Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310477/2/Re/Rd/Th

Linz, 19.06.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des Dr. M S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H, Dr. U, Mag. M, Mag. L, Dr. G, Mag. F, L, G, vom 16.11.2011, gegen Faktum 2) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18. Oktober 2011, UR96-102-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz – AWG 2002 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte          Geldstrafe auf 400 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20         Stunden herabgesetzt werden.

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf          40 Euro, das sind 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum    Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 Abs.1 und  65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18. Oktober 2011, UR96-102-2011, wurde über den Berufungswerber hinsichtlich Faktum 2) eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 79 Abs.2 Z9 iVm § 51 Abs.1 AWG 2002 und Auflagepunkt 1., Spruchteil I "Sanierungsmaßnahmen", "A) aus luftreinhalte­technischer Sicht" des Bescheides des Landeshauptmannes von vom 22. Juni 2006, UR-2006-300/50-Ai/Hu, verhängt.

 

Nachstehender Tatvorwurf wurde dem Berufungswerber hinsichtlich Faktum 2 im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt:

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gem. § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufene, verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der R R v G GmbH mit Sitz in T, O, Gemeinde O am H, nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) eingehalten wurden.

 

Die R R v G GmbH betreibt in der Gemeinde O a H auf den Parz. Nr. XX und XX, EZ XX, KG. P, eine Biogasanlage.

2)      Mit Bescheid des Landeshauptmannes von vom 22.06.2006, UR-2006-        300/50-Ai/Hu, wurde der R– B T GmbH & Co KEG,  O a H, B, das mit dem   Genehmigungsvermerk versehene Projekt mit der Bezeichnung      "Sanierungskonzept" unter Einhaltung von Auflagen genehmigt.

         Unter Spruchteil I, 'A. aus luftreinhaltetechnischer Sicht', Punkt 1. dieses Bescheides wurde vorgeschrieben, dass 'eine Übernahme von Substraten nur unter Anwesenheit und Aufsicht eines geschulten Anlagebetreibers    gestattet ist'.

 

Diese Auflage wurde dadurch missachtet, dass am 10.02.2011 durch die Firma H B, W, Speisereste in einem Tankfahrzeug (Anhänger zum Transport von Dieseltreibstoff) zur Biogasanlage geliefert wurden. Der Fahrer führte die Entladetätigkeit alleine aus – vom Betreiber der Biogasanlage war zum Zeitpunkt der Anlieferung niemand anwesend. Der Fahrer wurde beim Versuch den oberen Tankverschluss zu öffnen durch den momentanen Druckabbau tödlich verletzt."  

 

2. Dagegen wurde fristgerecht eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung eingebracht und darin die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe beantragt. Begründend legte der Berufungswerber seine finanziellen Verhältnisse dar, und zwar, dass er laut Einkommenssteuerbescheid des Jahres 2010 aufgrund zahlreicher Konkurse und damit verbundener Zahlungsausfälle lediglich über ein Einkommen von ca. 1.000 Euro brutto monatlich verfüge. Er sei zwar Eigentümer mehrerer Liegenschaften, welche jedoch mit Pfandrechten und Schulden überbelastet seien. Die Verbindlichkeiten würden aus übernommenen Bürgschaften gegenüber (nunmehr) insolventen Firmen resultieren. Zudem sei er sorgepflichtig für seine studierende 23-jährige Tochter. Im Übrigen werde auf den Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit verwiesen.

 

Darüber hinaus wurde auf den Umstand, dass der Berufungswerber nur formalrechtlich für den Verstoß der genannten Auflage verantwortlich sei, zumal Herr R T für den operativen Betrieb allein und ausschließlich zuständig sei und der Berufungswerber es lediglich unterlassen habe, die Bestellung des R T als verantwortlichen Beauftragten der Behörde mitzuteilen. Festgehalten wurde weiters, dass der Unfall zwar äußerst tragisch geendet habe, jedoch die Todesfolge mit dem Auflagenverstoß in keinem Zusammenhang stehe und der Vorfall auch bei Einhaltung der Auflagen passiert wäre.

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

3.2. Einleitend wird festgestellt, dass hinsichtlich Faktum 1) des bekämpften Straferkenntnisses (Übertretung nach dem Oö. Elektrizitätswirtschafts- und
-organisationsgesetz 2006 – Oö. ElWOG 2006) eine gesonderte Entscheidung ergeht. Dies aus Gründen der Zuständigkeitsregelung nach der geltenden Geschäftsverteilung des Oö. Verwaltungssenates.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 und Z3 VStG Abstand genommen werden, zumal sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde sowie keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da der Berufungswerber ausdrücklich um die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe ersucht hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 79 Abs.2 Z3 AWG 2002 begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 Euro bis 7.270 Euro zu bestrafen ist, wer Aufträge oder Anordnungen gemäß § 31 Abs.2 Z2, § 51 Abs.1 oder 2 oder § 53 Abs.2 nicht befolgt; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1.800 Euro bedroht.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3.1. Auflagen stellen Maßnahmen dar, durch die zum einen die ordnungsgemäße Ausführung und zum anderen der ordnungsgemäße Betrieb der Betriebsanlage gewährleistet werden sollen. Durch deren Vorschreibung sollen aber auch Schädigungen von Nachbarn, Kunden und Sachen hintangehalten werden.

 

5.3.2. Von der belangten Behörde wurde hinsichtlich Faktum 2 des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro bei einem Strafrahmen von 360 Euro bis 7.270 Euro verhängt. Als strafmildernd wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, straferschwerend kein Umstand gewertet. Weiters wurde von der belangten Behörde ein monatliches Nettoeinkommen von 3.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten der Strafbemessung zugrunde gelegt.

 

Anlässlich der Berufungserhebung wurden vom Berufungswerber seine persönlichen Verhältnisse - durch Vorlage des Einkommenssteuerbescheides aus dem Jahr 2010 - dahingehend korrigiert, als er über ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.000 Euro verfügt sowie sorgepflichtig für seine studierende Tochter ist.

 

Grundsätzlich erscheint die von der belangten Behörde hinsichtlich Faktum 2) verhängte Geldstrafe durchaus tat- und schuldangemessen und auch geeignet, den Berufungswerber künftighin zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu veranlassen.

 

Dennoch war die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe aufgrund der geänderten persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers - vgl. hiezu VwGH vom 10.4.1984, 82/04/0220, 13.9.1989, 89/18/0075 -  auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß herabzusetzen. Einer weitergehenden Herab­setzung der Geldstrafe stand aber doch der Unrechtsgehalt der Tat entgegen, wobei auf die obigen Ausführungen zum Schutzzweck von Auflagen verwiesen wird. Im Übrigen liegt die nunmehr ausgesprochene Strafe in unmittelbarer Nähe zur gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe.

 

Eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG kommt nicht in Betracht, da ein Überwiegen der Milderungsgründe – das Vorliegen der verwaltungsstraf­rechtlichen Unbescholtenheit alleine stellt noch kein Überwiegen dar –, nicht vorgelegen ist.

 

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG war schon deshalb nicht möglich, weil die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen der Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutender Folgen der Übertretungen nicht als gegeben erachtet werden können. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Berufungswerbers hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erheblich zurück­geblieben wäre.

 

5.4. Die zu Faktum 2 verhängte Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).

 

6. Der Ausspruch über die Kosten ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.    

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

 

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