Linz, 04.06.2012
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn C K, geb. x, S, A, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 2. März 2012, Zl.: VerkR21-152-2012, nach der am 4. Juni 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, als die Entzugsdauer auf vier (4) Monate reduziert wird. Im gleichem Umfang wird das ausgesprochene Lenkverbot für nicht lenkberechtigungspflichtige Kraftfahrzeuge, sowie die Aberkennung des Rechtes von allfällig erworbenen ausländischen Lenkberechtigungen Gebrauch zum machen reduziert.
Betreffend die angeordnete Nachschulung ist der Ausspruch gemäß § 24 Abs.3 Z3 FSG zu bestätigen.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z2, 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z9, 7 Abs.4, 24 Abs.1 und Abs.3, 25 Abs.3, 30 Abs.1 und 32 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.117/2011
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:
2. Der Berufungswerber wendet sich in der dagegen offenbar fristgerecht (ohne Eingangsbestätigung u. Unterschrift auf der Eingabe) erhobenen und nachfolgend wörtlich wiedergegebenen Berufung:
3. Der Verfahrensakt wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 8. Mai 2012 zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war mit Blick auf das Berufungsvorbringen im Sinne der umfassenden Beurteilungsmöglichkeit der Faktenlage und des fernmündlichen Begehrens des Berufungswerbers geboten (§ 67d Abs.1 AVG).
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt, sowie die Abklärung der Umstände über die zitierten Vorverfahren bei der Behörde erster Instanz.
Der Berufungswerber wurde dazu als Beschuldigter gehört, wobei insbesondere die Umstände der Verurteilungen wegen § 83 StGB erörtert wurde
4. Sachverhalt:
Auch mit der Berufung wird der Entzugsgrund offenbar nicht in Abrede gestellt, sondern nur das Ausmaß der ausgesprochenen Entzugsdauer zum Gegenstand der Berufung erklärt. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde das Formgebrechen der Berufung behoben.
Der Berufungswerber verweist im Rahmen seiner Anhörung im Ergebnis auf die im gegenständlichen Fall vorgesehene Mindestentzugsdauer von drei Monaten. Die zwei Verurteilungen wegen Körperverletzung erklärt er damit, dass diese in der wahrheitswidrigen Behauptung einer von ihm begangenen Körperverletzung an seiner früheren Lebensgefährtin und eines frühren Freundes, der ihm diese "ausgespannt" habe, gründe. Aus diesem Grunde sei es schließlich zur Auseinandersetzung und den Faustschlägen gegen Reiter, de nunmehrigen Lebensgefährtin seiner früheren Freundin, gekommen.
Aus diesem Grunde wurde der Berufungswerber mit Urteil vom 6.6.2011, GZ: 7 U17/11 z-5, zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen (á 4 Euro) und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 50 Tagen verurteilt. Erschwerend hatte das Gericht drei einschlägige Vorstrafen gewertet.
Der Berufungswerber ist ferner wegen diverser Straßenverkehrs-, Kraftfahr- und sicherheitspolizeigesetzlicher Vormerkungen (insgesamt 17-mal) vorgemerkt.
Betreffend ein einschlägiges Vormerkdelikt wird auf eine Alkofahrt im Jahr 2009 und eine darin ebenfalls auf § 99 Abs.1b StVO gestützte Bestrafung durch die Bundespolizeidirektion Linz hingewiesen. Am 18.2.2012 um 03:04 Uhr wurde der Berufungswerber neuerlich bei einer Alkofahrt mit 0,44 mg/l betreten.
5.1. Es ist nicht zu übersehen, dass der Berufungswerber in kurzer Zeitabfolge durch zahlreiche Regelverstöße gegen mehrere Schutzziele zu wider gehandelt hat. Daraus lässt sich, neben der auch sonst wiederholt respektlosen Verhaltensweise gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht, durchaus eine bis dahin nicht hinreichende Verbundenheit mit gesetzlich geschützten Werten ableiten.
Andererseits zeigte sich der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung letztlich schuld- u. unrechtseinsichtig. Er macht glaubhaft deutlich, dass ihm ein berufliches Fortkommen ein bedeutendes Anliegen ist und für ihn als Baggerfahrer an diversen Baustellen außerhalb seines Wohnbezirkes die Mobilität gleichsam existenznotwendig ist. Es wird daher seinem Bekenntnis sich fortan wohl verhalten zu wollen vertraut.
In seiner glaubhaft dargelegten Einstellung zu Arbeit und Beruf kann letztlich auch noch ein starkes Motiv für ein künftiges Wohlverhalten erblickt werden. Vor diesem Hintergrund scheint die Wertung der an sich "leichten" Körperverletzungsdelikte zumindest aus nunmehriger Sicht nicht mehr auf eine fünf Monate über der gesetzlichen Mindestdauer liegende Verkehrsunzuverlässigkeitsprognose nicht mehr angemessen.
6. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 3 Abs.1 Z.2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt (und belassen) werden, die verkehrszuverlässig sind.
Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
Gemäß § 7 Abs.3 Z.9 FSG gilt als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.
Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs.3 Z.14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.
Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen.
Gemäß § 32 Abs.1 FSG ist Personen, die nicht im Sinne des § 7 FSG verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26 und 29 FSG entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.
Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.
6.1. Die zweimalige Begehung eines Delikt gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren unterfällt nicht den Sonderfällen der Entziehung des § 26 Abs.2 FSG. Die über der Mindestentzugsdauer von einem Monat liegende Entzugsdauer bei der zweiten gleichartigen Begehung ergibt sich einerseits aus dem Wortlaut des § 24 Abs.3 FSG - im Zusammenhang mit der Regelung der Nachschulung - und dem § 26 Abs.1 iVm § 25 Abs.3 FSG. Daraus folgt an sich eine Mindestentzugsdauer von drei Monaten.
Da hier jedoch, selbst wenn jeder für sich betrachtet, keine gravierenden zusätzlichen Wertungsaspekte iSd § 7 Abs.3 FSG vorliegen, kann insbesondere mit Blick auf Z9 leg. cit. (mehrere Verurteilungen nach § 83 StGB) nicht bloß von der Mindestdauer von drei Monaten als Unzuverlässigkeitsprognose ausgegangen werden. Diese mit vier Monaten anzunehmen, scheint mit dem Geist und Ziel des Gesetzes in Würdigung der Angaben des Berufungswerbers aber vertretbar.
Entsprechend reduzieren sich auch die ausgesprochenen Verbote.
Die Verpflichtung zur Anordnung bzw. Absolvierung einer Nachschulung anstatt eines bloßen Verkehrscoachings folgt, wie oben schon erwähnt, aus dem Wortlaut des § 24 Abs.3 FSG.
Abschließend wird der Berufungswerber darauf hingewiesen, dass gemäß der letztgenannten Rechtsnorm der Entzug nicht vor Absolvierung der Nachschulung endet.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r