Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523109/10/Sch/Eg

Linz, 26.04.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn V. H., geb. x, vertreten durch x, gegen die Befristung der Lenkberechtigung und der Erteilung der Auflage von Kontrolluntersuchungen im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24. Februar 2012, Zl. 108205-2012, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26. April 2012 zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und 67a  AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24. Februar 2012, Zl. 108205-2012, wurde Herrn V. H. die Lenkberechtigung für die Klassen B und BzE mit nachstehender Auflage befristet bis zum 23. Jänner 2013 erteilt:
Vorlage von Laborbefunden (MCV; GOT, GPT, GGT, CD-Transferrin) alle 3 Monate (bis spätestens 23.4.2012, 23.7.2012, 23.10.2012, 23.1.2013 unter Einhaltung einer Toleranzfrist von maximal 1 Woche) unaufgefordert bei der Behörde.

 

Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 5 Abs. 5 und § 8 Abs. 4 und 5 FSG 1997 genannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung bezüglich Befristung und Auflage erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Mittels des hinsichtlich Befristung und Erteilung von Auflagen in Berufung gezogenen Bescheides ist dem Berufungswerber eine Lenkberechtigung für die Klassen B und BzE befristet bis 23. Jänner 2013 unter der Auflage der Vorlage von Laborbefunden (MCV, GOT, BPT, GGT und CD-Transferrin) alle drei Monate erteilt worden.

 

Nach Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides ist bei der Erstbehörde die vom "X" in Budapest erteilte Auskunft eingelangt, dass der vom Berufungswerber besessene – und im Rahmen einer Verkehrskontrolle abgenommene - ungarische Führerschein mit der Nr. X einer anderen Person ausgestellt worden war, also nicht dem Berufungswerber. Weiters heißt es in dem Schreiben, dass in der Führerscheinregistrierstelle keine Daten über die angefragte Person, eben den Berufungswerber, aufscheinen würden.

 

Die Stellungnahme wurde dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers mit der Ladung zur oben angeführten Berufungsverhandlung übermittelt.

Bei der Berufungsverhandlung ist der Rechtsmittelwerber neuerlich mit diesem Umstand konfrontiert worden, wobei er Folgendes angegeben hat:

 

"Im Jahr 2010 habe ich diesen ungarischen Führerschein erworben. Der Vorgang lief so ab, dass ich über Mundpropaganda an eine Agentur geraten bin, die ungarische, tschechische oder slowakische Führerscheine angeboten hat. Ich habe mich dann dort gemeldet. Ich wurde befragt, wieso ich Interesse hätte, und ich schilderte meine Situation. Ich würde nämlich einen ungarischen Führerschein benötigen. Dies sei, wie mir erwidert wurde, kein Problem. Dieser Kontakt lief persönlich in Österreich ab, ich hab mich mit einem Mann dieser Agentur getroffen. Es handelte sich hiebei um einen Österreicher. Ich wurde von diesem Mann eine Woche später angerufen und mir wurde mitgeteilt, dass ich schnell nach Ungarn rüberfahren solle, um den angesetzten Prüfungstermin wahrzunehmen. Die Prüfung fand in einem Gasthaus statt. Es waren drei Ungarn anwesend. Einer der Ungarn sprach gut deutsch, er übersetzte alles, was die beiden Ungarn wollten. Ich musste dann mit einem PKW eine kleine Runde fahren, das waren etwa zwei bis drei Kilometer. Von dem deutsch sprechenden Ungarn wurden mir Verkehrsfragen gestellt, die ich beantworten musste.

 

Ich war für diesen Zweck nur ein paar Stunden in Ungarn. Der Führerschein wurde mir dann später mit der Post zugeschickt. Der Erwerb des Führerscheines in Ungarn war also eine Eintagesaktion.

 

Der Führerschein hat  mich 1900 Euro gekostet.

 

Trotz der schon erwähnten Umstände beim Führerscheinerwerb ging ich davon aus, dass die Sache in Ordnung wäre. Mit den mir gestellten Fragen hatte ich keinerlei Probleme, fahren mit einem PKW konnte ich ohnehin. Ich hielt also die Sache für unproblematisch."

 

Erst nunmehr sei ihm bewusst geworden, dass die Sache doch nicht sauber gewesen war, eine nach Ansicht der Berufungsbehörde in Anbetracht der Umstände des Führerscheinerwerbes nicht glaubwürdige Aussage.

 

4. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war die Erstbehörde noch nicht in Kenntnis dieses Umstandes. Dazu ist der Vollständigkeit halber anzufügen, dass die Erstbehörde mit Bescheid vom 28. November 2011, VerkR21-814-2011/LL, dem Berufungswerber die – offenkundig gar nicht vorhanden gewesene – scheinbar hinter dem erwähnten Führerschein stehende Lenkberechtigung rechtskräftig entzogen hatte (deshalb erfolgte die oben erwähnte Abnahme des Führerscheines). Es war zum Zeitpunkt der Erlassung des nunmehr in Berufung gezogenen Bescheides für die Erstbehörde die Ausgangslage ganz offenkundig so, dass der Berufungswerber im Besitze einer ungarischen Lenkberechtigung gewesen war. Erst durch die erwähnte Auskunft der ungarischen Führerscheinstelle kam der Umstand zutage, dass es eben nicht so war. Der Berufungswerber war also nicht, wie von der Erstbehörde aufgrund der Aktenlage angenommen worden war, seit 2. September 2010, an welchem Tag der ungarische Führerschein ausgestellt worden war, bis zum Zeitpunkt der Entziehung der Lenkberechtigung, das war der Bescheid vom 28. November 2011, im Besitze einer von einer ungarischen Behörde erteilten Lenkberechtigung, sondern bloß im Besitze eines nicht rechtmäßig erworbenen Führerscheines.

 

Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass die hier verfahrensgegenständliche Berufung sich ausschließlich auf die Befristung und die Auflage beschränkt. Der Verwaltungsgerichtshof sieht allerdings – zumindest wird dies in den meisten entsprechenden Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht – ein Verfahren zur Erteilung bzw. zur Entziehung einer Lenkberechtigung als einheitliches an (vgl. etwa VwGH 23.10.2001, 2001/11/0185).

 

Des weiteren hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Berufungsbehörde auf die Sach- und Rechtslage Bedacht zu nehmen, die zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung gegeben ist (VwGH 26.6.2001, 2001/04/0073 ua). Wendet man diese Rechtsprechung auf den gegenständlichen Vorgang an, dann kann daraus die Zuständigkeit des OÖ. Verwaltungssenates zur Fällung einer Berufungsentscheidung nicht nur im Hinblick auf die Befristung und die Auflagen der Lenkberechtigung, sondern auch zum Abspruch darüber, ob die Erteilung der Lenkberechtigung nach der geänderten Sachlage – unrechtmäßiger Erwerb eines ungarischen Führerscheines – immer noch zu erfolgen hätte, abgeleitet werden. Diese Frage ist nach Ansicht des OÖ. Verwaltungssenates in dem Sinne zu verneinen, als es in einem Verfahren zur Erteilung einer neuen Lenkberechtigung einen Unterschied macht, ob jemand "bloß" etwa ein Jahr, wovon die Erstbehörde ausgegangen ist, nicht im Besitz einer Lenkberechtigung war, oder ob dies ein wesentlich größerer Zeitraum war (dem Berufungswerber war seine letzte österreichische Lenkberechtigung im Jahr 2002 wegen Alkoholdelikten entzogen worden, seither war er nicht mehr im Besitze einer Lenkberechtigung). In diesem Zusammenhang wird auf die §§ 27 Abs. 1 Z. 1 und 10 Abs. 4 Z. 3 FSG verwiesen.

 

Angesichts der gegebenen Sach- und Rechtslage war sohin der verfahrensgegenständliche Bescheid zu beheben. Damit wird von der Erstbehörde neuerlich über den nunmehr wieder offenen Antrag des Berufungswerbers vom 24. Februar 2012 auf Erteilung einer Lenkberechtigung zu entscheiden sein.

 

Der Vollständigkeit halber soll hier angemerkt werden, dass sowohl die Befristung der Lenkberechtigung als auch die Auflage der Vorlage von alkoholspezifischen Laborwerten sich schlüssig aus der Führerscheinvorgeschichte des Berufungswerbers, der verkehrspsychologischen Stellungnahme und dem amtsärztlichen Gutachten ableiten lassen. Dabei hat die Erstbehörde im Bescheid nicht einmal die gesamte amtsärztlich-gutachtliche Aussage übernommen, zumal weder eine amtsärztliche Nachuntersuchung in einem Jahr mit Laborbefund noch Alkoholabstinenz angeordnet wurden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

S c h ö n

 

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