Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252646/3/BP/Ga

Linz, 06.12.2010

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, vertreten durch Ing. Mag. X, Rechtsanwalt in X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
7. Oktober 2010, GZ.: 0040770/2009, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens I. Instanz noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 65f VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7. Oktober 2010, GZ.: 0040770/2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 112 Stunden) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt habe und somit als nach § 9 VStG verwaltungsrechtlich Verantwortlicher, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten habe:

Die oa. Firma habe als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG am 17. August 2009 Herrn X und Herrn X als Dienstnehmer, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt jeweils mit der Zustellung von Paketen laut Anfahrtsliste  beschäftigt. Die in Rede stehenden Beschäftigten hätten sich zum Zeitpunkt der Kontrolle am 17. August 2009 gegen 8:45 Uhr auf der B1, X, Höhe ehemalige Avantitankstelle im Fahrzeug mit dem amtl. Kennzeichen: X befunden und seien der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen gewesen. Auch habe eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit bestanden. Weiters sei für die Behörde in den vorliegenden Fällen jeweils von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen gewesen, da Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart worden sei und somit ein angemessenes Entgelt gemäß
§ 1152 ABGB als bedungen gelte.

Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert gewesen seien, sei hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung, bei der Oö. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet worden.

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden §§ 33 Abs. 1 und 1a iVm 111 ASVG in der jeweils gültigen Fassung genannt.

Begründend führt die belangte Behörde nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen aus, dass sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite im vorliegenden Fall gegeben seien. Die belangte Behörde legt insbesondere dar, dass hier ein über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 ASVG liegendes Entgelt als vereinbart anzusehen sei.

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw zu Handen seines rechtsfreundlichen Vertreters am 15. Oktober 2010 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung vom 29. Oktober 2010.

Darin ficht der rechtsfreundlich vertretene Bw das Straferkenntnis zur Gänze an und macht Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Bw stellt nach einer entsprechenden Begründung die Anträge auf Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens in eventu auf Absehen von der Strafe unter Ermahnung gemäß § 21 VStG, in eventu auf Anwendung des § 20 VStG und auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

2.1. Mit Schreiben vom 9. November 2010 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

Mit E-Mail vom 22. November 2010 richtete der Oö. Verwaltungssenat darüber hinaus ein Auskunftsersuchen an die Oö. Gebietskrankenkasse, um den Ausgang eines dort geführten Verfahrens hinsichtlich der Beitragspflicht und somit die Qualifikation der hier in Rede stehenden potentiellen Beschäftigungsverhältnisse zu eruieren.

Mit E-Mail vom 1. Dezember 2010 wurde von der Oö. Gebietskrankenkasse mitgeteilt, dass die nachträglich vom Bw angemeldete geringfügige Beschäftigung der in Rede stehenden Dienstnehmer von 17. August 2009 bis 31. August 2009 als solche qualifiziert wurde. Mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 15. Juni 2009, GZ.: SV (SanR) – 415287/3, wurde der erstinstanzliche Bescheid vom
22. Oktober 2009 bestätigt.

2.3. Nachdem im in Rede stehenden Verfahren feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu entfallen (vgl. § 51e Abs. 2 VStG).

2.4. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter den Punkten 1.1., 1.2 und 2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

2.5. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 33 Abs.1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl 189/1955 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr. 130/2008 haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß Abs.1a leg.cit. kann der Dienstgeber die Anmeldungsverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet und zwar

1.     vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.     die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Abs.1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Gemäß § 111 Abs.1 handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete er Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß Abs.2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

3.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass den Bw als Beschäftiger grundsätzlich die Anmeldepflicht zur Sozialversicherung von, von seinem Unternehmen beschäftigten, Personen trifft.

 

Weiters steht fest, dass die in Rede stehenden Dienstverhältnisse vom zuständigen Sozialversicherungsträger rechtskräftig als geringfügig eingestuft wurden.

 

3.3. Gemäß § 38 AVG ist, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

 

Im Sinne einer Vorfragenentscheidung war nun davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall die Beschäftigungsverhältnisse nicht das Ausmaß der Geringfügigkeit überstiegen, zumal die OÖ. Gebietskrankenkasse als zuständiger Sozialversicherungsträger diese Festlegung zweifelsfrei und rechtskräftig getroffen hat.

 

3.4. Daraus folgt aber im Ergebnis, dass der Bw nicht die im Spruch des angefochtenen Bescheides vorgeworfene Tat begangen hatte, da die Beschäftigten nicht gemäß § 4 vollversichert, sondern lediglich teilversichert waren. Eine derart weitreichende Spruchkorrektur vorzunehmen, war dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt.

 

Nachdem der Bw die im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfene Tat nicht begangen hat, mangelt es schon am vorliegen der objektiven Tatseite, weshalb das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65f. VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens I. Instanz noch ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtig-ten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Ein-gabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree

 

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