Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253033/13/Py/Hu

Linz, 14.06.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 1. Dezember 2011, GZ: BZ-Pol-77062-2011, wegen Übertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Mai 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 1. Dezember 2011, GZ: BZ-Pol-77062-2011, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 und Abs.1a iVm 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zwei Geldstrafen in Höhe von je 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 56 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 73 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit iSd § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma x (Arbeitgeberin), x, welcher für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretungen zu verantworten:

 

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs.1 ASVG

1.       den Arbeitnehmer x, geb. x, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (€ 1.300 netto/Monat, 40 Std./Woche), ab 21.02.2011, 07 Uhr, beschäftigt. Die Anmeldung zur Vollversicherung erfolgte jedoch erst am 21.02.2011, 12:12 Uhr, und

2.       den Arbeitnehmer x, geb. x, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (€ 800 netto/Monat, 20 Std./Woche sowie Essen, Trinken und Unterkunft – Sachbezug), ab 09.05.2011, 07 Uhr, beschäftigt. Die Anmeldung zur Vollversicherung erfolgte jedoch erst am 09.05.2011, 10:22 Uhr.

 

Die in Rede stehenden Arbeitnehmer waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs.2 ASVG.

 

Obwohl diese Dienstnehmer von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG nicht ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Aufnahme der Tätigkeit, sondern erst verspätet erstattet.

 

Es wurde somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht verstoßen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund der Aktenlage und des angeführten Sachverhaltes in den Angaben der Anzeige des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr samt Beilagen und der Niederschrift am Magistrat Wels als erwiesen anzusehen ist. Eine Glaubhaftmachung, dass den Beschuldigten an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft, ist auch durch die Niederschrift vom 4. November 2011 nicht gelungen.

 

Im Übrigen führt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung in Erwägung gezogenen Gründe aus.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 20. Dezember 2011. Darin wird vorgebracht, dass Herr x am 21. Februar 2011 nicht gearbeitet hat, weshalb der faktische Dienstbeginn erst der 22. Februar 2011 um 7.00 Uhr gewesen ist. Herr x wiederum gab einerseits an, am Tag der Anmeldung, dem 9. Mai 2011, nicht gearbeitet zu haben bzw. ein anderes Mal, am 9. Mai 2011 ab 7.00 Uhr früh gearbeitet zu haben. Dazu ist festzuhalten, dass es schwer ist, nach etwa 5 Monaten genau zu wissen, wann man an einem bestimmten Stichtag mit der Arbeit begonnen hat. Festgehalten wird, dass der Arbeitsbeginn jedenfalls nicht vor, sondern erst nach erfolgter Anmeldung stattgefunden hat.

 

3. Mit Schreiben vom 17. Jänner 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Mai 2012, an der der Bw als Partei teilnahm. Die belangte Behörde entschuldigte sich ebenso wie die am Verfahren beteiligte Organpartei für die mündliche Berufungsverhandlung. Als Zeugen wurden Herrn x und Herr x befragt.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x.

 

Am 2. September 2011 wurde von Beamten der Finanzpolizei des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr und der Autobahnpolizei x ein Firmenfahrzeug der Firma x angehalten und kontrolliert. Sämtliche Arbeiter füllten ein Personenblatt aus und gaben ihre persönlichen Daten sowie Daten betreffend ihren Dienstgeber bekannt. Dabei füllte Herr x, geb. am x, in dem mit dem aufgenommenen Personenblatt aus, dass er seit 21.2.2011, 7.00 Uhr, als Hilfsarbeiter bei der Firma x tätig ist. Herr x, geb. am x, gab in dem mit ihm aufgenommenen Personenblatt an, dass er seit 9.5.2011, 7.00 Uhr, als Dachdecker und Spengler bei der Firma x beschäftigt ist.

 

Herr x wurde am 21.2.2011, 12:12 Uhr, zur Vollversicherung als Dienstnehmer der Firma x beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet.

 

Herr x wurde am 9.5.2011, 10:22 Uhr, zur Vollversicherung als Dienstnehmer der Firma x beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet.

 

Der Bw, der sich bei der Kontrolle ebenfalls im Fahrzeug befand, drängte seine Mitarbeiter, die am Kontrolltag alle zur Sozialversicherung angemeldet waren, die Formalitäten rasch fertig zu stellen, um rechtzeitig zur Baustelle zu gelangen. Noch während der Weiterfahrt hielt der Bw Rücksprache mit seiner Ehegattin, die die Buchhaltungsunterlagen und Arbeitsaufzeichnungen des Unternehmens durchsah und feststellte, dass Herr x entgegen der ursprünglichen Vereinbarung aus persönlichen Gründen erst am 22. Februar 2011 seine Arbeit beim Bw antrat. Herr x, bei dem es sich um den Sohn des Bw handelt, wurde vom Bw mit 9. Mai 2011 zur Sozialversicherung angemeldet, um ihn allenfalls als Verstärkung für eine Baustelle einsetzen zu können, begann seine Arbeit im Unternehmen des Vaters tatsächlich erst am 11.5.2011.

 

Herr x und Herr x wurden daher nicht vor ihrer Anmeldung zur Sozialversicherung von der Firma x in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Mai 2012. In dieser schilderte der Bw glaubwürdig und nachvollziehbar, wie es beim Ausfüllen der Personenblätter fälschlicherweise zu den bereits mehrere Monate zurückliegenden Zeitangaben hinsichtlich des Arbeitsantritts der beiden gegenständlichen Dienstnehmer kam. Beide als Zeugen unter Wahrheitspflicht einvernommenen Dienstnehmer bestätigten die Aussage des Bw. Als weiteres Beweismittel wurde vom Bw auch die Arbeitsstundenaufzeichnung des Herrn x für Februar 2011 vorgelegt, aus der ersichtlich ist, dass Herr x seinen Dienst tatsächlich nicht bereits am 21.2.2011, sondern erst am 22.2.2011 angetreten hat. Die Verantwortung des Bw in der mündlichen Berufungsverhandlung erscheint daher unter Einbeziehung der glaubwürdig vorgetragenen Aussagen der einvernommenen Zeugen nachvollziehbar und konnte dem festgestellten Sachverhalt zugrunde gelegt werden.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

5.2. Im Beweisverfahren konnte zweifelsfrei festgestellt werden, dass die beiden im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Dienstnehmer der x bei Arbeitsantritt bereits beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet waren, weshalb die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung von ihm nicht begangen wurde.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Bei diesem Ergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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