Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730601/18/BP/JO

Linz, 23.05.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA der Türkei, Vertreten durch X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 8. März 2012, AZ.: 1-1006844/FP/10, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines auf 5 Jahre befristeten Einreiseverbots gegen den Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2012, zu Recht erkannt:

 

 

         Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid   ersatzlos aufgehoben.

 

         İtirazın kabul edilmesine ve itiraz edilen kararın tazminsiz ortadan          kaldırılmasına.

 

 

 

Rechtsgrundlage / Hukuki dayanak:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 8. März 2012, AZ.: 1-1006844/FP/10, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 52 Abs. 1 iVm. 53 Abs. 1 und 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, eine Rückkehrentscheidung und ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum ausgesprochen sowie gemäß § 55 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 4 Wochen ab Durchsetzbarkeit festgesetzt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der Bw, ein Staatsangehöriger der Türkei, mit einem C-Visum in das Bundesgebiet eingereist sei und am 17.5.2002 beim Bundesasylamt, Außenstelle X, einen Asylantrag gestellt habe. Am X habe er die österreichische Staatsbürgerin X geehelicht und am 25.2.2003 den Asylantrag zurückgezogen. Diese Ehe sei mit Urteil 1 C 121/02b vom 18.11.2002 beim Bezirksgericht X als nichtig aufgehoben worden.

 

Gegen den in der Folge ergangenen Aufenthaltsverbotsbescheid der BPD Steyr habe der Bw das Rechtsmittel der Berufung erhoben, welcher durch die SID mit Bescheid vom 10.11.2003 keine Folge gegeben worden sei. Bereits am X habe der Bw erneut eine Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin Frau X geschlossen. Am 25.3.2005 habe der Bw einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gestellt. Jener Bescheid sei von der BPD Steyr mit 4.8.2005 aufgehoben worden.

 

Im Asylverfahren sei eine Beschwerde beim VwGH eingebracht worden, welcher zunächst die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei. Die Behandlung der Beschwerde sei vom VwGH abgelehnt worden, worauf mit Bescheid der belangten Behörde vom 17.12.2007 die Ausweisung ausgesprochen worden sei. Der Berufung gegen den angeführten Bescheid sei keine Folge gegeben worden. Dagegen habe die rechtsfreundliche Vertretung des Bw Beschwerde an den VwGH gerichtet. Der VwGH habe den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung der Erstbehörde vorgelegt.

 

Nach Verständigung über das Ergebnis der Beweisaufnahme sei von ihrem rechtsfreundlichen Vertreter am 24.2.2011 vorgebracht worden:

Der Bw habe während der siebenjährigen Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin durchgehend im gemeinsamen Haushalt gelebt, sich einen weitreichenden Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut; ein Großteil seiner Familie sei im Bundesgebiet aufhältig; er und seine nunmehrige Ehegattin seien schon vor der Ehe ein Paar gewesen; er sei straf- und verwaltungsrechtlich unbescholten und habe sich für einen Deutschkurs inskribiert.

 

Zur Angelegenheit - bei der ein Dolmetsch anwesend gewesen sei – befragt, habe der Bw angegeben, seine Frau im März X kennengelernt und im April X geheiratet zu haben.

 

Unter Hinweis auf die relevanten Bestimmungen des FPG werde ausgeführt es gebe folgende gewichtige allgemeine Indizien für das Bestehen einer Scheinehe: Der beträchtliche Altersunterschied zwischen dem Bw und seiner Frau von mehr als zwanzig Jahren, die Tatsache, dass sich die Ehegatten vor der Trauung nur kurze Zeit persönlich gekannt hätten, nämlich bloß einen Monat im Jahr X und dass der Bw bereits im Jahr X eine Scheinehe eingegangen sei. Es widerspreche auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass jemand "sich im März X kennen gelernt haben" wolle und dann nur einen Monat später bereits die Ehe schließe. Die Tochter seiner Frau gebe an, den Bw seit der Heirat mit ihrer Mutter kein einziges Mal gesehen zu haben.

 

Der Bw habe im Jahr X geheiratet, seine Frau habe sich 2007 an seiner Adresse polizeilich gemeldet. Eine gemeinsame Meldeadresse sei kein Beweis für das tatsächliche Vorliegen eines Familienlebens. Ab 30.11.2009 sei sie wieder ausschließlich in X gemeldet und seit 30.5.2011 sei sie nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet. Laut Auskunft ihres Sohnes und der Tochter sei sie in die Türkei verzogen.

 

Der Bw sei am 26.1.2012 nach der Adresse seiner Frau in der Türkei befragt worden und habe diese nicht bekanntgeben können. Weiters habe der Bw angegeben, auf seine Frau bis zu deren Rückkehr aus der Türkei warten zu wollen. In der Niederschrift vom 8.6.2011 habe der Bw aber gesagt, sich scheiden lassen zu wollen. Die Frau habe nicht einvernommen werden können, da sie nicht im Bundesgebiet aufhältig sei.

 

Der Bw sei als Ehemann Familienangehöriger (§ 2 Abs. 4 Z. 12 FPG) einer Österreicherin. Gemäß § 67 Abs. 1 FPG sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

Es entspreche der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass diese Voraussetzungen gegeben seien, wenn der Fremde im Sinn des Tatbestandes des § 53 Abs. 2 Z. 8 FPG eine so genannte Aufenthaltsehe geschlossen, also mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben iSd Art. 8EMRK nie geführt und sich trotzdem, etwa zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen, auf diese Ehe berufen habe.

 

Bei der gemäß § 61 Abs. 2 FPG durchzuführenden Interessensabwägung sei zunächst auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes ableitbare Integration Bedacht zu nehmen gewesen. Diese wiege jedoch keinesfalls schwer, sei doch dieser Aufenthalt erst durch das genannte Fehlverhalten ermöglicht worden. Ohne die eingegangene Scheinehe wäre der Bw auf Grund der herrschenden Rechtslage nicht zu einem Aufenthaltstitel gelangt. Zwar wäre auch zu beachten, dass der Bw bis 2009 einer ordentlichen Beschäftigung nachgegangen sei, doch sei auch diese erst durch die genannte Scheinehe ermöglicht worden. Insgesamt betrachtet seien die privaten Interessen deutlich relativiert worden. Dem stehe das hohe öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Bei Abwägung dieser Interessenslage sei die erkennende Behörde zu der Ansicht gelangt, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Bw keinesfalls schwerer wögen als das in seinem Fehlverhalten gegründete öffentliche Interesse daran, dass er das Bundesgebiet verlasse und diesem fernbleibe.

 

Die Eheschließung habe am X stattgefunden und liege somit mehr als fünf Jahre zurück.

Der Verwaltungsgerichtshof habe überdies die zu Aufenthaltsverboten nach dem Fremdengesetz 1997 (FrG) ergangene Rechtsprechung, wonach eine allein aus dem Rechtsmissbrauch durch Eingehen einer "Scheinehe" resultierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung als weggefallen zu betrachten sei, wenn - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbots - die erstmalige Erfüllung des in § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG normierten Tatbestands (und nicht die letztmalige Berufung auf diese Ehe zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlicher Vorteile) bereits mehr als fünf Jahre zurückgelegen sei, für den Anwendungsbereich des FPG nicht aufrecht erhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, ZI. 2007/18/0228, mwN).

 

Die aus dem Aufenthalt resultierenden persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt in Österreich seien an Gewicht insoweit zu relativieren, als der bisherige Aufenthalt nur auf Grund des Eingehens einer Aufenthaltsehe rechtmäßig gewesen sei. Der Bw habe sich überdies auf Grund der ihm bekannten Gegebenheiten der Unsicherheit seines weiteren rechtlichen Schicksals bewusst sein müssen. Auch unter Zugrundelegung einer Dauer des inländischen Aufenthalts von etwa zehn Jahren, der bis 2009 ausgeübten Berufstätigkeit und der familiären Bindungen komme den persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet daher kein besonders großes Gewicht zu.

 

Kernelement seines Verhaltens sei, dass er bereits im Jahr X eine Scheinehe eingegangen sei. In der Folge sei es dem Bw gelungen unter Berufung auf die Aufenthaltsehe, sich in Österreich niederzulassen und hier einer Beschäftigung nachzugehen.

 

Das Verhalten des Bw, nach dem er eine Scheinehe zwecks Erlangung aufenthalts- und beschäftigungsrechtlicher Vorteile eingegangen sei, laufe den öffentlichen Interessen zuwider und stelle eine grobe Verletzung der öffentlichen Ordnung - insbesondere auf dem Gebiet eines geordneten Ehe- und Fremdenwesens - dar, sodass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht nur zulässig, sondern auch dringend geboten sei. Das im Eingehen einer Aufenthaltsehe liegende Verhalten, welches mit der Täuschung staatlicher Organe über den wahren Ehewillen beginne und sich bis zum dadurch versuchten Erwirken staatlicher Berechtigungen und Befugnisse fortsetze, stelle zweifellos auch eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die das Grundinteresse der Gesellschaft an einer gesetzlich gesteuerten Zuwanderung, an der Einhaltung der hiefür maßgeblichen Rechtsvorschriften und am Recht auf wahrheitsgetreue Angaben gegenüber Staatsorganen berühre.

 

In Hinblick auf das dargelegte Gesamtfehlverhalten könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes - nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den Aufenthalt im Bundesgebiet - nicht vor Verstreichen des nunmehr festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.

 

Im Sinne des § 53 Abs. 2 Z.8 FPG gelte insbesondere und liege im Fall des Bw vor, wenn ein Fremder eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geführt hat.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes habe die der Behörde zur Verfügung stehende Ermessensentscheidung nicht zu Gunsten des Bw getroffen werden können.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seine rechtsfreundliche Vertretung rechtzeitig Berufung mit Schreiben vom 26. März 2012.

 

Darin wird ua. ausgeführt, dass der rechtswidrige Aufenthalt eines Fremden im Inland eine notwendige Voraussetzung für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und in weiterer Folge für die Erlassung eines Einreiseverbots sei.

 

Es sei zunächst auszuführen, dass die bescheiderlassende Behörde bloß von einem Verdacht der Scheinehe ausgehe und nicht von einer eindeutig nachgewiesenen Scheinehe, die im konkreten Fall gar nicht möglich sei, da der Bw mit seiner Ehegattin ein Familienleben iSd Art 8 EMRK geführt habe und führe.

 

Zu den Indizien der Scheinehe, die die belangte Behörde als Begründung heranziehe, sei Folgendes auszuführen:

 

"Die Tatsache, dass der Bw und seine Ehegattin sich vor der Trauung nur kurze Zeit persönlich gekannt haben, kann dem BW im gegenständlichen Fall nicht als Indiz einer Scheinehe vorgeworfen werden, zumal, ausgehend vom Herkunftsstaat des Bw und seiner Ehegattin, die Trauung kurz nach dem Kennenlernen nicht eine Ausnahme darstellt. Die belangte Behörde hätte Feststellungen darüber treffen müssen, ob eine solche Vorgangsweise im Herkunftsstaat des Bw und seiner Ehegattin üblich ist. Als Maßstab sollte jedenfalls nicht die allgemeine Praxis in Mittel- und Westeuropa herangezogen werden, da man das Herkunftsland des Ehepaares berücksichtigen muss. Der Berufungswerber und seine Ehegattin stammen aus der Türkei, wo nicht nur die Verehelichung kurz nach dem Kennenlernen, sondern auch eine Ehe ohne vorangehendes Kennenlernen der Ehepartner keine Ausnahme darstellt.

 

Auch der Altersunterschied kann nicht als Indiz für eine Scheinehe angenommen werden, da der Abschluss einer Ehe zwischen Personen, die einen hohen Altersunterschied aufweisen, im Herkunftsstaat des Bw und seiner Ehegattin nicht auszuschließen ist, zumal auch die Religion des Bw eine solche Ehe nicht als ein verpöntes Verhalten betrachtet, da der Prophet der Muslime, Mohammed, eine ca. 15 Jahre ältere Frau heiratete. Solche Ehen stellen zwar eine Ausnahme dar, sind jedoch in der Community des Bw nicht unüblich. Selbst wenn man von mitteleuropäischen Vorstellungen ausgehen würde, wäre ein Altersunterschied von 20 Jahre nicht per se als ein Indiz für eine Scheinehe anzusehen. Auch dazu fehlt jede haltbare Feststellung, warum ein Altersunterschied von 20 Jahren die belangte Behörde dazu verleiten soll, dass sie nur von einer Scheinehe ausgehen kann. Es handelt sich dabei offensichtlich um eine Scheinfeststellung.

 

Zum Ehelichen einer älteren Frau im Kulturkreis des Bw ist auszuführen, dass der Hintergrundgedanke dieser im Kulturkreis des Bw und seiner Ehegattin nicht selten praktizierten Übung die Tatsache darstellt, dass man damit auch die Versorgung der alleinstehenden bzw. verwitweten Frauen sicherstellen will. Darüber hinaus erlangen die verwitweten bzw. alleinstehenden Frauen durch Eingehen einer Ehe erneut ihre Freiheit, da diese Frauen andernfalls dem Druck der Gesellschaft ausgesetzt sind, dem standzuhalten äußerst schwierig ist. Um diesem Gesellschaftsdruck zu entkommen, kommt es auch vor, dass eine Frau einen Mann heiratet, der deutlich jünger ist als sie.

 

Nicht nachvollziehbar ist die Begründung bzw. die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass der Bw bereits X eine Scheinehe eingegangen ist, weshalb auch in diesem Fall von einer Scheinehe ausgegangen werden muss. Auch diese Begründung ist vollkommen verfehlt, da man dem Bw bei dieser Betrachtung jede spätere Ehe seit X als eine Scheinehe vorwerfen müsste, wofür jedoch jede vernünftige Erklärung fehlt. Die belangte Behörde trifft offensichtlich willkürliche Feststellungen, um das Einreiseverbot gegen den Bw rechtfertigen zu können.

 

Nicht richtig ist die Behauptung der belangten Behörde, dass der Bw nicht gewusst hätte, wo sich seine Ehegattin aufhält. Der Bw brachte der bescheiderlassenden Behörde gegenüber deutlich zum Ausdruck, dass seine Ehegattin aufgrund der Pflegebedürftigkeit seiner Schwiegermutter derzeit in der Türkei lebt. Die Ehegattin des Bw befindet sich derzeit bei ihrer Mutter in einem Dorf in X. Die Einvernahme der Ehegattin des Bw im gegenständlichen Verfahren wäre erforderlich gewesen, um die Richtigkeit der Angaben des Bw überprüfen zu können. Die Ehegattin des Bw wäre auch bereit gewesen, für ein paar Tage nach Österreich zu kommen, da sie die Pflege ihrer Mutter nur vorübergehend einer/m anderen überlassen kann."

 

Wie oben dargelegt, basiere die Entscheidung der belangten Behörde auf bloßen Vorwürfen, die sie als erwiesen angenommen haben möchte. In Anbetracht der oben näher erläuterten Ausführungen erweise sich die Verhängung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot jedenfalls als unzulässig, zumal unter oben genannten Umständen nicht von einer Scheinehe ausgegangen werden dürfe.

 

Darüber hinaus sei der Bescheid in sich widersprüchlich, da die belangte Behörde einerseits behaupte, dass die Ehe des Bw mit X eine Scheinehe sei, andererseits jedoch die Feststellung treffe, dass der Bw seine Ehegattin, X nach Aufhebung der Scheinehe mit Frau X geheiratet habe, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem der Bw nicht mehr damit habe rechnen dürfen, ein Familienleben in Österreich begründen zu können (Siehe Seite 4 des Bescheids). Davon könne man ableiten, dass die belangte Behörde doch den Standpunkt vertrete, und zwar richtigerweise, dass der Bw mit X ein Familienleben iSd Art 8 EMRK in Österreich begründet habe. Insoweit bestehe ein Widerspruch zum Vorwurf der belangten Behörde, der zur Erlassung des gegenständlichen Bescheids geführt habe, dass die zwischen dem Bw und X geschlossene Ehe eine Scheinehe wäre.

 

Darüber hinaus müsste eine solche Rückkehrentscheidung gemäß § 61 Abs. 1 FPG zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sein. Dies abzuwägen und entsprechend darzutun, sei Aufgabe der Behörde. Dieser Verpflichtung sei die erkennende Behörde jedoch im vorliegenden Fall nicht nachgekommen.

 

Auch wenn die im Gesetz beschriebenen Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes vorlägen, so sei dennoch gemäß § 61 FPG bei jeder Rückkehrentscheidung eine Abwägung dahingehend notwendig, ob sich die Erlassung derselben hinsichtlich des Schutzes der durch Art 8 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechte auf Achtung des Privat- und des Familienlebens als verhältnismäßig und damit zulässig erweise.

 

Diesen Anforderungen und der damit notwendigerweise verbundenen Abwägung vor allem im Hinblick auf eine allfällige Verletzung der durch Art 8 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechte sei die bescheiderlassende Behörde aber bei der Erlassung des bekämpften Bescheids nicht gerecht geworden.

 

Die bescheiderlassende Behörde halte richtigerweise fest, dass der Bw seit seiner Einreise und Asylantragstellung im April 2002 durchgehend in Österreich aufhältig sei.

 

Es sei auch festzuhalten, dass der Bw mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet sei und daher ein Familienleben im Inland führe.

 

Zum Grad der Integration nehme die Behörde nur unzureichend und bruchstückhaft Stellung. So halte die Behörde lediglich fest, dass der Bw bis 2009 berufstätig gewesen sei.

 

Die bescheiderlassende Behörde unterlasse auch jegliche Feststellungen zu der Frage, in welchem Ausmaß der Bw am sozialen Leben in seinem Umfeld teilnehme und vor allem welche Beziehungen zu Freunden er unterhalte und welche Intensität diese aufwiesen. Auch fänden sich keine Ausführungen dazu, in welchem Ausmaß der Bw der deutschen Sprache mächtig sei. Auf Seite 4 des bekämpften Bescheids sei jedoch erkennbar, dass die belangte Behörde die Integration des Bw in Österreich grundsätzlich als vorhanden betrachte, der jedoch deshalb keine große Bedeutung zumessen wolle, da die belangte Behörde dem Bw fälschlicherweise eine Scheinehe mit X unterstelle.

 

Der Bw sei bisher strafgerichtlich unbescholten.

 

Auch zur Frage der Bindung des Bw zu seinem Heimatstaat, vor allem zu familiären Banden in die Türkei gebe es keinerlei Feststellungen im bekämpften Bescheid.

 

Der Bw sei während seines gesamten Aufenthalts in Österreich aufrecht gemeldet gewesen, habe sich keinerlei Anordnung der Asyl- oder Fremdenpolizeibehörden entzogen und habe jeder Ladung Folge geleistet.

 

Es ergebe sich daher, dass die bescheiderlassende Behörde die Kriterien, die für oder gegen eine Ausweisung sprächen nur unzureichend behandelt habe. So fehlten insbesondere Angaben zu den Bindungen zum Herkunftsstaat und zum Ausmaß der Integration des Bw in Österreich.

 

Hinzu komme, dass die von der bescheiderlassenden Behörde herangezogenen Kriterien zum Teil zwar in Form von Sachverhaltsfeststellungen aneinandergereiht würden, eine entsprechende Würdigung und Gegenüberstellung der einzelnen - im Übrigen unzureichend ermittelten - Kriterien finde aber nicht statt.

 

Eine nach den oben angeführten Kriterien ordnungsgemäß durchgeführte, das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens einbeziehende Abwägung hätte jedenfalls ergeben müssen, dass die Verhängung eines Einreiseverbotes gegen den Bw unzulässig sei.

 

Der Bw lebe seit mittlerweile zehn Jahren in Österreich. Es bestünden keine intensiven Kontakte mehr zu Familienmitgliedern in der Türkei. Der Bw sei hingegen seit bald 8 Jahren, konkret seit X mit einer österreichischen Staatsbürgerin, Frau X, verheiratet.

 

Bald nach seiner Einreise habe sich der Bw erfolgreich um eine Beschäftigungsbewilligung bemüht und sei bis 2009 durchgehend im Bundesgebiet beschäftigt gewesen.

 

Auch in seinem Wohnort in X nehme der Bw an gemeinschaftlichen Aktivitäten teil und habe sich dort einen großen Freundeskreis aufgebaut.

 

Abgesehen davon, dass die bescheiderlassende Behörde keine ausreichenden Ermittlungen hinsichtlich des Vorliegens eines Privat- und Familienlebens des Bw in Österreich durchgeführt habe, wäre gerade in der oben genannten Abwägung der Kern des von Art  8  EMRK  geforderten Begründungsvorgangs  im Rahmen einer Interessensabwägung gelegen (siehe dazu etwa jüngst VfGH vom 12.06.2007, B 2126/06 unter Zitierung der einschlägigen in der Rechtsprechung des EGMR zu Art 8 EMRK entwickelten Kriterien).

 

Aus verfahrensrechtlicher Sicht wäre die bescheiderlassende Behörde als Ausfluss der ihr zukommenden Ermittlungspflicht verhalten gewesen, Nachforschungen zum Privat- und Familienleben des Bw anzustellen und die vorliegenden Kriterien im oben wiedergegebenen Sinne zu würdigen. Dabei hätte sie insbesondere ausgehend von der lang anhaltenden Beziehung zu einer Österreichischen Staatsbürgerin, der strafgerichtlichen Unbescholtenheit und von der zumindest bis 2009 gelungenen Arbeitsintegration des Bw (seit 2009 aufgrund seines unsicheren Rechtsstatus keine Erwerbsmöglichkeit) zum Schluss gelangen müssen, dass die Verhängung eines Einreiseverbotes gegen den Bw unzulässig sei. Der bekämpfte Bescheid erweise sich aus diesen Gründen als rechtswidrig.

 

Aus den dargestellten tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen beantragt der Bw, die Berufungsbehörde möge

in Stattgebung der Berufung den angefochtenen Bescheid ersatzlos         beheben in eventu

in Stattgebung der Berufung den angefochtenen Bescheid beheben und der bescheiderlassenden Behörde die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 28. März 2012 dem UVS des Landes Oberösterreich vor.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Zusätzlich wurde am 22. Mai 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem UVS des Landes Oberösterreich durchgeführt.

 

2.3.1. Im Rahmen dieser Verhandlung war primär die Natur der in Rede stehenden Ehe zu klären, insbesondere, ob zwischen dem Bw und seiner Gattin, die unbestrittener Maßen seit dem Jahr 2009 in der Türkei aufhältig ist, ein tatsächliches Familienleben stattgefunden hat.

 

2.3.2. Der Bw selbst legte dar, dass zwischen ihm und seiner Gattin – nachdem es sich um eine Liebesheirat gehandelt habe – rund 1 Monat nach der Heirat im April X zumindest zeitweilig ein Familienleben, Wohn-, Wirtschafts- und Sexualgemeinschaft inkludierend, stattgefunden habe, wobei die Gattin auch damals schon zeitweilig in der Türkei aufhältig gewesen sei. Seine als Zeugin geladene Tante konnte lediglich den Umstand der Eheschließung bestätigen; sein Onkel gab an, davon gehört zu haben, dass der Bw mit seiner Gattin eine gemeinsame Wohnung bezogen hätte.

 

2.3.3. Die als Zeugin geladene Tochter der Gattin des Bw gab zum Einen an, dass sie erst rund 2 bis 3 Jahre nach der Eheschließung von dieser erfahren hatte (sie selbst war damals wegen der eigenen Ehe in der Türkei aufhältig), zum Anderen aber hätte sie sich aus Ablehnung dieser Ehe jeglichen Kontakt mit dem Bw verbeten und auch den zu ihrer Mutter abgebrochen, weshalb sie über das tatsächliche Familienleben keine Angaben machen könnte. Erst nach der Rückkehr ihrer Mutter in die Türkei habe sie den Kontakt wieder aufgenommen.

 

2.3.4. Zusammengefasst ergibt sich folgendes Bild:

 

Zunächst ist – auch nach der Aktenlage unbestritten – der Bw die Ehe mit der um rund 20 Jahre älteren österreichischen Staatsangehörigen wohl aus dem Motiv heraus eingegangen ist, um sich seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu sichern. Aus seinen wie auch aus den Aussagen der Tochter der Gattin lässt sich jedoch schließen, dass – wenn auch unter einem fragwürdigen Motiv von Seiten des Bw – zumindest zeitweilig (bis zum Jahr 2009) ein tatsächliches Familienleben bestand. Diese Annahme stützt sich vor allem darauf, dass die Tochter der Gattin des Bw es nicht für notwendig erachtet haben würde, sich jeglichen Kontakt mit dem Bw zu verbieten oder den zu ihrer Mutter abzubrechen, wenn sie nicht davon ausgehen hätte müssen, dass sie bei Kontaktaufnahme mit der Mutter unweigerlich auch Kontakt mit ihrem "Stiefvater" haben müsste. Dies spricht eindeutig dafür, dass – bei Anwesenheit der Mutter im Bundesgebiet – ein tatsächliches Familienleben vorlag und die "Ehegatten" in einer gemeinsamen Wohnung lebten.

 

Jedenfalls ist festzuhalten, dass keine Beweise im Verfahren aufgetaucht sind, die die Annahme stützen könnten, dass kein derartiges Familienleben und somit eine klare Scheinehe vorgelegen hätten.

 

2.3.5. Ausdrücklich muss hier festgehalten werden, dass die vom Bw in Richtung der Behörden abzielenden Anschuldigungen, durch deren Druck sei sein "Eheglück" geschädigt worden, als völlig aus der Luft gegriffen erscheinen. Weiters ist festzuhalten, dass die Aussagen des Bw betreffend das Verhältnis zu seiner Frau in den letzten 3 Jahren ebenfalls widersprüchlich und unglaubwürdig scheinen, jedoch bei der Beurteilung der Frage des Bestehens eines tatsächlichen Familienlebens im Zeitraum davor nicht zu berücksichtigen waren.

 

2.4. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung grundsätzlich von dem unter den Punkten 1.1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

Zusätzlich ist jedoch relevant, dass der Bw mit seiner Gattin im Zeitraum zwischen Mai 2004 bis längstens Herbst 2009 zumindest zeitweilig ein gemeinsames Familienleben geführt hat.

 

2.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 112/2011, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

 

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung unter Einem ein Einreiseverbot erlassen. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für Fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.      wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3      des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs.    1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs.     1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein          bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des   Grenzkontrollgesetzes, des      Meldegesetzes, des          Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des        Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.      wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens         1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.      wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs-        und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich         dabei           nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.      wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich     begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften      rechtskräftig bestraft worden ist;

5.      wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution          geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.      den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es           sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten       Erwerbstätigkeit nachgegangen;

7.      bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht         ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach      den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben          Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die     Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine           Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig       gewesen;

8.      eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat         und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen          Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft,          zwecks Zugangs zum     heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung          aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene          Partnerschaft berufen, aber mit         dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben    im Sinne des Art. 8 EMRK        nicht geführt hat oder

9.      an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder    Aufrechterhaltung          eines Aufenthaltstitels für den          Erwerb oder die    Aufrechterhaltung eines          unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den        Erwerb der österreichischen     Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum       heimischen Arbeitsmarkt oder zur     Hintanhaltung      aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder     vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

 

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

3.2.1. Voraussetzung für die Anwendung der eben dargestellten Normen und somit für die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung bzw. eines Einreiseverbotes ist zunächst, dass der Bw nicht unter den Begünstigtenkreis des § 65b FPG als Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin zu subsumieren ist, da ansonst diese Maßnahmen nicht zur Anwendung kommen könnten. Es ist also primär zu klären, ob im vorliegenden Fall eine bloße Scheinehe geschlossen wurde oder nicht.

 

3.2.2. Bezüglich der rechtlichen Beurteilung einer "Scheinehe" oder "Aufenthaltsehe" ist ua. auf das Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2009, Zl. 2007/21/0049, zu verweisen: "Die Ehefrau des Fremden hat die Ehe geschlossen um ihm behilflich zu sein und ihm eine legale Aufenthaltsmöglichkeit in Österreich zu verschaffen. Derartige Motive für eine Eheschließung begründen weder eine Aufenthaltsehe noch den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 9 FrPolG 2005, wenn ein gemeinsames Familienleben tatsächlich geführt wird."

 

3.2.3. Gerade eine derartige Konstellation ist im vorliegenden Fall anzunehmen, wie unter den Punkten 2.3. und 2.4. dieses Erkenntnisses dargestellt. Es steht demnach außer Zweifel, das Hauptmotiv des Bw für die Eheschließung sein angestrebter Verbleib im Bundesgebiet war, dass aber zumindest zeitweilig ein gemeinsames Familienleben, inkludierend Wohn-, Wirtschafts- und Sexualgemeinschaft stattfand.

 

3.2.4. Zusammengefasst ist also festzuhalten, dass der Bw weiterhin dem Begünstigtenkreis des § 65b FPG angehört, weshalb eine allfällige aufenthaltsbeendende Maßnahme auf § 67 FPG gestützt werden müsste, denn nach § 65b FPG finden auf die dortige Zielgruppe die für EWR-Bürger vorgesehenen Bestimmungen (ua. § 67 FPG) Anwendung.

 

3.3.1. Gemäß § 67 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens 10 Jahren erlassen werden.

 

3.3.2. Beim Bw handelt es sich um den Ehegatten einer österreichischen Staatsangehörigen also grundsätzlich um eine Person des in § 65b FPG iVm. § 67 Abs. 1 FPG erster Satz angesprochenen Adressatenkreises. Nachdem sich der Bw – nach Aktenlage - schon seit 10 Jahren im Bundesgebiet aufhält, kommt § 67 Abs. 1 vorletzter Satz FPG zur Anwendung.

 

3.3.3. Aus dem Sachverhalt ergeben sich nun aber keinerlei Umstände, die die Annahme rechtfertigen würden, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch den Verbleib des Bw im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Ein diesbezügliches Verhalten des Bw kann nicht konstatiert werden.

 

3.4. Es war also im Ergebnis der Berufung stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

Hukuki itiraz yolu bilgilendirilmesi

İşbu karar karşı olağan kanun yolu açık değildir.

 

 

Talimat

(Verilen karara karşı kararın tebliğ gününden itibaren altı hafta içinde Anayasa Mahkemesi’nde ve/veya Danıştay‘da itiraz edilebilinir. Yasal istisnalar hariç, şikayetin vekil tayin edilmiş bir avukat tarafından yapılması gerekmektedir. Her itiraz için 220.- Euro dilekçe harcı ödenilir.)  

 

 

Bernhard Pree

 

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