Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253051/2/Kü/HUE

Linz, 22.05.2012

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn H S, H, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 23. Jänner 2012, Zl. SV96-58-2011, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.   Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Verfahrenskosten der Erstbehörde verringert sich auf 50 Euro. Zum Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 23. Jänner 2012, Zl. SV96-58-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Übertretung des § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 200 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben im Zeitraum von 01.02.2011 bis 30.04.2011 den ausländischen Staatsbürger C M, geb. X, Staatsangehöriger von Ungarn, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde noch eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine ´Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt` oder ein Aufenthaltstitel ´Daueraufenthalt-EG` oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde, in Vordertambergau 93a, 4574 Vorderstoder, beschäftigt, obwohl ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen darf, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine ´Niederlassungsbewilligung ­– unbeschränkt` oder einen Aufenthaltstitel ´Daueraufenthalt-EG` oder einen Niederlassungsnachweis besitzt."

 

2. Dagegen hat der Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und bestätigt, den Ausländer im angegebenen Zeitraum beschäftigt zu haben. Der Bw habe diesen ordnungsgemäß beim Sozialversicherungsträger angemeldet und er sei aufgrund von Medienberichten davon ausgegangen, diesen ungarischen EU-Staatsbürger ohne Beschäftigungsbewilligung  beschäftigen zu dürfen. Es sei dem Bw erst im Nachhinein bewusst geworden, dass die "Änderung des Gesetzes" nicht – wie von ihm angenommen – am 1. Jänner 2011 sondern erst am 1. Mai 2011 erfolgt sei.

 

Beantragt wurde die ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides und die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Absehung von einer Bestrafung oder Erteilung einer Ermahnung gem. § 21 VStG, in eventu die Herabsetzung der Strafe, da bei der Strafbemessung zu wenig berücksichtigt worden sei, dass es sich um einen Irrtum bzw. um leichte Fahrlässigkeit gehandelt habe. Weiters sei in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt, dass er als personalverantwortlicher Geschäftsführer einer GmbH einem erhöhten Sorgfaltsmaßstab unterliege. Der Bw sei jedoch kein Geschäftsführer einer GmbH, weshalb diese strafausmaßerhöhende Auslegung nicht zutreffend sei. Zudem habe er ein (näher angegebenes) unterdurchschnittliches Einkommen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG abgesehen werden, da der wesentliche Sachverhalt unstrittig ist, lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und von keiner Partei die Durchführung einer Berufungsverhandlung beantragt wurde.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)     in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)     überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungs­bewilligung - unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Es steht fest und ist unbestritten, dass der Bw den ungarischen Staatsbürger C M im Zeitraum vom 1. Februar bis 30. April 2011 ohne Vorliegen einer (erforderlichen) Beschäftigungsbewilligung beschäftigt hat. Damit hat der Bw die vorgeworfene Tat in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

5.3. Gem. § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts Anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne Weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Die Rechtfertigung des Bw, er sei aufgrund einer Missinterpretation von Medienberichten davon ausgegangen, dass bereits ab 1. Jänner 2011 für ungarische Staatsbürger eine Beschäftigungsbewilligung nicht mehr benötigt werde, ist nicht dazu geeignet, seine Verantwortung in Bezug auf die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu entkräften. Der Bw wäre verpflichtet gewesen, sich vor der Beschäftigung eines Ausländers bei der zuständigen Stelle (Arbeitsmarktservice) über die konkreten gesetzlichen Bestimmungen und geltenden (Übergangs-)Fristen in Kenntnis zu setzen. Überdies hätte er auch bei seiner Interessensvertretung die erforderlichen Auskünfte erhalten können. Der Bw hat die erforderlichen Erkundigungen jedoch nicht getätigt, weshalb ihm eine Entlastung zur subjektiven Tatseite nicht gelungen ist. Hinsichtlich seiner persönlichen Verantwortlichkeit spielt es keine Rolle, welche Rechtspersönlichkeit das gegenständliche Unternehmen aufweist. Die Verwaltungsübertretung ist ihm somit auch in subjektiver Hinsicht anzulasten.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägungen sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Im vorliegenden Fall ist die Strafe nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs.1 Z1 AuslBG zu bemessen, wonach bei Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu verhängen ist.

 

Gem. § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Die Erstbehörde hat bei der Strafbemessung mildernd die Anmeldung des Ausländers bei der Sozialversicherung und die Tatsache gewertet, dass beim Bw  "maßgebliche Verwaltungsvorstrafen" nicht vorlägen. Überdies sei die Deliktsdauer als lange anzusehen.  

 

Im gegenständlichen Fall ist jedoch zusätzlich mildernd das Geständnis des Bw werten.

 

Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen kommt es nicht auf die Zahl der Milderungs- und Erschwernisgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung – somit dem Gewicht nach – im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhalts an und ist danach zu beurteilen (vgl. u.a. VwGH 27.2.1992, Zl. 92/02/0095).

 

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Milderungsgründe vertritt der Oö. Verwaltungssenat die Ansicht, dass eine Ausschöpfung des ao. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) und eine Herabsetzung der Mindeststrafe auf die Hälfte gerechtfertigt ist. Mit der nunmehr verhängten Strafe ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates die erforderliche Sanktion gesetzt, um den Bw in Hinkunft nachhaltig von der Begehung gleichartiger Verwaltungs­übertretungen abzuhalten.

 

Eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG scheidet aus, da die Tat im gegebenen Zusammenhang nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt und es daher an den kumulativen Voraussetzungen (unbedeutende Tatfolgen sowie geringfügigem Verschulden) mangelt: Auch wenn sich der Bw der Übertretung des AuslBG nicht bewusst gewesen ist, ist er darauf hinzuweisen, dass er sich vor der Beschäftigung eines Ausländers über die rechtlichen Rahmenbedingungen in Kenntnis hätte setzen müssen. Geringfügiges Verschulden ist damit auch in Hinblick auf die nicht mehr kurze Beschäftigungsdauer nicht gegeben.

 

6. Gem. § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafe neu festzusetzen. Da die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gem. § 65 VStG nicht zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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