beschäftigt war. Da somit nach Durchführung des Beweisverfahrens Zweifel an der Täterschaft der Bw verbleiben, war im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Da die Berufung Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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