Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523167/7/Bi/Kr

Linz, 31.05.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M R, W,  W, vertreten durch RAe x, vom 4. Mai 2012 gegen den Bescheid dr Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 23. April 2012, GZ. 08/451804, wegen der Aufforderung sich  amtsärztlich untersuchen zu lassen, aufgrund des des Ergebnisses der am 31. Mai 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt, wobei  die zweiwöchige Frist mit Zustellung (= Rechtskraft) der Berufungsentscheidung zu laufen beginnt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.1 und 4 FSG aufgetragen, sich innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 24. April 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Am 31. Mai 2012 wurde auf ausdrücklichen Antrag des Bw eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung durchgeführt, zu der – entschuldigt – weder er selbst noch seine Rechtsvertretung noch die Vertreterin der Erstinstanz erschienen sind. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, der Aufforderungsbescheid werde lediglich damit begründet, dass er einer formlosen Vorladung zum Amtsarzt zur Besprechung eines Drogenharnbefundes keine Folge geleistet habe. Das sei kein tauglicher Anlass für eine Überprüfung des Vorliegens der gesundheitlichen Eignung.

Der Aufforderung der Erstinstanz vom 27. März 2012 zum persönlichen Erscheinen wegen Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz habe er Folge geleistet. Zu den Anschuldigungen von S M (SM) verweise er auf seine Beschuldigten­vernehmung, bei der er über Aufforderung durch die Polizei einen Harntest durchgeführt habe, der auf alle Substanzen negativ gewesen sei. Damit sei auch die bescheidförmige Vorladung vom 27. März 2012 nicht gerechtfertigt, der er aber trotzdem nachgekommen sei. Zu einer mehrfachen Vorladung zur amtsärztlichen Führerscheinuntersuchung sei die Behörde nicht berechtigt. Er sei am 8. April 2012 bereit gewesen sich untersuchen zu lassen. Beantragt wird ausdrücklich eine mündliche Berufungsverhandlung, im übrigen Bescheid­aufhebung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, in der der erstinstanzliche Verfahrensakt und die mit Schriftsatz vom 30. Mai 2012 eingelangte Mitteilung der Rechtsvertretung samt negativem Drogenharnbefund auf Cannabis (bei normwertigem Creatinin-Wert) verlesen. Demnach konsumiere der Bw kein Cannabis, wie auch aus dem Testergebnis vom 6. März 2012 hervorgehe; warum der Harntest vom 8. April 2012 nicht eindeutig negativ gewesen sei, könne er nicht beurteilen, jedoch liege "der Verdacht nahe, dass das Testmaterial falsch angezeigt" habe.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstell­tes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkbe­rechtigung einzuschränken oder zu entziehen. ... Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahr­prüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 




Nach ständiger Judikatur des VwGH ist ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Fall einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides) bei der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung umfasst werden, nicht mehr besitzt, und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine (neuerliche) Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann. Dabei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungs­voraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Derartige Bedenken sind in einem Auf­forder­ungs­bescheid nachvollziehbar darzulegen (vgl E 22.6.2010, 2010/11/0067; 16.4.2009, 2009/11/0020, 22.6.2010, 2010/11/0076; 17.10.2006, 2003/11/0302; 13.8.2003, 2002/11/0103; 30.9.2002, 2002/11/0120; uva).

 

Der 1989 geborene Bw wurde als Inhaber einer Lenkberechtigung für die Klasse B am 6. März 2012 bei der PI H als Beschuldigter einvernommen. SM hatte am 27. Jänner 2012 bei der PI H ausgesagt, der Bw habe das tschechische Gras testen lassen und es habe zwischen 15 und 16 % THC-Gehalt gehabt. Er habe dem Bw vor 2-3 Wochen 40 oder 50 Gramm gegeben, davor einmal 20 Gramm im Oktober oder November 2011 zum Preis von 10 Euro/Gramm; er habe sich das Gras bei ihm in A abholt. Der Bw gab dazu an, er könne sich nicht erklären, warum SM das behaupte, er habe noch nie illegale Drogen konsumiert. Zur Aussage von SM vom 4. Februar 2012 zu einer vom Bw stammenden SMS vom 21. Jänner 2012, der Bw habe ihm noch Geld geschuldet, etwa 200 Euro, weil er zuvor von ihm "Gras" bekommen habe; an eine Menge könne er sich nicht erinnern, er glaube aber, dass das ein Restbetrag war, hat der Bw ausgesagt, er habe von SM keine illegalen Drogen gekauft, sondern es sei beim angegebenen Geld um den Internet Account für das Spiel "World of Warcraft" gegangen.

Der Drogenharntest bei der Polizei auf 5 verschiedene Drogenarten am 6. März 2012 war negativ.

 

Die Staatsanwaltschaft Linz ist laut Verständigung vom 20. März 2012 in der Strafsache gegen den Bw wegen § 27 Abs.2 SMG vorläufig für eine Probezeit von zwei Jahren von der Verfolgung gemäß § 35 Abs.4 SMG zurückgetreten.

Am 6. April 2012 erschien der Bw nach Ladung vom 27. März 2012 zwecks Überprüfung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B bei der Erstinstanz und absolvierte einen Drogenharntest, der laut Mitteilung der Gerichtsmedizin der Universität Innsbruck vom 10. April 2012 auf THC/Cannabinoide schwach positiv war. Daher wurde der Bw vom Amtsarzt der Erstinstanz für 20. April 2012 zu einer Besprechung des Drogenharnbefundes vorgeladen, erschien dort aber nicht. Daraufhin erging seitens der Erstinstanz der angefochtene Bescheid. Begründend führte die Erstinstanz unter Zitierung des  § 24 Abs.4 FSG aus, der Bw habe der Vorladung des Amtsarztes für
20. April 2012 nicht Folge geleistet.

Der nunmehrige Drogenharntest auf Cannabinoide vom 25. Mai 2012 ist eindeutig negativ.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist zu sagen, dass damit die Bedenken im Sinne des § 24 Abs.4 FSG nicht ausgeräumt sind. Sich pauschal auf "falsch anzeigendes Testmaterial" zu berufen, klärt die Frage, ob beim Bw gehäufter Missbrauch von Cannabinoiden zweifelsfrei auszuschließen ist, nicht wirklich. Aufgrund des Nichterscheinens des Bw konnte auch kein persönlicher Eindruck gewonnen werden, der aber bei der Befragung zu den Aussagen von SM unumgänglich wäre, um seinen tatsächlichen Cannabiskonsum zu klären.

Bisher stehen sich ein schwach positiver THC-Befund vom 6. April 2012 und ein negativer Befund vom 25. Mai 2012 gegenüber; am 20. April 2012 ist der Bw wohlweislich erst gar nicht beim Amtsarzt erschienen. Mit einem Drogenharntest am 6. März 2012 musste der Bw aufgrund der Anschuldigungen von SM rechnen; wann ihm die Ladung der Erstinstanz vom 27. März 2012 für 6. April 2012 zugestellt wurde, geht aus dem Akt nicht hervor, jedoch liegen dazwischen höchstens 10 Tage, sodass ein eventueller Konsum von Cannabis jedenfalls noch nachweisbar war – und auch noch nachgewiesen wurde.  Auf den Drogen­harntest vom 25. Mai 2012 konnte sich der Bw zweifellos vorbereiten, weil die Ladung zur Berufungsverhandlung seinem Rechtsvertreter am 15. Mai 2012 zuging, wobei aber aus genau dieser Überlegung ein Testbefund auch nicht von ihm verlangt worden war. Im Fall eines (schwach) positiven Testergebnisses hätte der Rechtsvertreter wahrscheinlich dann eben keinen Drogenharnbefund vorgelegt.

 

Allein der Umstand des schwach positiven Ergebnisses vom 6. April 2012 und sein Nichterscheinen am 20. April 2012 beim Amtsarzt der Erstinstanz lassen aber den Schluss zu, dass der Bw weiterhin Cannabis konsumiert – dass die Anschuldigungen von SM nicht völlig aus der Luft gegriffen sind, wie der Bw selbst pauschal behauptet hat, zeigt schon das Test-Ergebnis vom 6. April 2012. Damit bestehen aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates noch immer "genügend begründete Bedenken in dieser Richtung, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen" im Sinne der zitierten Rechtsprechung des VwGH. Diese Bedenken können nur bei "vorbereitungsfreier" Absolvierung eines negativen Drogenharnbefundes entkräftet werden, der im Zuge der amtsärztlichen Untersuchung in die Wege zu leiten wäre.

 

Damit war spruchgemäß zu entscheiden, wobei die Frist für die amtsärztliche Untersuchung von 2 Wochen ab Zustellung dieses Berufungserkenntnisses, dh mit dessen Rechtskraft zu laufen beginnt.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchen wegen schwach positiven THC-Ergebnis + Nichterscheinen beim Amtsarzt -> bestätigt trotz jetzt negativen THC-Ergebnis

 

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