Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166692/10/Zo/REI

Linz, 18.04.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn H E, geb. x, L vom 25.01.2012 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 11.01.2012, Zl. S-48120/11, wegen einer Übertretung des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und sofortiger Verkündung am 10. April 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.              Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.           Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die BPD Linz hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 30.07.2011 um 14.50 Uhr in Sipbachzell auf der A1 bei Strkm 189,570 ein näher bestimmtes Kraftfahrzeug mit dem Probefahrtkennzeichen x gelenkt habe, obwohl Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten im Sinne des § 45 Abs.1 KFG verwendet werden dürfen. Bei der gegenständlichen Fahrt habe es sich nicht um eine Probefahrt gehandelt.

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 45 Abs.4 zweiter Satz KFG begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 11 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass in der mündlichen Verhandlung am 14.12.2011 seine Aussage nicht aufgenommen wurde. Man habe ihm lediglich die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von 14 Tagen eine schriftliche Stellungnahme zu übermitteln. Weiters sei ihm angeboten worden, eine verringerte Geldstrafe zu bezahlen.

 

Er wolle jedoch auf jeden Fall eine Aussage zu den gegen ihn erhobenen Beschuldigungen vorbringen, weshalb er das Angebot der verringerten Geldstrafe nicht angenommen habe.

 

Er habe bei der Verkehrskontrolle keine Bescheinigung über Ziel und Zweck der Probefahrt mitgeführt, habe dem Polizisten aber angeboten, vor Ort selbst eine auszufüllen, weil er als Prokurist des Unternehmens ohnedies zeichnungsberechtigt sei. Der Polizist habe das aber nicht akzeptiert.

 

Er habe dem Polizisten erklärt, dass er eine Elektronik zur Leistungssteigerung teste, welche von ihnen hergestellt werde. Als er dies genauer erklären wollte, sei der Polizeibeamte zum Streifenwagen gegangen, er vermute, dass er aufgrund des Lärms auf der Autobahn das Gespräch gar nicht verstehen konnte. Der Beamte habe ihm noch mitgeteilt, dass es sich seiner Meinung nach nicht um eine Probefahrt handle und er daher eine Anzeige erstatten werde.

 

Seine damals 5-jährige Tochter habe er mitgenommen, weil er von der Mutter seiner Tochter getrennt lebe und an diesem Wochenende die Aufsichtspflicht hatte. Er habe sie daher nicht alleine zu Hause lassen können.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 10. April 2012. An dieser hat der Berufungswerber teilgenommen, der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Weiters wurde der Meldungsleger, BI x zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zum Vorfallszeitpunkt einen Kombi, VW Sharan, wobei er die im Spruch angeführten Probefahrtkennzeichen verwendete. Inhaber der ggst. Probefahrtbewilligung ist die S T T A GmbH mit Sitz in E. Der Berufungswerber ist Prokurist dieses Unternehmens.

 

Der Berufungswerber führte die ggst. Fahrt an einem Samstagnachmittag durch, am Beifahrersitz befand sich seine ca. 5-jährige Tochter und er selbst trug Freizeitkleidung sowie Wanderschuhe. Der Berufungswerber führte auch keine Bescheinigung über Ziel und Zweck der Probefahrt mit. Für den kontrollierenden Polizeibeamten bestand daher der Verdacht, dass es sich bei der ggst. Fahrt um keine Probefahrt handelte.

 

Im Zuge des Verfahrens, insbesondere in der mündlichen Berufungsverhandlung, erläuterte der Berufungswerber, dass die S T T A GmbH sich damit beschäftigt, bei Fahrzeugen Maßnahmen zur Leistungssteigerung durchzuführen. Dabei wird im Wesentlichen das Einspritzverhalten der Fahrzeuge geändert. Entsprechende Geräte dieses Unternehmens werden nach Abschluss der Entwicklung auch vom TÜV genehmigt. Bei der damaligen Fahrt habe es sich um eine Weiterentwicklung eines bereits genehmigten Gerätes gehandelt, wobei er die Fahrt deshalb am Samstag durchgeführt habe, weil das Gerät bereits am Montag an einen Kunden gesendet werden musste. Während dieser Fahrt sei auch ein Laptop angeschlossen gewesen und dieser habe ständig Daten betreffend das Einspritzverhalten gemessen. In den im Kofferraum befindlichen Taschen hätten sich entsprechende Messgeräte befunden. Der Berufungswerber konnte am Tag der Verhandlung auch entsprechende Computerdateien mit Messdaten vom 30.07.2011 zwischen 12.20 Uhr und 14.36 Uhr vorlegen.

 

Dazu hat der UVS des Landes Oberösterreich in freier Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

 

Bei der ggst. Fahrt spricht der erste Eindruck tatsächlich dafür, dass es sich nicht um eine Probefahrt gehandelt habe. Andererseits können die Behauptungen des Berufungswerbers auch nicht widerlegt werden. Insbesondere der Umstand, dass entsprechende Testdaten vom gegenständlichen Zeitraum auf einem Firmenlaptop gespeichert waren, spricht dafür, dass bei dieser Fahrt tatsächlich Messungen durchgeführt wurden und diese dazu dienten, die Funktionsfähigkeit der durchgeführten Tuning-Maßnahmen zu dokumentieren bzw. zu überprüfen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 KFG dürfen Probefahrten mit nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern oder Fahrgestellen solcher Fahrzeuge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur mit Bewilligung der Behörde durchgeführt werden, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Ort liegt, von dem aus der Antragsteller hauptsächlich über die Verwendung der Probefahrtkennzeichen verfügt. Probefahrten sind Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen.

 

Gemäß § 45 Abs.4 KFG ist bei der Erteilung der im Abs.1 angeführten Bewilligung auch auszusprechen, welche Kennzeichen bei den Probefahrten zu führen sind. Diese Kennzeichen sind Probefahrtkennzeichen (§ 48 Abs.3) und dürfen nur bei Probefahrten geführt werden. Über die Erteilung der im Abs.1 angeführten Bewilligung ist dem Antragsteller eine Bescheinigung, der Probefahrtschein, auszustellen.

 

5.2. Bei der gegenständlichen Fahrt ist es – entgegen dem ersten Anschein – durchaus naheliegend, dass der Berufungswerber tatsächlich die Gebrauchsfähigkeit der im Fahrzeug durchgeführten Tuning-Maßnahmen getestet hat. Dafür spricht jedenfalls der Umstand, dass entsprechende Messdaten auf einem Firmenlaptop gespeichert waren. Das Gegenteil kann jedenfalls nicht bewiesen werden. Sollte der Berufungswerber die ggst. Testfahrt auch dazu benutzt haben, um seine Tochter an einen anderen Ort zu bringen, so ändert dies noch nichts am Charakter einer Probefahrt, weil jedenfalls die Überprüfung der Funktion der Tuning-Maßnahmen im Vordergrund stand. Insgesamt kann daher die dem Berufungswerber vorgeworfene Übertretung nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit bewiesen werden, weshalb das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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