Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-166360/6/Zo/REI

Linz, 06.06.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau A G, L vom 22.09.2011, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 14.09.2011, Zl. S-33066/11 wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 24.05.2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.           Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 11,60 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie am 30.03.2011 um 07.48 Uhr in Pasching, Adalbert Stifterstraße 27, beim dortigen Schutzweg auf Höhe der Volksschule Langholzfeld das KFZ mit dem Kennzeichen x gelenkt habe und einer weiblichen Person mit Kind, die sich bereits am Schutzweg befanden, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht habe.

Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs.2 StVO begangen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 58 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 27 Stunden) verhängt wurde.

Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von  5,80 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin zusammengefasst aus, dass sich der Vorfall anders zugetragen habe. Als sie sich dem Schutzweg angenähert habe, habe sich ein Fußgänger auf dem Gehweg befunden, dieser habe seine Absicht, den Schutzweg zu benutzen, nicht gezeigt. Erst als sie sich bereits auf dem Schutzweg befunden habe, habe der Fußgänger die undeutliche Absicht gezeigt, diesen zu benutzen. Eine Mutter mit Kind habe sie nicht wahrgenommen, solche Personen seien nicht anwesend gewesen.

 

Sie habe in allen Stellungnahmen behauptet, dass es sich um eine Person gehandelt habe, der Polizist behaupte nunmehr plötzlich, es habe sich um eine Mutter mit Kind gehandelt.

 

In der Strafverfügung sei ihr vorgeworfen worden, einem Fußgänger, welcher erkennbar den Schutzweg benützen wollte, das Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht zu haben. Daraus ergibt sich, dass der Fußgänger sich noch nicht auf dem Schutzweg befunden haben könne.

 

Zur Behauptung des Polizisten, dass der Lenker des Gegenverkehrs stehen geblieben sei, ersuchte sie um Bekanntgabe des Kennzeichens dieses Fahrzeuglenkers, denn sie habe keinen Gegenverkehr wahrgenommen. Ein solcher sei zum damaligen Zeitpunkt nicht vorhanden gewesen.

 

Der Polizist habe sich ca. 20 Meter entfernt und schräg vom Tatort befunden und sei mit dem Oberkörper in die entgegen gesetzte Richtung gedreht gewesen. Von dieser Position aus habe er nicht erkennen können, ob sich jemand auf dem Schutzweg befunden habe oder nicht.

 

Die Wahrnehmungen des Polizisten seien offenbar nicht vollständig, dieser habe den Fußgänger nicht wahrgenommen, was darauf schließen lasse, dass es sich um eine Verwechslung oder eine nicht wahrheitsgemäße Darstellung handle. Weiters verfüge sie als Frau wissenschaftlich nachgewiesen über ein größeres peripheres Sehvermögen als Männer. Es dürfte sich um ein Missverständnis oder um eine Verwechslung mit anderen ähnlichen Vorfällen handeln.

 

Es gäbe auch wissenschaftliche Untersuchungen, die belegen würden, dass Polizisten in bestimmten Situationen schlechtere Zeugen seien als Unbeteiligte, weil sie solche voreingenommener wahrnehmen.

 

Weiters sei es nicht unbedingt erforderlich, vor einem Schutzweg anzuhalten sondern nur dann, wenn dies notwendig sei, um einem Fußgänger das ungehinderte Überqueren der Schutzweges zu ermöglichen. In ihrem Fall sei die Absicht, den Schutzweg zu überqueren, erst angezeigt worden, als sie sich bereits auf diesem befand, weshalb der Fußgänger den Schutzweg sicher und unbehindert habe überqueren können.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 24. Mai 2012. An dieser hat die Berufungswerberin teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt. Der Meldungsleger GI H wurde als Zeuge einvernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Die Berufungswerberin lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten PKW in Pasching auf der Adalbert-Stifter-Straße in Richtung B1. In Annäherung an den gegenständlichen Schutzweg betrug ihre Geschwindigkeit schätzungsweise 25 km/h. Beim Lokalaugenschein wurde festgestellt, dass der Schutzweg grundsätzlich gut einsehbar ist. In Fahrtrichtung der Berufungswerberin gesehen befindet sich auf der linken Seite vor dem Schutzweg eine Parkbucht und es war auch während des Lokalaugenscheines in dieser ein Fahrzeug abgestellt. Nach den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben der Berufungswerberin war auch zum Vorfallszeitpunkt ein größeres Fahrzeug in diesem Bereich abgestellt. Dieses konnte die Sicht auf den (in Fahrtrichtung der Berufungswerberin gesehen) linken Rand des Schutzweges zwar einschränken, spätestens aus einer Entfernung von ca. 10 Metern musste jedoch der Schutzweg zur Gänze überblickbar sein.

 

Zur Frage, ob bzw. welche Fußgänger sich im Nahebereich des Schutzweges befanden, als die Berufungswerberin sich an diesen annäherte und ihn überquerte, weichen die Aussagen der Berufungswerberin und des Zeugen stark voneinander ab. Die Berufungswerberin führte zusammengefasst Folgendes aus:

 

Sie habe in der Annäherung an den Schutzweg einen Fußgänger, ca. 10 – 15 Meter entfernt vom Schutzweg, gesehen. Als sie den Schutzweg überquerte, habe sich sicher kein Fußgänger in unmittelbarer Nähe des Schutzweges befunden. Der Polizist hätte sich auf dem Parkplatz der Volksschule – ca. 30 Meter vom Schutzweg entfernt – befunden und sei mit dem Oberkörper in Blickrichtung zum gegenüberliegenden Einfamilienhaus gestanden.

 

Während des gesamten Verfahrens hatte sie angegeben, dass sich ein Fußgänger auf dem Gehweg befunden habe und dieser die Absicht, den Schutzweg zu überqueren, erst angezeigt habe, als sie sich bereits auf diesem befunden habe.

 

Der Polizeibeamte führte in der mündlichen Berufungsverhandlung als Zeuge aus, dass er damals Schulwegsicherungsdienst versehen habe und in Uniform gewesen sei sowie eine gelbe Warnweste getragen habe. Er sei auf der östlichen Seite der Adalbert-Stifter-Straße, schätzungsweise 3 Meter vom Schutzweg entfernt, gestanden. Eine Mutter mit einem Kind sei direkt vor dem Schutzweg stehen geblieben, wobei ein aus Richtung B1 kommendes Fahrzeug bereits angehalten habe. Die Mutter habe dann einen Schritt in Richtung Gehsteig gemacht und zu diesem Zeitpunkt sei von der anderen Seite der PKW der Angezeigten über den Schutzweg gefahren. Er habe dann das Kennzeichen des wegfahrenden Fahrzeuges abgelesen und Anzeige erstattet. Das Fahrzeug sei relativ langsam gefahren und habe die Fußgänger nicht konkret gefährdet. Er habe vorher nicht auf das heranfahrende Auto geachtet, als dieses jedoch unmittelbar vor dem Schutzweg gewesen sei und die Mutter bereits den ersten Schritt auf den Zebrastreifen gemacht habe, habe er das Fahrzeug wahrgenommen.

 

Bereits in der ursprünglichen Anzeige hatte der Polizeibeamte angegeben, dass es sich bei den Fußgängern um eine Mutter mit ihrem Kind gehandelt hatte. Auch in seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 17.08.2011 bestätigte er, dass die Mutter und das Kind sich bereits auf dem Schutzweg befanden, als die Lenkerin über diesen fuhr.

 

Zu diesen unterschiedlichen Aussagen ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzuhalten:

 

Die Angaben des Polizisten sind widerspruchsfrei und gut nachvollziehbar. Es wäre sehr unwahrscheinlich, dass er sich um 07.48 Uhr tatsächlich noch auf dem Parkplatz der Volksschule, 20 – 30 Meter vom Schutzweg entfernt, befunden hätte, obwohl die Schulwegsicherung um etwa 07.30 Uhr beginnt. Es ist also seine Angabe bzgl. des Standortes wesentlich glaubwürdiger als die Behauptung der Berufungswerberin. Möglicherweise hat sich ein zweiter Polizist auf dem Parkplatz in der Nähe des Polizeifahrzeuges befunden, auch wenn dies vom Zeugen als unwahrscheinlich angesehen wurde.

 

Der Umstand, dass der Polizist den zweiten Fußgänger, welcher sich nach den Angaben der Berufungswerberin noch mehrere Meter vom Schutzweg entfernt befunden hat, nicht wahrgenommen hat, ist leicht damit erklärbar, dass er sich auf die Mutter mit dem Kind konzentrierte, welche sich unmittelbar beim Schutzweg befand. Zu diesem anderen Fußgänger ist weiters auffällig, dass die Berufungswerberin in ihren schriftlichen Stellungnahmen ausführte, dass dieser seine Absicht, den Schutzweg zu überqueren, erst zu jenem Zeitpunkt angezeigt habe, als sie gerade den Schutzweg überquerte, während sie in der mündlichen Verhandlung den Vorfall so darstellte, dass sich der Fußgänger zu diesem Zeitpunkt noch mehrere Meter vom Schutzweg entfernt befunden habe.

 

Der Umstand, dass der Polizeibeamte weder die Daten der Mutter noch des zweiten Fahrzeuglenkers notiert hatte, spricht nicht gegen seine Glaubwürdigkeit. Es handelte sich – nach seiner Einschätzung – um eine relativ unbedeutende Verkehrsübertretung, welche er selbst dienstlich wahrgenommen hatte. Es ist daher gut nachvollziehbar, dass er dafür nicht die Daten weiterer Zeugen notierte.

 

Der Zeuge machte in der mündlichen Berufungsverhandlung einen glaubwürdigen und sachlichen Eindruck und konnte den Vorfall nachvollziehbar schildern. Er konnte auch die Fragen der Berufungswerberin ausreichend beantworten. Es ist kein Grund ersichtlich, dass der Zeuge die ihm unbekannte Berufungswerberin zu Unrecht belasten würde. Auch eine Verwechslung mit einem anderen Vorfall kann ausgeschlossen werden, weil der Zeuge in diesem Fall wohl auch ein anderes Kennzeichen notiert hätte.

 

Bei der Berufungswerberin ergibt sich hingegen ein Widerspruch zur Position des angeblichen zweiten Fußgängers zwischen ihren schriftlichen Äußerungen und ihrer Aussage anlässlich der Berufungsverhandlung. Ihre Schilderung des Vorfalles in der mündlichen Verhandlung ist insgesamt auch weniger  nachvollziehbar als jene des Zeugen.

 

Bei Abwägung all dieser Umstände ist es als erwiesen anzusehen, dass sich der Vorfall so zugetragen hat, wie ihn der Meldungsleger geschildert hat und die Mutter tatsächlich bereits den ersten Schritt auf den Schutzweg gemacht hatte, als die Berufungswerberin diesen passierte.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger oder Rollschuhfahrer, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, dass unbehinderte und gefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten.

 

5.2. Wie sich aus den Überlegungen zur Beweiswürdigung ergibt, hat die Berufungswerberin nicht vor dem Schutzweg angehalten, obwohl die Fußgängerin bereits den ersten Schritt auf den Schutzweg machte. Sie hat daher die ihr vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht begangen. Das Verfahren hat auch keine Umstände ergeben, welche ihr Verschulden ausschließen würden, sodass gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für die gegenständliche Übertretung beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 726 Euro. Die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe beträgt daher lediglich ca. 8 % des gesetzlichen Strafrahmens. Die Berufungswerberin ist aktenkundig unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe lagen nicht vor.

 

Die Geldstrafe entspricht den persönlichen Verhältnissen der Berufungswerberin, welche über ein monatl. Nettoeinkommen von 1.200 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügt. Sie erscheint durchaus angemessen und notwendig, um die Berufungswerberin in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten. Auch generalpräventive Überlegungen sprechen gegen eine Herabsetzung der Geldstrafe.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum