Linz, 22.05.2012
E R K E N N T N I S
I. Der Antrag auf Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers wird gemäß § 51a Abs.1 VStG abgewiesen.
II. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
III. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 20 Euro auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 51a VStG idF BGBl.Nr. 111/2010
Zu II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 24, § 34 Abs.3, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.
Zu III.: § 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses hat die Behörde erster Instanz erwogen:
2. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung mit folgenden Ausführungen:
3. Da die hier ausgesprochene Strafe 2.000 Euro nicht übersteigt, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung konnte einerseits mit Blick auf das dem Berufungswerber eröffnete Parteiengehör unterbleiben. Da der Sachverhalt unstrittig und unbestritten ist reduziert sich die Berufungsentscheidung auf die Lösung einer Rechtsfrage.
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, sowie durch ein dem Berufungswerber gewährtes Parteiengehör unter Darstellung der Rechtslage. Dem Berufungswerber wurde darin aufgezeigt, dass der Unabhängige Verwaltungssenat eine Berufungsverhandlung als nicht erforderlich erachte und für den Fall einer unterbleibenden Rückmeldung auf das Parteiengehör dies als ausdrücklicher Verzicht darauf gewertet werde. Mit dem Berufungswerber wurde betreffend einer zustellfähigen E-Mailadresse ein Telefongespräch geführt, wobei ebenfalls der Sachverhalt als unstrittig festgestellt wurde. An die von ihm genannte E-Mailadresse wurde schließlich am 14.5.2012 die Sichtweise des Unabhängigen Verwaltungssenats, mit der Einladung sich hierzu binnen drei Tagen zu äußern, übermittelt.
Eine Rückmeldung darauf blieb bis zum heutigen Tag aus.
4. Erwiesener Sachverhalt:
Eingans gilt es festzuhalten, dass der Berufungswerber offenbar wegen eines Falschparkens am 4.8.2011 um 11:25 Uhr, in Hörsching, Flughafenstraße 1 (am Flughafen Linz-Hörsching), innerhalb des Bereiches von fünf Metern zu einem Schutzweg durch ein Straßenaufsichtsorgan der Polizeiinspektion Hörsching beanstandet wurde.
Eine vom Organ der Straßenaufsicht ursprünglich beabsichtigt gewesene bloße Abmahnung wies der Berufungswerber laut VStV-Anzeige zurück. Er wollte offenbar angezeigt werden. Diese Schlussfolgerung zieht der Unabhängige Verwaltungssenat aus der völlig sachlich gehaltenen Zeugenaussage des Insp. W vor der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 10.4.2012. Schon am 8. März 2012 wurde Insp. W im Rechtshilfeweg vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zeugenschaftlich befragt. Die zuletzt genannte Zeugenaussage gelangte schließlich mit einer schriftlichen Verständigung vom 16.3.2012 dem Berufungswerber am 21.3.2012 zur Kenntnis. Es wurde ihm neben einer schriftlichen Stellungnahme auch der Vormittag des 27.3.2012 für eine Äußerung unmittelbar bei der Behörde eröffnet.
In der Folge kam es dann zu der mit 27.3.2012 datierten verfahrensgegenständlichen Eingabe des Berufungswerbers, welche in der Wortwahl weder inhaltlich richtig noch sachlich nachvollzogen werden kann. Offenbar geht es dem Berufungswerber lediglich darum seine Abneigung gegen Polizei und Behörden zum Ausdruck zu bringen. Für das vom Berufungswerber in seinem Schreiben vom 27.3.2012 zitierte "ständige rüpelhafte Verhalten, flegelhafte Einschreiten" gibt es ebenso wenig Anhaltspunkte, als je von einem "zu Papier gebrachten Schwachsinn und niveaulosen Gestammel" die Rede sein könnte.
Der im sogenannten VStV-Anzeigesystem nur sehr knapp und telegrammstilartig ausgeführte und ausführbare Sachverhalt und ein darin unterlaufener offenkundiger Eingabefehler "…dass ein einem Halte- und Parkverbot stehe", anstatt offenbar richtig: "…. er (der Berufungswerber) in einem solchen Verbot stehe…" rechtfertigt nach h. Überzeugung in keiner wie immer gearteten Weise einen Polizeibeamten in einer schriftlichen Eingabe in einem behördlichen Verfahren in der vom Berufungswerber gewählten Art und Weise ins Lächerliche zu ziehen um ihn damit offenbar in seiner Würde zu kränken. Die Rüge des vermeintlich verfehlt verwendeten "scharfen ß" untermauert einmal mehr die Motivation und Sinneshaltung des Berufungswerbers hinter seiner fragwürdigen Eingabe.
Es stellt sich daher durchaus die Frage, ob allenfalls das bloße souveräne Einschreiten und der dabei wohl pflichtgemäß ausgesprochene Hinweis des Meldungslegers auf das Fehlverhalten, das hier verfahrensgegenständliche beleidigende Verhalten des Berufungswerbers ausgelöst haben mag. Es finden sich im Akt, außer dem knappen und sichtbar verkürzt in eine EDV-Maske einzugebenden Anzeigetext (genannt auch Lückentext), keine vom Meldungsleger verfassten Texte, welche auch nur im Ansatz als sachliche Grundlage für eine derart herabwürdigende Reaktion des Angezeigten gelten könnten.
Sachlich nicht nachvollziehbar erweist sich etwa auch der Antrag des Berufungswerbers für dieses Verfahren auch noch einen Verfahrenshilfeanwalt in Anspruch nehmen zu wollen. Dies könnte als weiteres Indiz dafür gewertet werden, dass es ihm offenbar tatsächlich nur um eine möglichst umfassende Inanspruchnahme von behördlichen (staatlichen) Leistungen zu gehen scheint. Völlig verfehlt ist an dieser Stelle die Rechtsauffassung des Berufungswerbers hervorzuheben, wonach der Meldungsleger irgendwelchen Beweisanträgen im Verwaltungsstrafverfahren nachzukommen hätte.
5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:
a) Zum Verfahrenshilfeantrag:
Gemäß § 51a Abs.1 VStG müssen für die Gewährung der Verfahrenshilfe kumulativ zwei Voraussetzungen vorliegen: Eine (näher umschriebene) schwierige finanzielle Situation und die Erforderlichkeit im Interesse der Verwaltungsrechtspflege, vor allem eine im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung liegende Notwendigkeit, sich eines Verteidigers zu bedienen.
Mit dem bloßen Eventualantrag, "sollte der Unabhängige Verwaltungssenat des Bescheid nicht aufheben" und dem lapidaren Hinweis sich "aus finanziellen Gründen keinen Anwalt leisten zu können" vermag aber - insbesondere in der sich bloß auf die Lösung einer Rechtsfrage beschränkenden Faktenlage - keine gesetzlich begründete Notwendigkeit für die Beigabe einer Rechtsvertretung gesehen werden.
Da zumindest eine der Voraussetzungen des § 51a Abs.1 VStG fehlt, war - ohne weitere Prüfung der Vermögenslage des Berufungswerbers - der Antrag abzuweisen.
b) In der Sache:
Gemäß § 34 Abs.3 AVG können von der Behörde gegen Personen Ordnungsstrafen bis 726 Euro verhängt werden die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine beleidigende Schreibweise vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt. Dabei ist es ohne Belang, ob sich die beleidigende Schreibweise gegen die Behörde, gegen das Verwaltungsorgan oder gegen eine einzige Amtshandlung richtet. Dies trifft folglich auch auf die Beleidigung eines in Gesetzesvollziehung der Behörde zuzurechnendes Organ zu.
Eine in einer Eingabe an die Behörde gerichtete Kritik ist etwa (nur) dann gerechtfertigt und schließt die Anwendung des § 34 Abs. 3 AVG aus, wenn sich die Kritik auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweiswürdigung nicht zugänglich sind.
Davon kann insbesondere hier nicht die Rede sein, weil der Berufungswerber den Regelverstoß von Anbeginn eingesteht, er aber trotzdem – offenbar nur des Streitens wegen – dieses Verfahren, den einschreitenden Beamten und die Polizei an sich offenbar zu provozieren beabsichtigt. Anders kann sein Schreibstil nicht verstanden werden.
Für die Strafbarkeit nach § 34 Abs.3 AVG reicht es hin, dass die in der schriftlichen Eingabe verwendete Ausdrucksweise den Mindestanforderungen des Anstands nicht gerecht wird und damit objektiv beleidigenden Charakter hat; auf das Vorliegen einer Beleidigungsabsicht käme es hingegen nicht einmal an (vgl. VwGH 2. Juli 1990, Zl. 90/19/0299). Selbst auf "Besonderheiten der milieu- und geographisch bedingten Sprachwahl, an die ein anderer Maßstab bei der Beurteilung anzulegen sei", käme es dabei ebenfalls nicht an. Wenn sich der Berufungswerber hier der Mühe unterzog von einer Webseite einen vierseitigen teuren Farbausdruck über einen WIFI-(Deutsch Integrations)Kurs seiner Eingabe beizulegen, um damit das Polizeiorgan vermeintlich mit noch mehr Nachdruck lächerlich zu machen, macht dies seine unsachliche Sinneshaltung nur allzu deutlich.
5.1. Bei der Lösung der Rechtsfrage, ob eine schriftliche Äußerung den Anstand verletzt, ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass die Behörden in einer demokratischen Gesellschaft Äußerungen der Kritik, des Unmutes und des Vorwurfs ohne übertriebene Empfindlichkeit hinnehmen müssen (vgl. etwa VwGH vom 27. Oktober 1997, Zl. 97/17/0187 u.a.).
Formulierungen, wie "Gendarmerieinspektor D. stellte ein Verhalten an den Tag, wie es nur offensichtlich "Betrunkene" halten, stänkern, absichtlich einschüchtern, anschreien" und "offensichtlich ist, dass Hauptschüler, welche in den Dienst der Polizei oder Gendarmerie kommen, nicht in der Lage sind, mit der Macht, die übertragen wird, fertig zu werden", wurden vom Höchstgericht ebenfalls als beleidigende Schreibweise iSd § 34 Abs.3 AVG angesehen (VwGH v. 20.11.1998, 98/02/0320). Für die Strafbarkeit nach § 34 Abs.3 AVG reicht es hin, dass die in der schriftlichen Eingabe verwendeten Ausdrucksweisen den Mindestanforderungen des Anstands nicht gerecht werden und damit objektiv beleidigenden Charakter haben.
5.1.1. Dem Hinweis des Berufungswerbers auf das Recht auf freie Meinungsäußerung ist hier entgegen zu halten, dass diese nicht auf Kosten der Würde eines Dritten – hier eines Polizeibeamten – gehen darf.
Der Berufungswerber hat hier weder das Ausgangsverfahren abgewartet noch sich dazu verteidigt. Es ist Aufgabe der Behörde zu überprüfen, ob das Verfahren gegen den Berufungswerber wegen eines Verstoßes gegen die StVO im ruhenden Verkehr sachlich gerechtfertigt ist oder nicht. Eine inhaltliche Rechtfertigung war im genannten Schreiben betreffend die angezeigte StVO-Übertretung kaum zu sehen, das Vorbringen war von ihm daher offenbar ganz gezielt auf die Demütigung des einschreitende Organs gerichtet. Wohl steht einem Staatsbürger zweifellos frei in jeder Richtung hin Kritik zu üben und allenfalls auch eine Anzeige an die Dienstbehörde zu erstatten, aber es steht ihm nicht das Recht zu ein Behördenorgan herabzuwürdigen bzw. den Boden der sachlichen Kritik zu verlassen (VwSlg. 7029 A/1966, VwGH 30.11.1993,, 89/14/0144; ebenso VwGH 4.10.1995, 95/15/0125).
Hier kann eine der Sache dienende und dem Tatvorwurf entgegen tretende Argumentation überhaupt nicht gesehen werden.
Bei der Lösung der Rechtsfrage, ob eine schriftliche Äußerung den Anstand verletzt, ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass die Behörden in einer demokratischen Gesellschaft Äußerungen der Kritik, des Unmutes und des Vorwurfs ohne übertriebene Empfindlichkeit hinnehmen müssen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1997, Zl. 97/17/0187 u.a.). Es kann im vorliegenden Fall aber kein Zweifel daran bestehen, dass die dem Beschwerdeführer vorgeworfene schriftliche Äußerung eine beleidigende Schreibweise darstellte, weil diese Ausführungen einerseits jeglicher Beweisführung für sich entzogen bleiben und andererseits zur Klärung des eigentlichen Sachverhaltes nicht beitragen. Ferner kann der Berufungswerber das ordnungswidrige Verhalten auch nicht damit entschuldigen, dass die mit Ordnungsstrafe geahndete Äußerung eine "angemessene Entrüstung" auf das Handeln der Behörde zum Ausdruck bringen sollte (vgl. VwGH 2. Juli 1990, 90/19/0299) mit Hinweis auf (vgl. VwGH 15.10.2009, 2008/09/0344 u. vergleichbarer Text in VwGH v. 20.11.1998, 98/02/0320).
Zuletzt geht der Hinweis auf das h. Erk. v. 24.12.2004, VwSen-570025/Gf/Gam, völlig ins Leere zumal ein deutlich beleidigender objektiver Erklärungswert in den Eingaben des Berufungswerbers gegenüber jenen in der von ihm zitierten Entscheidung zu sehen ist.
Im zit. Erk. war von einer "
Das darin zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes unterstreicht ebenfalls vielmehr den strafbaren Beleidigungscharakter der Eingabe, wobei auch vom Verfassungsgerichtshof ein unsachliches Vorbringen offenbar dann erblickt wird, wenn es in einer Art gehalten ist, dass ein ungeziemendes Verhalten und eine Verletzung der Wahrung des Anstandes im Verkehr mit Behörden dargestellt wird, anstatt der im Rahmen der freien Meinungsäußerung offenen Sachdarstellung dienlich zu sein (Hiwneis auf VwSlg. 5067 A/1959 und auf § 34 Abs.3 AVG iVm VwGH 27.1.1958, Zl. 783/56; 25.3.1988, Zl. 87/11/0271,0277).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r