Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240832/3/Gf/Rt

Linz, 11.06.2012

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Gróf über die Berufung des C S, vertreten durch RA Dr. M M, gegen die wegen zwei Übertretungen des Tabakgesetzes erlassenen Straferkenntnisse des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 10. und vom 14. Juni 2011, (jeweils) Zl. 11079/2011, zu Recht:

I. Den Berufungen wird stattgegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse werden aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnissen des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 10. und vom 14. Juni 2011, (jeweils) Zl. 11079/2011, wurden über den Rechtsmittelwerber zwei Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 100 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: jeweils 30 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 660 Euro) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH einerseits zu verantworten habe, dass infolge "Unterlassung der Schließung der Türe des Raucherraumes zum Nichtraucherbereich" an drei näher bezeichneten Tagen im März 2011 nicht dafür Sorge getragen worden sei, dass in dem in einem Einkaufszentrum gelegenen Lokal dieser GmbH trotz des dort bestehenden Rauchverbotes durch Gäste nicht geraucht wird sowie andererseits an jenen und an zwei weiteren Tagen das Personal jeweils nicht angewiesen worden sei, die Türe zum Raucherraum geschlossen zu halten. Dadurch habe er eine Übertretung des § 13 Abs. 1 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 2 und i.V.m. § 13 Abs. 2 Z. 3 des Tabakgesetzes, BGBl.Nr. 431/1995, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I  120/2008 (im Folgenden: TabakG), begangen, weshalb er nach § 14 Abs. 4 TabakG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Rechtsmittelwerber angelasteten Vergehen auf Grund von Anzeigen durch Privatpersonen sowie im Zuge einer Kontrolle durch Bedienstete der belangten Behörde als erwiesen anzusehen seien.

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Milderungsgründe hervorgekommen, während drei einschlägige Vormerkungen als erschwerend zu werten gewesen seien. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen diese ihm am 24. bzw. 28. Juni 2011 zugestellten Straferkenntnisse richten sich die vorliegenden, am 6. Juli  2011 – und damit jeweils rechtzeitig – zur Post gegebenen Berufungen.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber – auf das Wesentliche zusammengefasst – vor, dass dem Gesetz weder eine Verpflichtung zur Errichtung einer baulichen Abtrennung zwischen Raucher- und Nichtraucherbereich noch zum Geschlossenhalten einer dementsprechenden Verbindungstür zu entnehmen sei. Außerdem sei er nur für den von seiner GmbH gemieteten Gastronomiebereich, nicht jedoch auch für das gesamte übrige Einkaufszentrum verantwortlich. 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe bzw. ein Absehen von der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates Linz zu Zl. 11079/2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in den diesen Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnissen eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 2, § 13 Abs. 1 und § 13c Abs. 2 Z. 3 TabakG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.000 Euro zu bestrafen, der als Inhaber von Räumen eines öffentlichen Ortes gemäß § 13 Abs. 1 TabakG nicht dafür Sorge trägt, dass in diesen Räumen eines öffentlichen Ortes nicht geraucht wird.

Nach § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 3, § 13a Abs. 1 Z. 1 und § 13c Abs. 2 Z. 4 TabakG begeht dem gegenüber (u.a.) auch derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.000 Euro zu bestrafen, der als Inhaber eines Gastgewerbetriebes i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG nicht dafür Sorge trägt, dass in den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste dienenden Räumen (= lt. Überschrift zu § 13a TabakG: Räumen der Gastronomie), soweit nicht gemäß § 13a Abs. 2 bis Abs. 4 TabakG eine Ausnahme vom Rauchverbot besteht, nicht geraucht wird.

3.2. Während also die erstere Strafnorm ein absolutes, strafbewehrtes Verbot statuiert, erweist sich dem gegenüber Letztere insofern bloß als relativ, als diese (zahlreiche) Ausnahmen zulässt. Im Übrigen entsprechen jedoch beide Delikte insofern ein und demselben Typus, als tatbestandsmäßig ein "Rauchverbot ..... gilt" und dieses formal jeweils auf den Begriff "Räume" abstellt. Offensichtlich ist mit diesem Terminus inhaltlich jedoch jeweils Unterschiedliches gemeint: Während § 13a TabakG, wie dies insbesondere aus dessen Abs. 2 und 3 deutlich wird, in seiner Zielsetzung davon ausgeht, dass unter den "Räumen der Gastronomie" – gleichsam in einem engeren Sinn – nur solche zu verstehen sind, die nach allen Seiten (und allenfalls auch nach oben) abgeschlossen bzw. zumindest mittels einer rauchdichten Tür abschließbar sind (vgl. § 13a Abs. 2 TabakG: "wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt"), liegt dem § 13 Abs. 1 TabakG in einem weiteren Sinn die Vorstellung eines Raumes zu Grunde, der sich außerhalb eines nach allen Seiten abgeschlossenen Raumes befindet bzw. befinden kann und über den der Inhaber verfügungsberechtigt ist.

Insbesondere am Beispiel eines überdachten, mehrgeschossigen Einkaufszentrums (wie es auch dem gegenständlichen Fall zu Grunde liegt) erläutert verkörpern daher das Einkaufzentrum als Ganzes einerseits sowie jene Räume, die sich außerhalb von abgegrenzten (d.h. abgeschlossenen bzw. abschließbaren) Gastgewerbebetrieben befinden, andererseits jeweils die "Räume öffentlicher Orte" i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG, hingegen die der Gastronomie dienenden, allseits umschlossenen Einheiten jene unter § 13a Abs. 1 TabakG zu subsumierenden Räume.

Diese idealtypische Abgrenzung verschwimmt allerdings dann, wenn ein Gastronomiebetrieb (auch bzw. ausschließlich) aus Räumen, die nicht nach allen Seiten abgegrenzt sind, besteht, d.h nur (bzw. sowohl) über Räume i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG (als auch über Räume i.S.d. § 13a Abs. 1 TabakG) verfügt.

3.3. Dies vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass auch in diesen Fällen hinsichtlich der Tatanlastung – im Hinblick auf die nur in Bezug auf Räume i.S.d. § 13a TabakG, nicht jedoch auch für Räume i.S.d. § 13 Abs. 1 TabakG bestehenden Ausnahmen gemäß § 13a Abs. 2 bis 4 TabakG – strikt zwischen diesen beiden Deliktstatbeständen zu differenzieren ist. 

In Verbindung damit, dass § 44a Z. 1 VStG nämlich als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens festlegt, dass der Spruch des Straferkenntnisses den Tatvorwurf genau zu bezeichnen hat – dazu gehört insbesondere eine möglichst präzise Angabe von Tatort und Tatzeit, sodass kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Beschuldigte bestraft worden ist, um den Täter rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. die Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Wien 2004, S. 1520 ff, m.w.N.) – ist daher, um gerade einem Gastgewerbetreibenden einen effektiven Schutz vor einer Doppelbestrafung zu gewährleisten, eine dementsprechend exakte Spruchkonkretisierung zu fordern.

Wenn sich das strafbare Verhalten also in einem überdachten Einkaufszentrum zugetragen hat und der Tatort dort derart ausgestaltet ist, dass der Gastgewerbetreibende über ein als solches wahrnehmbares Gastlokal verfügt und in diesem – wovon im gegenständlichen Fall auch die belangte Behörde zweifelsfrei ausgeht – der Raucher- vom Nichtraucherbereich durch eine Verbindungstür getrennt ist,  dann hatte hier sohin eine Bestrafung wegen einer Übertretung des Sonderdeliktes des § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z . 3 und § 13a Abs. 1 bis 4 TabakG (Raum eines Gastgewerbebetriebes) und nicht wegen des Allgemeindeliktes des § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 2  und § 13 Abs. 1 TabakG (öffentlicher Ort) zu erfolgen.

3.4.1. Da jedoch eine bloß auf die Rechtsgrundlage bezogene Spruchkorrektur nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch noch nach dem Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist zulässig gewesen wäre (vgl. z.B. VwGH vom 24. Jänner 1990, Zl. 89/02/0217, sowie die weiteren, bei W. Hauer – O. Leukauf, a.a.O., S. 1525, angeführten Entscheidungen), wäre daher allein dieser Aspekt – insbesondere unter Beachtung des Umstandes, dass der Rechtsmittelwerber den diesbezüglichen unmittelbaren Wahrnehmungen der Erhebungsorgane der belangten Behörde in der Sache weder innerhalb der ihm gewährten Stellungnahmefrist noch bis dato in irgend einer Weise entgegen getreten ist – nicht geeignet gewesen, der gegenständlichen Berufung zum Erfolg zu verhelfen.

3.4.2. Allerdings kommt der Argumentation des Beschwerdeführers, dass von ihm schon aus ökonomischen Gründen nicht verlangt werden könne, dass die Verbindungstür zwischen dem Nichtraucher- und dem Raucherbereich ständig geschlossen bleiben muss, im Ergebnis insofern Berechtigung zu, als § 13a Abs. 2 TabakG ersichtlich ein – wenngleich nur kurzzeitiges – Offenhalten zulässt.

Wenn nun die Behörde dem Beschuldigten – wie im vorliegenden Fall – dezidiert eine Übertretung des diesbezüglichen Verbotes anlastet, so bedingt dies, dass im Spruch des Straferkenntnisses nicht bloß ein fixer Zeitpunkt, sondern vielmehr auch die entsprechend konkretisierte Zeitdauer angegeben wird, damit auf diese Weise objektiv nachprüfbar wird, ob das Offenhalten auch tatsächlich derart lange dauerte, dass eine Verletzung des § 13a Abs. 2 TabakG im Ergebnis zweifelsfrei feststeht.

Diesen Anforderungen wird der Spruch des gegenständlich bekämpften Straferkenntnisses jedoch deshalb nicht gerecht, weil dort jeweils bloß Zeitangaben in Stunden- und Minutenform, nicht jedoch auch (zumindest kurzfristige) Zeiträume und/oder wenigstens zusätzlich die Anzahl der Raucher enthalten sind, sodass damit objektiv besehen selbst unter Heranziehung eines zu Gunsten der belangten Behörde angenommenen Maximalzeitraumes von 60 Sekunden nicht einmal zwingend feststeht, dass innerhalb desselben tatsächlich Tabakrauch in einem die Wahrnehmbarkeitsschwelle übersteigenden Ausmaß in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten gedrungen ist.

3.5. Aus diesem Grund war der vorliegenden Berufung nach § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.


 

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

VwSen-240832/3/Gf/Rt vom 11. Juni 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

Tabakgesetz §13a Abs2;

VStG §44a Z1

 

Aufhebung wegen Spruchmangels, wenn im Falle einer dezidierten Bestrafung wegen Übertretung des § 13a Abs 2 Tabakgesetz die Tatzeit im Spruch lediglich nach Stunden und Minuten angeführt, nicht jedoch ein – zumindest kurzer – Zeitraum und/oder zumindest die Anzahl der Raucher angegeben ist.

 

 

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