Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252775/3/Lg/Th

Linz, 01.06.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Finanzamtes Grieskirchen Wels gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes E vom
9. März 2011, Zl. SV96-9-2010, mit dem das gegen E B eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungs-gesetzes (AuslBG) eingestellt wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das aufgrund des Strafantrages des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 27.01.2010, GZ 054/76023/61/2010 gegen Herrn E B, wh. S, C, Slowakei, pA. S eu s.r.o., K, B, Slowakei, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) eingeleitete Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt. Begründend wird auf das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 20.12.2010, Zl. VwSen-252250 verwiesen, in welchem festgestellt worden sei, dass der rechtliche Unternehmenssitz in B gelegen sei bzw. im Zweifel der firmenbuchmäßige Sitz als Tatort anzusehen sei.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob das Finanzamt Grieskirchen Wels Berufung mit folgender Begründung:

 

"Unbestritten ist der Umstand, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (z.B. Erk. v. 31.1.2006, ZI. 2004/09/0210 u.a. Erk.) bei Übertretungen nach dem AuslBG der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers als Tatort anzusehen ist, weil dort in der Regel die nach dem AuslBG beanstandeten Beschäftigungen eingegangen wurden und von dort aus die nach dem AuslBG erforderlichen Bewilligungen zu beantragen gewesen wären.

 

Nach Rechtsansicht des Finanzamtes ist aber im gegenständlichen Fall von einem Sitz des Arbeitgebers (S eu. s.r.o.) in A, G auszugehen und befindet sich dort auch das Büro des H. B E, der als faktischer Machthaber (faktischer Geschäftsführer) der Fa. S eu. s.r.o. anzusehen ist.

Ergänzende Unterlagen zur Begründung der Rechtsansicht des Finanzamtes Grieskirchen-Wels, dass sich der Sitz des Unternehmens (bzw. der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung) in Östereich befindet, werden zur Untermauerung der Begründung in angemessener Frist nachgereicht."

 

In einem ergänzenden Schreiben wird angeführt:

 

"Wie in der Berufungsschrift vom 23.3.2011 angekündigt, werden nunmehr nachstehende Unterlagen zur Untermauerung der Rechtsansicht, dass das betroffene Unternehmens (S eu.sro, B) den Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung in Österreich hat und Herr B E auch der faktische Geschäftsführer (Machthaber) dieser Firma ist.

 

Wie aus den Aussagen in der niederschriftlichen Befragung des H. B E (Niederschrift vom 24.11.2009) entnommen werden kann, ist Herr B E für die Aquisition und die Abwicklung der Bauaufträge zuständig. Auch die Verträge betreffend die Beschäftigung von slowakischen Staatsangehörigen wurden von Herrn B E als faktischer Machthaber der Fa. S eu. s.r.o abgeschlossen. Diese Feststellung ergibt sich auch aus einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme eines Kunden (P Gottllieb, Niederschrift vom 21.9.2009), der Sanierungsarbeiten an die Firma S eu.s.r.o, B, in Auftrag gegeben hat. Auch aus dieser Niederschrift geht hervor, dass die Bauaufträge für das Unternehmen S eu.s.r.o. in B von Herrn B E rechtsver­bindlich abgeschlossen wurden und dieser alleiniger Vertreter bzw. Ansprechpartner des Unternehmens S eu.s.r.o. war. (siehe Beilage 1)

 

Daraus kann entnommen werden, dass Herr B E als faktischer Machthaber (faktischer Geschäftsführer) des Unternehmen der Fa. S eu.s.r.o. anzusehen ist, da dieser rechtsverbindlich für das Unternehmen Verträge abgeschlossen hat und die tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vorgenommen hat, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich brachte und auch für sämtliche organisatorischen Maßnahmen, die als Tagesgeschäfte zur gewöhnlichen Verwaltung gehören, der Ansprechpartner war.

 

Von einer Leitung des Unternehmens (Ort der Geschäftsleitung ) in Österreich (A, G) ist aus folgenden Gründen auszugehen.

 

Es ist in Österreich eine steuerliche Erfassung der Firma S eu.s.r.o (Standort A, G) gegeben.

Nach Angaben des Herrn B E soll es sich bei dieser Anschrift nur um eine Postanschrift handeln, wie in der Niederschrift vom 24.11.2009 ausgesagt wurde, was als Schutzbehauptung zu werten ist, da gleichzeitig Herr B aber ausführt, dass sich Büroräumlichkeiten in diesem Gebäude befinden (im Dachgeschoßraum ist ein Server untergebracht).

Auch aus sonstigen Unterlagen (Internet-Recherchen) ist zu entnehmen, dass die Fa. S eu. s.r.o. in Österreich mit der Anschrift A, G auftritt (siehe Beilage 2). Die Fahrzeuge des Unternehmens sind nachweislich im Inland zugelassen, was auch dafür spricht, dass die unternehmerische Tätigkeit nur in Österreich ausgeübt wird. Ein Nachweis darüber, dass das gegenständliche Unternehmen auch in der Slowakei eine Geschäftstätigkeit ausgeübt hätte, ist nicht gegeben.

Vielmehr ist aus Kontrollen durch Organe des Teams Finanzpolizei ersichtlich geworden, dass die unternehmerische Tätigkeit der Fa. S eu. s.r.o. in Österreich vom Standort in A aus ausgeübt wird, was aus vorliegenden Vertragsformularen ersichtlich ist, auf denen nur eine österreichische Festnetznummer angeführt ist und diese Formulare den Standort A, G als Repräsentanz in Österreich aufweisen.

 

Nach Rechtsansicht des Finanzamtes Grieskirchen-Wels ist zumindest von einem Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung im Inland auszugehen."

 

Beigelegt ist eine mit G P am 21.9.2009 aufgenommene Niederschrift:

 

"Wem haben sie den Auftrag zur Sanierung erteilt und um welche Arbeiten handelt es sich dabei?

Antwort:

Den Auftrag habe ich Herrn B erteilt und die Arbeiten umfassen Fassade malen, 2 Terrassen verfliesen, Einfahrt Waschbeton sanieren - verfugen, Pergola streichen, Zaunabdeckung sanieren.

Wie sind sie zu Herrn B gekommen bzw. haben sie sich auch von anderen Baufirmen Angebote machen lassen?

Antwort:

Ich betreibe ein Friseurgeschäft und dabei habe ich von einem Kunden erfahren, dass Herr B derartigen Arbeiten zur vollen Zufriedenheit erledige. Von diesem Kunden habe ich auch eine Visitenkarte von B bekommen. Außerdem habe ich dabei erfahren, dass er Sanierungen sehr gut ausführe. Mir wurde ein Haus in T genannt; deren Besitzer mit der Sanierung sehr zufrieden war.

Ich habe mir neben dem Angebot von B auch ein Angebot von der Fa. M machen lassen.

Aufgrund der gemachten Angebote habe ich mich dann für das S, Herrn B, entschieden. Auch deshalb weil ich mit seinen Zahlungsvereinbarungen (erst nach Beendigung der Arbeiten) einen Vorteil sah. Haben sie den Auftrag an Herrn B schriftlich erteilt bzw. haben sie zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass eine slowakische Firma daran beteiligt sein soll?

Antwort:

Aufgrund des Angebotes wurde an B nur ein mündlicher Auftrag erteilt.

Bezüglich der slowakischen 'Beteiligung' habe ich bereits auf der Visitenkarte Hinweise gefunden. Ich habe darüber mit B auch gesprochen, er beschwichtige mich und stellte mir die Bezahlung erst nach Beendigung der Bauarbeiten in Aussicht, weshalb ich darin auch kein Problem sah.

Ich habe auch festgestellt, dass B in H; M, ein Lager mit Büro betreibt. Dort und bei einer Firma in E (offensichtlich ein Großhändler) habe ich auch dann die Fliesen für die Terrassen ausgesucht.

Als sie das Lager in H besuchten, wer war zu diesen Zeitpunkt dort anwesend?

Antwort:

Ich war zwei Mal im dortigen Lager (nach telefonischer Vereinbarung mit Herrn B). Es war immer nur B anwesend.

Wie erfolgte der Arbeitsablauf der Sanierungsarbeiten, von wem wurden die Arbeiten eingeteilt?

Antwort:

Vorerst wurde der Terrassenbelag entfernt. Dieser Schutt wurde auch vom Auftragnehmer entsorgt. Soweit ich das mitbekommen habe hat B den slowakischen Arbeitern gesagt, welche Arbeiten wie zu verrichten sind. Er kommt regelmäßig um nach dem Baufortschritt zu sehen und auch die Bauausführungen zu prüfen.

Mit einzelnen Unterbrechungen (aufgrund der Witterung) wurde seit Anfang September gearbeitet. Meistens wurden die Bauarbeiten von zwei Arbeitern durchgeführt. Es waren aber auch 4 Arbeiter gleichzeitig auf der Baustelle. Dies konnte ich feststellen, da ich die Baustelle fast täglich gegen die Mittagzeit besichtigte, den Arbeitern etwas zu trinken anbiete und mir die Ausführungen ansehe.

Konnten sie feststellen wie die Bauausführungen durchgeführt wurden? Wurde im Verbund gearbeitet oder hat jeder einzelne Arbeiter z.B. eine Terrasse gemacht? Antwort:

Meistens und vor allem bei den Terrassenarbeiten waren nur zwei Arbeiter beschäftigt. Diese haben meiner Meinung nach zusammengearbeitet.

Im Zuge der Kontrolle wurde festgestellt dass die Arbeiter mit Fahrzeugen der Fa. S mit inländischen Kennzeichen auf die Baustelle gekommen sind.

War das immer so?

Antwort:

Ja

Konnten sie feststellen dass die Fa. S auch noch mit anderen Firmen (Zulieferer etc.) zusammenarbeitet?

Antwort:         

Ich konnte nur sehen, dass Baumaterial mit den Firmenfahrzeugen auf die
Baustelle gebracht wurde, ob es auch noch andere Zulieferer gegeben hat, kann
ich nicht sagen.          

Im diesem Zusammenhang möchte ich aber angeben, dass ich den Auftrag eines neuen Gartentors an die Fa. S, W, erteilt habe. Das neue Garagentor wurde aber ebenfalls vom S angeboten. Dabei handelt es sich offensichtlich um Produkt der Fa. N.

Wann werden die Sanierungsarbeiten beendet sein?

Es sind noch kleinere Arbeiten zu erledigen (Abdeckung der Gartenmauer etc.). Voraussichtliches Ende wird Ende September sein.

Wie hoch ist die Auftragssumme die mit B vereinbart wurde und wurde bereits über die Zahlung gesprochen?

Antwort:

Der Auftrag beläuft sich auf etwa 22.000 Euro. Die Zahlung erfolgt nach Beendigung der Arbeiten. Wie die Zahlung erfolgen soll in bar oder Überweisung, darüber habe ich mit B noch nicht gesprochen.

Welche Funktion übt Ihrer Meinung nach Herr B in der Fa. S aus?

Antwort:         

Das kann ich nicht sagen. Ich kann nur soviel dazu sagen, dass ich immer nur mit B telefoniert und verhandelt habe. Außer zu den Arbeitern der Fa. S und Herrn B hatte ich keinen anderen Ansprechpartner bei dieser Firma."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels enthält folgende Sachver­haltsdarstellung:

 

"Im Zuge der Kontrolle nach dem AuslBG und ASVG am 24.11.2009, Kontrollbeginn 10:21 Uhr, wurden auf der Baustelle E, L, Bauherr: S eu s.r.o., die slowakischen STA P J, geb. X; K O, geb. X; B A, geb. X, F S, geb. X; K M, geb. X, und M P, geb. X, bei Bauarbeiten (Sanierungsarbeiten) betreten.

 

E B welcher während der Kontrolle auf die genannte Baustelle kam, gibt niederschriftlich an, dass er bei der Fa. S eu s.r.o. für die Akquisition und Bauleitung zuständig zu sein.

 

Aufgrund vorgelegter Unterlagen (Verträge in slowakischer Sprache), sollte offensichtlich eine gewerbliche selbständige Tätigkeit der betretenen Personen suggeriert werden. Tatsache ist jedoch, dass die betretenen slowakischen Staatsangehörigen gemeinsam (im Verbund) die Sanierungsarbeiten dort durchführten und keine abgrenzbaren Werke vollbrachten. Aufgrund wirtschaftlicher Unselbständigkeit ist von einer nichtselbständigen Tätigkeit, zumindest aber von einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit (vgl. § 51 Abs. 3 Arbeits- ­und Sozialgerichtsgesetz) auszugehen.

Keiner der betretenen slowakischen STA konnte eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vorlegen und wurden auch nicht zur Sozialversicherung angemeldet.

 

Als Repräsentant bzw. als wahrer Machthaber der Fa. S eu s.r.o. (mit Sitz in Österreich, A, G bzw. Lager H, m) ist E B anzusehen.

Dies wird sowohl mit seinen Aussagen (Niederschrift) als auch mit den Angaben (in den Personenblättern) der slowakischen Arbeitern untermauert.

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass die gleiche Vorgangsweise auch auf anderen Baustellen (diesbezüglich wurden auch Strafanträge gestellt) festgestellt wurde.

 

Bezugnehmend auf diese Tatsachen und mehrerer Strafanzeigen (im Zusammenhang mit der Fa. S s.r.o., mit Sitz in B, B) nach dem AuslBG und ASVG, ist E B nunmehr auch der Vorsatz hinsichtlich dem Übertretungstatbestand nach § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG, idF BGBl. 101/2005 und nach § 111 Abs. 1 ASVG iVm § 33 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idF I Nr. 31/2007, anzulasten."

 

Der Beschuldigte gab laut Niederschrift vom 24.11.2011 folgende Auskunft:

 

"Frage: Wer ist der Auftraggeber der Baustelle L, E? Antwort: Die Fa. S eu s.r.o hat das Gebäude gekauft. Die sich auf dem Grundstück befindlichen Gebäude werden generalsaniert und dann teilweise verkauft bzw. vermietet.

Frage: Welche Funktion haben Sie in der Fa. S eu s.r.o?

Antwort: Ich bin für die Akquistion und die Bauleitung zuständig.

Frage: Die drei auf der Baustelle befindlichen Fahrzeuge mit der Aufschrift S sind in Österreich (Bezirk Rohrbach) zugelassen. Wer ist der Zulassungsbesitzer?

Antwort: Zulassungsbesitzer bin ich. Die Fahrzeuge sind auf meinen Hauptwohnsitz zugelassen. Diese werden der Fa. S eu s.r.o zur Verfügung gestellt.

Frage: Hat die Fa. S eu s.r.o Standorte in Österreich?

Antwort: Standorte gibt es keine in Österreich, es handelt sich in G, A, um eine Postanschrift. Es ist ein Dachgeschoßraum mit dem Server für die Slowakei. In H, M befindet sich ein Lager (ca. 400 - 600 m2) mit einem Schauraum. Dieser Schauraum, mit Fassadenmuster, Fenster der Fa. S, Blumentrögen aus Granit und Granitsteinen, wird nach vorheriger Kontaktaufnahme von mir geöffnet.

Frage: Wer hat die Verträge mit den o.a. sechs slowak. StA gemacht bzw. unterzeichnet?

Antwort: Die Verträge mit P J und K M habe ich gemacht und

unterschrieben, B A, K O und M P haben mit P J Verträge geschlossen und F S hat noch keinen Vertrag. Aber auch er wird diesen mit P J abschließen.

Frage: Welchen Auftrag hat P und welchen K M erhalten? Antwort: K ist für die Stemmarbeiten zuständig und P für die Spachtelarbeiten, Malerei, Rigipsarbeiten, genauer gesagt für die baulichen Fertigstellungsarbeiten (Fenster, Türen, Elektrik, Heizung und Installation wurden anderen Subunternehmern vergeben).

Frage: Wo wurden die Verträge mit P und K M unterzeichnet? Antwort: Das kann ich nicht sagen.

Frage: Wer teilt die slowak. StA auf der Baustelle ein bzw. wer sagt Ihnen was zu machen ist und wer hat die Baustellenkontrolle?

Antwort: Die Baustellekontrolle mache ich. Ich spreche die Bauschritte mit den Professionisten ab und geben dann den Zeitablauf den Slowaken vor.

Frage: Wem gehört das sich auf der Baustelle befindliche Werkzeug (wie Mischmaschine, Scheibtruhen, Kleinbagger, Schneidegerät für Fassade, Hilti, Flex, Gerüst, etc.)

Antwort: Die aufgezählten Werkzeuge gehören alle der Fa. S. Die Slowaken stellen das Kleinwerkzeug.

Frage: Wer stellt das Material (Ziegel, Zement, Fliesenkleber, etc.) zur Verfügung?

Antwort: Das wird von der Fa. S gekauft. Wenn der Professionist beim Angebot preislich zu weit abweicht, wird auch dieses Material bei der Fa. S bezogen.

Frage: Seit wann sind die slowak. StA auf der Baustelle tätig?

Antwort: Das kann ich momentan nicht genau sagen. Die diesbezüglichen Unterlagen liegen im Büro in B auf (als Arbeitsbeginn wird von den slowak. Sta. der 16.11.2009 angegeben, bis auf F, Arbeitsbeginn 23.11.2009).

Frage: Bei der Kontrolle wurden P bei Spachtelarbeiten im Obergeschoß und K M beim Abscheren von alter Leimfarbe (im gleichen Zimmer), M bei Vorarbeiten für Fliesenverlegearbeiten im OG, F bei Verspachtelungsarbeiten im OG und K O sowie B A gemeinsam bei Estricharbeiten im Erdgeschoß angetroffen. Stimmen diese Feststellungen?

Antwort; Ja.

Frage: Wer trägt die Haftung für die Ausführung der Arbeiten?

Antwort: Der Subunternehmer. Haftrücklaß ist keiner zu leisten, Die Arbeiten werden von mir überprüft und eventuell auftretende Schäden sind von den Subunternehmern zu korrigieren, oder es wird ein Preisabzug vorgenommen. Frage: Wie sind die slowak. StA auf die Baustelle gekommen?

Antwort: Mit meinen zwei Fahrzeugen (X und Y). Mit dem dritten bin ich selbst auf die Baustelle gekommen. Frage: Gibt es bereits Abrechnungen?

Antwort: Für fertiggestellte Abschnitte haben sowohl P als auch K M bereits Teilzahlungen in bar (mittels Rechnungsbeleg) von mir oder der Geschäftsführerin erhalten. Die Auszahlung erfolgt entweder direkt auf der Baustelle oder im Büro in A (für die ausgeführten Arbeiten in Österreich).

 

Herr B gibt an, dass er heute auf die Baustelle Gas für die Heizung im Obergeschoß vorbeigebracht hat und in diesem Zusammenhang den Baufortschritt kontrolliert hat.

 

Zur Wohnadresse wird noch angegeben, dass in O, M die Fahrzeuge angemeldet sind, da diese überwiegend in Österreich genutzt werden. Postzustellung erfolgt keine."

 

In den Personenblättern gaben die Ausländer an, für die Firma S eu s.r.o. B zu arbeiten. Der Chef heiße E B.

 

Beigelegt sind ferner Verträge in slowakischer Sprache zwischen der Firma S eu s.r.o., K, B und mehreren Ausländern, eine "Wirtschaftsauskunft", in der als alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der S eu s.r.o., K E aufscheint sowie die mit dem Beschuldigten am 24.11.2009 aufgenommene Niederschrift.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung äußerte sich der Beschuldigte mit Schreiben vom 26.10.2010 ua. wie folgt: "... die Repräsentanz in A hat es einmal gegeben, diese war aber nie ständig besetzt. Die Unterbringung in A wurde von mir der Firma S eu s.r.o. zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug stellte mir die S eu s.r.o. eine Wohnmöglichkeit in der Slowakei zur Verfügung.

Es ist richtig, dass ich die Baustellen nach Qualität kontrolliere und auch für die Abrechnung gegenüber dem Auftraggeber und gegenüber dem Subunternehmer mitverantwortlich bin. Das Baumaterial wird großteils von unserem Büro in der Slowakei für die Baustelle besorgt. Es wird auf Baustellen geliefert (österreichische Händler) – nur fehlende Kleinmengen werden von mir bei Baustellenkontrolle angeliefert. Ich selber bin nicht laufend auf jeder von der Gesellschaft S eu s.r.o. vergebenen Baustelle, da ich großteils in der Slowakei unterwegs bin. Die Fahrzeuge habe ich der Gesellschaft S eu s.r.o. vermietet. Was die Beschriftung angeht, ist meiner Meinung nach jedem überlassen, wie er seine Autos beschriftet. S eu s.r.o. hat diese Fahrzeuge beschriften lassen – mit Firmenanschrift und Tätigkeiten. ..."

 

Mit Schreiben vom 29.11.2010 nahm dazu das Finanzamt Grieskirchen Wels wie folgt Stellung: "... was die Mittäterschaft von B betrifft, begründet sich diese auf der offensichtlichen uneingeschränkten Entscheidungsgewalt auf dem Raum Österreich. Er führt auch in seiner Stellungnahme an, dass er die Werkverträge mit den "Subunternehmern" abschloss, Aufträge an andere Firmen erteilte, die Bauleitung mache und auch den Schauraum führe. Außerdem gaben die slowakischen Arbeiter in den jeweiligen Personenblättern als ihren Chef – E B – an."

 

4. Von der Oö. GKK erhielt der Unabhängige Verwaltungssenat mit E-Mail vom 25.05.2012 folgende Auskunft:

 

"Betreffend die Kontrolle am 24.11.2009 und der dortige Überprüfung von 6 slowakischen Arbeitern wird mitgeteilt, dass diesbezüglich keine Beitragszuschläge verhängt wurden. Kontakte mit slowakischen Behörden ergaben, dass Herr B seit 2008 bei der Firma S eu. s.r.o. mit Sitz in B als Dienstnehmer versichert ist. Daher war aus Sicht der Oö. GKK die Dienstgebereigenschaft nicht zweifelsfrei feststellbar. Nach unserem Informationsstand ist Herr B zwischenzeitlich in die Slowakei verzogen."

 

5. Im Erkenntnis VwSen-252250 vom 20.12.2010 führte der Unabhängige Ver­waltungssenat aus:

 

Gegenständlich steht fest, dass firmenbuchmäßig der Sitz des gegenständlichen Unternehmens in B war. Nach zeugenschaftlich bestätigter Darstellung des Bw fanden wesentliche, wenn nicht die die wesentlichen unternehmerischen Aktivitäten, insbesondere die rechtsgeschäftlichen Handlungen bzw. Vertragsverhandlungen betreffend die ausländischen "Subunternehmer" am firmenbuchmäßigen Sitz des Unternehmens statt, an welchem auch eine, wenngleich nicht opulente, betriebliche Ausstattung vorhanden war. Andererseits erscheint es möglich, dass unternehmerische Dispositionen auch in X (aber auch, mittels Handy, anderswo) getroffen wurden, wofür nicht nur die erwähnte Lage der Bautätigkeiten sondern auch der Umstand spricht, dass der Bw selbst diesen Ort im Geschäftsverkehr als "Repräsentanz" (was auch immer der Bw mit der Verwendung dieses Fremdwortes intendiert haben mag) bezeichnete. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der rechtliche und faktische Unternehmenssitz in B war, sich hinsichtlich der faktischen Unternehmensleitung jedoch gewissen Zweifel an der Ausschließlichkeit ergeben; letzteres betrifft insbesondere die notwendigen unternehmerischen Dispositionen betreffend die österreichische Kundschaft.

 

In rechtlicher Hinsicht ist festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Unternehmenssitz Tatort ist. Dies ist der firmenbuchmäßige Sitz, es sei denn, dass die faktische Unternehmensleitung an anderer Stelle erfolgt. Im Zweifel bleibt es jedoch dabei, dass der firmenbuchmäßige Sitz als Tatort anzusehen ist.

 

Da gegenständlich schon in erster Instanz klar war, dass der firmenbuchmäßige Sitz in B war und auch allfällige Zweifel betreffend die faktische Praxis in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses (die jedoch nicht geändert wurden) an der maßgeblichen Bedeutung des firmenbuchmäßigen Unternehmenssitzes nichts ändern – nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eben im Zweifel der Sitz des Unternehmens Tatort  (vgl. zB die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.1.2006, Zl. 2004/09/0210 und vom 20.11.2008, Zl. 2008/09/0236) – war spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Der Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Wie im zitierten Vorerkenntnis ausgesprochen, ist grundsätzlich der firmenbuchmäßige Sitz des Unternehmens als Tatort anzusehen. Anderes gilt nur, wenn (wie hinzuzufügen ist: mit Sicherheit) feststeht, dass die Geschäftsführung (vollständig) von einem anderen Ort aus erfolgt, der dann als Tatort anzusehen ist. Bestehen in dieser Frage Zweifel, gilt der firmenbuchmäßige Sitz als Tatort. Diese Zweifelsregel hat offensichtlich einen verfahrensökonomischen Hintergrund. Die Konzentration auf das Wesentliche soll nicht durch aufwändige Ermittlungen in "Nebenverfahren" betreffend die im Wege der faktischen Organisation der Unternehmensleitung bestimmte Zuständigkeitsbegründung behindert werden. Die Auffassung, dass es auf das Überwiegen ankäme, stünde mit diesem (Klarheits-)Erfordernis im Widerspruch. Eine Beweislastregel zuungunsten Annahme, dass der Ort der faktischen Unternehmensleitung identisch ist mit dem firmenbuchmäßigen Sitz, existiert nicht. Daher kann es auch gegenständlich nicht Sache des Beschuldigten sein zu beweisen, dass die S eu s.r.o. von B aus geführt wird.

 

Die Berufung geht davon aus, dass die S eu s.r.o. von A aus geführt wurde. Kehrseite dieser These ist die Behauptung, dass in B keine unternehmerischen Aktivitäten stattfanden. Für diese Annahme fehlen jedoch die Beweise. Es ist daher nicht erwiesen, dass die S eu s.r.o. ausschließlich in Österreich tätig wurde. Im Rahme der (möglicherweise überwiegenden) Tätigkeit dieses Unternehmens in Österreich stellt die unternehmensinterne Zuständigkeit des Beschuldigten für Akquisition von Aufträgen (einschließlich der Vertragsunterzeichnung) und die Bauleitung sicherlich einen nicht unerheblichen Kompetenzbereich dar. Es dürfte auch zutreffen, dass für diese Aktivitäten die Adresse A, G, eine Anlaufstelle bildete (und eher nicht, das im Strafantrag in Erwägung gezogene Lager in H, M). Dazu kommt die Verwendung von den auf den Beschuldigten im Inland zugelassenen Fahrzeugen. All dies kann jedoch auf unternehmensinterne Vereinbarungen zurückgeführt werden (dass solche nicht existieren, ist nicht bewiesen) und schließt außerdem nicht zwingend aus, dass auch in B erhebliche unternehmerische Funktionen wahrgenommen wurden. Für den Verkehr mit den slowakischen Behörden liegt dies auf der Hand, für die Rekrutierung der slowakischen Subunternehmer bzw. Arbeitskräfte ist es wahrscheinlich. Daraus erklärt sich auch, dass die Ausländer in den Personenblättern als ihren Vertragspartner die S eu s.r.o. B angaben. Im Übrigen ist auch auf die Beurteilung der Situation auf die Oö. GKK zu verweisen. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Vorbringen der Berufung allenfalls geeignet ist, Zweifel an der überwiegenden faktischen Unternehmensleitung von B aus zu wecken. Gerade solche Zweifel begründen jedoch die Zuständigkeit gemäß dem buchmäßigen Unternehmenssitz im Sinne der Unternehmenssitzjudikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

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