Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101148/./Br/La

Linz, 29.04.1993

VwSen - 101148/./Br/La Linz, am 29. April 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn S H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. Jänner 1993, Zl. VerkR96/15842/1991, wegen Übertretung der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28. April 1993 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 52 lit.a Z 10a iVm § 99 Abs.3 lit. a der Straßenverkehrsordnung 1960, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 615/1991 - StVO; § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG, iVm. § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 867/1992 - VStG II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden 300 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem zit. Straferkenntnis vom 26. Jänner 1993, Zl. VerkR96/ 15742/1991, wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 25. August 1991 gegen 17.45 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen auf der G Bezirksstraße in Fahrtrichtung G in S, Gemeinde S, die verordnete und durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 39 km/h überschritten hätte.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde zur Sache im wesentlichen aus, daß der Nachweis der Übertretung auf Grund der vom Rev.Insp. W durchgeführten Geschwindigkeitsmessung gegeben sei. Diese Messung sei unter Zuhilfenahme eines landschaftlichen Fixpunktes und dem Aufbringen einer weißen Markierungslinie auf der Fahrbahn erfolgt, wobei die Zeit für das Durchfahren der Weckstrecke zwischen den Fixpunkten mittels Stoppuhr genommen worden sei.

2. In der fristgerecht am 22. Februar 1993 der Post zur Beförderung übergebenen Berufung führt der Berufungswerber (im weiteren kurz Bw genannt) sinngemäß aus, daß der Meldungsleger offenbar aus einer Entfernung von 50 Metern von der Straße Position bezogen habe. Hiedurch verändere sich der Blickwinkel und treten hiedurch Verzerrungen auf. Dadurch könne für den Meldungsleger der Beginn und das Ende der Meßstrecke nicht exakt festgestellt werden. Nicht geklärt sei, wie die angebliche Meßstrecke von 104 m eingemessen wurde und ob hiebei der Kurvenradius berücksichtigt worden ist. Auch das Gefälle der Strecke sei nicht geklärt worden.

Aus diesem Grunde beantrage der Bw die Durchführung eines Lokalaugenscheines, die Vorlage einer Skizze über den Fahrbahnverlauf und seine persönliche Vernehmung.

Ebenfalls wendet der Bw unrichtige rechtliche Beurteilung ein, welche er im wesentlichen damit begründet, daß für eine ausreichende Meßgenauigkeit eine Wegstrecke von mindestens 200 m erforderlich wäre. Durch die ledigliche Zugabe von 4 Metern sei keinesfalls die mögliche Fehlerquelle hinreichend berücksichtigt worden. Durch die Verwendung der Stoppuhr sei für den Meldungsleger das Ergebnis einer zulässigen Schätzung der Geschwindigkeit quasi vorweggenommen worden. Abschließend beantragt der Bw, den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck aufheben zu wollen und in eventu zur neuerlichen Verhandlung an die I. Instanz zurückzuweisen.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Da die Verwaltungsübertretung dem Grunde nach bestritten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Zl.: VerkR96/15742/1991, die Erörterung des bisherigen Ganges des Verfahrens, die Vernehmung des Rev.Insp. W (Meldungsleger) und des Dr. J R (Beifaher des Bw) als Zeugen anläßlich der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung. Der Berufungswerber war persönlich zur Verhandlung nicht erschienen. Die Vorfallsörtlichkeit wurde auch auf Video dokumentiert.

4. Es ist als erwiesen anzusehen, daß der Bw sein Fahrzeug an der oben genannten Örtlichkeit gelenkt und dabei die Fahrgeschwindigkeit in dem ihm zur Last gelegten Ausmaß überschritten hat.

4.1. Der Beweis stützt sich auf das vorliegende Meßergebnis. Der Meldungsleger vermochte auch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat überzeugend darzutun, daß die Messung sachgerecht durchgeführt wurde und daher ein für das Verfahren relevanter Fehler auszuschließen ist. Die Zeitmessung wurde bei Erreichen des 1. Meßpunktes durch die Fahrzeugvorderräder ausgelöst und beim gesamten Durchfahren des zweiten Meßpunktes beendet. Die Meßdistanz von 104 m wurde mittels sog. Meßrad ausgemessen. Der Meldungsleger hat abermals die damals fixiert gewesenen Markierungspunkte dargestellt. Es konnte dabei nachvollzogen werden, daß er von seinem Standort eine einwandfreie Sicht zu den Meßpunkten hatte. Als nicht weiter zu erörtende Tatsache gilt, daß am 25. August um 17.45 Uhr noch Tageslicht geherrscht hat und diesbezüglich sogar bei Schlechtwetter eine Einschränkung der visuellen Beobachtungsmöglichkeit der Meßpunkte ausgeschlossen werden könnte. Das Betätigen der Stoppuhr bei Erreichen der jeweiligen Meßpunkte durch ein Fahrzeug läßt schon aus laienhafter Sicht keinerlei Probleme erkennen. Nachdem über Antrag des Rechtsvertreters des Bw der Verhandlungsort kurzfristig an jene Örtlichkeit verlegt worden war, wo der Beginn der Messung eingeleitet wurde (diese Stelle war vom Meldungsleger vor der Verhandlung ausgemessen und durch ein Plastikhütchen markiert worden), konnte festgestellt werden, daß 50 cm von diesem Hütchen entfernt noch Reste vom damaligen weißen Markierungsstrich erkennbar sind. Dies belegt darüber hinaus noch, daß der Meldungsleger sowohl damals als auch anläßlich der gegenständlichen Verhandlung "gewissenhaft gearbeitet" hatte. Auch in seiner Zeugenaussage wirkte überzeugend. Die Fragen vermochten von ihm spontan und schlüssig beantwortet zu werden. Die durch das menschliche Reaktionsvermögen bedingten Messungenauigkeiten wurden einerseits durch die der Rückrechnung der Fahrgeschwindigkeit grundgelegten Entfernung von "nur 100 m", andererseits durch den für den Angezeigten günstig gewählten Zeitpunkt des Auslösens der Messung (es wurde hiedurch abermals etwa eine Fahrzeuglänge für den Bw gewonnen), ausreichend berücksichtigt. Da es sich bei einer derart festgestellten Geschwindigkeit um eine "Durchschnittsgeschwindigkeit innerhalb des Meßbereiches" handelt, kann auch diesbezüglich die getroffene Feststellung nur zugunsten des Betroffenen wirken.

Der Rückschluß auf die Fahrgeschwindigkeit von 109 km/h ergibt sich letztlich rechnerisch.

Nicht im Widerpruch zu den Angaben des Meldungslegers steht die Aussage des Zeugen Dr. R. Dieser vermochte lediglich anzugeben, daß ihm die damalige Fahrt nicht schnell erschienen sei, wobei er nicht auf den Tacho geachtet habe. Angesichts der Tatsache, daß es sich bei dem vom Bw gelenkten Fahrzeug um einen Porsche 911 handelt, mit diesem Fahrzeug vermag eine Höchstge- schwindigkeit von mindestens 240 km/h entwickelt werden, wirkt eine Geschwindigkeit von "nur 110 km/h" für einen Mitfahrer wohl nicht hoch.

4.2. Dem Beweisantrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem KFZ-Wesen war im Lichte der oben vorgenommenen Beweiswürdigung keine Folge zu geben. Den weiteren, in den Schriftsätzen bzw. der Berufung gestellten Anträgen wurde (mit Ausnahme der rechtlich unzulässigen Zurückverweisung des Verfahrens an die Erstbehörde) durch die Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor Ort vollinhaltlich entsprochen.

5. Rechtlich ist daher zu erwägen:

5.1. Die vom Bw gegen die Meßmethode vorgebrachten rechtlichen Bedenken vermögen nicht geteilt zu werden. Wenn bereits eine nach bestimmten Richtlinien erfolgende Geschwindigkeitsschätzung als taugliches Beweismittel Anerkennung findet, muß dies umsomehr auch für eine Wegzeitrechnung gelten (VwGH 29.1.1992 Zl. 91/02/0121 und die dort zit. Verweise).

5.1.1. Grundsätzlich ist hinsichtlich des Schnellfahrens in Verbindung mit der Strafzumessung jedoch auszuführen, daß dieser Übertretung ein erheblicher Unwertgehalt zugrunde liegt. Es gilt als gesicherte Tatsache, daß diese Art der Übertretung eine der häufigsten Unfallursachen darstellt. Die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 39 km/h auf einem durchaus unübersichtlichen Straßenzug, wo eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h verordnet ist, stellt eine als schwerwiegend zu erachtende Rechtsgutbeeinträchtigung dar. Eine Geschwindigkeitsüber- schreitung in diesem doch sehr erheblichen Ausmaß, kann nicht mehr "unbewußt", sozusagen auf bloß leichter Fahrlässigkeit beruhend, begangen worden sein. Die Tatschuld ist aber insbesondere gerade darin zu erblicken, daß die mit dem Schnellfahren sich gleichsam "potenzierende Gefahr" einfach in Kauf genommen wird, wobei es den Lenkern eines Kraftfahrzeuges häufig nicht hinsichtlich der Verbotsnorm, jedoch hinsichtlich der erhöhten abstrakten Gefährdung und Unfallsneigung, am Unrechtsbewußtsein mangelt. Aus diesem Grund scheint die verhängte Strafe auch aus Gründen der Generalprävention erforderlich, um den Unwertgehalt derartiger Verhaltensweisen generell zu verdeutlichen und entsprechend zu pönalisieren. Diese Strafe scheint darüber hinaus auch noch gerechtfertigt, um beim Berufungswerber künftighin als Impuls zu einem höheren Verantwortungsbewußtsein und einer größeren Gewissen- haftigkeit im Straßenverkehr zu wirken. Die Tatsache, daß das vom Bw verwendeten Fahrzeug eines der Spitzenklasse ist und technisch eine weit höhere Geschwindigkeit ermöglicht, vermag eine schuldmildernde Komponente nicht zu begründen.

5.1.2. Generell ist gemäß § 19 VStG Grundlage bei der Strafzumessung stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungsund Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

5.1.2. Selbst bei der Annahme von nur durchschnittlicher Einkommensverhältnisse und keinem Vermögen und der Zuerkennung des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit wäre unter den obigen Gesichtspunkten die verhängte Strafe von 1.500 S eher noch als niedrig zu erachten.

6. Die Kostenentscheidung gründet in der unter II. zitier- ten Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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