Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166859/6/Zo/REI

Linz, 29.05.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn H E, geb. x vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, W vom 26.03.2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 07. März 2012, Zl. VerkR96-24117-2011 wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10. Mai 2012 zu Recht erkannt:

 

 

 

I.              Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 68 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 11.06.2011 um 16.01 Uhr in Allhaming auf der A1 bei km 180,320 in Fahrtrichtung Salzburg die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 67 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sie bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.2e StVO eine Geldstrafe in Höhe von 340 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 34 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass sich im Verfahren ergeben habe, dass die Eichplakette eingerissen sei. Er habe deshalb einen Befund bzw. eine Prüfung des Radarmessgerätes durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen beantragt. Weiters würden die Angaben über das Radargerät im Eichschein nicht mit den von der Kamera bzw. dem Radarmessgerät angefertigten Fotografien übereinstimmen. Es liege auch noch kein Eichschein für die Kamera vor.

 

Der Zeuge habe auch – trotz seines Antrages – keine maßstabgetreue Skizze betreffend die Aufstellung des Radarwagens und den Verlauf der Lärmschutzwand angefertigt. Dies sei jedoch notwendig gewesen, um die Einhaltung des Messwinkels für eine ordentliche Messung zu überprüfen.

 

Jede Beschädigung der Eichplakette habe zur Folge, dass entsprechend den Bestimmungen des Maß- und Eichgesetzes dadurch die Eichung des Gerätes aufgehoben und dieses nicht mehr im rechtsgeschäftlichen Verkehr verwendet werden dürfe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10. Mai 2012. An dieser hat ein Vertreter des Berufungswerbers teilgenommen, der Berufungswerber selbst sowie ein Vertreter der Erstinstanz sind nicht erschienen. Der Meldungsleger KI S wurde als Zeuge einvernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Zeuge führte zur Vorfallszeit Radarmessungen auf der A1 bei km 180,320 durch. Es wurde der in Richtung Salzburg fahrende Verkehr gemessen. Dabei handelt es sich um eine standardmäßige Messstelle, wobei der Zivilstreifenwagen am Ende der Lärmschutzwand neben dem Pannenstreifen auf einer befestigten Fläche abgestellt wurde. Die Aufstellung erfolgte in der Weise, dass der vorderste Teil des Fahrzeuges ca. 1 Meter vor der Lärmschutzwand war und der seitliche Abstand des Radarmessgerätes zur Lärmschutzwand, welches im Kühlergrill des Fahrzeuges eingebaut ist, ca. 1 Meter betragen hat. Der Zeuge führte in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig aus, dass er beim Aufstellen des Messwagens darauf geachtet hat, dass dieser möglichst parallel zur Fahrbahn aufgestellt wird.

 

Die Messung wurde mit einem Radarmessgerät der Marke MU VR 6F mit der Nummer 511 durchgeführt. Dieses Gerät wurde lt. Eichschein am 21.08.2009 geeicht, wobei die Eichung ihre Gültigkeit verliert, wenn einer der in § 48 MEG angeführten Gründe gegeben ist, jedenfalls aber mit Ablauf der Nacheichfrist am 31.12.2012. Die Eichung des Radargerätes erfolgt in der Weise, dass das Radargerät und die Kamera in den Zivilstreifenwagen eingebaut werden und ein Polizeibeamter mit dieser Einheit zum Eichamt fährt. Aus dem im Akt befindlichen Foto des Radarkopfes ergibt sich, dass ein dort angebrachtes Eichsiegel im oberen Bereich einen kleinen Riss aufweist. Dieser Riss geht jedoch bei weitem nicht durch das gesamte Eichsiegel sondern es handelt sich nur um eine geringfügige Beschädigung.

 

Zum Messvorgang führte der Zeuge nachvollziehbar aus, dass er an die konkrete Messung keine Erinnerung hat. Er erläuterte jedoch, dass er bei allen Radarmessungen die gemessene Geschwindigkeit mit seiner persönlichen Schätzung abgleicht. Würde ihm dabei ein Missverhältnis auffallen, so würde er nicht Anzeige erstatten sondern eine Überprüfung des Radargerätes veranlassen. Da er dies im gegenständlichen Fall nicht gemacht hat, geht er davon aus, dass auch in diesem Fall die vom Radargerät angezeigte Geschwindigkeit mit seiner augenscheinlichen Schätzung übereingestimmt hat. Der Zeuge gab auf Befragen weiter an, dass es seiner Erfahrung nach keine Probleme mit "Reflexionsmessungen" gebe. Er überprüfe immer das vom Radargerät angezeigte Messergebnis mit seiner augenscheinlichen Schätzung und habe dabei kein auffallendes Missverhältnis wahrgenommen.

 

Auf weiteres Befragen gab der Zeuge an, dass der Messwinkel seines Wissens nach 20 ° betrage. Die Halterung des Radargerätes sei im Fahrzeug starr eingebaut und er könne das Radargerät gar nicht in einem anderen Winkel ins Fahrzeug einbauen, als er durch die Halterung vorgegeben wird. Er achtet beim Abstellen des Fahrzeuges darauf, dass er dieses möglichst parallel zum Fahrbahnrand aufstellt.

 

Die Beweisanträge auf Erstellung einer maßstabsgetreuen Skizze sowie auf Einholung eines Befundes (Prüfung des Radargerätes durch das Eichamt) waren abzuweisen. Eine maßstabsgetreue Skizze ist nicht erforderlich, weil der Zeuge die Position des Radargerätes im Verhältnis zur Fahrbahn sowie zur Lärmschutzwand nachvollziehbar geschildert hat. Auch für die Überprüfung des Messwinkels kann eine im Nachhinein angefertigte Skizze keine Aussagen treffen, weil es dabei ausschließlich auf die tatsächliche Position des Fahrzeuges in Relation zur Fahrbahn (bzw. zur Fahrlinie des gemessenen Fahrzeuges) ankommt.

 

Eine Überprüfung des Radargerätes durch das Eichamt erscheint nicht notwendig, weil die Beschädigung beim Eichsiegel – wie sich aus dem Foto ergibt – nur ganz geringfügig ist. Es ist offensichtlich, dass der Riss beim Eichsiegel nur ca. ein Zehntel der Breite des Siegels beträgt, woraus sich ergibt, dass dieser Riss keinesfalls durch ein Öffnen des Radarkopfes oder eine sonstige unsachgemäße Manipulation, welche sich auf die Messeinheit auswirken könnte, hervorgerufen wurde.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

 

5.2. Die konkrete Radarmessung erfolgte durch ein geeichtes Radargerät. Der kleine Riss beim Eichsiegel des Radarkopfes stammt offensichtlich nicht von einer Öffnung des Radarkopfes oder einer sonstigen Manipulation an der Messeinheit selbst. Wäre nämlich der Radarkopf geöffnet worden, so müsste dieses Eichsiegel einen Riss quer durch das gesamte Siegel aufweisen, nicht jedoch lediglich eine kleine Einkerbung.

 

Gemäß § 48 Abs.1 lit.b MEG dürfen Messgeräte oder Messgeräteteile im eichpflichtigen Verkehr nicht mehr verwendet oder bereit gehalten werden, wenn einer der vorgeschriebenen Stempel verletzt, beseitigt oder entwertet ist. Diese Bestimmung ist jedoch nicht so zu verstehen, dass jede noch so geringe Beschädigung eines Eichsiegels dazu führt, dass das Gerät nicht mehr verwendet werden dürfte. Lediglich dann, wenn die Beschädigung des Eichsiegels so stark ist, dass ein Öffnen des Gerätes oder eine sonstige Manipulation nicht mehr ausgeschlossen werden kann, darf dieses Messgerät nicht weiter verwendet werden. Eine derartige Manipulation beim Messgerät kann jedoch bei der im gegenständlichen Fall vorliegenden minimalen Einkerbung ausgeschlossen werden. Es war daher auch keine neuerliche Überprüfung durch das BEV erforderlich.

 

Die Messung erfolgte durch einen erfahrenen Polizeibeamten, wobei dieser nachvollziehbar darlegte, dass er den Messwagen möglichst parallel zum Fahrbahnrand aufgestellt hatte. Der Umstand, dass er sich bzgl. des tatsächlich einzuhaltenden Messwinkels geirrt hat (dieser beträgt entsprechend der Verwendungsbestimmungen 22 °) ändert nichts an der Verwertbarkeit der Messung, weil dieser Messwinkel ohnedies durch die starre Halterung im Zivilstreifenwagen vorgegeben ist. Eine Abweichung würde sich nur dann ergeben, wenn das Fahrzeug nicht parallel zum Fahrbahnrand aufgestellt worden wäre, was jedoch nach den Angaben des Zeugen ausgeschlossen werden kann.

 

Im Übrigen ist in den Verwendungsbestimmungen für ein geringfügiges Schrägfahren des gemessenen Fahrzeuges ohnedies eine zusätzliche Messungenauigkeit von 2 % vom Messwert abzuziehen. Insgesamt beträgt der Abzug vom gemessenen Wert (208 km/h) daher 5 %, sodass eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 197 km/h verbleibt. Es ist daher erwiesen, dass der Berufungswerber tatsächlich diese Geschwindigkeit eingehalten hat.

 

Das Verfahren hat keine Umstände ergeben, welche das Verschulden des Berufungswerbers ausschließen würden, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.2e StVO beträgt der gesetzliche Strafrahmen für die gegenständliche Übertretung zwischen 150 und 2180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe zwischen 48 Stunden und 6 Wochen).

 

Der Berufungswerber hat auch den Grenzwert für die Anwendung der strengeren Strafnorm des § 99 Abs.2e StVO 1960 deutlich überschritten, sodass nicht mit der dort vorgesehenen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden kann. Weiters weist er bei der Erstinstanz 2 einschlägige Verwaltungsvormerkungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen auf, welche als straferschwerend zu werten sind. Strafmilderungsgründe liegen hingegen nicht vor.

 

Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe, welche den gesetzlichen Strafrahmen nur zu ca. 15 % ausschöpft, nicht überhöht. Sie entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, welcher über ein überdurchschnittliches Einkommen (3.500 Euro netto) verfügt. Die Berufung war daher auch hinsichtlich der Strafhöhe abzuweisen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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