Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531260/2/Bm/Hk

Linz, 21.05.2012

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn J P, R, T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.03.2012, Zl. Ge20-43-56-02-2012, betreffend die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage der P R u T  im Standort Grundstück Nr, KG T, zu Recht erkannt:

 

            Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid      aufgehoben; die Angelegenheit wird zur neuerlichen            Augenscheinsverhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides       an die Gewerbebehörde erster Instanz zurückverwiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.2 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit oben bezeichnetem Bescheid vom 19.03.2012 wurde der P R u T  die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch Errichtung von zusätzlichen Abstellplätzen für Autobusse und LKW auf den Grundstücken Nr., KG T nach Maßgabe der bei der Verhandlung vorgelegenen und dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen erteilt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Nachbar J P innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin unter ausführlicher Beschreibung der Betriebstätigkeiten der P R u T Lärm- und Geruchsbelästigungen durch diese Betriebstätigkeiten vorgebracht.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat diese Berufung gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat als zuständige Berufungsbehörde ohne Widerspruch gemäß § 67a Abs.1 AVG zu erheben und ohne Gegenäußerung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte gemäß § 67d Abs.1 AVG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Nach § 353 GewO 1994 sind einem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage folgende Unterlagen anzuschließen:

1. in 4-facher Ausfertigung

  1. eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen
  2. die erforderlichen Pläne und Skizzen
  3. ein Abfallwirtschaftskonzept und

 

2. nicht unter Ziffer 1 fallende für die Beurteilung des Projekts und der zu erwartenden Emissionen der Anlage im Ermittlungsverfahren erforderliche technische Unterlagen.

 

Nach § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

5.2. Nach der oben zitierten Bestimmung des § 353 GewO 1994 besteht für einen Konsenswerber, der um Betriebsanlagengenehmigung für ein bestimmtes Vorhaben ansucht, die Verpflichtung gleichzeitig mit dem Ansuchen bestimmte Projektsunterlagen vorzulegen. Dieser Verpflichtung kommt insofern wesentliche Bedeutung zu, als sie die Grundlage der Beurteilung bildet, welche von der beantragten Betriebsanlage ausgehenden und auf die Nachbarliegenschaften einwirkenden Emissionen zu erwarten sind und bestimmen sie auch die normative Tragweite des Genehmigungsbescheides. Die Projektsunterlagen müssen daher um den genannten Erfordernissen zu entsprechen, insbesondere präzise Angabe zu all jenen Faktoren enthalten, die für die Beurteilung der auf den Nachbarliegenschaften zu erwartenden Immissionen von Bedeutung sind (VwGH 25.11.1997, 95/04/0125).

 

Mit Ansuchen vom 20.09.2011 beantragte die P R u T die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage auf Grst. Nr., KG T. Im Konkreten umfasst das Ansuchen die Errichtung von 8 weiteren Abstellplätzen für Autobusse und LKW samt Zu- und Abfahrten auf diesen Grundstücken.

Dem Ansuchen wurde eine Betriebsbeschreibung, ein Lageplan betreffend das Betriebsareal, eine Auswertung der Verkehrszählung V sowie eine Fotodokumentation des Umfeldes der Parzelle Nr. angeschlossen.

 

Dem Ansuchen nicht angeschlossen waren jedoch die nach § 353 Z2 GewO 1994 für die Beurteilung des Projekts und der zu erwartenden Emissionen der Anlage erforderlichen technischen Unterlagen.

Diesem Mangel kommt im vorliegenden Verfahren aber aus nachstehenden Gründen besondere Bedeutung zu:

 

Die Feststellung, ob die sachverhaltsbezogenen Voraussetzungen für eine Betriebsanlagengenehmigung nach § 81 GewO 1994 vorliegen, ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Gegenstand des Beweises durch Sachverständige aus dem Gebiet der gewerblichen Technik (bei Lärmproblematik aus dem Gebiet der Lärmtechnik) und aus dem Gebiet des Gesundheitswesens.

Den Sachverständigen obliegt es, aufgrund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Der gewerbetechnische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von einer Betriebsanlage nach dem Projekt des Genehmigungswerbers zu erwartenden Einflüsse auf die Nachbarschaft sind, welche Einrichtungen der Betriebsanlage als Quellen solcher Emissionen in Betracht kommen, ob und durch welche Vorkehrungen zu erwartende Immissionen verhütet oder verringert werden und welche Art und Intensität die verringernden Emissionen noch sein werden. Dem ärztlichen Sachverständigen fällt – soweit eine Änderung der bestehenden Ist-Situation zu erwarten ist – fußend auf dem Gutachten der technischen Sachverständigen die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen die zu erwartenden unvermeidlichen Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus auszuüben vermögen. Auf Grund dieser Sachverständigengutachten hat sich sodann die Behörde im Rechtsbereich ihr Urteil zu bilden.

 

Um eben diese gutachtlichen Feststellungen treffen zu können, müssen die Projektsunterlagen den Anforderungen des § 353 leg. cit. entsprechen.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies jedenfalls die Angabe der zu erwartenden Emissionen durch das Zu- und Abfahren (einschließlich Parkvorgänge) der zusätzlich zum Einsatz kommenden Busse und LKW.

 

Im Fehlen der oben beschriebenen Projektsunterlagen ist auch das verfahrensgegenständliche für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des beantragten Vorhabens durchgeführte Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben. Es wurde zwar im Ermittlungsverfahren ein gewerbetechnisches Gutachten eingeholt, jedoch fehlen jegliche Ermittlungen über die von den den Verfahrensgegenstand bildenden zusätzlichen Abstellplätzen ausgehenden, auf die Nachbarn einwirkenden Immissionen nach Art und Ausmaß bedingt insbesondere durch Lärm.

 

In Ermangelung dieser erforderlichen Feststellungen wurde auch kein medizinisches Gutachten zu der Frage eingeholt, welche Auswirkungen die durch den Betrieb der Abstellplätze möglicherweise verursachten Änderungen des Ist-Maßes auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einem gesunden, normal empfindenden Erwachsenen haben.

 

Die vorliegenden Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sind jedenfalls nicht geeignet, eine ausreichende Grundlage für die Beantwortung der Rechtsfrage zu bilden, ob durch den Betrieb der gegenständlichen Anlage Gesundheitsgefährdungen bzw. unzumutbare Belästigungen für die Nachbarn zu besorgen sind, oder ob gegebenenfalls bestehende Gefährdungen oder Belästigungen durch Vorschreibung geeigneter Auflagen auf ein zumutbares Maß beschränkt werden können.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Betriebszeit für die beantragten Änderungen auf die Zeit zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr bezieht; auch Änderungen einer Betriebsanlage, die sich nur auf die Tageszeit beschränken, sind einer Beurteilung nach den oben angeführten Kriterien zu unterziehen.

 

Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates erscheint zur Vervollständigung der notwendigen Ermittlungsergebnisse als Entscheidungsgrundlage für die Erlassung eines Bescheides im Hinblick auf die gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen die Durchführung einer mündlichen Augenscheinsverhandlung (bzw. die Ergänzung der bereits durchgeführten Verhandlung) mit Sachverständigenbeweis betreffend die Stichhaltigkeit der geltend gemachten Gefährdungen und Belästigungen unter Zuziehung jedenfalls des Berufungswerbers, die vor allem im Hinblick darauf erforderlich ist, dass der Berufungswerber das im zustehende Fragerecht an den bzw. die Sachverständigen ausüben kann – im Sinne des § 66 Abs.2 AVG als unvermeidlich und auch – schon im Hinblick auf die örtliche Nähe der belangten Behörde als Genehmigungsbehörde zu dem Betriebsstandort – als im Interesse der Zeit– und Kostenersparnis gelegen.

 

Aus den oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

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