Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166808/5/Zo/Ai

Linz, 06.06.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn A G, geb. x, S, D vom 20.2.2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 30.1.2012, Zl. VerkR96-4918-2011, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 24.5.2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 24 Euro zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 24.4.2011 um 11.00 Uhr das Motorrad mit dem Kennzeichen x auf der B148 bei Straßenkilometer 8.570 in St. Georgen bei Obernberg in Fahrtrichtung Schärding gelenkt und dabei die im angeführten Bereich durch Straßenverkehrzeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 40 km/h überschritten habe.

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.2d StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 120 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) verhängt wurde.  Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 12 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass das Straferkenntnis keine Aktenzahl aufweise. Er sei am 24.4.2011 nicht der Lenker des angeführten Motorrades gewesen. Laut deutschem Recht sei er nicht verpflichtet, sich selbst oder Familienmitglieder einer Übertretung zu beschuldigen. Entsprechend dem Rechtshilfeabkommen zwischen Österreich und Deutschland bestünden Bedenken gegen das Rechtsinstitut "Lenkerauskunft". Das österreichische Innenministerium habe die Bundesländer angewiesen, Vollstreckungsersuchen wegen Nichtbenennung des Fahrers nicht mehr auszuführen. Die Angaben betreffend die Verpflichtung zur Lenkerauskunft seien daher falsch. Eine Nichterteilung der Lenkerauskunft habe in Deutschland keine Konsequenzen, weil diese verfassungswidrig sei.

Der Ankläger sei verpflichtet, die Beweise zu führen. Dieser Rechtsgrundsatz habe auch in Österreich Gültigkeit. Auf dem Radarfoto sei nicht er als Lenker erkennbar. Er beantrage daher, dass das Verfahren eingestellt werde.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 24.5.2012. An dieser hat eine Vertreterin der Erstinstanz teilgenommen, der Berufungswerber ist ohne Angabe von Gründen nicht erschienen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Entsprechend einer Anzeige der Landesverkehrsabteilung hielt der Lenker des Motorrades mit dem Kennzeichen x am 24.4.2011 um 11.00 Uhr in St. Georgen bei Obernberg auf der B148 bei Kilometer 8.570 eine Geschwindigkeit von 110 km/h ein. In diesem Bereich beträgt die erlaubte Höchstgeschwindigkeit 70 km/h. Die Messung erfolgte mit einem stationären Radargerät der Marke MU VR 6FA mit der Nummer 1857. Dieses Messgerät war zum Messzeitpunkt gültig geeicht. Auf dem Radarfoto ist der Lenker des Motorrades von hinten zu sehen.

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Motorrades. Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde ihm mit Strafverfügung vom 9.6.2011 als Lenker dieses Fahrzeuges vorgeworfen. Er hat dagegen rechtzeitig einen Einspruch eingebracht und diesen damit begründet, dass er nicht der Lenker des Fahrzeuges gewesen sei. Von der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis wurde er mit Schreiben vom 30.6.2011 aufgefordert, den Lenker des Fahrzeuges am 24.4.2011 um 11.00 Uhr bekannt zu geben. Dabei wurde er darauf hingewiesen, dass eine ungenaue oder unvollständige Auskunft bzw. das Verweigern der Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar ist. Dazu gab der Berufungswerber nur bekannt, dass er die Lenkerauskunft nicht erteile, weil diese in Deutschland verfassungswidrig sei.

 

Mit Schreiben vom 19.7.2011 wurde er aufgefordert, sich wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung zu rechtfertigen, wozu er angab, dass er seinem Einspruch nichts hinzuzufügen habe. Er sei arbeitslos, verheiratet und habe drei Kinder. Daraufhin erließ die Erstinstanz das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

 

Der Berufungswerber wurde vom UVS zu einer mündlichen Berufungsverhandlung geladen, wobei er in der Ladung aufgefordert wurde, alle relevanten Beweismittel zur Verhandlung mitzubringen oder Zeugen so rechtzeitig bekannt zu geben, dass sie geladen werden können. Diese Ladung wurde ihm nachweislich zugestellt, er ist dennoch ohne Angabe von Gründen nicht zur Verhandlung erschienen.

 

4.2. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in freier Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Motorrades, sodass es durchaus wahrscheinlich ist, dass er mit diesem selbst gefahren ist. Er hatte im Verfahren mehrmals die Möglichkeit, seine Lenkereigenschaft nachvollziehbar zu widerlegen, sofern er selbst nicht der Lenker gewesen wäre. Dazu hätte er lediglich den tatsächlichen Lenker bekannt geben müssen und die Behörde hätte die Möglichkeit gehabt, diese Angaben zu überprüfen. Der Berufungswerber hat sich jedoch darauf beschränkt, unter Hinweis auf die in Deutschland geltende Rechtslage die Lenkerauskunft zu verweigern. Obwohl er in der Ladung zur mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich aufgefordert wurde, alle relevanten Beweismittel bekannt zu geben, hat er sich dazu nicht geäußert und an der Verhandlung auch nicht teilgenommen. Unter diesen Umständen besteht für das zuständige Mitglied des UVS kein Grund, daran zu zweifeln, dass der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt sein Motorrad selbst gelenkt hat. Er hat sich im gesamten Verfahren auf ein bloßes Leugnen des Tatvorwurfes beschränkt und auch an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen, weshalb es nicht möglich war, sich einen persönlichen Eindruck von seiner Glaubwürdigkeit zu verschaffen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Das Verkehrzeichen gemäß § 52 Z 10 lit.a StVO 1960 "Geschwindigkeits-beschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

5.2. Die gegenständliche Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit einem geeichten Radargerät. Es bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der Messung. Der Lenker des Motorrades hat daher in einer 70 km/h Beschränkung eine Geschwindigkeit von 110 km/h eingehalten und die ihm vorgeworfene Übertretung zu verantworten.

 

Wie sich aus den Ausführungen zur Beweiswürdigung ergibt, ist es als erwiesen anzusehen, dass der Berufungswerber das Fahrzeug selbst gelenkt hatte. Er hat daher die ihm vorgeworfene Übertretung begangen. Das Verfahren hat auch keine Umstände ergeben, welche sein Verschulden ausschließen würden, sodass gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

Nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS verstößt diese Entscheidung nicht gegen Art. 6 EMRK, weil der Berufungswerber im gesamten Verfahren ausreichend Gelegenheit hatte, einen anderen Fahrzeuglenker glaubhaft zu machen. Er hat sich jedoch ausschließlich darauf beschränkt, seine Lenkereigenschaft zu bestreiten, ohne dafür irgendwelche nachprüfbaren Angaben zu machen. Die Entscheidung entspricht auch der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes zur gegenständlichen Frage (VfGH v. 22.9.2011, Zl.    B 1369/10).

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.2d StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 70 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu 6 Wochen, zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h überschreitet.

 

Der Berufungswerber hat die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 40 km/h überschritten und damit jenen Grenzwert, welcher die Mindeststrafe gemäß § 99 Abs.2d StVO bedingt, deutlich überschritten. Bereits aus diesem Grund konnte nicht mit der gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden. Als strafmildernd ist lediglich die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu berücksichtigen, sonstige Straferschwerungs- oder Strafmilderungsgründe liegen nicht vor. Die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei entsprechend seinen eigenen Angaben davon auszugehen ist, dass er wegen seiner Arbeitslosigkeit lediglich über ein geringes Einkommen bei keinem Vermögen und Sorgepflichten für 4 Personen verfügt. Auch aus generalpräventiven Überlegungen kommt eine Herabsetzung der Geldstrafe nicht in Betracht.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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