Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523186/2/Kof/REI

Linz, 22.06.2012

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn A S M, geb. x, D,  V vertreten durch Rechtsanwälte X gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Mai 2012, VerkR21-769-2011, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Lenkverbot,  zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als

-         die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

-         das Verbot des Lenkens eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges und eines Motorfahrrades

auf acht Monate – gerechnet ab Zustellung des Berufungsbescheides – herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Im Übrigen wird der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z11 und     7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

§ 32 Abs.1 Z1 FSG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

·     die Lenkberechtigung für die Klassen A und B auf die Dauer von zwei Jahren

    – gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides – entzogen   und

·     für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges und eines Motorfahrrades verboten.

 

Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 30. Mai 2012 – hat der Bw innerhalb offener Frist eine begründete Berufung erhoben und beantragt, die Entziehungs- bzw. Verbotsdauer auf sechs Monate herabzusetzen.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a  AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw diese in der Berufung nicht beantragt hat;

VwGH vom 28.04.2004, 2003/03/0017.

 

Der Bw wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 03. Februar 2012, 15 Hv 153/11k-16 – unter anderem – wegen den Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 erster Fall und Abs.2 Z3 SMG sowie § 28a Abs.1 fünfter Fall SMG zu einer

·     bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 20 Monaten  und

·     einer unbedingten Geldstrafe von 240 Tagessätzen verurteilt.

 

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bw in V. und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift

-   in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge (große Menge) erzeugte, indem er in der Zeit von etwa 2008 bis zuletzt etwa September 2011 im Zuge von vier Angriffen Cannabis-Pflanzen anbaute, diese bis zur Erntereife aufzog und hieraus zumindest 5.500 g Cannabis-Kraut mit einem notorischen Reinheitsgehalt von zumindest etwa 8 Prozent erzeugte,

-     in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er

    o in der Zeit von etwa 2008 bis etwa 2010 Cannabis-Kraut, zumindest 30 bis 50 g   

       an unbekannte Abnehmer teils verkaufte, teils unentgeltlich überließ,

    o in der Zeit von etwa 2010 bis um den 13.12.2011 insgesamt zumindest

       etwa 1.800 bis 1.900 g Cannabis-Kraut und etwa 28 g Cannabis-Öl an die

       gesondert verfolgten PH und RR sowie an unbekannte Abnehmer verkaufte.

 

Bei der Strafbemessung waren

·     mildernd: die teilweise geständige Verantwortung,

         die Unbescholtenheit, die teilweise Sicherstellung des Suchtgifts

·     erschwerend: das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen,

                         der lange Tatzeitraum.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung                                 der Lenkberechtigung ist an dieses rechtskräftige Gerichtsurteil gebunden;

VwGH v. 06.04.2006, 2005/11/0214; v. 06.07.2004, 2002/11/0163; v. 20.02.2001, 98/11/0317; vom 14.11.1995, 95/11/0215; vom 27.6.1995, 95/11/0004;

vgl. auch vom 24.1.2008, 2007/03/0247 und vom 27.01.2010, 2009/03/0082   

       sowie OGH – verstärkter Senat vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken
von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß § 28a SMG begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur ua.

 

Betreffend die "Suchtgiftkriminalität" ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach

-  es sich dabei um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität handelt,

-  bei dieser die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß ist  und

-  an deren Verhinderung ein großes öffentliches Interesse besteht;

VwGH vom 12.04.2011, 2007/18/0882; vom 15.09.2010, 2010/18/0293; vom 24.09.2009, 2009/18/0317; vom 09.11.2009, 2007/18/0537; vom 02.10.2008, 2007/18/0515; vom 20.04.2006, 2006/18/0074; vom 15.12.2005, 2005/18/0653; vom 07.11.2003, 2003/18/0250; vom 03.11.2010, 2007/18/0533 und

vom 12.10.2010, 2010/21/0335,  jeweils mit Judikaturhinweisen  sowie

-  strafbares Verhalten oft nur zufällig entdeckt wird;

VwGH vom 13.10.2009, 2009/17/0196

 

Die Begehung von Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) wird durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischerweise erleichtert, sodass es bei der Wertung einer derartigen bestimmten Tatsache nicht darauf ankommt,

ob konkret Kraftfahrzeuge verwendet worden sind oder nicht;

VwGH vom 07.10.1997, 96/11/0357 mit Vorjudikatur.

 

Die jahrzehntelange Rechtssprechung des VwGH, wonach Haftzeiten

in die Entziehungsdauer nicht einzurechnen sind, ist mittlerweile überholt.

In den letzten Jahren hat der VwGH wiederholt im Ergebnis ausgesprochen,

dass Haftzeiten in die Entziehungsdauer miteinzubeziehen sind;

Erkenntnisse vom 29.4.2003, 2002/11/0161; vom 21.2.2006, 2003/11/0025;

vom 21.2.2006, 2004/11/0129; vom 21.11.2006, 2005/11/0168;

vom 21.3.2006, 2005/11/0196; vom 18.12.2006, 2006/11/0076.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung bzw.

Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen;

VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120;  vom 21.3.2006, 2005/11/0196;

vom 22.2.2007, 2005/11/0190; vom 21.11.2006, 2005/11/0168; vom 21.3.2006, 2005/11/0153; vom 27.3.2007, 2005/11/0115; vom 18.12.2007, 2007/11/0194.

 

Die Beendigung des strafbaren Verhaltens war – siehe das oa. Gerichtsurteil – am bzw. „um den“ 13. Dezember 2011.

 

Hinsichtlich der Prognose der Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit und damit betreffend die Festsetzung der Entziehungsdauer wird auf das Erkenntnis des VwGH vom 23.11.2011, 2009/11/0263 verwiesen.

 

Der dortige Bf wurde wegen eines gleich gelagerten Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten – davon 8 Monate unbedingt und 16 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren – verurteilt.

 

Der VwGH hat die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 18 Monaten – gerechnet ab Beendigung des strafbaren Verhaltens – als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Der Bw wurde – wie dargelegt – zu einer bedingt nachgesehen Freiheitsstrafe von 20 Monaten und zu einer unbedingten Geldstrafe verurteilt.

 

Unter Berücksichtigung des zitierten VwGH-Erkenntnisses wird daher die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit mit 15 Monaten prognostiziert.

 

Seit Beendigung des strafbaren Verhaltens (= 13. Dezember 2011) ist ein Zeitraum von etwas mehr als sechs Monaten vergangen und wird somit die Entziehungsdauer auf acht Monate – beginnend mit Zustellung des Berufungsbescheides – herab- bzw. festgesetzt.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG ist Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.

 

Dem Bw war somit für die nunmehr neu festgesetzte Entziehungsdauer das Lenken eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges sowie eines Motorfahrrades
zu verbieten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

   

 

 

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