Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130762/7/Gf/Rt

Linz, 11.05.2012

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des Dr. B G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 15. April 2011, Zl. 933/10-789520, wegen einer Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 15. April 2011, Zl. 933/10-789520, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 43 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 38 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 4,30 Euro) verhängt, weil er am 16. Juni 2010 "in Linz, Krankenhausstraße neben Haus Nr. 6" sein KFZ ohne einen für den Zeitraum zwischen 8:50 Uhr und 9:06 Uhr gültigen Parkschein in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt gehabt habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 lit. a des Oö. Park­gebührengeset­zes, LGBl.Nr. 28/1988, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 84/2009 (im Folgenden: OöParkGebG), begangen, weshalb er nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Rechtsmittelwerber angelastete Übertretung auf Grund der dienstlichen Wahrnehmungen eines Aufsichtsorganes als zweifelsfrei erwiesen anzusehen sei.

Angesichts zweier einschlägiger Vormerkungen hätten im Zuge der Strafbemessung keine Milderungsgründe berücksichtigt werden können; mangels entsprechender Mitwirkung seien die Einkommens‑, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 2.500 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten).

1.2. Gegen dieses ihm am 19. April 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 3. Mai 2011 – und damit rechtzeitig – per e-mail  eingebrachte Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass der Tatort der Übertretung anhand des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses nicht nachvollziehbar sei, weil die Angabe "Krankenhausstraße 6" bloß die Adresse eines Sportplatzes bezeichne, in dessen unmittelbarer Umgebung sich keine Parkplätze befänden; zudem fehle zumindest die Angabe einer Himmelsrichtung, zumal in weiteren Umfeld des Sportplatzes insgesamt ca. 40 Parkplätze und eine Tiefgarage situiert wären. Schließlich hätte er ohnehin einen gültigen Parkschein im KFZ angebracht gehabt. Davon abgesehen bestünde eine Sorgepflicht für seine geschiedene Frau sowie für drei minderjährige Kinder.

Aus diesen Gründen wir die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu ein Absehen von der Verhängung einer Strafe unter Ausspruch einer bloßen Ermahnung beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 933/10-789520 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 8. Mai 2012, zu der als Parteien die Vertreterin des Beschwerdeführers, Mag. N R, einerseits und die Vertreterin der belangten Behörde, Mag. R B-R, andererseits sowie als Zeugin das Aufsichtsorgan S L erschienen sind.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme konnte festgestellt werden, dass das KFZ des Rechtsmittelwerbers im fraglichen Tatzeitraum in der Krankenhausstraße in Linz an einem von der Zeugin innerhalb gewisser Grenzen vermuteten Ort ohne für einen zum Kontrollzeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt war. Insoweit wird das Verhandlungsprotokoll, insbesondere die diesem angeschlossenen BEILAGE 2, die ein Satellitenbild mit der entsprechenden Standortkennzeichnung durch die Zeugin enthält, zum integrierenden Bestandteil der Begründung dieser Entscheidung erklärt.

Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich sohin sowohl auf Grund des Akteninhalts als auch auf Grund der glaubwürdigen und in sich widerspruchsfreien Aussage des zeugenschaftlich einvernommenen Aufsichtsorganes, wobei dessen Angaben von den Vertreterinnen der Verfahrensparteien nicht bestritten wurden.

 

2.2. Da mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, hatte der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 51c VStG (nicht durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer, sondern) durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 6 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 2 Abs. 1 OöParkGebG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist dieser hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen, der die Parkgebühr hinterzieht oder verkürzt.

3.2. Im gegenständlichen Fall konnte die – zur Vermeidung einer Doppelbestrafung unumgängliche – Tatortkonkretisierung erst im Zuge der vom Oö. Verwaltungssenat durchgeführten öffentlichen Verhandlung, und auch insoweit bloß derart erfolgen, dass der Abstellort des KFZ innerhalb eines bestimmten Grenzbereiches festgelegt wurde; dies vornehmlich deshalb, weil sich das Aufsichtsorgan – was auf Grund des zwischenzeitlich verstrichenen Zeitraumes von nahezu zwei Jahren und des Vorliegens einer bloßen Routineangelegenheit unschwer nachvollziehbar ist – daran nicht mehr genau(er) erinnern konnte.

Davon ausgehend ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Delikten des ruhenden Verkehrs auf dem Standpunkt steht, dass an die Tatortumschreibung grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. z.B. statt vieler VwGH vom 25. Oktober 1989, Zl. 89/03/0015, und vom 20. Jänner 1986, Zl. 85/02/0231). Im Besonderen ist es daher etwa nicht ausreichend, einen Tatort mit "Parkplatz vor ....." zu bezeichnen, wenn amtsbekannt ist, dass es dort nicht nur einen, sondern zwei (oder mehr) Parkplätze gibt (vgl. VwGH vom 9. Juli 1982, Zl. 81/02/0337).

Von dieser früheren Judikatur sowie davon ausgehend, dass sich die technischen Möglichkeiten zwischenzeitlich zudem in einem bedeutenden Umfang und Ausmaß weiterentwickelt haben, kann daher eine Tatortbezeichnung mit "Krankenhausstraße neben Haus 6" insbesondere dann, wenn es sich bei dieser Adresse um jene eines Sportplatzes handelt und die nächstgelegenen Parkplätze sowie der tatsächliche Abstellort des KFZ davon zwischen 40 und 80 Meter entfernt waren, nicht als ausreichend angesehen werden; dies insbesondere, wenn man zusätzlich bedenkt, dass der exakte Abstellort – z.B. unter Zuhilfenahme von Satellitenphotos – wesentlich effektiver in einem unmittelbaren zeitlichen Naheverhältnis zur Tatbegehung hätte geklärt und so eine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Rechtsmittelwerbers, der hier erst nach zwei Jahren eine Gewissheit darüber erlangt, ob allenfalls eine i.S.d. Art. 4 des 7.ZPMRK unzulässige Doppelbestrafung vorliegt oder nicht, (aber auch aufwändige zusätzliche erst- und zweitinstanzliche Ermittlungen) leicht hätte(n) vermieden werden können.   

3.3. Da der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sohin den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG im gegenständlichen Fall nicht gerecht wird, war der Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei einem solchen Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

 

VwSen-130762/7/Gf/Rt vom 11. Mai 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

Europäische Menschenrechtskonvention (Protokoll Nr. 7) Art4;

VStG §44a Z1 VStG;

Oö. Parkgebührengesetz §2 Abs1

 

 

Die Tatortbezeichnung "Krankenhausstraße neben Haus 6" ist insbesondere dann nicht ausreichend, wenn es sich bei dieser Adresse um jene eines Sportplatzes handelt und die nächstgelegenen Parkplätze sowie der tatsächliche Abstellort des KFZ davon zwischen 40 und 80 Meter entfernt waren.

Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der exakte Abstellort – zB unter Zuhilfenahme von Satellitenphotos – wesentlich effektiver in einem unmittelbaren zeitlichen Naheverhältnis zur Tatbegehung hätte geklärt und so eine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Rechtsmittelwerbers, der hier letztlich erst nach zwei Jahren Gewissheit darüber erlangt, ob allenfalls eine iSd Art 4 des 7. ZPzMRK unzulässige Doppelbestrafung vorliegt oder nicht, (aber auch aufwändige zusätzliche erst- und zweitinstanzliche Ermittlungen) leicht hätte(n) vermieden werden können.

 

 

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